Bundesparteitag 2010.2/Antragskommission/Satzung
Sind Satzungsänderungsanträge an den BPT 2010 zulässig?
Aktuelle Entwicklung vom 21.10.2010
Auszug aus dem BuVo-Protokoll vom 21.10.2010 (unter Top 1 "Tagesordnung Bundesparteitag"):
Anträge, insbesondere SÄA sind zunächst zulässig beim BPT2010.2 und sind von der Antragskommission anzunehmen. Der BPT kann zu Beginn beim Beschluss der Tagesordnung über die Zulässigkeit dieser Anträge abstimmen.
Persönlicher Kommentar von Benjamin Siggel ohne rechtsverbindliche Wirkung zur Frage, ob SAÄ auf dem BPT2010.2 zulässig sind:
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Bei vielen Piraten ist die Frage aufgetaucht, ob in Chemnitz auch Satzungsänderungsanträge (SÄA) behandelt werden können.
Kurze Antwort: Nein. Entsprechende eingegangene Anträge muss die Antragskommission als unzulässig zurückweisen; sie sollten auf dem nächsten geeigneten Parteitag erneut eingereicht werden.
Begründung: Die Unzulässigkeit von SÄA ergibt sich - wie auf der Aktivenliste teilweise schon zutreffend erkannt wurde - aus rechtlichen Vorschriften.
Ein Parteitag ist eine Mitgliederversammlung im Sinne des Vereinsrechts, da die Piraten rechtlich als Verein organisiert sind. Relevant ist hier insbesondere der § 32 BGB. Danch ist es "[z]ur Gültigkeit des Beschlusses ... erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird."
Die Vorschrift hat den Sinn, dass sich die Mitglieder auf die Versammlung und die abzustimmenden Vorschläge vorbereiten können, um von ihrem Stimmrecht verantwortungsvoll Gebrauch machen zu können. Normalerweise muss daher aus der Berufung mindestens ersichtlich sein, welche konkreten Belange entschieden werden sollen; der Hinweis auf "Satzungsänderungen" genügt laut Rechtsprechung beispielsweise nicht.
Solch hohe Anforderungen würden aber für uns Piraten wenig Sinn machen, da wir ja den Parteitag selber vorbereiten und uns nicht bereits mit der Berufung ein vorgefertigtes Programm servieren lassen wollen. Um dies rechtlich zu erreichen, wird durch § 9b der Bundessatzung § 32 BGB quasi "überschrieben", was gemäß § 40 BGB auch explizit zulässig ist.
Danach gilt laut Bundessatzung abweichend von § 32 I 2 BGB:
"Die Einladung hat Angaben zum Tagungsort, Tagungsbeginn, vorläufiger Tagesordnung und der Angabe, wo weitere, aktuelle Veröffentlichungen gemacht werden, zu enthalten. Spätestens 2 Wochen vor dem Parteitag sind die Tagesordnung in aktueller Fassung, die geplante Tagungsdauer und alle bis dahin dem Vorstand eingereichten Anträge im Wortlaut zu veröffentlichen."
Da in der Berufung also lediglich eine vorläufige Tagesordnung (TO) enthalten sein muss, sind die Anforderungen geringer als bei § 32 I 2 BGB; es reicht aus, wenn bis zu 2 Wochen vor der Mitgliederversammlung sich die vorläufige TO durch die Veröffentlichung der Anträge im Wortlaut entsprechend konkretisiert.
Auf Grund der Vorläufigkeit der TO könnte man versucht sein zu argumentieren, Satzungsänderungsanträge wären genauso zulässig wie jeder andere Antrag.
Dem steht aber der Wortlaut des § 9b II 7 der Bundessatzung entgegen, der eine "vorläufige Tagesordnung" bei der Einladung zum Parteitag vorschreibt, die völlig überflüssig wäre, wenn jeder Antrag, auch wenn er sich außerhalb des Rahmens der vorläufigen Tagesordnung bewegt, zulässig wäre.
Außerdem ist der besondere Zweck zu beachten, den § 9b II der Bundessatzung zusätzlich zu § 32 BGB verfolgt: Die Mitglieder sollen nicht nur bei der Mitgliederversammlung über vorher angekündigte Punkte abstimmen, sondern diese durch eigene Vorarbeit selbst bestimmen; gerade deswegen wird ja nur eine vorläufige Tagesordnung vorgegeben. Dies Vorarbeit erfordert aber, um sinnvoll und produktiv durchgeführt werden zu können, halbwegs konkrete Leitlinien.
§ 9b II der Bundessatzung schafft die Bezeichnung des Einberufungsgegenstandes daher nicht vollständig ab, lässt aber das Abstecken eines Rahmens genügen, der von den Parteimitgliedern mit Anträgen ausgefüllt werden kann.
Dieser Rahmen ist in Punkt 5 der Einladung zum Bundesparteitag als "Programmanträge" umschrieben. Änderungen des "Parteiprogrammes" lassen sich darunter ebenso verstehen wie Änderungen eines etwaigen "Wahlprogrammes".
Satzungsänderungsanträge dagegen sind nicht nur vom Wortlaut schon nicht erfasst, sondern auch grundlegend anderer Natur. Während sich "Programmanträge" mit einer Definition der Grundwerte und Ziele der Partei beschäftigt und insofern eine Ausrichtung nach außen aufweisen, beschäftigen sich Satzungsänderungsanträge mit Aufbau und innerer Struktur der Partei selbst und weisen somit eine Orientierung nach innen auf. Somit fallen Satzungsänderungen auch nicht dem Sinne nach unter die Formulierung "Programmanträge"
Dies hat zur Folge, dass alle Abstimmungen über SÄA beim Parteitag in Chemnitz wegen Verstoßes gegen § 9b der Bundessatzung, § 32 BGB formell rechtswidrig wären, da SÄA vom durch die Einladung zum Parteitag gesteckten Rahmen nicht erfasst werden und es insofern an einer ordnungsgemäßen Berufung fehlt. Sie sind daher unzulässig.