Bundesparteitag 2010.2/Antragskommission/Anträge 2010.2/Massenanträge Jan Schejbal/Positionspapier zur NATO

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Antragsnummer

LQ-JS-PP058

Einreichungsdatum

2010-10-22

Antragstitel

Positionspapier zur NATO

Antragsteller

(Halbautomatisch) eingereicht durch Jan Schejbal, erstellt durch LQFB-User Fabio Reinhardt

Antragstyp

Massenantrag: Parteiprogramm, Wahlprogramm und Positionspapier, sofern nicht ausdrücklich anders vermerkt.

Antragstext

Als Positionspapier soll folgender Text beschlossen werden:

Historische Entwicklung

Die NATO wurde während der Blockkonfrontation nach dem Zweiten Weltkrieg als Verteidigungsbündnis gegen die Sowjetunion gegründet. Mit dem Ende der Blockkonfrontation im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion trat sie in einen grundlegenden Transformationsprozess ein, an dessen Ende ein aktives Interventionsbündnis stand und immer noch steht. Mit dem Kosovo-Konflikt wurde erstmalig ein Selbstmandat umgesetzt, das sich über das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen hinwegsetzte - letztlich mit der in Resolution 1244 verfassten Absegnung der im UN-Sicherheitsrat vertretenen Staaten.

Aktuelle Situation

Die NATO ist seitdem ein militärisch agiles und potentes Bündnis, dass seine Position als "Weltpolizist" pflegt und erhalten möchte. Insbesondere in dem Bewusstsein, den ideologischen Sieg über den Kommunismus errungen zu haben, soll die ökonomische und militärische Hegemonie des Westens aufrechterhalten werden. Entscheidende Machtzentren sind hierbei die Vereinigten Staaten und Westeuropa. Mit dem Wiedereintritt Frankreichs wurde der Machtanspruch der NATO noch untermauert. Kennzeichnend für das jetzige NATO-Bündnis ist somit das Verteidigen der westlichen Sicherheitsgemeinschaft - sowohl auf ökonomischer, sozialer, kultureller und ideologischer Ebene. Die NATO wird auf absehbare Zeit in dieser oder ähnlicher Form weiter existieren. Die jetzt beteiligten Staaten werden sich die Frage stellen müssen, wie stark sie sich zukünftig als streng westliches Sicherheitsbündnis verstehen oder - wie bereits durch die Integration ehemaliger Wahrschauer Pakt-Staaten testweise und erfolgreich geschehen - verschiedene andere Optionen wahrnehmen wollen.

Probleme

Durch die Transformation der NATO, bei gleichzeitigem Erhalt des ideologischen Unterbaus und der Grundsätze, wird der globalen Entwicklung nicht mehr Rechnung getragen. Während in den 1990er Jahren die Hegemonie noch klar bei den Vereinigten Staaten lag, kann dieses Machtzentrum den globalen Problemen nicht gerecht werden. Statt dessen wird in Konflikte mit militärischen Mitteln statt auf politischer oder zivilgesellschaftlicher Ebene eingegriffen, was nicht immer zur Konfliktlösung geeignet ist, sie zum Teil sogar noch verschärft bzw. neues Konfliktpotential schafft. Aufstrebende und zunehmend mächtiger werdende Staaten wie z.B. Russland, China, Indien und Brasilien werden in Entscheidungsprozesse zum internationalen Konfliktmanagement noch zu wenig eingebunden. Das Bewusstsein über den ideologischen Sieg des Kapitalismus führt zu einer fehlenden Hinterfragung der globalen sozialen, okönomischen und ökologischen Verhältnisse.

Optionen und Ziele

Grundsätzliche Ziele sollten eine umfassende Machtdezentralisierung der NATO und die Förderung ihrer ursprünglich erklärten Werte - Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit - darstellen. Ebenso gilt es, die innere Demokratisierung der NATO zu fördern und fordern.

Um die Machtdezentralisierung zu erreichen, sollten mehr demokratisch gesinnte oder demokratische Strukturen anstrebende Staaten in die NATO und ihre Entscheidungsprozesse integriert werden. Als Optionen stehen zum einen die weitere geostrategische Ausdehnung nach Süden in Richtung Nordafrika oder nach Osten in Richtung Kaukasien/Russland, sowie eine Ausdehnung zugunsten der Erweiterung der kulturellen und ideologischen Ausrichtung der NATO z.B. in Richtung arabischen Raum. Zum andern eine räumlich definierte Zuständigkeit unter dem Dach der NATO.

Durch diese und weitere Szenarien lässt sich das Selbstverständnis der NATO als westliche Sicherheitsgemeinschaft mit dem Anspruch auf moralische und ökonomische Überlegenheit und Priviligierung auflösen. Zudem wird der nordatlantische Fokus und der ökonomische, kulturelle und soziale Protektionismus reduziert. Die Förderung der ursprünglichen erklärten Werte der NATO können dadurch verstärkt werden und wieder deutlicher hervortreten.

Erreicht wird dies vor allem auch durch die innere Demokratisierung der NATO, also ihrer Institutionen. Dazu müssen vor allem das Vorgehen und die vorangegangenen Entscheidungsprozesse transparent sein. Alle Akten müssen zur Einsicht frei gegeben werden, so dass die Motivationen und Vorgehensweisen der Mitgliedsstaaten erkannt und verstanden werden können. Auch mögliche Verbindungen zu potentiell kriminellen Organisationen müssen auf diesem Weg offengelegt werden.

Antragsbegründung

Aktuelles

  • 17.8.: Initiative inkl. Begründung wurde von der AG Außenpolitik überarbeitet. "Ideell" wurde durch "ideologisch" ersetzt, "Mehr Akten" durch "Alle Akten".
  • 17.8.: Anmerkung 1076 wurde in Absprache mit dem Initiator der Anm. übernommen und der Bereich "Probleme" wurde angepasst.

Ziel dieser Initiative

Die AG Außenpolitik hat eine Präambel Außenpolitik erarbeitet, welche hoffentlich angenommen wird und somit die Grundlage für weitere außenpolitische Positionen darstellen kann. Die Position zu und das Verhalten Deutschlands in der NATO ist maßgeblich für die konkrete Ausgestaltung der deutschen Außen- und externen Sicherheitspolitik mitverantwortlich. Daher sollte einer konkreten Position der Piratenpartei zur NATO und eventuellen Forderungen ein Grundsatzpapier vorangehen. Dieses Positionspapier zur NATO kann eine Grundlage für die weitere, zukünftige Annäherung der Piratenpartei zum Thema NATO und zum Verhalten Deutschlands im Bündnis und gegenüber seinen Bündnispartnern darstellen.

Warum noch eine dritte Initiative?

Die Initiative 417 und die Initiative 396 sind gleichzeitig zu ideologisch und anprangernd. Da diese beiden Grundsätze den gesamten Text durchziehen, schien es notwendig, einen komplett neuen Text zu formulieren. Grundsätzlich kann von einem anarchischem Charakter des internationalen Systems ausgegangen werden, das de facto keinem zentralen Gewaltmonopol untersteht. Die Rolle der Vereinten Nationen muss an anderer Stelle erörtert werden. Eine grundsätzliche Ablehnung der NATO ist nicht zielführend solange keine alternative Bündnisstruktur diese ersetzen kann.Die Kritik, dass die NATO ein "bedenkliches Maß an militärischer Macht" hat (Initiative 417), geht zu weit. Ebenso dass "Krieg heutzutage kein wirksames Mittel zur Friedenssicherung" sein könne ist in Anbetracht des Einschreitens der USA in den 2. Weltkrieg und der Sicherung des Friedens in Europa ein zu pauschalisierendes Urteil. Berechtigt ist allerdings eine Kritik an den sogenannten präventiven Verteidigungskriegen zu denen auch der Angriffskrieg auf den Irak zählt. Die Idee aus dem Fazit von Initiative 417, in dem gefordert wird, "die NATO und die Mitgliedschaft" Deutschlands "nicht unhinterfragt hinzunehmen", wurde versucht zu übernehmen und dabei auch auszuformulieren, was genau wie hinterfragt werden sollte und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Wir laden die Autoren der Gegeninitiativen ein, sich weiterhin zuan dem Thema zu beteiligen und uns im Gegenzug zu unseren geäußerten Kritikpunkten auch Vorschläge zu machen, wie wir unsere Initiative verbessern können. Eventuell lassen sich mehrere durchaus gute und abstimmenswerte Initiativen erreichen, die einen unterschiedlichen Fokus haben, so dass was aus einer bestimmten politikwissenschaftlichen Herangehensweise heraus kritisch gesehen wird, in einer anderen Initiative aus veränderter Perspektive als Stärke begriffen werden kann.

Literatur

  • Becker, Jürgen / Beham, Mira, Operation Balkan: Werbung für Krieg und Tod, 2. Auflage, Baden-Baden 2008.
  • Die NATO, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Ausgabe 4/2009 [1]
  • Franke, Ulrich, Eine Art Vereinte Nationen mit größerer Wirksamkeit? Zum „Rätsel“ des Fortbestands der NATO nach dem Ende der Blockkonfrontation, Diss. Bamberg 2008.
  • Ganser, Daniele, NATO - Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Orell Füssli, Zürich, 2008.
  • Ursprünglicher NATO-Vertrag von 1949: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_17120.htm

Liquid Feedback

https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/485.html

Wiki-Antragsfabrik

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Konkurrenzanträge

derzeit keine bekannt

Hinweise zum Programmantrag

Grundsatzprogrammantrag, Wahlprogrammantrag und Positionspapier, sofern nicht ausdrücklich anders vermerkt.

Die Versammlungsleitung entscheidet, welche der Optionen zuerst abgefragt wird. Ist eine Option erfolgreich, müssen die "niedrigeren" nicht mehr abgefragt werden, ist sie erfolglos, müssen die "höheren" nicht mehr abgefragt werden.

Der Antrag wurde halbautomatisch eingereicht, weil er im LQFB einen starken Zuspruch hatte. Dieser Antrag soll - sofern dies sinnvoll möglich ist - nach Anträgen behandelt werden, die manuell eingereicht wurden.

Datum der letzten Änderung

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