Benutzer Diskussion:AndiPopp/Patentrecht

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Bemerkungen von Staupendahl, Pirat + Anwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Patentrecht Grundlegendes Patente sind Teil des gewerblichen Rechtsschutzes. Ihr Sinn besteht darin, dass Erfinder durch ein zeitlich begrenztes Monopol dazu ermutigt werden, ihre Erfindungen in einer Patentschrift zu veröffentlichen. (Nicht ganz! Der Anreiz liegt nicht im Veröffentlichen, sondern in dem Erhalt des Alleinstellungsmerkmals.) Entgegen einer weit verbreiteten Meinung, sind sie nicht geeignet als Innovationsanreiz zu dienen. Gerade aktuell werden Patente eher als »Waffen« genutzt um Konkurrenz aus dem Markt zu fördern, was Fortschritt deutlich hemmt. Einige Unternehmen – sogenannte »Patenttrolle« – haben sich gar darauf spezialisiert Unternehmen mit innovativen Produkten mithilfe von Patenten und überteuerten Rechtsstreiten regelrecht zu erpressen. Die Piratenpartei setzt sich für eine Reform des aktuellen Patentrecht zugunsten von mehr Innovation und Freiheit ein.


Patentierbare Erfindungen Neben klassischen technischen Erfindungen, gibt es Bestrebungen durch neue Gesetze (Neue Gesetze sind eigentlich nicht der Grund, sondern nur die sehr wohlwollende Auslegung des PatG durch den BGH.) oder Auslegung vorhandener Gesetze neue Arten von patentierbaren Erfindungen zu erschließen. Darunter befinden sich drei problematische Patentgegenstände, deren Auswirkungen in einem starken Missverhältnis zum Ziel der Offenlegung der Erfindung führen.

Zum einen sind hier Patente auf Leben genannt. Besonders die Gentechnik brachte hier eine Vielzahl von Patenten auf Gensequenzen („Erfindungen zum Erstellen von bestimmten Gensequenzen und somit indirekt auf genetisch veränderte“) hervor. Solche Gensequenzen sind aber eine Entdeckung und keine Erfindung, wie etwa ein Naturgesetz. Ihr Schutz wirft die Innovation zu weit zurück Aus diesem Grund muss das Patentrecht so gestaltet sein, dass auch über die Umwege der Patentierung von technischen Verfahren keine Gensequenzen patentierbar sind.

Aus den USA stammt der Trend der Patentierung von Geschäftsmodellen. Im Gegensatz zur Patentierung von technischen Erfindungen, die eine Wettbewerbsvorteil darstellen, führt die Patentierung von Geschäftsmodellen zur Monopolisierung ganzer Märkte. Das Patentrecht muss eine Patentierung von Geschäftsmodellen explizit ausschließen. (Die Patentierung von Geschäftsmodellen spielt in Europa zum Glück keine Rolle.)

Zuletzt sind in den letzten Jahren politische Forderungen nach Patenten auf »computer-implementierte Erfindungen«, sogenannte Softwarepatente aufgetaucht. Diese in einigen Ländern praktizierte Patentierung von einzelnen Aspekten von Computerprogrammen führt unweigerlich zum Sterben kleiner und mittlerer Softwareunternehmen, da Software besonders darauf angewiesen ist bestimmte für den Nutzer leicht einprägsame und quasi-standardisierte Elemente zu nutzen. Software ist durch das Urheberrecht bereits ausreichend geschützt, ein Schutz durch Patente ist aus diesem Grund überhaupt nicht notwendig.


Kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Patentrechts Gerichtskosten bei Patentstreitigkeiten vom Streitwert entkoppeln Die Streitwerte bei Patenverletzungsverfahrenen können schnell ernorme Summen annehmen. Dies treibt die Gerichtskosten in die Höhe, was nicht zuletzt dem Geschäftsmodell vieler Patenttrolle entgegen kommt. Diese benutzen das Kostenrisiko als Druckmittel um eine außergerichtliche Einigung ohne Überprüfung des Patents zu erreichen. Für diese Einigungen werden von den beklagten Firmen zwar nur Bruchteile des Streitwerts bezahlt, die aber aufgrund der Höhe Streitwerts immer noch entsprechend umfangreich sind. Patente stellen als gesetzlich garantierte Monopole allerdings große Anforderungen an die staatlichen Organe. Wenn der Gesetzgeber ein Patent garantiert, dann sind Gerichte im besonderen Maße dazu verpflichtet diese überprüfbar zu machen. Aus diesem Grund fordert die Piratenpartei Deutschland, dass die Gerichtskosten bei Patentstreitigkeiten ausschließlich auf die tatsächlich entstandenen Kosten beschränkt sein müssen um die gerichtliche Überprüfung von Patenten ohne großes finanzielles Risiko zu ermöglichen. (Diesen Teil verstehe ich nicht ganz. Da es bei Patentverletzungsstreitigkeiten immer um Unterlassungsansprüche geht, die letztendlich nicht bezifferbar sind, wird der Streitwert nach dem Interesse der verletzten Partei bestimmt. Es ist zwar richtig, dass dieser Streitwert in der Regel viel zu hoch angesetzt wird. Die tatsächlich entstandenen Kosten gibt es insoweit nicht, denn selbst die außergerichtlichen Kosten bestimmen sich nach einem fiktiven Wert.)


Nutzungsbindung von Patenten Die PIRATEN fordern, dass ein erteiltes Patent nur dann gegen ein auf dem Markt befindliches Produkt durchsetzbar sein soll, wenn der Patentinhaber oder ein Lizenznehmer ein vergleichbares Produkt (patentiertes Produkt) anbietet (das ist eigentlich nicht gut für den kleinen Patentinhaber, der vielleicht noch nicht soweit ist etwas anzubieten; Glaubhaftmachen *dass* man es monetarisieren will _sollte_ imho genügen. Vorschlag: "wenn der Patentinhaber oder ein Lizenznehmer ein Bemühen um eine der Erfindung angemessenen wirtschaftliche Nutzung glaubhaft machen kann."). Dies soll zum einen der Praxis der Patenttrolle begegnen, die ausschließlich Patente horten ohne ein Interesse an der Fertigung entsprechender Produkte zu haben. (Die zweite Variante gefällt mir deutlich besser. Insbesondere den größeren Unternehmen wäre es ansonsten viel einfacher möglich, nur pro former einen Prototypen auf den Markt zu bringen, um andere Innovationen zu hemmen. Trotzdem sollte jedoch eingefügt werden, dass der Patentinhaber dennoch einen Lizenzanspruch gegen den Nutzer hat - irgend etwas sollte dem Inhaber m. E. noch verbleiben.)

Zum anderen erleichtert es das Problem von Preisen für Patentlizenzen. Als Monopolist hat der Patentinhaber derzeit große Freiheiten bei der Preisgestaltung für Patenztlinzen, besonders wenn er das Patent nicht selbst wirtschaftlich verwertet. Durch die Nutzungsbindung ergibt sich ein spieltheoretischer Zustand, der einem nicht-monopolistschen Markt zumindest ähnelt. (siehe oben


Bekämpfung der Kreuzlizenzierung Die Kreuzlizensierung ist eine Praxis, bei der Patentinhaber – meist Unternehmen – gegenseitig ihre Patenten lizenzieren ohne Geld zu bezahlen. Dies ist zwar meist von Vorteil für die Unternehmen, führt aber gerade in der Praxis, in welcher der Großteil der Patente meist von wenigen Unternehmen gehalten wird, unweigerliche zu einer Abschottung des Marktes vor kleinen und mittleren Unternehmen. Damit dieses Problem abgemildert wird, fordert die Piratenpartei, dem Kartellamt das Recht einzuräumen, kreuzlizenzierte Patente, die zur Abschottung des Marktes missbraucht werden, für ungültig zu erklären. (Das würde allerdings dazu führen, dass jeder sich auf sein Patent beschränkt und niemand mehr die Nutzung der Erfindung erlaubt würde. Diese Kreuzlizenzierungen führen häufig zu dem „Vorteil“, dass bestimmte Produkte überhaupt auf den Markt kommen können.)


Mittelfristige Demokratisierung des Patentvergabeprozesses Die Bewertung ob ein beantragtes Patent erteilt werden soll, fällt häufig sogar Fachleuten schwer. Dieses Problem kann dadurch abgemildert werden, dass nicht nur einzelne Fachleute sondern die gesamte »Gemeinde« über die Vergabe von Patenten entscheidet. Mittelfristig soll deshalb jeder der die entsprechenden überprüfbaren fachlichen Voraussetzungen hat am Patentvergabeprozess mitentscheiden können. (Wie soll das aussehen? Bei Offenlegung könnte eine Art Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt werden.) Dies fördert nicht nur die Transparenz der Patentenvergabe, sondern wirkt auch der Vergabe von Trivialpantenten entgegen, deren Veröffentlichung keinen nennenswerten Nutzen, aber Probleme für die Volkswirtschaft bringen kann.

Langfristige Aufgabe des Patentsystems zugunsten des wettbewerbsgetriebenen Fortschritts Die positiven Aspekte der Veröffentlichung von Erfindungen durch Patente sind durchaus erfreulich, aber es stellt sich die Frage ob sie die Innovationsbremsung durch die zeitlichen Monopole rechtfertigen. Eine Wettbewerbssituation wirkt sich dagegen deutlich positiver auf die Innovation aus, da alle Unternehmen sich kontinuierlich verbessern müssen um ihre Marktposition zu erhalten bzw. auszubauen. Ein »Ausruhen« auf Patenten ist dann nicht mehr möglich.

Aus diesem Grund ist das Ziel der PIRATEN, das Patentwesen langfristig durch andere Mechanismen zur Offenlegung von Erfindungen zu ersetzen, die ohne gesetzliche Monopole auskommen. Die Entwicklung solcher Modelle soll durch die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union aktiv voran getrieben werden. (Grundsätzlich Zustimmung – allerdings wird man uns hier wieder die Frage stellen, wie ein Alternativsystem aussehen könnte. Dies ist letztendlich die gleiche Problematik/Erklärungsnot, in die wir bei der Urheberrechtsdiskussion „tappen“.)

Antwort

Vielen Dank für die umfangreichen Anmerkungen. Folgendes dazu:

  • Die erste Anmerkungen haben wir nicht ganz verstande, besonders den Begriff "Alleinstellungsmerkmal"
  • Die Auslegung durch die Gerichte steht schon hinter dem Kommentar
  • Gentechnik: Hinweis eingearbeitet, Problem genauer beschrieben. thx
  • Geschäftsmodelle: Zum Glück in Europa noch kein Problem, damit es so bleibt, würden wir das gerne explitzit aufnehmen
  • Gerichtskosten: Wir sehen die Kritik, würden das gerne aber noch nicht ganz aufgeben. Da dort evtl. noch Verbessrungsbedarf besteht, haben wir es als Modul ausgelagert
  • Lizenzabspruch bei Nichtnutzung: Hier würden wir gerne das so behalten wie es war, weil es eine spieltheoretisch bessere Situation ist, wenn der Anspruch erst nach Bemühen um Nutzung wirkt. Das Problem des monopolisitischen Preisanpassers wird so abgemildert
  • Kreuzlizenzierung: Wir haben den Absatz komplett überarbeitet. thx
  • Mittelfristig: Widerspruch eine gute Möglichkeit, wir würden es offen lassen

Anmerkunge als LQFB

Laufzeiten

Eingearbeitet. thx