Benutzer Diskussion:Abraham

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Zur Situation

Am 29. September hat der Deutsche Bundestag beschlossen, die deutschen Garantien für die Europäische Finanzstabilisierungsfaszilität auf 211 Milliarden Euro zu erhöhen. Der deutsche Steuerzahler bürgt damit, entgegen der vertraglichen Vorgaben des Maastricht-Vertrages, mit beträchtlichen Summen für die Kredite anderer europäischer Staaten. Hinzu kommen die Risiken, die sich aus den deutschen Beteiligungen am IWF, der EZB und aus bilateralen Vereinbarungen ergeben. Zusammengenommen stellen diese Bürgschaften und Kredite ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Staatsfinanzen der Bunderepublik dar.

In anderen europäischen Ländern ist die Situation vergleichbar. Die Maßnahmen des Euro-Raumes zur Stabilisierung der Finanzmärkte, zur Sicherung der Liquidität des griechischen Staates und anderer Länder sowie zur Rekapitalisierung und Rettung von europäischen Banken haben den Euro-Ländern enorme Kosten und finanzielle Risiken aufgebürdet. Die Unabhängigkeit der EZB ist durch wiederholte, nicht durch den Maastricht-Vertrag legitimierte Anleihenkäufe in Frage gestellt. Der Außenwert des Euro leidet unter der Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeit vieler Staaten und aktuell unter den Unwägbarkeiten eines inzwischen offen diskutierten Staatsbankrotts Griechenlands.

Die Probleme der Euro-Zone können jedoch nicht für sich allein betrachtet werden. Ausgehend von dem Zusammenbruch des US-amerikanischen Immobilienmarktes 2007 haben sich sukseszive weitere Krisen herausgebildet. Die weltweite Vernetzung der Finanzmärkte und Wirtschaftskreisläufe hat ein Über- und Ineinandergreifen der Krisen ermöglicht, so dass wir heute sowohl von einer Finanz- als auch von einer Banken-, Währungs-, Euro- und Wirtschaftskrise sprechen können, deren Auswirkungen global sind.

In den Jahren von 2007 bis heute sind viele Folgen dieser Krisen sichtbar geworden: Steigende Nahrungsmittelpreise haben die Zahl der hungernden Menschen in der Welt anschwellen lassen, Millionen Menschen haben ihren Arbeitsplatz, ihren Lebensunterhalt, ihre Ersparnisse und Vermögen verloren. In vielen Ländern sind Arbeitslosenraten von 15% und mehr, gerade auch unter Jugendlichen, Realität. Insbesondere Griechenland trägt schwer an den Sprarmaßnahmen, zu denen sich die griechische Regierung aufgrund der Finanzierungsvereinbarungen mit der Troika aus IWF, EU und EZB gezwungen sieht.

Position:

1) Die wirtschaftlichen Faktoren Griechenlands zeigen, dass eine Rückzahlung der gesamten Kreditsumme nicht erwartet werden kann. Aus diesem Grund ist schnellstmöglich eine Vereinbarung zwischen den Anleihenbesitzern und dem griechischen Staat anzustreben, die die Schulden Griechenlands auf ein für beide Seiten akzeptables Maß reduziert.

2) Eine Übergangsfinanzierung durch andere europäische Staaten im Rahmen des EFSF, um die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates weiterhin zu gewährleisten, ist wünschenswert, da ein Zusammenbruch des Staatswesens unabwägbare Konsequenzen haben würde. Die Übernahme der von den Banken und Investoren aufgenommenen Risiken durch die europäischen Steuerzahler (z.B. durch den Aufkauf von Anleihen durch die EFSF oder die EZB) muss jedoch die Ausnahme bleiben. Aus diesem Grund sind für die Zukunft Mechanismen zu entwerfen, über die die spekulativen Geschäfte mit Staatsanleihen und deren Derivaten transparent werden und im Interesse der Völker Europas begrenzt werden können.

3) Die Entscheidung über einen Austritt aus dem Euro-Raum und eine Wiedereinführung der Drachme liegt allein bei den Griechen selbst. In Anbetracht der in jedem Fall schmerzhaften Konsequenzen einer Haushaltskonsolidierung in Griechenland muss das griechische Volk selbst darüber entscheiden, welchen Weg es gehen will. Finanzielle oder auch materielle Hilfen für Griechenland dürfen nicht an diese Frage gekoppelt werden.

4) Eine Zwangs- oder Sachverwaltung durch Dritte analog zu den Insolvenzen im Privat- und Unternehmensbereich ist nicht vereinbar mit demokratischen Grundsätzen und aus diesem Grund abzulehnen. Ebenso abzulehnen sind Kredit-Bedingungen, die die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen und Infrastrukturen oder nationaler Besitztümer zur Folge haben, oder die die kommunale Versorgung und den sozialen Frieden gefährden.

5) Finanzielle Hilfen für Griechenland in Form von Krediten durch die europäischen Steuerzahler dürfen nicht als Zins- oder Rückzahlungen für privat gehaltene Staatsanleihen genutzt werden. Entsprechende Mittel müssen für eine nachhaltige Förderung der griechischen Wirtschaft eingesetzt werden.

6) Für die Länder, die den Euro als Währung erhalten wollen, ist eine Überarbeitung des Maastrichtvertrages hinsichtlich effektiver Sanktionsmaßnahmen anzustreben, damit die Haushaltsdisziplin in allen Staaten auf Dauer sicher gestellt werden kann. Dabei darf jedoch die demokratische Selbstbestimmung der Völker nicht beeinträchtigt werden. Das Prinzip, zu viele Schulden mit noch mehr Schulden zu bestrafen, wird abgelehnt.

7) Für die Analyse und Bewertung der Staatsfinanzen soll eine unabhängige europäische Rating-Agentur eingerichtet werden, deren Arbeit so transparent wie möglich sein muss.