Benutzer:Michael Ebner/genossenschaft oder kommunal

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S-Bahn Berlin - genossenschaftlich oder kommunal?

Diskussionsseite zur LF-Ini https://lqpp.de/be/initiative/show/1330.html

Derzeit läuft im Berliner LF-System ein Thema bezüglich der S-Bahn Berlin. Maßgeblich geht es dort um die Fragestellung, ob die S-Bahn Berlin als Genossenschaft oder als kommunales Unternehmen geführt werden soll. Dabei sind die folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Zinsen oder Gewinnausschüttung

Egal, ob nun die S-Bahn enteignet oder dem Bahn AG abgekauft wird (1) - die Sache kostet Geld, das Berlin derzeit nicht hat. Um die S-Bahn als kommunales Unternehmen zu betreiben, müsste die Stadt Berlin entsprechende Kredite aufnehmen, die dann entsprechend zu verzinsen wären. Würde die S-Bahn als Genossenschaft betrieben, dann müssten für die Genossenschaftsanteile Gewinne augeschüttet werden.

Beides kostet Geld - die Frage ist, was wirtschaftlich sinnvoller ist. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Berlin kann sich nicht beliebig verschulden. Der Kauf einer S-Bahn ist weder Konjukturausgleich noch Naturkatastrophe noch außergewöhnliche Notsituation (vgl. Art 109 GG), von daher müsste der Kauf aus dem Haushalt finanziert werden, wobei - sofern der Verkäufer einwilligt - Ratenzahlung denkbar ist. Mutmaßlich verhindert die Berliner Haushaltslage in Kombination mit der Schuldenbremse zumindest mittelfristig das Vorhaben, die S-Bahn zu kommunalisieren.
  • Üblicherweise liegen die Kreditzinsen von Staatsschulden unterhalb der Rendite von Unternehmensbeteiligungen, da auch das unternehmerische Risiko honoriert werden muss. Wir befinden uns jedoch derzeit in der Situation einer Staatsschuldenkrise, deren Ende so schnell auch nicht absehbar ist. In einer solchen Situation werden Investments außerhalb von Staatsschulden interessanter. Die S-Bahn wäre als Unternehmen der Grundversorgung ein Investment, das dauerhaft werthaltig bleibt und seinen Wert auch über einen Staatsbankrott hinweg behalten würde. In Kombination mit dem Leidensdruck der Berliner Bevölkerung und ggf. auch einem überlegenem Management durch privatwirtschaftliche Organisation ist anzunehmen, dass die Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht teurer kommt als das Zahlen von Zinsen.


(1) Ob "Druck über den Bundesrat" vollumfänglich ausreichen würde, das angestrebte Ziel zu erreichen, soll an dieser Stelle mal nicht weiter hinterfragt werden.

Unternehmensführung

Derzeit wird die S-Bahn Berlin weder als kommunales Unternehmen noch als Genossenschaft geführt - es ist somit spekulativ, welche Organisationsform effizienter ist, zumal auch noch kein großes Verkehrsunternehmen als Genossenschaft geführt wird. Es gibt jedoch Indizien:

  • In Deutschland ist der Bankenmarkt in etwa gedrittelt: staatliche Banken (Sparkassen und Landesbanken), Privatbanken (Deutsche Bank, Commerzbank, ...) und Genossenschaftsbanken (Volks- und Raiffeisenbanken). In der letzten Bankenkrise waren die staatlichen Banken (insbesondere die Landesbanken) die ganz großen Problem (nicht in Berlin, weil wir das Desaster noch früher hatten...), die Privatbanken kammen recht unterschiedlich gut durch die Krise und bei den Genossenschaftsbanken gab quasi keine Probleme (natürlich gab es auch Probleme, aber die waren so gering, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung nicht vorkamen).
  • Kommunale Unternehmen stehen unter Aufsicht der Kommune, hier in Berlin als des Sentas. Die Unternehmensführung wird vom regierenden Bürgermeister oder dem zuständigen Senator eingesetzt, der - schon aus Gründen des Personenschutzes - Dienstwagen fährt. Bei einer Genossenschaft wird die Unternehmensführung von der Genossenschaftsversammlung gewählt - also von den Leuten, die im Winter auf dem Bahnsteig frieren, wenn der Zug nicht fährt. Dass hier zugunsten kurzsichtiger Renditebegehrlichkeiten an der Betriebssicherheit gespart wird, ist eher nicht zu erwarten.
  • Kommunale Unternehmen sind beliebte Versorgungswerke "verdienter" Parteifreunde - effiziente Unternehmensführung ist hier eher nicht zu erwarten.
  • Das öffentliche Dienstrecht hat bezüglich dem Leistungsanreiz für seine Beschäftigten noch "Luft nach oben". Privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen können flexibler geführt werden als öffentliche.

Eigentum der Bürger statt öffentliches Eigentum

Die Erfahrung zeigt, dass Menschen mehrheitlich mit eigenem Eigentum pfleglicher umgehen als mit öffentlichem Eigentum. Dies ist sicher nur ein Aspekt am Rande, aber bei einer genossenschaftlich betriebenen S-Bahn sind weniger Vandalismus-Schäden zu erwarten.

Ergänzende Aspekte

Fahrscheinloser ÖPNV

Die Umsetzung eines Fahrscheinlosen ÖPNVs ist mit Hilfe einer genossenschaftlichen Lösung nicht signifikant schwerer als mit einem kommunalem Betrieb: Die Genossenschaft erbringt eine Leistung, für die sie von der Stadt bezahlt wird. Statt Zinsen und Betriebskosten bezahlt die Stadt dann eben ein angemessenes Entgelt für die Erbringung von Transportleistungen.

Offenlegung der Verträge

Hier gibt es keinen erkennbaren Grund, von der bisherigen Forderung nach Offenlegung abzuweichen.

Bisherige Beschlusslage

Es erschließt sich mir hier nicht, warum mit der bisherigen Beschlusslage argumentiert wird. Beschlüsse können geändert und/oder weiterentwickelt werden, es ist auch kein Grund ersichtlich, warum dazu auf den Einsatz von LF verzichtet werden soll.