Benutzer:Michael Ebner/Wahlanalys Berlin

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Wahlanalyse Berlin

Im Begriff "Analyse" steckt ja "anal" schon mit drin - möglicherweise ist das, was ich jetzt schreibe, "voll für'n Arsch". Das ist jetzt nun mal mein Risiko...

In Berlin haben wir gerade eine Wahl verloren. Wir sind uns wohl alle einig, dass dies eine heftige Klatsche war. Möglicherweise sind wir uns auch darin einig, dass dies nicht unerwartet kam (auch wenn man das vor der Wahl natürlich nicht laut sagt). Dissens haben wir möglicherweise darin, dass dies auch nicht unverdient war - und sicherlich auch, was denn die Ursachen waren.


Ursachen

Der Abstieg der Piratenpartei ist nicht monokausal zu erklären. Als erwähnenswerte (selbstverschuldete) Gründe fallen mir mindestens ein (halbwegs chronologisch gereit, nicht nach Relevanz):

  • Starke Thematisierung des Leistungsschutzrechtes (seit dem hat Print ein massives Interesse daran, dass wir verschwinden)
  • Thematisierung GEZ-Gebühren (seit dem ist ÖR nicht unglücklich darüber, dass wir verschwinden)
  • Zu progressive Akzentsetzung von Johannes bei TV-Auftritten und mit der Aktion "Abschied vom Amt"
  • Anschließender Umgang mit Johannes (womit wir die Grundeinkommensbewegung massiv vor den Kopf gestoßen haben)
  • Die Aufstellungsversammlungen in Niedersachsen
  • Eine dem Bundesland nicht angemessene Plakatkampagne in Niedersachsen
  • Quantität vor Qualität bei der Programmentwicklung (Bochum I und Neumarkt), damit einhergehend auch abnehmende Fokussierung des Profils
  • Wir haben in Neumarkt zum Thema "innerparteiliche Mitbestimmung" nicht geliefert. Die einen wollten zu viel und sind damit an 2/3 gescheitert. Durch einen Formalfehler hatten wir dann noch eine 2. Chance und selbst die nicht genutzt. BEO läuft bis heute nicht...
  • Das bisschen Aufbruchssignal von Neumarkt hat dann ein damalige Fraktionsvorsitzender mit einer Pressekonforenz geschreddert
  • Zentralisierung der Wahlkampforga zur Bundestagswahl auf eine Person, die dann zum Flaschenhals wurde
  • Fehlentscheidung bezüglich des 1V auf dem BPT in Bremen
  • Eskalierende Folge von Aktionen, die zumindest "Machtdemonstrationen" waren; der Kampf um die Deutungshoheit über die Partei wurde ohne Rücksicht auf die Partei ausgefochten
  • Vom Ergebnis der Europawahl spielen die Piraten nun in der gleichen Liga wie ÖDP und Tierschutzpartei
  • Nach Halle hat der BuVo Ruhe in die Partei gebracht, aber wohl zu viel Ruhe. Die Versuche, innerparteilich zu versöhnen, waren vielleicht auch zu zaghaft, auf jeden Fall wenig erfolgreich
  • Mit den Wahlen in Hamburg und Bremen werden Chancen vergeben (auf eine genauere Analyse soll hier verzichtet werden, sonst ufert es aus)
  • Die Organisation der AGH-Wahlen in Berlin passt nicht zur Bedeutung dieser Wahl

Unabhängig von diesen zeitlich konkretisierbaren Ursachen haben wir auch noch einige "Dauerbrenner":

  • Wir schaffen es nach wie vor nicht, innerparteiliche Konflikte zu deeskalieren.
  • Wir haben noch keinen Mechanismus, wie innerparteiliche Strömungen angemessen beteiligt werden.
  • Die interne Organisation klappt sehr unterschiedlich gut. Das liegt häufig daran, dass Piraten das tun, worauf die gerade Lust haben und dabei immer mal wieder heftig begabungskonträre Aufgaben ausführen.

ToDos

Hinterher ist man natürlich immer schlauer. Hier will ich mal versuchen, vorher schlauer zu sein:

  • Man kann nicht immer nur angreifen, man muss auch mal das Schiff reparieren. Und ja, es stehen Wahlen vor der Tür. Es stehen immer Wahlen vor der Tür. Und die sind auch immer wichtig. Aber mit dem jetzigen Zustand der Partei ist es ziemlich aussichtslos.
  • Wir sollten aufhören, unseren Erfolg an Prozenten zu messen. Wichtig ist, wirklich etwas zu bewegen. Ob als IPO oder APO - wen kümmert's?
  • Die Piratenpartei muss wieder kampagnenfähig werden. Und das heisst nicht nur, ein paar hübsche Bilder per SocialMedia zu verbreiten und eine Pressemitteilung zu verschicken. Das heisst, dass weit mehr als 100 Piraten koordiniert Internetforen bespielen, Leserbriefe schreiben, Bloggen, Podcasten, etc. Wir brauchen keine drei PMs die Woche, sondern eine Kampagne pro Quartal, die wirklich bis in die politische Diskussion durchschlägt.
  • Wir brauchen ganz dringend Mechanismen, innerparteiliche Konflikte zu deeskalieren. Und Auseinandersetzungen gehören auf die sachliche, nicht auf die menschliche Ebene.
  • Die Piraten in Schatzmeisterei und Mitgliederverwaltung bekommen die Prozesse immer besser in den Griff. Im Bereich der Wahlkampforganisation sehe ich diese Entwickung leider noch nicht.