Benutzer:Michael Ebner/Gegenrede BGE Demo

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In seiner Sitzung vom 07.10.2010 hat der BuVo dem Antrag 'Unterstützung der BGE-Demo am 06.11.2010' zugestimmt, was einigen Piraten missfallen hat.

Bernd Schlömer (http://wiki.piratenpartei.de/2010-10-21_-_Vorstandssitzung/Anträge#Bernd_Schl.C3.B6mer:_Punktation_zum_urspr.C3.BCnglich_gestellten_Antrag) und Daniel Flachshaar (http://flachshaar.net/2010/10/08/eine-undemokratische-entscheidung/) haben ihre Entscheidung ausführlicher begründet, dieser Beitrag soll eine Art Gegenrede dazu sein.

Konsenspunkte

Zunächst einmal bleibt festzustellen:

1. Der BuVo führt die geschäfte im Rahmen der Parteitagsbeschlüsse. Da bislang kein Parteitagsbeschluss bezüglich einer Ablehnung des BGE besteht, hat der BuVo formal zulässig gehandelt.

2. Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist prinzipiell mit den Zielen der Piratenpartei kompatibel.

3. Es gibt sehr viele unterschiedliche Entwürfe für ein solches Grundeinkommen, die auch sehr unterschiedlich von ökonomischen Sachverstand geprägt sind.

4. Die Idee ist innerhalb der Piratenpartei nicht unumstritten, es gibt sowohl engagierte Zustimmung wie vehemente Ablehnung sowie alle denkbaren Zwischenstufen. Ein nicht unerheblicher Teil der Piraten möchte ein solches Konzept erst dann unterstützen, wenn ein durchgerechnetes Modell vorliegt.

Ich gehe davon aus, dass über diese vier Punkte weitestgehender Konsens bestehen dürfte.

Kritik

Auch wenn ich die Entscheidung für formal zulässig und inhaltlich begründbar halte (und auch persönlich der Idee eines BGE recht aufgeschlossen gegenüber stehe), so bin ich dennoch mit dieser Entscheidung recht unglücklich.

Dafür sind insbesondere die folgenden Punkte maßgeblich:

BuVo-Wahl

Die Piratenpartei Deutschland hat im Moment Schwierigkeiten, sich auf Piraten für den Bundesvorstand zu einigen. Bis auf die Ausnahme des ohne Gegenkandidaten angetretenen Schatzmeisters hat nur Ben eine stabile Mehrheit von 62,5% der Stimmen erhalten, alle anderen haben (trotz Akzeptanzwahlverfahren) nur knapp über 50% erhalten, und das teilweise auch erst in der zweiten Stichwahl.

Diese Wahl fand vor dem Hintergrund der Tradition statt, dass der BuVo keine programmatischen Entscheidungen trifft (zumindest sofern sie nicht direkt aus den Grundsätzen oder der bisherigen Programmatik ableitbar ist). Wird mit dieser Tradition gebrochen, dann ist damit zu rechnen, dass

  • Die Kandidatenbefragungen zeitlich ausufern werden, da die Kandidaten auch noch ihre Position zu etlichen inhaltlichen Positionen werden darlegen müssen.
  • Ansonsten konsensfähige Kandidaten keine Mehrheit finden werden, weil sie zu viele Piraten wegen irgendwelchen inhaltlichen Positionen ablehnen werden.
  • Die dann erforderlich werdenden Stichwahlen einen Parteitag auch nicht gerade beschleunigen werden.
  • Kandidaten, die wegen ihrer inhaltlichen Positionen konsensfähig sind, nicht unbedingt die Geeignetsten sind, die Geschäfte der Partei zu führen.

Vorgriff auf Parteitagsentscheidungen

Aus gutem Grund ist die Entscheidung über die Programmatik einem Parteitag vorbehalten, und formal stünde dem auch frei, gänzlich anders zu enstcheiden. In der Realität wird er das höchst selten tun:

  • Piraten werden bei ihren Abstimmungen stets auch berücksichtigen, welches Bild es abgibt, wenn sie konträr zur bisherigen Parteilinie entscheiden.
  • Vorentscheidungen über die Teilnahme an Demonstrationen beeinflussen ihrerseits auch wieder die Zusammensetzung eines Parteitages: Piraten, die mit der Linie nicht einverstanden sind, werden inaktiv oder verlassen gar die Partei, statt dessen kommen neue Mitglieder hinzu, die durch eben diese Positionierung zu den Piraten kommen.

Integration der Partei

Wir haben derzeit die Situation, dass die meisten Landesverbände in sich halbwegs kohärent sind, es aber erhebliche Unterschiede zwischen den Landesverbänden gibt. Verantwortungsvoll wahrgenommene Vorstandsarbeit versucht nun, diesen heterogenen Haufen von Landesverbänden zu integrieren.

Inhaltliche Positionierung bei umstrittenen Themen dient nicht der Integration.

Präzedenzfall

Es wurde ein Präzedenzfall geschaffen für inhaltliche Positionierung durch den Bundesvorstand ohne ausreichende programmatische Grundlage. Das weckt diffuse Befürchtungen, auf welche Ideen bezüglich einer inhaltlichen Positionierung dieser oder ein nächster Bundesvorstand noch kommen könnte. Klare Schranken einer solchen Positionierung sind derzeit nicht zu erkennen.

Begründung

Die Begründung mit der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ist gewagt, insbesondere der damit verbundenen Verweis auf das "Recht auf falsche politische Meinungsäußerung". Will denn der BuVo nun auch zu "falschen Demonstrationen" aufrufen?

Ich würde da eher auf die sogenannte Negative Demonstrationsfreiheit verweisen, also auf die Freiheit, an einer Demonstration nicht teilzunehmen beziehngsweise nicht dazu aufzurufen.

Fazit

Eine Rücknahme des Beschlusses möchte ich nicht fordern, man muss sich vor der BGE-Szene ja nicht zum Kasper machen.

Wenn sich der BuVo jedoch zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung durchringen könnte, eine solche Positionierung künftig zu unterlassen, dann würde es mich freuen.