Benutzer:Michael Ebner/Demokratie Trotzdem

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Demokratie! Trotzdem!

Ein Tweet (https://twitter.com/klauspeukert/status/343650874201100288) und ein Blogbeitrag (http://www.peukert.name/2013/06/07/mehr-demokratie-klar-aber-nicht-so/) haben mich heute veranlasst, mal etwas intensiver über das Wesen und die Probleme der Demokratie nachzudenken.

Ich bin der Ansicht, dass man der These von Klaus (Wer Rechtspopulisten wie der AfD bewußt und sehenden Auges ein Podium bietet, sollte für sich nicht in Anspruch nehmen “Mehr Demokratie” zu wollen und verabschiedet sich als ernstzunehmender Partner des demokratischen Diskurses.) eine Antithese entgegensetzen sollte.

Man sollte sich mal wieder in Erinnerung rufen, dass in der Demokratie das Volk herrscht, und nicht die eigene Filter-Bubble. In der Schweiz z.B. hat jüngst das Volk mit 79% für ein verschärftes Asylrecht gestimmt, und ich kann weit und breit keine Indizien dafür erkennen, dass eine solche Abstimmung in Deutschland wesentlich anders ausfallen würde.

Um die These von Klaus mal vom Kopf auf die Füße zu stellen: Wer mehr Demokratie will, bietet Rechtspopulisten weit mehr als ein Podium, nämlich die Möglichkeit, die eigenen Vorstellungen an den parlamentarischen Mehrheiten vorbei direkt in die Gesetzbücher zu schreiben. Wer vor diesem Problem einfach die Augen verschließt, handelt meiner Ansicht schon eher vorsätzlich denn fahrlässig.

Was tun? Man könnte sich natürlich auch auf den Standpunkt stellen, dass das mit "mehr Demokratie" doch keine so gute Idee ist, man besser bei der rein parlamentarischen Ausgestaltung bleibt, kann doch zumindest für das Nachkriegsdeutschland als empirisch belegt gelten, dass es schlimmer als eine CDU-Alleinregierung nicht kommen wird.

Wie dem Titel dieses Beitrags zu entnehmen ist, stehe ich nicht auf diesem Standpunkt. In einem für mich völlig unüblichen Anfall von Optimismus nehme ich an, dass ein Mehr an Demokratie unter'm Strich zu besseren Ergebnissen kommt, zumindest langfristig - mitregieren will gelernt werden, das erleben wir Piraten ja derzeit sehr konkret, und dem Volk wird es grundsätzlich auch nicht anders ergehen (auch wenn die Probleme da deutlich andere sein werden). Ich mache mir aber auch keine Illussionen darüber, dass uns etliche Entscheidungen zumindest an die Grenze dessen bringen werden, was wir noch für erträglich halten.

Wenn wir dann diese "unerträglichen Entscheidungen" zumindest quantitativ begrenzen wollen, dann dürfen wir insbesondere die Rechtspopulisten in ihrer Filterbubble nicht alleine lassen, dann müssen wir jedes, aber auch wirklich jedes Podium nutzen, um deren Argumente zu wiederlegen, um um jeden einzelnen noch Untentschlossenen zu kämpfen - oder wir machen uns mitschuldig an Dingen, die wir möglicherweise hätten verhindern können, wären wir denn bereit gewesen, uns "die Finger schmutzig" zu machen.

Die Ausgrenzung von rechtspopulistischen Parteien mag noch funktionieren, solange wir über die klassische parlamentarische Demokratie nicht hinausgekommen sind. Es ist aber das Wesen von rechtspopulistischen Parteien (dafür steht das "populistisch" im Begriff), dass einzelne Forderungen deutlichst höhere Zustimungen erhalten als die betreffenden Parteien bei parlamentarischen Wahlen. Wer - wie "Mehr Demokratie e.V." oder die Piratenpartei die Forderung aufstellt, Schritte in Richtung direkter oder liquider Demokratie zu gehen, kann beim Umgang mit rechtspopulistischen Themen nicht bei tradierten (ob "bewährt", sei mal dahingestellt) Rezepten bleiben. Bei "Mehr Demokratie e.V." lässt sich eine entsprechende Weitsicht bereits finden, die Frage ist, in wieweit das auch für die Piratenpartei gilt - eine jüngst abgeschlossene Liquid-Feedback-Ini (https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/6296.html) lässt zumindest hoffen...