Benutzer:Michael Ebner/Antwort cos
Im Berliner Liquid gibt es die Anregung https://lqpp.de/be/suggestion/show/2385.html mit dem Text "Folgende Ausarbeitung zu Deinem Text wurde mir heute zugespielt, bitte berücksichtige sie. http://pastebin.com/bz1bht2W"
Da das Thema bereits eingefroren ist, kann ich da nicht mehr mittels Anregung antworten (wäre ohnehin keine bestimmungsgemäße Verwendung von Anregungen), also stelle ich das mal hier rein.
Im folgenden Text ist enthalten
- mein Ursprungstext
- die Kommentierung dazu, gekennzeichnet mit --->
- meine Antwort auf die Kommentierung, gekennzeichnet mit ANTWORT ME
Weitere Anmerkungen dazu gerne auf der Diskussionsseite.
Inhaltsverzeichnis
Der Text, die Kommentierung und meine Antwort darauf
Die Piraten Berlin wirken darauf hin, z.B. durch Aufnahme der folgenden Punkte in das Programm oder durch eine entsprechende Initiative ihrer Fraktion im Abgeordnetenhaus, den Markt der nichtmedizinischen psycholo-gischen Leistungen nach folgenden Leitlinien zu regulieren:
Gewerbeordnung
Die Gewerbeordnung ist dahingehend zu ergänzen, dass das Anbieten und Durchführen von nichtmedizinischen psychologischen Leistungen der Erlaubnis bedarf. Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis soll einerseits die Zuverlässigkeit, andererseits der Nachweis der Sachkunde sowohl des Betriebsinhabers als auch des konkreten Leistungserbringers sein. Von einer gewerblichen Tätigkeit ist auch dann auszugehen, wenn die Erzielung von Einnahmen nur ein Nebenzweck ist. Kirchliche und weltanschauliche Gemeinschaften sind von der Erlaub-nispflicht ausdrücklich nicht ausgenommen.
---> Die Stände der Scientology Kirche gelten nicht als Gewerbe und werden dementsprechend auch nicht vom Gewerbeamt überprüft.
ANTWORT ME: Mein Ansatz ist nicht, die Stände zu erschweren, sondern die "Kurse", für die an diesen Ständen Werbung gemacht wird.
---> Definiere "Nichtmedizinische psychologische Leistungen" (Scientologen bieten einen sogenannten Stresstest an, das hat weder etwas mit Medizin, noch mit Psychologie zu tun)
ANTWORT ME: Völlig richtig, dass das nichts mit Medizin zu tun hat, darum ja auch das "Nichtmedizinisch" im Begriff. Gängige Definitionen von Psychologie (z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Psychologie) sind eher umfassend, so dass mit der Terminus "Nichtmedizinische psychologische Leistungen" nicht unbrauchbar erscheint.
Wenn Du da einen besseren Begriff hast, verweise ich mal auf meine Aussage "wer da einen besseren Begriff hat, möge bitte eine Anregung schreiben."
Geordnete Vermögensverhältnisse
Es soll geprüft werden, ob die Anforderungen an Betriebsinhaber und konkrete Leistungserbringer auf das Vorliegen geordneter Vermögensverhältnisse ausgedehnt werden kann.
---> Was verstehst du unter geordnete Vermögensverhältnisse???
ANTWORT ME: Kein Offenbarungseid, nicht überschuldet, etc. "geordnete Vermögensverhältnisse" ist ein Terminus, der verschiedentlich in der Gewerbeordnung verwendet wird und durch Literatur und Rechtsprechung hinreichend geklärt ist.
Geschäftssitz
Anbieter von nichtmedizinischen psychologischen Leistungen sollen einen Geschäftssitz innerhalb der EU benötigen.
Transparenz
Anbieter von nichtmedizinischen psychologischen Leistungen sollen besonderen Transparenzvorschriften unterliegen. Vorbild für entsprechende Regelungen sollen auf der wirtschaftlichen Seite die Veröffentlichungspflichten für Aktiengesellschaften, auf der Leistungsseite die von den Krankenhäusern vorzulegenden Qualitätsberichte sein.
---> Schwachsinn, die Scientology Kirche ist in Dtl ein eingetragener Verein, mehr nicht.
ANTWORT ME: Wenn ein Verein ein Krankenhaus betreibt, dann hat er selbstverständlich auch einen Qualitätsbericht zu veröffentlichen (http://www.facharztklinik-hamburg.de), und wenn ein Verein seine wirtschaftliche Tätigkeit in eine juristische Person auslagert, dann unterliegt diese selbstverständlich auch den entsprechenden Transparenzvorschriften. (Ein Beispiel: Das Deutsche Institut für Normung e.V. betreibt als Tochtergesellschaft die Beuth Verlag GmbH, und deren Jahresberichte sind ordnungsgemäß auf bundesanzeiger.de veröffentlicht.)
Mit entsprechenden Gesetzen kann nun problemlos erreicht werden, dass diese Transparenzvorschriften auf die genannte Branche erweitert werden.
Preisabgabenverordnung
Die Preisangabenverordnung ist dahingehend zu ergänzen, dass Anbieter von nichtmedizinischen psychologischen Leistungen eine Preisliste ihres kompletten Leistungsangebotes in geeigneter Weise zu veröffentlichen haben.
Die Bestimmungen über strafbare Werbung nach §16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sind dahingehend zu ergänzen, dass unwahre Angaben bei der Werbung für nichtmedizinischen psychologischen Leistungen auch schon dann strafbar sind, wenn sie keinen Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervorrufen, sondern andere Aspekte des Angebotes betreffen, und dass die Strafandrohung für alle Werbemaßnahmen gilt und nicht nur für Angaben in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind. Es ist zu prüfen, in wieweit eine solche verschärfte Regelung auch auf auf weitere Branchen gerechtfertigt ist.
---> §16 WAS???? Unter unlauterem Wettbewerb fällt das, was die Scientologen an ihren Ständen anbieten nicht.
ANTWORT ME: Derzeit vielleicht nicht, weil sie - um unter den § 16 zu Fallen - den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen müssten. Mein Vorschlag wäre, ob man diesen § 16 (Strafbare Werbung) dahingehend erweitert, dass generell "Lügen in der Werbung" darunter fällt.
Begründung
Verfassung
Dies ist eine Gegeninitiative zu i2199 ("Bezirksübergreifende Auflagenverschärfung für Stände der Scientology Organisation"). Im Ansatzpunkt zutreffend geht diese Initiative von einer Gefährlichkeit der sogenannten Church of Scientology aus, versucht diese aber mit verfassungsrechtlich fragwürdigen Mitteln zu bekämpfen.
---> Wo sind fragwürdigen verfassungsrechtliche Mittel, die eingesetzt werden?
ANTWORT ME: ist in https://lqpp.de/be/initiative/show/2213.html ausgeführt - und es sind verfassungsrechtlich fragwürdige Mittel, nicht fragwürdige verfassungsrechtliche Mittel
Symptombekämpfung
Zudem wird dort der falsche Ansatz gewählt: Die Gefahren für psychisch labile Menschen gehen von den angebotenen Kursen aus, nicht von der Werbung für diese. Folglich ist nicht die Werbung zu erschweren, sondern die Kurse selbst. Die Werbung für diese Kurse mag ja in besonderer Weise auf das Problem hinweisen, eine Erschwerung der Werbung ist dann jedoch reine Symptombekämpfung.
---> Blödsinn, denn nur durch die Werbung auf der Straße werden Menschen erst in den Kontakt zu COS kommen und dadurch zu den Kursen.
ANTWORT ME: Diese Aussage impliziert, dass COS auf keine andere Art und Weise Werbung macht oder machen könnte, als ausgerechnet mit Werbung auf der Straße.
Zudem: Wenn die Werbung nach wie vor stattfinden könnte und meinetwegen auch würde, aber die Kurse nicht mehr angeboten würden - oder zumindest nicht mehr in Deutschland - wo wäre dann das Problem?
Obhutspflicht
Am Rande: Der Begriff "Obhutspflicht" wird primär bezüglich des Schutzes von Kindern und ähnlich schutzbedürftigen Personen verwendet. Eine generelle Obhutspflicht der Behörden gegenüber dem Bürger, basierend auf den Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes, entspricht nicht dem Menschenbild des Grundgesetzes (und hoffentlich auch nicht dem einer Mehrheit in der Piratenpartei).
---> Richtig, was den Begriff angeht.
ANTWORT ME: Oh, wir sind uns mal einig... :-)
Gewählter Ansatz
Um die Sache grundgesetzkonform und effektiv zu bekommen, wurde der folgende Ansatz gewählt:
Kein Sonderrecht
Kein Sonderrecht für eine einzelne Organisation, sondern für alle Anbieter einer entsprechenden "Dienstleistung".
Kein Eingriff in die Meinungsfreiheit ("schlechthin konstituierend für die Demokratie", BVerfGE 7, 198, Rn 33), sondern in die Gewerbefreiheit als dem geringerwertigen Grundrecht. Ohnehin dürfte es effektiver sein, die Handlung als solches einzuschränken als die Werbung dafür.
Weitgehende Ausdehnung der Transparenz, gerade dort, wo es interessant wird (wirtschaftliche Daten, Fallzah-len...).
Die vorhandenen strafrechtlichen Regelungen sollen in diesem Bereich auf alle unwahren Angaben in der Werbung ausgedehnt werden.
---> Du hast dich mit COS und den Dianetik-Ständen noch kein Deut beschäftigt, wie man sieht, du redest von Transparenz und hast kein Plan. Du solltest dich mal mit der Genehmigung für diese Stände auseinandersetzen und was die für Auflagen haben, dann kannst du mit deinen achsotollen Urteilen vom BVerfG kommen.
Wir beschäftigen uns teilweise seit Jahren damit und du willst uns jetzt erzählen, was richtig und was falsch ist????
ANTWORT ME: Wenn nach jahrelanger Beschäftigung nicht bessere Ideen dabei herauskommen, als es COS verbieten zu wollen, Stühle auf die Straße zu stellen, dann können ein paar frische Ideen wohl nicht schaden.
Ansonsten gibt es bei den Rechtstexten eine gewisse Hierarchie, und behördliche Genehmigungen stehen dort ganz unten und die Verfassung ganz oben.
Zum Text der Initiative
Art 3
Damit die Sache nicht schon mit Artikel 3 GG kollidiert, geht der Vorschlag nicht gegen eine bestimmte Organi-sation, sondern reguliert allgemein den Markt der "nichtmedizinischen psychologischen Angebote" - wer da einen besseren Begriff hat, möge bitte eine Anregung schreiben. Damit reguliert man auch andere Sekten und sektenähnliche Organisationen sowie rein profitorientierte Anbieter von "Selbsterfahrungsseminaren" und ähnli-chem.
---> Die ganze Sache hat nichts mit den einzelnen Scientologen zu tun, sondern mit der Organisation Scientology ansich, ergo fällt Art. 3 GG in dem Sinne schonmal weg. Es werden keine Scientologen angegangen, sondern nur das System, für dass diese arbeiten.
ANTWORT ME: Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist seinem Wesen nach auch auf juristische Personen anwendbar, vgl. GG Art 19(3), als auch auf Vereine.
weitere Ausführungen
Die ersten Regelung sollen in der Gewerbeordnung angesiedelt werden. Dort wird schon seit Langem mit den Begriffen Zuverlässigkeit und Sachkunde agiert. Über den Begriff der Zuverlässigkeit bekommt man vor allem verurteilte Straftäter aussortiert. Der Nachweis der erforderlichen Sachkunde wäre dann vom Verordnungsgeber zu regeln. Der erfolgreiche Abschluss eines wissenschaftlichen Studiums dürfte hier wohl eine überzogene For-derung sein, ein 2-Wochen-Seminar dürfte wohl nicht ausreichen.
Die Ausdehnung der Regelung auf diejenigen Fälle, in denen die Erwerbsabsicht ein Nebenzweck ist, und die ausdrückliche Aufnahme von kirchlichen und weltanschaulichen Gemeinschaften soll eine Umgehung dieser Regelung verhindern - und wenn die katholische Kirche dann mal die Absicht haben sollte, für einen Gottes-dienst Eintritt zu nehmen, dann braucht sie halt auch so eine Erlaubnis.
Die Sache mit den geordneten Vermögensverhältnissen ist als Prüfauftrag formuliert, da schwer abzuschätzen ist, ob das noch verhältnismäßig und damit verfassungsgemäß ist. Eine solche Prüfung gibt es in der Gewerbe-ordnung schon für andere Berufe, aber diese haben eine andere Ausrichtung (z.B. Versteigerungsgewerbe).
Die Sache mit dem Geschäftssitz innerhalb der EU stellt sicher, dass da nicht eine Adresse in den Vereinigten Staaten im Impressum steht und die Organisation gegebenenfalls dort und auf Grundlage der dortigen Rechts-ordnung verklagt werden müsste. Ein Geschäftssitz in Deutschland wäre besser, ist europarechtlich jedoch schwierig.
Auch auf der Transparenzseite wird auf bewährte Verfahren zurückgegriffen: Die Anlehnung an die Veröffentli-chungspflicht von Aktiengesellschaften stellt u.a. sicher, dass von einem Wirtschaftsprüfer testierte Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen sind. Der an den Qualitätsbericht der Krankenhäuser angelehnte Leistungsbericht gibt z.B. Aufschluss über die Fallzahlen in den einzelnen Leistun-gen. Darüber hinaus könnten verschiedene Indikatoren definiert werden, anhand derer der "Erfolg" der Leistun-gen bewertet werden kann.
Die Ergänzung der Preisangabenverordnung soll den Verbraucher Klarheit über die auf ihn zukommenden Kos-ten schaffen.
Mit dem letzten Punkt wird der § 16 UWG ergänzt: Auch strafbare Werbung gibt es bereits, für die nichtmedizi-nischen psychologischen Angebote sollen hier strengere Maßstäbe gelten, so dass unwahre Angaben hier generell eine strafbare Handlung sind. Diese Regelung ist insbesondere in Kombination mit der für die Gewerbeordnung geforderten Zuverlässigkeit interessant, auch für alle möglichen anderen Anbieter.
Unwahre Angaben generell unter Strafe zu stellen könnte auch für andere Branchen interessant sein, ich denke da insbesondere an unseriöse ---"Finanzoptimierer", die ihre Versprechungen meist nicht öffentlich, sondern im Gespräch mit dem einzelnen Kunden machen.
Schlussbemerkung
---> Man merkt ganz schnell beim Lesen, dass du absolut keine Ahung hast, wer oder was Scientology in Deutschland ist, sonst würdest du dich nicht mit der Gewerbeordnung und Aktiengesellschaften aufhalten, denn all dies ist in diesem Fall völlig irrelevant.
Nochmal für dich zum Mitschreiben:
Scientology in Deutschland sind eingetragene Vereine und bei ihnen sind andere Gesetze anzuwenden, als bei einem Gewerbe.
Es gibt Menschen in Dtl, die beschäftigen sich seit Jahren mit dieser Sekte (Bsp.: Ursula Caberta, Frank Nordhausen, Ingo Heinemann) und du willst denen somit sagen, dass sie bisher viel falsch gemacht haben???? Genauso kommen deine Inis rüber. Mach dich bitte erstmal schlau und dann kannst du gern Ideen einbringen, aber nicht einfach gute Ideen von Leuten torpedieren, die sich schon länger mit dem Thema auseinandersetzen und die Auflagen (gerade hier in Berlin) sehr gut kennen.
ANTWORT ME:
- Mal zum Nachdenken: Al Capone wurde nicht von der Kriminalpolizei zur Strecke gebracht, sondern von der Steuerfahdung.
- Wenn Vereine gewerblich tätig sind, dann gelten für diese dieselben Gesetze wie für andere Gewerbetreibende auch. Vielleicht muss der Gesetzgeber noch ein wenig deutlicher machen, dass er das entsprechende Angebot als gewerbliche Tätigkeit sieht, und mit ein paar Regelungen für diese Branche könnte auch bei anderem "Unfug" die Sache transparenter werden.
- Die Tätigkeit der genannten Menschen kann ich im Detail nicht beurteilen. Ihre jahrelange Tätigkeit war jedoch zumindest nicht derart erfolgreich, dass sich das Problem restlos erledigt hat - ansonsten wäre die ursprüngliche Ini ja auch nicht erforderlich.