Benutzer:Ex-32/Kritik SÄA047

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Kritik an SÄA047 (Finanzordnungsantrag)

Zu § 15 Abs 2 des Antrages

In § 15 Abs 2 S 1 heißt es, dass über die Verteilung der staatlichen Mittel der Bundesvorstand entscheidet. Dabei wird er die "Beschlussempfehlung" des Finanzrates "berücksichtigen".

Damit wird dem Bundesvorstand die alleinige Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Verteilung der staatlichen Mittel zugeschrieben. Die Landesverbände sollen dazu über ihre Vertreter im Finanzrat lediglich eine Empfehlung unterbreiten, was ausweislich der Begründung einer "Anhörungspflicht" gleichkommen soll.

Inkongruenz mit basisdemokratischem Anspruch

Es erscheint unklar, wie der basisdemokratische Anspruch der Piratenpartei glaubhaft aufrechterhalten werden kann, wenn bereits auf der Ebene der innerparteilichen Demokratie die demokratischen Standards der etablierten Parteien unterschritten werden sollen.

Vergleichbare Bestimmungen anderer Parteien

In keiner der im Bundestag vertretenen Parteien kann der Bundesvorstand die Verteilung der staatlichen Mittel allein beschließen; bei jeder dieser Parteien sind die Landesverbände (bzw. nächstniedrigeren Gliederungen) an dieser Entscheidung unmittelbar zu zu beteiligen.

Zum Vergleich die entsprechenden Bestimmungen der anderen Parteien:


Partei Satzungsbestimmungen Erläuterung
Grüne §§ 17, 12 Abs 3 Bundessatzung Die Grünen haben gemäß ihrer Bundessatzung einen Bundesfinanzrat. Dieser ist gemäß § 17 Abs 1 S 2 Nr. 2 für die Vorbereitung und das Treffen von Vereinbarungen zur Aufteilung der Finanzmittel zwischen Bundes und Landesverbänden zuständig. Er setzt sich aus Vertretern der Landesverbände dem Bundesschatzmeister und anderen Funktionsträgern zusammen. Die Vertreter der Landesverbände werden gewählt.

Die grundsätzliche Entscheidungskompetenz liegt gemäß § 12 Abs 3 Satz 2 Bundessatzung bei der Bundesversammlung, die einen Bundesparteitag mit Delegiertensystem darstellt.

FDP § 16 FinanzO Die einschlägige Bestimmung entspricht wortwörtlich der bisherigen Übung in der Piratenpartei:


§ 16 - Finanzausgleich nach § 22 Parteiengesetz

(1) Die Festlegung des gesetzlich vorgeschriebenen

angemessenen Finanzausgleichs zwischen der Bundespartei und den Landesverbänden wird von

der Konferenz des Bundes- und der Landesschatzmeister vorgenommen.

[...]

(4) Beschlüsse der Konferenz werden im Einvernehmen zwischen dem

Bundesschatzmeister und einer Zweidrittel-Mehrheit der Landesschatzmeister

gefasst.



CDU § 13 (Parteiinterner Finanzausgleich) Finanz- und Beitragsordnung (FBO)

Die Bundespartei regelt im Benehmen mit den Landesverbänden den parteiinternen Fi-

nanzausgleich (§ 22 PartG).

Selbst bei der CDU hat die Bundespartei eine Einigung mit den Landesverbänden herbeizuführen.
SPD § 24 Organisationsstatut

(3) Der Parteivorstand führt innerhalb der Gesamt-

partei im Einvernehmen mit den Bezirken einen

Finanzausgleich durch.

Der Bundesvorstand hat eine Einigung mit den Bezirken (nächste Gliederungsstufe unterhalb der Bundespartei) herbeizuführen.
Linke §§ 21, 26 Bundessatzung § 5 BFinanzordnung In der Satzung der Linken finden sich eine Vielzahl sich überschneidender Kompetenzstrukturen.


Es gibt einen Bundesfinanzrat, der sich gemäß § 26 Abs 2 Bundessatzung aus dem Bundesschatzmeister und den Schatzmeistern der Landesverbände zusammensetzt. Dieser legt zwar nach § 5 Abs 3 Bundesfinanzordnung die Höhe der den Landesverbänden zufließenden Anteile aus den staatlichen Mittel jährlich im Rahmen der Finanzplanung fest, hat jedoch keine letztendliche Entscheidungskompetenz. ( § 26 Abs 1 Bundessatzung). Der jährliche Finanzplan ist jedoch gem. § 21 Abs 3 lit. b) Bundessatzung vom Bundesausschuss zu beschließen. Der Bundesausschuss selbst ist gem. § 22 Bundessatzung ein Organ, das sich in erster Linie aus von den Landesverbänden gewählten Vertretern zusammensetzt, die über beschließende Stimmen verfügen.

Zum Finanzausgleich zwischen Bundesverband und Landesverbänden

1. Die Behauptung, die Änderung in § 15 Abs 2 des Antrages entspräche der bisherigen Regelung, ist unzutreffend. Vielmehr gibt es in der Piratenpartei eine ( dem § 16 der Finanzordnung der FDP entsprechende ) Übung dahin, dass Art und Umfang der Verteilung der staatlichen Mittel durch Schatzmeister- bzw. Verwaltungskonferenzen festgelegt werden. Diese sind entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht etwa ein "Zeichen guten Willens des Bundesvorstandes", sondern auf diesen Konferenzen werden rechtswirksame Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden und auch dem Bundesverband getroffen – jedenfalls, sofern die entsandten Teilnehmer vertretungsberechtigt sind bzw. die Vereinbarung im Nachhinein (von den Landesvorständen) genehmigt wird. Eine ausdrückliche Bestimmung in den Satzungen gibt es hierzu (bislang) nicht. Einer solchen bedarf es hierfür aber aufgrund der Privatautonomie (Vertragsfreiheit) auch gar nicht. Darüber hinaus ist aus § 22 PartG zu entnehmen, dass die Landesverbände an der Entscheidung über den innerparteilichen Finanzausgleich unmittelbar teilnehmen. Dies ist aufgrund der, für eine Partei im Sinne des Art 21 GG vorauszusetzenden, innerparteilichen demokratischen demokratischen Binnenstruktur auch selbstverständlich. Des Weiteren begründet die bisherige ständige Übung selbst eine Bindungswirkung (Vereinsobservanz).

2. Durch die mit dem Antrag begehrte Satzungsänderung "§ 15 Abs 2 des Antrages" würde eine rechtliche Grundlage geschaffen, die wegen Verstoßes gegen §§ 1, 22 PartG gemäß Artikel 21 Abs 1 S 3 GG iVm. § 134 BGB nichtig wäre.

Gemäß Art 21 Abs 1 S 3 GG muss die innere Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen entsprechen. Hieraus ist das Gebot der innerparteilichen Demokratie abzuleiten, das in den Normen des Parteiengesetzes seinen durchgehenden Niederschlag gefunden hat. Kennzeichnend hierfür sind die Grundsätze des Aufbaus von "unten nach oben", der Einräumung von Partizipationsrechten an Mitglieder, die Gewährung von Minderheitenschutz sowie die Wahrung der innerparteilichen Transparenz.

Ein Aufbau von "unten nach oben" muss gewährleisten, dass die Gliederungen bei parteiinternen Entscheidungsprozessen, die von erheblicher Bedeutung für den Gesamtverband sind, nicht übergangen werden können (in gleicher Weise muss dies für die Gliederungen und deren Untergliederungen gelten). Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Entscheidungen handelt, die sie selbst unmittelbar betreffen.

Vorgenanntes korrespondiert mit der Verpflichtung, die Parteimitglieder in Entscheidungsprozesse mit einzubinden, was außerhalb von Parteitagen über die Vorstände der Gliederungen gewährleistet wird. Die sich daraus ergebende Struktur ist aber nicht grundsätzlich als hierarchisch zu verstehen, sondern schließt eine rein zentralistisch angelegte Organisation sogar aus. Die §§ 7, 8 und 9 PartG machen deutlich, dass eine Art "Einheitsverband", in dem die Gliederungen nur oben getroffene Entscheidungen ausführen oder nur vom Wohlwollen einer übergeordneten Instanz abhängig sind, nicht dem Leitbild des PartG entspricht. Eine echte Einbindung in Entscheidungsprozesse kann nur gelingen, wenn ein Mindestmaß an Autarkie vorhanden ist, das überhaupt noch Spielraum für eine selbstbestimmte Beteiligung an einem Entscheidungsprozess ermöglicht.

Nur durch eine Einbindung der Mitglieder, etwa vermittelt durch die Vorstände der Gliederungen, in tragende Entscheidungsprozesse kann auch gewährleistet werden, dass Minderheitenpositionen Gehör finden, weil sie aufgrund der ihnen eigenen Bedeutung ( zB. der eines Landesverbands oder innerhalb desselben, der eines Kreisverbandes) zu hören sind -- dies nicht etwa in Form eines bloßen Petitionsrechtes oder dergleichen. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass nach Maßgabe der Organisationsstruktur eigene Entscheidungskompetenzen oder zumindest "Mitentscheidungskompetenzen" existieren.

Erst durch eigene Entscheidungskompetenz und der daraus resultierenden Notwendigkeit der echten unmittelbaren Einbindung in die maßgeblichen organisatorischen Entscheidungsprozesse kann bundesweit die innerparteiliche Transparenz hergestellt werden – die umgekehrt überhaupt erst Partizipationsmöglichkeiten durch Wissen bedingt.

In diesem Lichte ist dem § 22 PartG das Erfordernis einer echten unmittelbaren Beteiligung der Landesverbände über deren Organe oder aber über einen – repräsentativen – Bundesparteitag zu entnehmen.

Die Norm beinhaltet ein subjektives Recht der Landesverbände, als Teilorganisationen des Gesamtverbandes, auf den Ihnen zukommenden angemessenen Anteil an der staatlichen Parteienfinanzierung. Dessen zwingender Bestandteil muss im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit und in Verbindung mit der föderativen Verbandsstruktur wiederum ein maßgeblicher Anteil an der Entscheidungskompetenz bezüglich der Art und Weise der Verteilung sein. Erst damit kann ein Finanzausgleich sichergestellt werden, der der Interessenlage der Landesverbände , als Trägern eines großen Teils der Parteiarbeit, gerecht wird.

Demgegenüber würde die Einräumung einer diesbezüglichen alleinigen Entscheidungskompetenz an den Bundesvorstand den Landesverbänden die "Goldenen Zügel" anlegen, die nach der Intention des § 22 PartG gerade ausgeschlossen werden sollen (K.-A. Schwarz in Kersten-Rixen, Kommentar zum PartG, § 22 Rn 1) und den oben dargestellten aus Art 21 Abs 1 Satz 3 GG zu entnehmenden Grundsätzen widersprechen.


Konstruktiver Vorschlag

(Skizze)


1. § 15 Abs 2 des Antrages wird gestrichen.
2. die Absätze 4 bis 7 des § 23 des Antrages erhalten folgende Fassung:

§ 23 Aufgaben des Finanzrates

(4) Der Finanzrat erarbeitet eine Beschlussvorlage über die Verteilung der staatlichen Parteienfinanzierung zwischen dem Bundesverband und den Landesverbänden, die den finanziellen Bedürfnissen der Beteiligten Rechnung trägt. Maßstab sind der vom Bundesschatzmeister erstellte Haushaltsplan und die Planungen der Landesverbände sowie der Grundsatz der Angemessenheit gem. § 22 PartG. Die Beschlussvorlage bedarf einer Zustimmung von 2/3 der anwesenden Mitglieder des Finanzrates.

(5) Die Beschlussvorlage wird dem Bundesvorstand sowie den Vorständen der Landesverbände zur Entscheidung vorgelegt und durch deren Vorstandsbeschlüsse genehmigt.

(6) Konnte im Finanzrat keine Beschlussvorlage erarbeitet werden, können die die Vorstände gem. Abs 5 gleichwohl eine Entscheidung durch übereinstimmende Beschlüsse treffen.

(7) Erfolgt keine Genehmigung der Beschlussvorlage nach Abs 5 oder kann keine Entscheidung nach Abs 6 erzielt werden, so findet der zuvor verwendete Verteilungsschlüssel für die Verteilung künftiger staatlicher Mittel weiterhin Anwendung.


Weiteres

Zu § 20 Abs 1 und 2

Die Begründung zu § 20 Abs 1 ist in sich widersprüchlich.

Zum einen wird behauptet, eine Entscheidungsbefugnis sei nicht umsetzbar, was impliziert, dass es sich bei dem Finanzrat um keine Einrichtung iSd § 12 PartG handeln soll. Zum anderen wird ausgeführt, die Anforderungen des § 12 Abs 2 PartG hinsichtlich der Wahl der Mitglieder seien zu berücksichtigen. Nach den Gesetzen der Logik müsste sich der Verfasser aber für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden.

Dass die Mitglieder eines als Organ konzipierten "Finanzrates" auch von den Landesverbänden gewählt werden könnten, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs 1 PartG.

Die Begründung zu § 20 Abs 2 des Antrages wartet mit weiteren Widersprüchen auf, indem sie die Bestimmung der eigentlich zu wählenden Mitglieder durch Beauftragung zulassen und die Mitglieder des Finanzrates gleichzeitig darauf achten lassen will, dass die Mindestanzahl der zu wählenden Mitglieder eingehalten wird.


Zu § 24

Es ist nicht ersichtlich, warum den Landesverbänden die Möglichkeit genommen werden soll, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten. Dies stellt einen unnötigen Eingriff in die Autonomie der Landesverbände dar, obwohl diese so in Zukunft einen Teil ihrer Kosten aufbringen könnten.

Die Begründung „ Gliederungen könnten ihre Ideen nach wie vor umsetzen, diese werden …“ widerspricht dem Wortlaut der Bestimmung. Wenn es den Gliederungen gar nicht gestattet ist, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten, wie sollten sie dann ihre diesbezüglichen Ideen umsetzen. Das wäre eben nur denkbar, wenn entgegen der Satzung ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten werden könnte. Es wäre widersinnig, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in der Satzung zu untersagen und ihn dann dennoch zuzulassen. Dies wäre nur mit der Konstruktion eines Genehmigungsvorbehaltes (durch den Bundesschatzmeister) denkbar, den der Wortlaut aber gar nicht hergibt.


Zu § 15 im Abschnitt A der BS

1. Mit § 15 Abs 2 in Abschnitt A der BS des Antrages würde dem Bundesvorstand die Möglichkeit eröffnet, von der bloßen Aufwandsentschädigung – bei der nur notwendige Auslagen erstattet werden – zu einer Aufwandsvergütung überzugehen, bei der bei über die notwendigen Auslagen hinaus ein 'Geldzufluss' eintreten kann. Dies betrifft insbesondere die Aufwandsvergütungen des Bundesvorstandes selbst. Über deren Höhe soll der Bundesvorstand weiterhin allein entscheiden.

Jedenfalls hinsichtlich letzterem wäre es angebracht, diese Entscheidung von der Zustimmung eines anderen Gremiums, etwa des BPT oder zumindest des im Antrag vorgesehenen Finanzrates abhängig zu machen.

2. Die Ausführungen in der Begründung zu Abs 1 lassen sich im Wortlaut der Bestimmung kaum wiederfinden. In der Bestimmung heißt es in Satz 2 „Es sollen nur in Ausnahmefällen Aufwandsvergütungen gezahlt werden“. Demgegenüber wird in der Begründung als Beispiel angeführt von Vollzeitstellen die Teilzeitstellen verkleinert werden können. Dies klingt zwar gut aber wird den derzeitigen Gegebenheiten nicht gerecht.

Der Antrag und die Begründung zu diesem § 15 Abs 1 wären allgemeinverständlicher ausgefallen, wenn klar benannt worden wäre, dass künftig Festanstellungen ermöglicht werden sollen – was m.E. richtig wäre.