Benutzer:Corsaronero

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Jochen Ebmeier; älterer Herr, Essayist, Pädagoge, Philosophierer; selbstständig. Berlin. Kein Analogpirat, aber auch kein Softwarepirat - sondern ein Contentpirat.


Ein Vorschlag für die Gliederung des Wahlprogramms

Für die Diskussion über das Wahlprogramm wäre die Hauptsache schon gewonnen, wenn man sich auf eine Gliederung verständigen kann. Denn in der Gliederung kommt die Logik der Argumentation zum Ausdruck. Oder andersrum: Die Gliederung muss von der Logik der Argumentation bestimmt werden.

Und aus der Gliederung ergibt sich von allein, was unbedingt reingehört ins Programm und was man schlimmstenfalls weglassen könnte - oder zu einem allgemeinen Forderungen-Katalog in der Anhang packen...


I. Partei der digitalen Revolution

[Die PiratenPartei ist die Partei der digitalen Revolution.

Wir wollen erstens deren Treiber und zweitens ihre Lotsen sein – denn wer wüsste besser als wir, wohin die Fahrt geht und wo die Klippen und Untiefen liegen?

Der für jedermann schon heute sichtbare Teil der digitalen Revolution ist das Internet. Es erfasst den Bereich der gesellschaftlichen Kommunikation. Dort ersetzt es viel von dem, was bislang von lebendigen menschlichen Intelligenzen besorgt wurde, durch die automatischen Abläufe einer maschinellen Intelligenz. Es macht Informationen einem jeden zugänglich, die bislang nur einigen wenigen vorbehalten waren. Wo sie öffentliche Angelegenheiten betreffen, erweitert es die Reichweiten der Demokratie. Wo sie die Privatangelegenheiten der Individuen betreffen, gefährdet es die bürgerlichen Freiheiten. Aber das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Schon bevor das Internet den Verkehr zwischen den Individuen automatisiert hat, hat die maschinelle Intelligenz begonnen, in die Fertigung der sachlichen Werte einzudringen. Ein rasant wachsender Teil der materiellen Produktion wird von intelligenten Robotern übernommen. Das macht auf der einen Seite menschliche Arbeit zusehends überflüssig – und setzt sie für erfreulichere Sachen frei. Auf der anderen Seite konzentriert er den menschlichen Beitrag zur Produktion auf eben das, was die Maschinen niemals leisten werden: die Feststellung der erwünschten Zwecke.]

II. Chancen der Digitalisierung

- Internet; Wissen für alle – freier Zugang für alle; Gegen Zensur!

III. Risiken der Digitalisierung

- Kontrolle des Lebens durch die Technik; Kontrolle der Bürger durch Staat und Wirtschaftsmächte.

IV. Digitalisierung des Wirtschaftslebens

- Ersetzung menschlicher Arbeit durch Maschinen; mehr Freizeit für alle: uralter Menschheitstraum! - Nie wieder Arbeit für alle – wovon leben? BGE.

V. Bürgerrechte

- Datenschutz; persönliche Freiheiten

VI. [Spezifische Forderungen]


Ein Vorschlag für eine Präambel zum Grundsatzprogramm

Was ist eine Präambel? In alten Parteiprogrammen nannte man das einen chapeau - von coup de chapeau, eine Ehrenbezeugung für die hehren Ideale, die im folgenden Text dann kaum wiederzufinden waren.

So eine Präambel brauchen wir nicht. Sondern eine, die den Grund-Satz formuliert, von dem das Programm ausgeht. Ein Grundsatzprogramm ist der Maßstab für alle politischen Meinungsbildungen einer Partei. Resolutionen zu bestimmten Problemen tagespolitischer Natur müssen sich an diesen Grundsätzen messen, gehören selber aber in Wahlprogramme oder in spezifische Parteitagsbeschlüsse.

"Die PiratenPartei ist die Partei der digitalen Revolution.

Wir wollen erstens deren Treiber und zweitens ihre Lotsen sein – denn wer wüsste besser als wir, wohin die Fahrt geht und wo die Klippen und Untiefen liegen?

Der für jedermann schon heute sichtbare Teil der digitalen Revolution ist das Internet. Es erfasst den Bereich der gesellschaftlichen Kommunikation. Dort ersetzt es viel von dem, was bislang von lebendigen menschlichen Intelligenzen besorgt wurde, durch die automatischen Abläufe einer maschinellen Intelligenz. Es macht Informationen einem jeden zugänglich, die bislang nur einigen wenigen vorbehalten waren. Wo sie öffentliche Angelegenheiten betreffen, erweitert es die Reichweiten der Demokratie. Wo sie die Privatangelegenheiten der Individuen betreffen, gefährdet es die bürgerlichen Freiheiten.

Aber das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Schon bevor das Internet den Verkehr zwischen den Individuen automatisiert hat, hat die maschinelle Intelligenz begonnen, in die Fertigung der sachlichen Werte einzudringen. Ein rasant wachsender Teil der materiellen Produktion wird von intelligenten Robotern übernommen. Das macht auf der einen Seite menschliche Arbeit zusehends überflüssig – und setzt sie für erfreulichere Sachen frei. Auf der anderen Seite konzentriert es den menschlichen Beitrag zur Produktion auf eben das, was die Maschinen niemals leisten werden: die Feststellung der erwünschten Zwecke."

Das ist nur der Anfang, oder besser der Anfang vom Anfang, und auf den einzelnen Formulierungen werde ich nicht rumreiten. Aber ich bin sicher: Nur wenn wir unser Programm mit diesen Überlegungen beginnen, können wir es zu einem uns selber und womöglich die Andern überzeugenden Abschluss führen.

Was keinen offenkundigen oder von uns offenkundig zu machenden Bezug zur digitalen Revolution hat, gehört, so aktuell es momentan sein mag, nicht ins Grundsatz-Programm. Das Grundsatzprogramm dient mehr zur Orientierung der parteiinternen Meinungsbildung als zur Gewinnung von Wählern.

Aber zur Gewinnung neuer Miglieder - die wir bald dringend brauchen könnten - dient es an oberster Stelle.



Warum denn Demokratie?

Wer irgend mit gesundem Menschenverstand (sensus communis) begabt ist, wird auf die Frage Wer soll regieren? unfehlbar die Antwort geben: der am besten dazu geeignet ist.* Das eigentliche Problem war und bleibt immer: Wer entscheidet darüber, wer die Besten sind - wenn nicht die Besten selber?

Es ist die Quadratur des Zirkels, landläufig: Die Katze beißt sich in den Schwanz. Denn dass die relativ größere Weisheit stets bei dem relativ größeren Haufen wäre, wird kein verständiger Mann behaupten wollen. Eher darf man annehmen, dass die höhere Weisheit in den meisten Fällen bei einer Minderheit liegt. Das Kreuz ist nur: Man weiß nie im voraus, bei welcher.

Unter diesen Gesichtspunkten ist die Herrschaft der Volksmehrheit, wie seit Plato bekannt ist, sogar eine ganz besonders unkluge Regierungsform. Sie ist nur dadurch zu rechtfertigen, dass einerseits kein gesellschaftliches Korps a priori zu bevorrechten ist, und dass sie andererseits erlaubt, die Mehrheiten auszuwechseln - so dass Minderheiten ihrerseits an die Macht kommen können. Und dieses dann und darum, wenn und weil sich die bislang machthabende Partei als weniger geeignet erwiesen hat, als eine Mehrheit zuvor glaubte: Man kann es mit einer anderen noch einmal versuchen. Die Voraussetzung ist: die Repräsentation der Meinungen durch Parteien, und die Periodizität der Mandate. Und das alles ganz prosaisch und pragmatisch, ohne Glanz und Pathos, weil es sich von allen Regierungsformen als die dem Gemeinwohl am wenigsten schädliche bewährt hat. Demokratie ist kein Ideal, sondern das erwiesenermaßen kleinste Übel.

Das demokratische Gleichheitsgebot beruht nur redensartlich auf den von Gott oder der Natur verliehenen ewig unveräußerlichen Rechten einer jeden Person. Pragmatisch beruht es darauf, dass nach vernünftigen Maßstäben keiner von vornherein einem andern vorgezogen oder ihm hintangesetzt werden kann - und was für die zu Wählenden gilt, tut es für die Wähler nicht minder.

Und dass ein jeder nach unverkürzter Selbstverwirklichung strebt, ist kein unmittelbarer, sondern erst ein abgeleiteter Grund politischer Gleichheit. Unmittelbar ist es ein Privatanliegen ohne öffentliche Geltung. Erst wenn man aus anderen, eben: pragmatischen Gründen die demokratische Staatsform als die verhältnismäßig zweckmäßigste schon gewählt hat, kommt sekundär der Gesichtspunkt in Betracht, dass diese Verfahrensweise besser funktioniert, wenn die öffentlichen Angelegenheit von den Staatsbürgern nicht als lästige Pficht, sondern als ihr ureigenster Beruf angesehen werden. Doch das ist keine Lösung, sondern das Problem selbst. Aber ein politisches Problem und keines der ausgefeilten Verfahrensweise.

Dieses sind die tatsächlichen, sachlichen Gründe dafür, eine demokratische Staatsverfassung zu wählen. Es sind zugleich die Gründe für die Ausbildung politischer Parteien. Eine Partei ist eine Körperschaft, die vor die Wähler hintritt und sagt: Die Besseren, um euch zu regieren, sind wir. Besser in Hinblick worauf? In Hinblick auf die Kompetenz zur Vertretung.

Historisch unterscheidet man zwischen Interessenparteien und Programmparteien. Während die Tories im englischen Unterhaus die Interessen des Hochadels vertraten, sammelten sich bei den Whigs die Vertreter des Kleinadels und des Bürgertums. Die sozialistischen Parteien traten später als Interessenvertreter der Arbeiterklasse auf, aber zugleich als Repräsentanten eines Programms, der Gesellschaft der Freien und Gleichen: Was heute noch unmittelbar Interesse der Arbeiterschaft sei, wären auf lange Sicht die Interessen der Ganzen Menschheit. Und während heute eine Partei die Interessen der Besserverdienenden oder der Hoteliers und der Zahnärzte zu vertreten beansprucht, verschreibt sich eine andere der Bewahrung der Schöpfung und der Anliegen der höheren Staatsdiener und der gebildeten Mittelschicht.

Und schließlich tritt eine Partei auf, die alle konstituierten Interessen als Residuen einer verfließenden industriellen Zivilisation betrachtet und die Ausgestaltung der digitalen Gesellschaft zu ihrem Programm macht – wiederum im Interesse Aller, aber unmittelbar zum Vorteil des kreativen Prekariats in der IT-Branche.

Doch ob Interesse oder Programm: in jedem Fall vertreten sie, und das ist es, woran sie gemessen zu werden beanspruchen. Und daran kann man sie messen: nämlich nachdem man sie eine Weile hat agieren sehen. Und aus diesem Grund treten auch in ihrem Innern nicht alle als gleich-berechtigt auf (und lösen einander turnusmäßig bei den leitenden Tätigkeiten ab), sondern der eine oder die andre sagt: Ich kann es besser als dieser oder jener. Besser nämlich in Hinblick auf die Vertretung – der Interessen und des Programms. Und auch das können alle – nämlich alle, die dieser Partei angehören – beurteilen: nachdem man sie eine Weile hat machen lassen.

Wenn man sich darüber einmal verständigt hat, kommt fernerhin in Betracht, dass sich „ein jeder einbringen kann“: nämlich weil es für die Partei besser ist, wenn alle den Parteizweck als ihre ureigenste Sache auffassen können, als wenn nur ein paar die Partei zum Vehikel ihrer persönlichen Ambitionen machen.

Die praktischen Nutzanwendungen aus alledem ergeben sich wie von selbst.

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  • ) Die kokette Antwort Keine Macht für niemand braucht hier nicht erörtert zu werden, solange sie, nämlich unter sonst unverändert bleibenden Bedingungen, nur die Macht der jeweils Stärkeren bedeutet - und wenn es selbst "das Volk" wäre.

Wieso BGE?

I.

Indem die Piraten zugelassen haben, dass die Losung des Bedingungslosen Grundeinkommens so in die Öffentlichkeit getragen wurde, als handle es sich um eine de-luxe-Variante von Hartz IV, haben sie eine Diskussion darüber heraufbeschworen, "ob man sich das überhaupt leisten kann".

Das ist aber gar nicht die Frage. Es geht darum, dass schon heute 'Arbeit für alle' ein frommer Wusch geworden und die Zeit abzusehen ist, wo die große Mehrheit der Menschen von ihrer Arbeit überhaupt nicht mehr leben kann. Die Frage ist nicht, ob wir uns ein Bedingungsloses Grundeinkommen leisten können, sondern ob wir uns leisten können, weiter ungebremst in die Digitale Revolution zu schliddern, ohne die Organisation der Arbeitswelt darauf einzustellen.

Das Programm eines Bedingungslosen Grundeinkommens wirft allerdings die Frage auf, "wie dann unsere Gesellschaft aussähe" – so hat es Erhard Eppler[1] formuliert, der unlängst in der Süddeutschen seine schmale Breitseite gegen die Piraten abgefeuert hat. Darin hat er Recht: Wer so eine Losung in die politische Öffentlichkeit trägt - was für sich genommen eine Leistung war, die allein schon die Existenz dieser Partei fürs erste rechtfertigt -, muss zugleich die Frage aufwerfen, was für eine Gesellschaft er will - und warum die bestehende nicht ausreicht. Und das ist glücklicherweise nicht die Frage, ob das kapitalistische System dem einen oder andern gerecht oder ungerecht vorkommt.

Sondern es ist die Frage nach dem Wert der Arbeit in der Digitalen Revolution; und das war, verpackt im Problem des Urheberrechts, das Urthema der Piratenpartei.

II.

In der bürgerlichen Gesellschaft wird der Wert einer Sache bestimmt von der Menge (gemessen in Zeiteinheiten) an Arbeit, die es gekostet hat, sie herzustellen.* Das ist der Maßstab, nach dem das eine Produkt gegen das andere getauscht wird. Das lebendige Arbeitsvermögen ist selbst ist so eine Sache: Ihr Wert wird bestimmt von der Menge an Arbeit, die nötig war, das Kind aufzuziehen, zu erziehen und zu bilden, um sich als Arbeitskraft am Markt behaupten zu können; und um es Tag für Tag am Leben zu halten, damit es morgen wieder arbeiten kann. Das erklärt, dass eine Arbeit, zu der eine lange Ausbildung nötig ist, teurer bezahlt wird als Schuhputzen und Kloschrubben. Wie mühselig und eklig die Arbeit ist, spielt keine Rolle. Die Geltung dieses Wertgesetzes setzt freilich voraus, dass das ‚Arbeitsvermögen‘ allgemein als Ware gehandelt wird; setzt voraus, dass sich eine ‚Klasse‘ von Menschen gebildet hat, die ausschließlich ihre Arbeitskraft verkaufen können, weil sie weder über Werkzeug noch über Rohstoffe verfügen, mit denen sie Produkte herstellen könnten, die auf dem Markt verkäuflich sind. Genauer gesagt: eine Klasse von Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um leben zu können.

III.

Digitale Revolution bedeutet, dass die intelligenten Maschinen nach und nach alles übernehmen, was im Produktions- und Zirkulationsprozess an ausführenden und an kombinatorischen Leistungen anfällt. Menschen werden dafür nicht mehr gebraucht werden. Für die bleibt allein die inventorische Tätigkeit übrig: die lebendige Intelligenz selbst. Mit andern Worten: all das, was bislang mehr schlecht als recht unter dem Etikett Urheberrecht gewürdigt und gewertet wurde!

Bloß leben kann man nicht davon.

Natürlich nicht. So weltumstürzend eine neue Idee auch sein mag – geistige Produkte können, wenn sie einmal in der Welt sind, nicht angeeignet werden. Nämlich so, dass der eine sie hat und der andere nicht. Marx hat darauf hingewiesen, dass der binomische Lehrsatz Jahrtausende gebraucht hat, um zu reifen; „aber ein Schuljunge lernt ihn in einer Stunde“. Darum werden geistige Leistungen grundsätzlich unter ihrem Wert bezahlt.

Das Urherberrecht schuf Abhilfe für jene, die die geistigen Leistungen (unter Wert) gekauft haben, um sie zu verwerten. Das betraf technologische, industriell verwertbare Patente. Musiker und Bildende Künstler blieben auf den Kunstmarkt angewiesen, auf dem allein die Spekulation regiert. Erst das Entstehen einer Kultur- und Unterhaltungsindustrie hat die Künste zu einem Anrainer des ‚normalen‘ Marktgeschehens gemacht (ob ihnen das bekommen ist, ist ein anderes Thema).

IV.

Da ergibt sich ein unerwarteter Zusammenhang mit der von Milton Friedmann, dem Schwarzen Mann des Neoliberalismus, in die Welt gesetzte Idee eines staatlich garantierten Grundeinkommens. Zunächst stammte der Gedanke aus dem Wunsch nach einer Vereinfachung des Besteuerungssystems, das, wenn es „gerecht“ sein soll, je nach Höhe der Einkommen ungleich sein und tausend Ausnahmelagen berücksichtigen muss; dann aber unübersichtlich und überkompliziert ist und dabei einen gigantischen Verwaltungsaufwand verschlingt – was am Ende ungerecht ist gegen alle. Am ‘effektivsten’ ist ein einheitlicher Steuersatz für alle. Aber indem er die Geringverdiener, die gerade eben das Lebensnotwendige im Portmonnaie haben, ebenso belastet wie die Eigentümer des großen Kapitals, ist er von allen der ungerechteste. Daher die Idee, dasjenige, was für eines jeden Lebensunterhalt das Unabdingbare ist, überhaupt nicht zu besteuern – und alles, was darüber liegt, mit ein und demselben Satz. Und von den gewaltigen Summen, die durch diese Vereinfachung eingespart würden, könnte in den entwickelten Industriesländern laut Berechnung der Weisen dieser Grundbetrag einem jeden Bürger ohne Prüfung der ‘Bedürftgkeit’ vom Staat ausgezahlt werden – auch wenn er sie nicht durch den Austausch seiner Produkte oder den Verkauf seiner Arbeitskraft ‘verdient’ hat!

Ihre ersten energischen Fürsprecher außerhalb der Gruppe der Steuerexperten hat diese Idee bei den Sozialpolitikern gefunden – die damit das leidige Thema der Sozialhilfen, Arbeitslosenunterstüzungen, deren Undurchsichtigkeit und ihren angeblich wuchernden Missbrauch gleich mit erledigen wollten.

Dann meldeten sich die Zukunftsforscher zu Wort. Die galoppierende Digitalisierung und Kybernetisierung der Arbeitswelt macht die einfachen, lediglich ausführenden Tätigkeiten überflüssig, und macht alle die arbeitslos, die sonst nichts gelernt haben. Die Etablierung einer stabilen Gesellschaftsklasse – „ein Drittel“! – von gezwungenen Nichtstuern droht, die ihre freie Zeit mangels Geld nicht mal durch Konsum ausfüllen können. Ein Sprengsatz für die gute Gesellschaft…

Dabei ist der Vorschlag am Innovativsten nicht am unteren, sondern am oberen kulturellen Rand der Mediengesellschaft! All die ‚Kreativen, denen es zuerst darauf ankommt, der Welt das mitzuteilen, was sie ihr zu sagen haben, und nicht darauf, in Luxus zu leben…' - all die könnten genau das tun, ohne sich um ihren Lebensunterhalt sorgen und dabei ihre fruchtbarste Zeit verplempern zu müssen. Wenn sie, wie man ihnen ja wünschen darf, dabei auf gute Resonanz stoßen und einen mondänen Erfolg erzielen, mögen sie ja auf diese oder jene Weise hinzuverdienen, soviel die Marktlage hergibt; und denselben einheitlichen Steuersatz zahlen wie alle andern.

Der Taxifahrer mit Dr. phil. ist eine gängige deutsche Witzfigur. Vielleicht nicht ganz so repräsentativ, wie die Comedians glauben machen; aber sicher finden sich unter den akademisch Gebildeten einige Zehn-, womöglich Hunderttausende, die des blöden Gelderwerbs willen ihre Lebenszeit mit Tätigkeiten überdauern, die weit unterhalb ihrer gefühlten Möglichkeiten liegen. Und wenn sich davon nur jeder Zehnte nicht überschätzt – dann ist das immer noch eine Riesenmasse von Talent, das für den Fortgang der Kultur vergeudet ist!

Und dass zu Viele dann ‘nix arbeiten’, sondern nur ihren Phantasien nachjagen, braucht eine Gesellschaft, „in der Arbeit künftig Mangelware sein wird“, nicht zu fürchten; denn solange sie eben das tun, kommen sie wenigstens nicht auf dumme Gedanken…

V.

Ach ja – die schweren und ekligen Arbeiten, die keiner machen will… Ja, das ist wahr, die müsste man fortan fürstlich entlohnen. Denn von nun an ginge es nicht mehr darum, was die Ausbildung der Arbeitskraft einmal gekostet hat! Es ginge beim ‚Wert der Arbeit‘ tatsächlich, wie von Aristoteles bis Luther alle Philosophen, die von Marktwirtschafts nicht wussten, angenommen haben, um die Mühsal (mhd. arebeit), die sie bereitet. Aber wegen fehlender Ausbildung – warum fehlend? – wäre niemand gezwungen, solche Drecksarbeit zu machen: Er hat ja sein BGE, und wenn es ihm auch keine großen Sprünge erlaubt, so muss er sich doch nicht ums Überleben sorgen.

VI.

Dass unter solchen Umständen von einer Klasse von Menschen, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an Andre zu verkaufen, weil ihnen die Arbeitsmittel fehlen, um selber Waren zu produzieren, nicht mehr die Rede sein kann, ist abschließend noch zu erwähnen. Nicht nur, weil keiner mehr ‘gezwungen ist’; sondern auch, weil das wichtigste Arbeitsinstrument der Zukunft, der PC, längst zum „garantierten Minimum“ zählt und noch im ärmsten Haushalt nicht weniger selbstverständlich ist als das Tiwie.

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*) Um Missverständnissen vorzubeugen: nicht von der Menge Arbeit, die wirklich in diesem Teil steckt; sondern von der gesellschaftlich notwendigen Menge, die im Moment des Austauschs notwendig wäre, um sie (neu) herzustellen. Das erklärt, warum jeder technische Fortschritt eine Entwertung vorhandener Vorräte bedeutet.

--Corsaronero 19:02, 7. Mai 2012 (CEST)

vgl.

Urheberrecht – ein zivilisatorischer Knotenpunkt[2]

Das Ende des Tauschwerts und der Untergang der Arbeitsgesellschaft[3]


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Nach dem Parteitag: Das vorläufige Scheitern der Piratenpartei

oder Dünkel ist noch kein Programm.


Die spektakulären Erfolge der Piraten in der öffentlichen Beachtung täuschen über ihr fundamentales Versagen hinweg: Die Partei, die nach eigenem Dafürhalten dazu da ist, dem Einstieg der veraltenden Industriegesellschaft in die Digitale Revolution politischen Ausdruck zu verleihen, hat bis heute nicht vermocht, was doch als das Mindeste zu verlangen war: besagte Digitale Revolution zu einem öffentlichen Thema zu machen; geschweige denn zum vordringlichen. Über alles Erdenkliche wird anlässlich der Piratenerfolge getalkt und gezwitschert, nur darüber nicht.

Natürlich nicht. Denn die Piraten selbst denken unterm Stichwort Digitale Revolution bis heute ausschließlich ans Internet.

Davon verstehen die meisten von ihnen eine Menge. Nur von dem, worauf es ankommt, verstehen sie nichts, es interessiert sie nicht einmal: das Ende der zehntausendjährigen Zivilisation der Arbeit.

Digitale Revolution bedeutet, dass die intelligenten Maschinen nach und nach alles übernehmne, was im Produktions- und Zirkulationsprozess an ausführenden und an kombinatorischen Leistungen anfällt. Menschen werden dafür nicht mehr gebraucht werden. Für die bleibt allein die inventorische Tätigkeit übrig: die lebendige Intelligenz selbst. Mit andern Worten: all das, was bislang mehr schlecht als recht unter dem Etikett Urheberrecht gewürdigt und gewertet wurde!

Das Thema der Piratenpartei, sollte man meinen. Und man hätte gespannt sein wollen, was auf dem Parteitag der Piraten über das merkwürdige Zusammenfallen der Probleme des Urheberrechts mit denen der digitalen Revolution gedacht oder doch wenigstens gesagt werden würde.

Es kam nichts. Aber mit Personal- und Verfahrensfragen haben sie sich wieder zwei Tage lang beschäftigt.

Nein, ich beklage die verblüffenden und gewissermaßen unverdienten Erfolge der Piratenpartei in der öffentlichen Meinung nicht, und ich sage auch nicht, die müssten sich erst einmal ein paar blutende Nasen holen, um auf dem Boden der Wirklichkeit anzukommen. Denn die Maßstäbe, an denen mir die Piratenpartei heute noch mangelhaft vorkommt, sind solche, die man an die Konkurrenz gar nicht erst anlegen würde.

Aber das ist der springende Punkt.

Die Piraten dürfen sich nicht mit den andern Parteien vergleichen, und mit den Grünen schon gar nicht: Deren allerhöchster Ehrgeiz ist die Nachsorge der untergehenden Industriegesellschaft; die Piraten aber wollten die Partei der digitalen Revolution sein. Nur war davon bislang nicht viel zu sehen oder zu hören.

Erfolg hat eine Partei dann, wenn es ihr gelingt, ihre Themen in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu rücken. Doch die Piraten tragen ihr ureignes Thema ja nicht einmal mehr auf den Lippen. Vorläufig sind sie gescheitert, nicht an den Wählern, sondern an sich.

29. 4. 2012




Die Flügelkämpfe bei den Piraten

Die Piratenpartei ist entstanden aus einem akuten Konflikt um das Urheberrecht im Internet, um das schwedische Pirate Bay Portal. Ihr Thema war durch den Anlass ihrer Entstehung vorgegeben: die digitale Revolution. Sie war damit die erste und ist immer noch die einzige Partei, die die das Kernproblem des neuen Jahrtausends erkannt und zur Achse ihrer Politik gemacht hat.

Das Internet und alles, was mit ihm zu tun hat, ist die unmittelbarste und auffälligste Erscheinung der digitalen Revolution und berührt schon heute alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und jeden Einzelnen, und als solche wird es immer wieder in den Vordergrund der politischen Auseinandersetzung treten. Aber sie ist nur eine, wenn auch die vordringlichste, Erscheinung der digitalen Revolution und nicht ihr Wesen.

Ihr Wesen ist die fortschreitende Ersetzung lebendiger menschlicher Arbeit durch die Maschinen. Das ist der gemeinsame Nenner der gesamten bisherigen Geschichte. Mit der digitalen Revolution hat diese Geschichte nun ihr Ziel erreicht: Neben der bloß reproduzierenden (körperlichen) Arbeit wird nun auch die kombinatorische, planende, Zwecke und Mittel in Relation setzende Tätigkeit den Maschinen übertragen. Zurück bleibt für die Menschen allein die inventorische, Zwecke erfindende, rein intelligente Tätigkeit: Einbildungskraft und Urteilsvermögen.

Das ist, wovon die Menschheit seit Jahrtausenden träumt. Aber es bedeutet unmittelbar, dass für uns heute die Arbeit zusehends knapper und zusehends prekärer wird.

Und es ist das, was früher oder später unvermeidlich (zwar nicht in den Vordergrund, aber doch) ins Zentrum des politischen Programms der Piratenpartei treten musste. Es war nur eine Frage der Zeit. Einstweilen schien es geraten, jene politischen Kämpfe zu führen, bei denen uns jedermann und jedefrau von allen Andern unterscheiden konnte. Denn wenn sie sich auch nur erst an der Oberfläche der digitalen Revolution abspielen, so sind sie doch jedenfalls ganz dicht am Thema.

Dann kam nach dem unerwartet guten Resultat der Bundestagswahl der zu erwartende Zustrom neuer Mitglieder. Das waren Leute, die ihre Vorstellungen und Interessen in den bestehenden Parteien nicht genügend vertreten sahen und plötzlich eine parteipolitische Perspektive für sich erkannten. Die Netzthemen hatten ihre Aufmerksamkeit geweckt, aber jeder brachte seinen ganz persönlichen Wunschzettel mit zu den Piraten. Und unvermeidlich kam der Wunsch auf, der Partei ein „Vollprogramm“ zu geben, in der ein jeder wiederfindet, was ihn schon lange umgetrieben hat.

Dem hätten die durch den damaligen Parteivorstand vertretenen Urpiraten entgegenhalten müssen: Es geht nicht darum, das Parteiprogramm zu „erweitern“ zu einem Warenhauskatalog, in dem für einen jeden unzufriedenen Wähler ein bissel was drin ist und das niemand aus den Pantinen reißt, sondern es geht darum, das Programm zu vertiefen, um die Piraten zu einer Kraft zu entwickeln, die der ganzen Gesellschaft eine Perspektive zeigt, und zwar weit über die nächsten Wahltermine hinaus. Denn die digitale Revolution wird keinen gesellschaftlichen Bereich aussparen, und alle politischen Themen werden in ihrem Verlauf ganz neu aufgerollt werden. Und wir sind dazu da – denn wir sind die einzigen, die es wollen können -, alle politischen Themen unter diesen Gesichtspunkt zu fassen: Welches ist ihr Platz in der digitalen Revolution?

Der damalige Parteivorstand hat nichts dergleichen unternommen. Er hat zänkisch auf die Reinheit der „Netzthemen“ gepocht und die Diskussion verseucht, indem er dafür das Prahlwort Kern-Themen in die Welt gesetzt hat. Tatsächlich sind es aber Oberflächen-Themen, die im Moment – und für eine geraume Weile noch – im Vordergrund stehen mögen; der gesellschaftliche Kern der digitalen Revolution ist aber die Entwertung der Arbeit, die für Jahrtausende Sinn unseres Lebens war. - Doch solche Erinnerungen blieben ungehört.

Weil aber die Neuen die große Mehrheit waren, wurden die Alten schlicht und einfach überflutet. Und in voller Unschuld wurde an allen Ecken an „Vollprogrammen“ gestrickt, wo eine jeder basisdemokratisch „sich einbringen“ durfte. Das hätte ganz übel ausgehen können. Aber war es Instinkt, war es die List der Vernunft, war es ganz einfach das Schielen nach einer – schon wiedermal – „heimatlosen Linken“: Zu ihrem vorzüglichen Streitross wählten die ‚Erweiterer‘ das Bedarfsunabhängige Grundeinkommen. Tatsächlich wäre das – und das macht seine Einführung nicht wahrscheinlichrer – eine Neugründung der hochtechnisierten Gesellschaft jenseits der Logik von Arbeit, Wert und Lohn. Es wäre eine Revolution, bei der paradoxer Weise keiner etwas zu verlieren hätte.

Vorgestellt wurde es von den Befürwortern aber als eine Art weichgespültes Hartz IV, ein Hartz IV+ oder Hartz IV 2.0. Doch dabei kann es nicht bleiben, weil bei der genaueren Prüfung der vorliegenden und gar dem Entwerfen neuer Modelle die ganze Tragweite der Umwälzung deutlich wird, die die bloße Versorgung bedürftiger Schichten tief unter sich lässt. Und immerhin: Sie sind mittendrin im Thema.

Jetzt ist der Ball im Lager der Erweiterer. Als die (fälschlich Kernige genannten) Oberflächler ihn hatten, haben sie ihn verspielt. Sie sollen sich jetzt nicht mausig machen. Noch sind sie nicht wieder dran.




"Gruppe 42" - ein Manifest der Urpiraten.

"Die Piratenpartei ist die einzige Partei, die sowohl die technischen, als auch die sozialen Aspekte der digitalen Revolution nicht nur verstanden, sondern auch verinnerlicht hat", heißt es im Manifest der Gruppe 42.

Als Mitglied seit dem Frühjahr 2009 kann ich mich mittlerweile, unter zwanzigtausend, auch schon zu den Urpiraten zählen. Darum darf ich mir erlauben, Seipenbusch und den andern Manifestanten in diesem einen, entscheidenden Punkt zu widersprechen. Sie haben die ganze Tragweite der Digitalen Revolution, die Bedeutung gerade ihrer technischen und sozialen Implikationen, nicht verstanden. Es geht um das 'Kern'problem einer jeden Gesellschaft bis auf den heutigen Tag - die Verteilung der Arbeit[4]

Die gerade auch von Seipenbusch so heftig bekämpfte Programmlosung eines Bedarfsunabhänigen Grundeinkommens[5] ist eine Konzentration auf das Kernthema[6] der Piraten, die Digitale Revolution, mehr als es irgend ein anderes - Urheberrrecht, Datenschutz, Netzfreiheit - je werden kann. Stattdessen hat der damalige Vorstand geduldet, ja gar gefördert, dass die Diskusion um das BGE als ein Grabenkrieg zwischen Kernigen und Erweiterern geführt wurde - doktrinär, sektiererisch, borniert und steril. Ihr jetziges Manifest wäre überhaupt nur dann des Lesens, geschweige des Diskutierens wert, wenn sie ihr damaliges Versäumnis erkennten und damit für die Piratenpartei zu einer Lehre werden ließen.

Vielleicht holen sie das ja dieser Tge noch nach.

Dass ihr Gang an die außerpiratige Öffentlichkeit freilich "unpiratig" wäre, ist ein pharisäisches und, mit Verlaub, sogar unehrliches Argument. Die amtlichen "Piraten-Werkzeuge" zur Meinungsbildung sind notorisch so zerfasert, so unübersichtlich, so unrepräsentativ, dass der Versuch, sich an die ganze Partei zu wenden, unter den gegebenen Bdingungen überhaupt nur außerhalb der akkreditierten Kanäle gemacht werden.

Wieso das so ist - dazu sollten uns wiederum die Manifestanten selbst am besten Auskunft geben können, denn auch das haben sie uns eingebrockt.




Eine neue Freiheit der Wissenschaft

Das Internet hat nicht nur den Zugang zu wissenschaftlichen Inhalten erweitert, sondern auch der Zugang zur wissenschaftlichen Produktion selbst.

Zweihundert Jahre lang wurde die Wissenschaft fortschreitend auf den institutionellen Rahmen des Universitätsbetriebs verengt – darauf, dass sie berufsmäßig und in Erwerbsabsicht betrieben wurde. Das hat nicht nur personell, sondern auch thematisch ihre Freiheit eingeschränkt. Das Internet weitet den Rahmen wissenschaftlicher Tätigkeit nicht nur institutionell, sondern auch personell - und befreit schließlich auch die Formen ihrer literarischen Produktion. Neben dem akademischen Betrieb findet nun auch der [7]Privatgelehrte wieder Platz, und neben der Abhandlung finden [8]Essay und Aphorismus in die Wissenschaft zurück.

Eine weitere Einengung hat die Freiheit der Wissenschaft erfahren durch die Bindung des Veröffentlichungswesens an die Verwertungsbedingungen der Druckerpresse. Nur was gedruckt war, gelang an die Öffentlichkeit, die die Bedingung der Wissenschaft ist. Aber nur, was sich rechnet, kann gedruckt werden. Im Internet ist das nicht mehr so. Es ist von marktgängiger Nachfrage frei.

Zwar hat das Internet in den wenigen Jahren seiner Existenz seine eigenen Gesetze ausgebildet, doch ob sie die Wissenschaft ihrerseits einschränken, muss sich noch zeigen. Einstweilen erweitern sie noch ihren Radius.

Im Internet findet alles seinen Platz. Aber wer nicht schon vorher weiß, was genau er sucht, der findet nichts. Das Internet kennt keine Hierarchie, eines steht gleichberechtigt neben dem andern. Was Beachtung finden will, muss Aufmerksamkeit erregen. Das könnte auf die Dauer eine Gefahr sein – aber zugleich erweitert das Internet die Möglichkeiten der Kritik, sodass sich die Gefahr in Grenzen halten lässt.

Es reicht nicht aus, durch einen sprechenden Titel die Aufmerksamkeit des Lesers zu wecken. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung im Internet muss den Leser auch optisch ansprechen.

Darum braucht sie Bilder.

Indes, wie die Rückkehr von Essay und Aphorismus ist auch das eine Ausweitung und keine Einengung wissenschaftlicher Produktion. An Stelle hölzern abstrakten Räsonnierens ist das wissenschaftliche Schreiben aufgefordert, zur Anschaulichkeit zurück zu finden. Das ist nicht nur gut für die Stellung der Wissenschaft in der Welt gut, sondern vor allem für sie selber.


(Das gilt zwar alles nicht für die kostspieligen [9]Naturwissenschaften und ihre Labors, sondern nur für die pp. [10]Geisteswissenschaften. Aber die haben es auch nötiger - schon weil sie von amtswegen zum Korrektiv der Naturwissenschaft berufen sind.)


aus [11]

Kurs halten!

Das war ja schon beängstigend, wie die FAZ und Schirrmacher persönlich den Piraten in den letzten Monaten Zucker in den ... geblasen haben! Die Liberalkonservativen haben ihre FDP längst abgeschrieben und hoffen, dass sie mit etwas anheimelndem Gurren bei den Piraten Ersatz finden. Zum Glück sind wenigstens die Sozialliberalen von der Süddeutschen auf Distanz geblieben, weil sie noch immer dem rotrünen "Projekt" nachtrauern. Die CDU ihrerseits ist groß genug, um sich eine Doppelstrategie leisten zu können: Anbiederung von Peter Altmaier und punktuelle Konfrontation von diesem oder jenem Heveling.

Wir wären schlecht beraten, wenn wir uns die taktischen Manöverchen der Andern zu Kopf steigen ließen und uns in unsererr so urplötzlich zugefallen Wichtigkeit sonnen wollten. Wir müssen deutlich machen, dass wir uns nicht im Verhältnis zu diesem oder jenem Andern definieren, sondern im Hinblicl auf die Digitale Revolution, die wir als einzige zu unserm Thema gemacht haben.

Da wird es höchste Zeit, klarzustellen (zuerst einmal in den eigenen Reihen), dass das - unseretwegen nun allseits beachtete - Bedarfsunabhängige Grundeinkommen nicht als eine "sozialere" Variante von Harz IV gemeint ist, die uns einem angeblichen 'linken Lager' näherbrächte, sondern als ein offensives Programm, das weitsichtig sowohl die 'Zukunft der Arbeit' als auch das Thema Urheberrecht ins Visier nimmt.


[12]


Piraten - nur eine FDPplus ?


Dass die Piratenpartei ein brauchbarer Ersatz für die dem Untergang geweihte FDP werde, ist eine dieser Tage oft geäußerte Hoffnung. Denn in der Tat - auch nach dem Ende der sogenannten Volksparteien ist eine ordentliche parlamentarische Demokratie ohne einen harten liberalen Kern schwer vorstellbar. Und nachdem die FDP schon so lange, nicht erst seit Westerwelle, aufgehört hat, eine liberale Partei zu sein, hört sie nun nunter unseren Augen auf, eine Partei zu sein. Selbst die dicke Tante FAZ tätschelt urplötzlich die Piraten und hängt es an die große Glocke, wenn deren Bundesvorsitzender Merz, unautorisiert durch LiquidFeedback, die Piraten als "sozialliberale Partei" auspreist: Denn das ist es, was die Republik braucht, seit CDU und SPD weniger unterscheidbar sind als Demokraten und Republikaner in den USA.

Und Hand aufs Herz: Eine liberale Partei, die in sozialen und wirtschaftlichen Fragen undoktrinär den Realitäten mit gesundem Menschenverstand ins Gesicht blickt und sich bei den persönlichen und bürgerlichen Freiheiten auf keine faulen Dinger einlässt - das wäre mehr, als wir seit Jahren erhoffen durften. Im Rahmen des Wohlertrauten, versteht sich.

Aber es wäre weniger - viel weniger -, als die Piratenpartei sein könnte. Denn angetreten war sie mit dem Versprechen, uns über den Rahmen des Vertrauten hinaus in eine Welt des Noch-Nicht-Bekannten zu führen: mitten hinein in die Digitale Revolution.

Zu führen, das wäre der springende Punkt. Aber da haben sie leider Skrupel - basisdemokratische, sagen sie, aber ich fürchte, es ist einfach Angst vor der eignen Courage, vulgo intellektuelle Trägheit. Denn wer die Verantwortung übernimmt, andern den Weg zu weisen, müsste sich gewiss sein, einen weiteren Blick zu haben als jene. Müsste wissen, was von der Digitalen Revolution noch alles zu erwarten ist. Und will er nicht im Kaffeesatz kratzen, muss er dafür eine Theorie haben, und womöglich bitte eine wissenschaftliche.

Solange es sich aber die Piraten selber in der kindlichen Illusion bequem machen, der Digitalen Revolution Anfang und Ende sei das Internet, das man mit List und Tücke schon irgendwie beherrschen werde - so lange tun sie gut daran, sich mit der Rolle einer sozalliberalen FDP+ zu bescheiden.

Oder anders gesagt, wenn sie sich damit nicht bescheiden wollen, wird es höchste Zeit, dass bei ihnen ein Kampf um die Ideen einsetzt; statt bloß ein Streit, wie viele Spiegelstriche sonst noch ins "Grundsatz"- programm hineinkommen sollen.

10. 10. 2011



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"Informationsgesellschaft"?

An diesem Wochende findet der zweite, ausschließlich der Programmdiskussion gewidmete Teil des diesjährigen Landesparteitags der Berliner Piraten statt. Nach den Aufregungen der vergangenen Wochen wäre es überraschend, wenn da nicht lang und breit der Vorschlag eines Befarfsunabhängigen Grundeinkommens zur Sprache käme.

Dazu hier noch mal zwei, drei Erläuterungen.

Die Industriegesellschaft, aus der wir herkommen, beruht nicht auf dem Austausch von Informationen – Gedanken, Worten, Symbolen, digits, bits und bytes -, sondern auf dem Austausch von Waren, d. h. Gebrauchsgegenständen, die durch Arbeit gefertigt wurden und zu ihrem Wert gehandelt werden. Der Austausch von Informationen ist dort lediglich ein Medium für den Warenaustausch – d. h. eigentlich: den Austausch von in Waren vergegenständlichten Arbeiten.

Zur Erinnerung: Die vorangegangenen Agrargesellschaften beruhten überhaupt nicht auf Austausch – weder von Informationen noch von Waren -, sondern auf der Herrschaft über Grund und Boden.

Die Digitale Revolution ist nicht darum ein Problem weil sie an die Stelle, wo früher die alten Grundlagen der Gesellschaft waren, neue Grundlagen setzt. Sondern das Problem besteht darin, dass die Grundlagen einer neuen Gesellschaftsordnung überhaupt noch nicht absehbar sind, während die Grundlagen der gegenwärtigen Gesellschaft schon zu zerfallen beginnen: „Arbeit für alle wird es nie wieder geben.“ Nur darum ist (auch) diese Revolution eine Krise. Die Aufgabe einer Partei, die sich die Digitale Revolution zu ihrem Thema gesetzt hat, ist es, in der noch bestehenden Arbeitsgesellschaft solche Elemente zu entwickeln, die schon für die künftige Gesellschaft tauglich sind.

Das Wort „Informationsgesellschaft“ ist ja nur ein beliebiges Etikett. Warum nicht „Wissensgesellschaft“? Oder „mediale Gesellschaft“? Oder …?! Es handelt sich um Namen für etwas, von dem noch keiner weiß, was es ist. Wird der Austausch von Informationen an die Stelle des Austauschs von Arbeiten treten? Aber dazu wäre ein Maß nötig. Nach welchem Maß werden Informationen gegeneinander gewichtet und aufgewogen?! Danach, wieviel Arbeit sie ersetzen? Dann bliebe alles beim Alten.

Der springende Punkt ist, dass die künftige Gesellschaft mit einiger Gewissheit nicht länger auf dem Austausch beruhen kann – von was auch immer.

Darauf ist das Bedarfsunabhängige Grundeinkommen eine erste Antwort.


Erweitern? Vertiefen!

Es geht ganz und gar nicht darum, das Programm der PiratenPartei zu erweitern - etwa, damit Kreti und Plethi sie auch wählen können. Zunächst geht es immer noch darum, das Kernthema der Partei, die Digitale Revolution, so zu vertiefen, dass sich praktische Politik damit machen lässt: nämlich für etwas eintreten und nicht nur gegen.

Dass mit der Digitalen Revolution eine Welle größter Veränderungen auf uns zurollt, sagen alle - außer den Piraten aber nur des Sonntags. Dass es Arbeit für alle nicht wieder geben wird, sagen ebenfalls alle, und ebenfalls nur des Sonntags. Außer den Piraten, die sind auch sonntgs lediglich gegen Urheberrecht, Internetsperren und Datenspeicherung...

Dabei sind sie als einzige in der Position, von wo aus sich beide Enden zusammenführen lassen, und zwar so, dass man keine kalten Füße dabei kriegen muss, sondern eine tiefe und gerade Spur in die Zukunft erkennt.

Die Digitalisierung auch der industriellen Fertigungsprozesse, die viel älter ist als das Internet, überträgt nicht nur, wie die herkömmliche “Automatisierung”, die exekutiven Tätigkeiten, sondern auch die kombinatorischen (planerischen) Funktionen an die Maschine. Nicht nur körperliche Arbeit, sondern auch der größte Teil der intellektuellen Arbeiten im Fertigungsprozess wird nicht mehr von Menschen ausgeübt werden müssen. Auch hochqualifizierte Arbeiter werden überflüssig. Übrig bleibt für die lebendigen Menschen der eigentlich inventive Teil der intellektuellen Arbeit - im Fertigungsprozess wie in allen anderen Bereichen der gesellschaftlichen Reproduktion; nicht mehr so sehr ‘Arbeit’ als vielmehr ‘Kunst’. Und haben wir uns das nicht schon immer gewünscht?

Der springende Punkt ist aber, dass nach Marx intellektuelle Arbeit (und Kunst) grundsätzlich “unter ihrem Wert” verkauft werden muss. Doch wenn am Ende nur sie für den Menschen übrigbleibt, kann das nicht mehr unter Marktgesetzen geschehen. Mit andern Worten, die aufs Intellektuelle herabgebrochene Arbeitskraft kann auf die Dauer nicht Ware bleiben, von deren Verkauf allein sich die große Masse der Menschen ernähren muss. Die werden einen andern Lebensunterhalt finden müssen. Und finden können, weil die Digitale Revolution die Produktion so explosiv steigern wird, dass alle leben können, auch wenn sie nicht selber an der industriellen Fertigung beteiligt sind.

Darum ist das Bedarfsunabhängige Grundeinkommen sowohl notwendige Voraussetzung als auch unausweichliche Konsequenz der Digitalen Revolution.

Siehe http://netzivilisation.wordpress.com/gesellschaftstheorie/

Wenn das erledigt ist, können wir übers Erweitern nachdenken.


„Piraten“ für ein Bedingungsloses Grundeinkommen!


Der Bundesvorstand der Piratenpartei hat den Beschluss gefasst, zum 6. November zur Teilnahme an der Demonstration für ein Bedingungsloses Grundeinkommen aufzurufen – und damit heftige Reaktionen in der Partei ausgelöst. Ich begrüße das eine so entschieden wie das andere. Das eine: Getuschelt wird über das Projekt eines Bedingungslosen Grundeinkommens bei den Piraten seit einer Ewigkeit (gemessen an ihrer kurzen Existenz). Diskutiert wird auch – von einer winzigen Anzahl verbissener Aficionados, die auf virtuellen Kanälen noch die winzigsten Details für die Zukunft ausfeilen wollen, sich dabei heftig an den Kragen gehen und jeden Neuankommenden abschrecken.

Das dürfte mit dem gestrigen Beschluss des Bundesvorstands ein Ende haben. Man wird sich von heut an auf das Grundsätzliche konzentrieren müssen. Der Stellvertetende Bundesvorsitzende Andreas Popp, der am heftigsten gegen den Beschluss agitiert, findet, das Thema sei ‘noch nicht ausdiskutiert’. Da hat er Recht, und wird es noch lange haben; wie wenig es zu Ende diskutiert war, wird sich im Detail noch lange Zeit erweisen, nachdem (irgendwo auf der Welt) ein BGE eingeführt worden ist. Nicht Recht hat er, wenn er meint, dass bis dahin das öffentliche Auftreten der Piraten für das BGE die Partei nur spalten könne. Es kann sie womöglich – allererst – vereinigen.

Wir sollten uns stattdessen auf das beschränken, meint er, was uns zusammengeführt hat: „Wir sind hier, weil wir die Zeichen der digitalen Revolution erkannt haben, mit all ihren Chancen und Risiken. Und das ist in meinen Augen eine ziemlich solide Basis und das wird der Stamm sein, der unsere Piratenpartei stützt.“

Wer wollte ihm da widersprechen? Allerdings hat er sie nicht erkannt – wie all jene Piraten, die unterm Stichwort Digitale Revolution lediglich ans Internet denken mögen. Das Internet ist die Spitze eines Eisbergs. Wenn diese Spitze riesig ist wie die Alpen, dann ist der Berg unterm Wasserspiegel wenigstens so gewaltig wie der Himalaya. Denn das Internet ist nur ein Tool der Datenübermittlung. Doch lange bevor das www die weltweite Kommunikation revolutioniert hat, hat die digitale Technologie weltweit die industriellen Fertigungsprozesse zu revolutionieren begonnen.

Kurz gesagt: Mit der Digitalen Revolution beginnt für die Menschheit die Zeit nach der Arbeitsgesellschaft. „Die größte Revolution seit der Erfinduung des Buchdrucks“, wurde gesagt. Damals wurden die Daten haltbar und um alle Welt transportierbar gemacht. Etwas anderes tut auch das Internet nicht; nur viel schneller und in unvergleichlich größerer Masse. Aber die Digitale Industrierevolution beginnt, die lebendige menschliche Arbeit überflüssig zu machen. Das wird die größte Revolution seit der Sesshaftwerdung von Homo sapiens und der Erfindung des Ackerbaus.

Und die Folgen beginnen schon heute: Eine vollkommene Umwertung der Arbeit ist im Gange. Die ausführenden physischen Tätigkeit werden entwertet, die Ausübung von Intelligenz alias Einbildungskraft und Urteilsvermögen wird einen Rang einnehmen, den sie noch nie hatte. Und dass dies nicht ohne schlimmste Friktionen abgeht, muss ich in der Piratenpartei nicht betonen – sie ist ja entstanden aus dem öffentlichen Streit um das „Geistige Eigentum“!

Die Lösung wird sein – ein jedermann garantiertes Grundeinkommen, das ihm erlaubt, gute und sogar nützliche Arbeit zu leisten, ohne sie auf dem Markt „verwerten“ zu müssen (und den Ertrag der Verwertung andern zu überlassen).

Das alles ist nicht neu: siehe unten!

aus: http://netzivilisation.wordpress.com/2010/10/08/piraten-fur-ein-bedingungsloses-grundeinkommen/


Was für ein Programm für die Piratenpartei?

Nach den Wahlen in NRW

Mittwoch, den 12. Mai 2010

Allerdings sind die Piraten eine Ein-Themen-Partei. Wir haben nur ein Thema, aber was für eins! Unser – und bislang nur unser – Thema ist: die digitale Revolution. Kein Bereich des Lebens, das nicht mittelbar oder unmittelbar davon betroffen wäre!

Aber eben: mittel- oder unmittelbar. Was heute schon unmittelbar das Leben aller betrifft, ist längst ganz selbstverständlich in unser „Programm“ eingegangen: Internetzensur, Datensicherheit, Überwachungsstaat. Das sind die Themen, über die uns jeder Wähler, wenn er will, identifizieren kann.

Aber nicht mit allen unmittelbar mit der digitalen Revolution verbundenen Themen ist das so einfach. Zum Beispiel nicht mit dem Urherberrecht (worüber uns vielleicht noch mehr Leute identifizieren). Wir sagen: Vom Urherberrecht profitieren nur die Vermarktungskonzerne und nicht die Kreativen. Diese nehmen neun Zehntel vom Preis, der Autor kriegt, wenn er Glück hat, höchstens ein Zehntel. Davon kann doch keiner leben! Antwort des arglosen Bürgers: Und das Bisschen wollt ihr ihm auch noch nehmen! – Ja, und da hat der Bürger natürlich Recht…

Die Antwort läge bei einem Thema, das hinter vorgehaltener Hand fast überall in der Piratenpartei geraunt und nie wirklich angepackt wird, weil es auf den ersten Blick gar nichts und auch auf den zweiten Blick nur sehr mittelbar mit der Digitalen Revolution zu tun hat; tatsächlich aber wie ein Brennglas alle Herausforderungen der ‘medialen Gesellschaft’ in einem Punkt zusammenfasst: das Bedarfsunanbhängige Grundeinkommen aka BGE.

Statt nach lauter Krümeln zu suchen, aus denen wir irgendwie „unser Program“ zusamenpappen können (sofern und so lange sich über jeden Krümel Einvernehmen erzielen lässt), müssen wir das eigentliche Problem der Digitalen Revolution beim Namen nennen und – schlimmstenfalls noch unreif und unvergoren, wir sind ja noch jung – eine grundätzliche Antwort geben: Was wird aus der Arbeit? Arbeit für alle wird es nie wieder geben, Sinn des Lebens kann sie nicht bleiben – es sei denn, sie hört auf, als Erwerbsarbeit definiert zu sein.

Und so weiter…: Schon allein durch diesen Zugang zur gesellschaftspoltischen Fragestellung unterscheiden wir uns hinreichend und grundsätzlich von allen andern politischen Parteien, Gruppierungen und Sekten im Land. Denen gegenüber sind wir neu (und ein paar Eierschalen hinter den Ohren wird man wohl in Kauf nehmen).

Mir scheint, in NRW haben sich die Piraten stattdessen eher als die x-te Splitterpartei neben so und so vielen anderen präsentiert. Und dafür sind anderthalb Prozent gar nicht mal schlecht.

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aus: Netzivilisation [14] ________________________________________________________