Benutzer:Anue/Bewertungswahl
Bewertungswahl
Die Bewertungswahl (engl.: „score voting“ oder „range voting“) ist ein Wahlsystem, dass sich durch hohe Flexibilität auszeichnet. Das bedeutet, dass es an die Bedürfnisse der Wahl bzw. Abstimmung angepasst werden kann.
Den meisten wird das Prinzip der Bewertungswahl bereits bekannt sein, da es bei vielen Sportdisziplinen von einer Jury zur Bewertung der Sportler benutzt wird. Jedes Jurymitglied gibt einem Sportler eine Bewertung/Benotung und dann wird der Durschschnitt gebildet. Bei bestimmten Sportarten gibt es nur einen Sieger, oft aber drei (Gold, Silber, Bronze). Das zeigt bereits, dass sich das System sowohl zur Feststellung eines einzelnen Gewinners als auch der Ermittlung der Reihenfolge von verschiedenen Gewinnern eignet.
Bei der Bewertungswahl als Wahlsystem wird einem oder mehreren Bewerbern/Kandidaten ein Zahlenwert aus einem vorgegebenen Intervall von meist ganzen Zahlen zugeordnet. Beispiele für diese Intervalle sind 0 bis 9, -5 bis +5 oder 1 bis 100. Oder einfach ausgedrückt: als Wähler gibt man den Kandidaten Punkte, je mehr Punkte man vergibt, desto mehr bevorzugt man die Kandidaten.
Wie oben erwähnt kann die Bewertungswahl zur Ermittlung von einzelnen („Single Winner“) oder von mehreren Gewinnern („Multiple Winners“) wie z.B. bei Listen eingesetzt werden. Die Flexibilität kommt auch hier wieder zum tragen, da man zudem nur die Gewinner, nur eine Reihenfolge oder beides zugleich ermitteln kann.
Für das Endergebnis bildet man entweder die Summe der Punkte pro Kandidat („Sum“), man ermittelt den Durchschnitt („Average“) oder den Median. Arbeitet man mit positiven und negativen Werten, verwendet man eigentlich nur den Summenwert. Wenn man die Option der Enthaltung mit in die Bewertung einfließen lassen will, da macht vor allem die Bildung des Durchschnitt oder des Median Sinn.
Es empfiehlt sich, das Intervall nicht zu groß zu machen bzw. der Anzahl von Kandidaten,Wählern und Listenplätzen anzupassen, da wenige taktisch-strategische Wähler sonst zu einer Verzerrung des Ergebnisses führen könnten. BSP: 10 Kandidaten, 100 Wähler, ein Höchstwert von 99 kann zu Verzerrungen führen, ein Höchstwert von 9 verringert die Wahrscheinlichkeit von Verzerrungen erheblich. Ist trotz niedrigem Zahlenwert mit einer Verzerrung zu rechnen, benutzt man Sperrklauseln/Quoren wie z.B. ein Wähler muss von mindestens 10%/20%/50% überhaupt mindestens eine Bewertung/einen Punkt bekommen haben. Als Alternative wäre die Option einer expliziten „Nein“-Stimme möglich, ein Kandidat darf dann nicht mehr „Nein“ Stimmen als Bewertungsstimmen (+ Enthaltungen) erhalten haben. Eine weitere Option ist, dass man die Wahl der Kandidaten und die Bestimmung der Reihenfolge in zwei Durchgängen macht. Außenseiter werden im ersten Schritt ausgeschaltet, so dass sich der Einsatz von Schutzmechanismen bei der Bestimmung der Reihenfolge erübrigt.
Kritiker wenden ein, dass die Bewertungswahl taktisches Wählen ermöglicht (wie fast alle anderen Systeme auch). Da taktisches Wählen ein Ausdruck des freien Willens ist, stellt sich andererseits die Frage, ob das Unterbinden von taktischem Wählen überhaupt wünschenswert ist. Allerdings belohnt die Bewertungswahl taktisches Wählen nicht, wie viele andere Systeme, sondern es „belohnt“ den ehrlichen Wähler, indem es das „Bedauern“ über die Wahlentscheidung minimiert (mehr zum Bayesian Regret, die Idee grafisch dargestellt).
Taktisches Abstimmen bedeutet bei der Bewertungswahl, dass man so abstimmt, wie bei der Akzeptanzwahl (engl. „approval voting“). Das bedeutet man gibt seinen Favoriten den Maximalwert, z.B 5 Punkte, und den anderen 0 Punkte. Im „schlimmsten“ Fall stimmt der taktische Wähler also genau so wie bei der Akzeptanzwahl, der ehrliche Wähler hat jedoch sehr viel mehr Möglichkeiten seine Präferenzen klar zum Ausdruck zu bringen.
[Einschub: Im Grunde ist die Akzeptanzwahl eine binäre Bewertungswahl, die lediglich 2 Werte zulässt: 0 (NULL/NEN)) und 1 (EINS/JA). Warum eine computeraffine Partei bisher ein Wahlsystem bevorzugte, dass im Grunde mit Nullen und Einsen arbeitet, wäre sicher ein interessanter Ausgangspunkt für eine Studie.]
Mehr zur Bewertungswahl auf Deutsch und auf Englisch mit vielen weiterführenden Links.
Diese Wikiseite könnte ihr euch auch als PDF oder als ePub/Mobi(gezippt) anschauen.
Beispiel
Die Bewertungswahl kann man besonders einfach mit einem Beispiel erklären.
Warum das Beispiel aus der Comic-/GraphicNovel-Welt kommt, darf jeder für sich selbst erklären:
So wie letztes Mal
Hier will jemand, dass eigentlich die 5 genau so wie schon zuvor ihren Job machen, und die Reihenfolge ihrer Positionen soll auch so sein wie beim letzten Mal.
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Ehrlich ganz anders
Hier ist jemand von den ehemaligen Top3 nicht so überzeugt, Hulk hat gefallen und Thor, naja. Er/Sie möchte statt dessen neben Hulk gerne Daredevil, Quake und Wolverine ganz vorne sehen, deshalb kriegen die alle vier jeweils 5 Punkte. War Machine und Human Torch findet sie/er auch gut, die kriegen 4, Hawkeye ist immer noch in Ordnung, der kriegt 3 Punkte. Den Rest beurteilt er/sie nicht so gut, aber sie/er verteilt weiter ehrlich Punkte. Nur die echten NO-GOs kriegen eine Null. So wählt der idealtypische ehrliche Wähler.
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Die Rächer
Die Gruppe „The Avengers“ wählt ihre 5 Anführer/Repräsentanten, die das Team nach innen koordinieren und nach außen vertreten. Es haben sich 20 Bewerber zur Wahl gestellt. Die ersten 5 auf der Liste sind auch die jetzigen „Vorsitzenden“, Ironman ist zur Zeit der „Chef“ der Truppe, Captain America sein Vertreter und Black Widow, Hulk und Thor unterstützen die beiden.
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Hauptsache egal
Ein anderer will auch, dass wieder diese 5 die Top-Avenger werden, aber ihm ist die Reihenfolge völlig egal. Die anderen scheinen ihm nicht geeignet bzw. wenn dies ein taktischer Wähler ist, will er sicherstellen, dass nur seine Wunschkandidaten in der Führungsmannschaft sitzen.
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Taktisch kritisch
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