BY:Positionspapiere/POS-084
Inhaltsverzeichnis
- 1 Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen
- 1.1 Grundrechte auch für Flüchtende
- 1.2 Residenzpflicht abschaffen
- 1.3 Die Hilfe steht im Vordergrund, nicht die Rückkehr
- 1.4 Recht auf Gesundheit
- 1.5 Arbeitsverbote abschaffen
- 1.6 Gruppenunterkünfte & Sachleistungsprinzip abschaffen
- 1.7 Wiederbeschaffung verlorengegangener Ausweisdokumente
- 1.8 Aufkündigung des Dubliner Übereinkommens
- 1.9 Abwicklung der Asylverfahren
- 2 Beschluss
Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen
Die Piratenpartei Bayern schätzt unsere pluralistische Gesellschaft, die von der Vielfalt der verschiedenen Kulturen, Weltanschauungen, Religionen und Lebensmodellen lebt. Viele Flüchtende jedoch, die gerade erst vor Krieg und Verfolgung aus ihrem Ursprungsland geflohen sind, sehen sich hier in Deutschland Repressalien und einem Alltag voller Diskriminierungen ausgeliefert. Aus unserem Verständnis einer offenen, freien, solidarischen und demokratischen Gesellschaft heraus lehnen wir diese Art des Umgangs mit Flüchtenden ab. Alle Verfahrensweisen in der Asylpolitik müssen auf den Prüfstand. Sofern die Entscheidungskompetenz nicht in die Landesebene fällt, werden die bayerischen Piraten Entscheidungen im Bundesrat anregen und vorbereiten. Bereits in dieser Thematik erfahrene Organisationen, wie beispielsweise ProAsyl und der bayerische Flüchtlingsrat, sind dabei stärker in den Diskurs mit einzubeziehen.
Grundrechte auch für Flüchtende
Wir nehmen die Diskriminierung von Flüchtenden, die in ihrer Freizügigkeit, ihrer Selbstbestimmung sowie ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden, nicht hin. Die Gewährung dieser Rechte wird nicht nur durch das Grundgesetz und die Landesverfassung garantiert, sondern gehört zur Grundlage jeder demokratischen Gesellschaft. Gemeinsam mit allen bayerischen Bürgern wollen wir den Flüchtenden in unserem Land beweisen, dass Demokratie und die Gewährung der Grundrechte sich nicht nur auf die Bürger eines Staates oder Landes beschränken, sondern alle Menschen miteinschließt. Die Piratenpartei Bayern lehnt eine Abschiebehaft in jeder Form grundsätzlich ab.
Residenzpflicht abschaffen
Die bayerischen Piraten setzen sich für ein Ende der Residenzpflicht ein. Nach dieser ist einem Asylbewerber der Aufenthalt nur in dem Bezirk bzw. Landkreis gestattet, in dem die für ihn zuständige Ausländerbehörde liegt. Dadurch bekommen Flüchtende die Möglichkeit, für ihre Rechte im Rahmen von Versammlungen einzutreten und an Treffen von Organisationen sowie an familiären und freundschaftlichen Treffen teilzunehmen. Jedem Flüchtenden, der in Bayern lebt, ist die Freizügigkeit innerhalb der europäischen Gemeinschaft ohne Einschränkung zu gewähren.
Die Hilfe steht im Vordergrund, nicht die Rückkehr
"Die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland zu fördern", wie es die Bayerische Asyldurchführungsverordnung vorschreibt, lehnen die bayerischen Piraten entschieden ab. An erster Stelle muss für diese Menschen Hilfe stehen und nicht die Rückkehr in ihr eigenes Land. Im Rahmen dessen sollen Beratungen zur Inklusion angeboten werden. Wir fordern eine Bleiberechtsregelung, die die Situation von werdenden Eltern, sowie Kindern und Jugendlichen, besonders berücksichtigt.
Recht auf Gesundheit
Durch das traumatische Ereignis der Flucht sind viele Flüchtende häufig von physischer wie auch psychischer Krankheit betroffen. Medizinische Behandlungen müssen für die Flüchtenden kostenfrei und ohne Zugangsbarrieren wie das Beantragen von Krankenscheinen etc. möglich sein. Die Behandlung von längerfristigen und chronischen Krankheiten muss gewährleistet werden.
Arbeitsverbote abschaffen
Nur durch eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben können es Flüchtende schaffen, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Die bayerischen Piraten fordern deshalb eine Abschaffung von Arbeitsverboten jeglicher Art. Die bayerischen Piraten setzen sich für eine gesetzliche Regelung zur weiterreichenden Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen aus dem Heimatland und die Schaffung von Deutschkursen ein. Zu diesen sollen die Flüchtenden einen kostenfreien Zugang erhalten.
Gruppenunterkünfte & Sachleistungsprinzip abschaffen
Langfristig fordert die Piratenpartei Bayern die Abschaffung der Lagerpflicht. Viele Vorbehalte gegenüber Flüchtenden haben ihre Ursache im mangelnden Kontakt mit der Bevölkerung. Daher soll es den Flüchtenden ermöglicht werden, mit der Möglichkeit der freien Wohnungs- und Ortswahl dezentral und inklusiv untergebracht zu werden. Die Zuwendungen sollen an die Flüchtlinge ausgezahlt und nicht fremdverwaltet werden. Hierbei sollen die Leistungen für Asylbewerber an Hartz-IV-Niveau angeglichen werden.
Solange der Zustand der dezentralen Unterbringung nicht erreicht ist, fordern die bayerischen Piraten die Verbesserung der Unterbringungssituation von Flüchtenden und den kostenfreien Zugang zu traditionellen und neuen Medien in Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen. Zu diesen Einrichtungen sollen in der Flüchtlingshilfe tätige, anerkannte Vereine und Organisationen Zugang haben. Die Piratenpartei fordert die Zugänglichmachung einer Liste aller Gemeinschaftsunterkünfte und Offenlegung aller Zahlen bezüglich der Anzahl der Asylbewerber sowie der Einnahmen und Ausgaben für jede Unterkunft.
Wiederbeschaffung verlorengegangener Ausweisdokumente
Keine Ausweispapiere zu besitzen schützt Flüchtende momentan vor der Ausweisung, da nicht nachgewiesen werden kann, wohin sie ausgewiesen werden können. Eine aktive Hilfe der Flüchtenden bei der Wiederbeschaffung des Ausweises darf allerdings nicht zu einer drohenden Ausweisung führen. Die Piratenpartei Bayern setzt sich deshalb dafür ein, dass Flüchtlinge, die bei der Wiederbeschaffung ihres Ausweises behilflich sind, wenigstens zwei Jahre lang nicht ausgewiesen werden dürfen. Durch die Hilfe dürfen dem Flüchtenden keine Kosten entstehen. Sollte es nach diesen zwei Jahren noch Gründe gegen eine Ausweisung geben, ist dem Flüchtenden ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren.
Aufkündigung des Dubliner Übereinkommens
Asylsuchende in der Bundesrepublik Deutschland, die über dritte Länder eingereist sind in denen keine politische Verfolgung stattfindet, werden im Dubliner Übereinkommen nicht mehr als asylberechtigt anerkannt. Die Piratenpartei Bayern setzt sich langfristig für die Abschaffung dieser Drittstaatenregelung ein.
Abwicklung der Asylverfahren
Eine individuelle Betrachtung der Fluchtgründe von Asylbewerbern soll sich an an der konkreten politisch-gesellschaftlichen Situation im Heimatland des Flüchtenden bemessen. Die Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK) durch Verschleppung ist nicht hinnehmbar und muss beendet werden.
Beschluss
Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag 2013.1 (Protokoll) in Unterhaching als PP049 angenommen.