BW:Bezirksverband Karlsruhe/Nationalpark Nordschwarzwald/Fakten und Argumente

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Einleitung

Tango-text-x-generic with pencil.svg Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt.

Wenn Du meinst, diese Idee erweitern zu können, tu es, aber bitte beachte die Diskussionsregeln. Ist die Idee tragfähig und mehr als eine Einzelmeinung, so kann man das Ganze auch als Entwurf kennzeichnen.

  • Diese Wikiseite soll Fakten und Argumente sammeln. Diese Informationen könnten, wenn eine ausreichende Wissensbasis vorhanden ist, in ein Kommunal- oder sonstiges Wahlprogramm einfliessen. Dies ist allerdings keinesfalls zwingend. Wichtig ist es, ohne vorgefertigte Meinung heranzugehen. Mithilfe erbeten.

Naturschutzbiologie

  • Quelle: Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. 6. Auflage, Deutsche Übersetzung herausgegeben von Jürgen Markl, S. 1461 ff.

Die Biodiversitätskrise

  • Eingriffe des Menschen führen in der gesamten Biosphäre (dem gesamten Lebensraum des Himmelskörpers Erde) zu Veränderungen der trophischen Strukturen (Nahrungsketten und -netze), der Energieflüsse, der chemischen Kreisläufe und der natürlichen Störereignisse (etwa Sturm, Feuer, Überflutung, Trockenheit, Überweidung).
  • Eine Bestimmung der tatsächlichen Rate des Artenschwundes ist nicht möglich, da nicht genau bekannt ist, wie viele Arten derzeit existieren (Schätzungen schwanken zwischen 10 Millionen und 80 Millionen, offiziell benannt sind ca. 1,5 Millionen Arten). Sicher ist allerdings, dass wir zur zeit wine hohe Aussterberate erleben, verursacht durch die eskalierende Zerstörung von Ökosystemen.
  • Manchen Einschätzungen zufolge ist der Mensch gerade dabei, der Biosphäre größeren Schaden zuzufügen als jener Asteroid, der wahrscheinlich das Massensterben am Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren ausgelöst hat
  • Global gesehen könnte die Geschwindigkeit des Artenschwundes etwa 1000-mal höher sein als zu irgendeinem Zeitpunkt der letzten 100.000 Jahre
  • Ebenen der Biodiversität: Genetische Vielfalt (individuelle Variation), Artenvielfalt (Artenreichtum), Ökosystemvielfalt
  • Das lokale Aussterben einer Art kann sich negativ auf den gesamten Artenreichtum der Lebensgemeinschaft auswirken (Beispiel [Campbell, S. 1414]: Piaster ochraeus, ein Seestern der auf der felsigen Gezeitenzone der Küste des US-Bundesstaates Washington lebt. Als der Ökologe Robert Paine im Jahr 1963 versuchsweise Piaster aus dem Areal der Gezeitenzone entfernte, überwucherten die Muscheln, von denen sich Piaster ernährt, die Felsoberfläche und verdrängten dabei andere wirbellose Tiere. Von ursprünglich knapp 20 Arten blieben in der getesten Gezeitenzone schließlich weniger als 5 Arten übrig, die Muschel bereits eingerechnet.)

Weshalb uns der Verlust an Biodiversität kümmern sollte

Ethische Argumente

  • G. H. Brundtland, ehemalige norwegische Ministerpräsidentin: "Wir müssen unseren Planeten als von unseren Kindern geliehen betrachten und nicht als Geschenk unserer Vorfahren." Externer Link zu einer Karikatur
  • Haben wir das Recht, den zukünftigen Generationen den Artenreichtum der Erde vorzuenthalten?
  • Verweis auf das Parteiprogramm der Piraten: "Wir Piraten streben eine möglichst hohe demokratische Gleichberechtigung aller Menschen an."

Nutzen der Artenvielfalt

  • Die biologische Vielfalt ist eine fundamentale natürliche Ressource
  • Gefährdete Arten können dem Menschen nützlich sein: Als Nahrungspflanzen, zur gewinnung von Fasern, für pharmazeutische Zwecke
  • Catharanthus roseus (Madagaskar-Immergrün): In den 70er Jahren entdeckt, Alkaloide hemmen das Wachstum von Krebszellen des Hodgkin-Lymphoms und der akuten lymphocytischen Leukämie
  • Jede Art weist artspezifische Gene auf. Der Verlust an Arten bedeutet einen Verlust an Genen. Weil viele Millionen Arten vielleicht aussterben, bevor wir überhaupt von ihrer Existenz wissen, geht das genetische Potential dieser Arten verloren.
  • Beispiel: Proben von extremophilen Bakterien aus den heißen Quellen des Yellowstone National Park, die nur an diesem extremen Standort vorkommen, sollen vom U.S. National Park Service an Firmen verkauft werden, welche die Bakterien kultivieren und aus den thermophilen Prokaryoten kommerziell nutzbare Enzyme gewinnen wollen.
  • Bioprospecting: Kommerzielle Nutzung genetischer Ressourcen.
    • Problematik: "Biopiraterie" - kommerzielle Weiterentwicklung natürlich vorkommender biologischer Materialien durch ein technologisch fortgeschrittenes Land oder eine Organisation ohne eine faire Entschädigung der Länder bzw. Völker, auf deren Territorium diese Materialien ursprünglich entdeckt wurden.
  • Ökologische Leistungen der Artenvielfalt:
    • Reinigung von Luft und Wasser
    • Abschwächung von Dürren und Überflutungen
    • Schaffung und Erhaltung fruchtbarer Böden
    • Entgiftung und Abbau von Abfallstoffen
    • Bestäubung von Nutzpflanzen und der natürlichen Vegetation
    • Verbreitung von Samenpflanzen
    • Nährstoffkreisläufe
    • Bekämpfung von Landwirtschaftsschädlingen
    • Abschwächung von Witterungsextremen
    • Schutz vor Erosion (z.B. Küstengebiete)
    • ästhetische Schönheit, Erholungswert
  • ohne diese ökologischen Leistungen würde die Menschheit zugrunde gehen.
  • eine finanzielle Bewertung dieser Leistungen ist nicht möglich. Sie sind nicht taxierbar und nicht mit Geld bezahlbar. Wohl deshalb werden diese ökologischen Leistungen verkannt.
  • In einem 1997 veröffentlichten Artikel versuchten der Ökologe Robert Costanza und seine Mitarbeiter den Wert ökologischer Leistungen in Dollar auszudrücken [ Costanza et Al., 1997 ]. Unter dem Strich belief sich die Schätzung auf 33 Billionen Dollar im Jahr. Nahezu doppelt so viel, wie das Bruttosozialprodukt aller Länder der Erde zusammen. Die Berechnung hat spekulativen Charakter, sie läßt aber die Dimensionen erkennen, welche das Ökosystem Erde in unserem Leben einnimmt [Campbell, S. 1465]- niemand könnte sich eine Zerstörung der Biosphäre leisten, weder finanziell noch im alltäglichen Leben.
  • Derzeit weiß niemand, wie sich ein System organisieren ließe, das Menschen mit all den lebensnotwendigen Leistungen versorgen ließe, die natürliche Ökosysteme umsonst produzieren. [Campbell, S. 1465]
  • Wie es der Astronom und Schriftsteller Carl Sagan in seinem Vortrag "Pale Blue Dot" ausdrückte:
The Earth is the only world known so far to harbor life. There is nowhere else, 
at least in the near future, to which our species could migrate. Visit, yes. 
Settle, not yet. Like it or not, for the moment the Earth is where we make our 
stand. It has been said that astronomy is a humbling and character-building 
experience. There is perhaps no better demonstration of the folly of human 
conceits than this distant image of our tiny world. To me, it underscores our 
responsibility to deal more kindly with one another, and to preserve and 
cherish the pale blue dot, the only home we've ever known.

Bedrohungen der Biodiversität

  • Zerstörung von Lebensräumen
    • Massive Zerstörung von Lebensräumen durch Landwirtschaft, den Ausbau von Städten, Forstwirtschaft und die Verschmutzung der Umwelt
    • Fragmentierung der Naturlandschaften - Beispiel: Im Süden des US-Bundesstaates Wisconsin wurden die Waldgebiete in einem Zeitraum von 119 Jahren (1831-1950) um 95% abgeholzt, die verbliebenen 5% verteilen sich auf kleine, nicht zusammenhängende Fragmente. Die Fragmentierung von Lebenräumen führt fast immer zum Verlust von Arten. Beispiel Prärien Nordamerikas: Bei Ankunft der ersten Europäer erstreckten sich die Prärien im Süden Wisconsins über eine Fläche von 800 000 ha. Heute sind davon nur noch weniger als 800 ha übriggeblieben (0,1%). Im Zeitraum von 1948 bis 1954 wurden in 54 Prärie-Restflächen Erhebungen über die Artenvielfalt der Pflanzen durchgeführt, die dann 1987-1988 wiederholt wurden. In den Jahrzehnten zwischen 1954 und 1987 gingen auf diesen Präriefragmenten je nach Fragment zwischen 8% und 60% der Pflanzenarten verloren. [Campbell, S. 1467]
  • Eingeführte Arten
    • Arten, die vom Menschen beabsichtigt oder unbeabsichtigt von ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in andere geografische Regionen verschleppt werden.
    • Erfolgreich eingeführte Arten können in Konkurrenz zu einheimischen Arten treten oder als Räuber zusätzlichen Druck auf einheimische Arten ausüben. Besonders erfolgreich sind eingeführte Arten, wenn ihre Vermehrungsrate hoch ist, ihr Nahrungsspektrum breit ist und sie tolerant gegenüber Änderungen der Umweltbedingungen sind.
    • Beispiele: Ende des 19. Jahrhunderts wurden Rotfüchse gezielt nach Australien eingeführt, weil diese Tiere als Jagswild interessant waren. Die Füchse erbeuteten jedoch viele mittelgroße einheimische Säugetiere und trugen damit zum Aussterben mehrerer einheimischer Arten bei. Ein anderes Beispiel ist die Einführung des Nilbarsches in den Victoriasee Anfang der 1960er Jahre. Die Nilbarsche vermehrten sich mangels natürlicher Freßfeinde explosionsartig, verdängten dabei aber zahlreiche Buntbartscharten, die ausschließlich im Victoriasee vorkamen - von 300 Buntbarscharten gingen bereits 200 unwiderbringlich verloren. In anderen Fällen wurden Tiere unabsichtlich vom Menschen verschleppt. Die Braune Nachtbaumnatter (Boiga irregularis) gelangte während des zweiten Weltkrieges in Militärfracht als "Blinder Passagier" zufällig auf die Insel Guam. Durch das Fehlen von natürlichen Feinden kam es zu einer starken Vermehrung der Schlangen. Seither wurden auf Guam zwölf Vogelarten und sechs Echsenarten ausgerottet, von denen sich die Schlange ernährt. Alle 18 Arten leben weiterhin auf den kleinen Inseln vor der Küste Guams, die von der Schlange nicht besiedelt werden.
    • Durch die leichten Transportmöglichkeiten mittels Schiffen und Flugzugen hat sich die Ausbreitung von Arten beschleunigt.
    • Allein in den Vereinigten Staaten beträgt die Zahl der eingeführten Spezies mindestens 50.000, die wirtschaftlichen Kosten der Schäden und Bekämpfungsmaßnahmen beläuft sich auf über 130 Milliadern US-Dollar. [Campbell, S. 1467 + 1468]
  • Übernutzung
  • Unterbrechung von Nahrungsketten

Naturschutz auf Populations- und Artebene

Naturschutz auf Ebene von Lebensgemeinschaften, Ökosystemen und Landschaften

Rechtliche Grundlagen

Definition nach IUCN

  • Nach Definition der Nichtregierungsorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature = Weltnaturschutzunion) gibt es sechs Kategorien von Schutzgebieten (hier näher erläutert):
    • Ia Strenges Naturschutzgebiet
    • Ib Wildnisgebiet
    • II Nationalpark
    • III Naturmonument oder Naturerscheinung
    • IV Biotop- oder Artenschutzgebiet
    • V Geschützte Landschaft / geschütztes Meeresgebiet
    • VI Schutzgebiet mit nachhaltiger Nutzung natürlicher Ressourcen

Zu den Zielen aller Schutzgebiete gehören unter anderem [1]:

  • Schutz und Erhalt der Zusammensetzung, Struktur und Funktion sowie des Entwicklungspotenzials der biologischen Vielfalt
  • Beteiligung an regionalen Schutz- und Erhaltungsstrategien (als Kerngebiete, Pufferzonen, Korridore, Trittsteine für Durchzügler usw.)
  • Bewahrung der Vielfalt der Landschaften oder Lebensräume und der darin vorkommenden Arten und Ökosysteme
  • Erreichen und/oder Sicherung einer ausreichenden Flächengröße, um die Integrität und die langfristige aufrechterhaltung der vorgesehenen Schutzziele zu gewährleisten
  • dauerhafte Bewahrung der Werte, die Grundlage der Gebietsausweisung waren

Wo zweckmäßig, sollen Schutzgebiete zudem folgende Kriterien erfüllen:

  • Schutz und Erhalt natürlicher und landschaftlich schöner Gebiete von nationaler und internationaler Bedeutung
  • Bereitstellung regulierender Ökosystemleistungen einschließlich der Pufferfunktion gegen die Auswirkungen des Klimawandels
  • Bereitstellung von Vorteilen für die Bewohner und die lokalen Gemeinschaften im Einklang mit den anderen Schutzgebiet-Managementzielen
  • Möglichkeiten zur Erholung des Menschen bereitstellen – im Einklang mit den anderen Schutzgebiet-Managementzielen
  • Unterstützung umweltverträglicher wissenschaftlicher Forschungsarbeiten und eines mit den Schutzgebietswerten in Verbindung und im Einklang stehenden ökologischen Monitorings
  • Bereitstellung von Bildungsmöglichkeiten (auch zu den Managementkonzepten);
  • Mobilisierung öffentlicher Unterstützung für den Naturschutz

Der Begriff "Nationalpark" ist dabei historisch entstanden, bevor es international anerkannte Kriterien für Nationalparks gab. Die IUCN verwendete den Begriff für Schutzgebiete der Kategorie II, weil er für große Schutzgebiete geeignet erschien. Viele Nationalparks verfolgen deshalb auch Ziele, die sich in erheblichem Maß von denen der Kategorie II unterscheiden. Darum haben manche Länder ihre als "Nationalpark" bezeichneten Gebiete anderen IUCN-Kategorien zugeordnet - während der Guanacaste National Park in Costa Rica etwa ein Schutzgebiet der Kategorie II ist, ist der Snowdonia National Park in Wales ein Schutzgebiet der Kategorie V.

Schutzgebiete der Kategorie II sind nach IUCN zur Sicherung großräumiger ökologischer Prozesse ausgewiesene, großflächige natürliche oder naturnahe Gebiete oder Landschaften samt ihrer typischen Arten- und Ökosystemausstattung, die auch eine Basis für umwelt- und kulturverträgliche geistig-seelische Erfahrungen und Forschungsmöglichkeiten bieten sowie Bildungs-, Erholungs- und Besucherangebote machen.

  • Vorrangiges Ziel eines Schutzgebietes der Kategorie II ist der Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt zusammen mit der ihr zugrundeliegenden ökologischen Struktur und den unterstützenden ökologischen Prozessen sowie Förderung von Bildung und Erholung.
  • Merkmale eines Schutzgebietes der Kategorie II:
    • Gebiete der Kategorie II sind in der Regel großflächig und schützen ein intaktes Ökosystem. Um das zu erreichen, muss das Schutzgebietsmanagement unter Umständen durch ein abgestimmtes Management im Umland ergänzt werden.
    • Das Gebiet sollte charakteristische Beispiele der wichtigsten Naturregionen sowie biologische und Umweltmerkmale oder Landschaften von herausragender Schönheit enthalten, in denen Pflanzen und Tierarten sowie Lebensräume und Räume mit hoher geologischer Diversität vorkommen, die von besonderer Bedeutung für geistig-seelische Erfahrungen sowie für Wissenschaft, Bildung, Erholung und Tourismus sind.
    • Das Gebiet sollte so groß und von so hoher ökologischer Qualität sein, dass diejenigen ökologischen Funktionen und Prozesse aufrechterhalten werden können, welche ein langfristiges Überleben der natürlicherweise vorkommenden Arten und Lebensgemeinschaften mit einem Minimum an Managementeingriffen ermöglichen.
    • Die biologische Vielfalt sollte sich in Zusammensetzung, Struktur und Funktion in hohem Maße in einem "natürlichen" Zustand befinden oder das Potenzial bieten, in diesen Zustand zurückgeführt zu werden.

Um die internationalen Richtlinien der IUCN zu erfüllen, müssen mindestens drei Viertel der Fläche eines Schutzgebietes seinem Hauptziel entsprechend verwaltet werden. Das bedeutet nach EUROPARC und IUCN für Nationalparke, dass sie auf 75% ihrer Fläche einem weitgehend naturnahen Zustand entsprechen müssen und keiner dem Schutzzweck entgegenstehenden Nutzung unterliegen dürfen. Das Gebiet muss außerdem großflächig genug sein, um eines oder mehrere vollständige Ökosysteme zu umfassen. Für Nationalparke in Deutschland wird eine Mindestgröße von 10.000 ha empfohlen. [2]

Alle Nationalparks des deutschen Schutzgebietssystems sind derzeit als Kategorie II-Gebiete nach IUCN eingestuft, auch wenn viele heute (Stand 2010) noch nicht sämtliche Anforderungen der Kategorie II erfüllen.

FFH-Richtlinie und Natura 2000

Natura 2000 ist eine europäische Naturschutzkonzeption auf Grundlage der EG-Vogelschutzrichtlinie aus dem Jahr 1979 und der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie) aus dem Jahr 1992 [3].

Während die EG-Vogelschutzrichtlinie die Erhaltung aller wildlebenden Vogelarten der EG-Mitgliedstaaten sichern soll, schreibt die FFH-Richtlinie ergänzend den Schutz von europaweit gefährdeten, natürlichen und naturnahen Lebensräumen sowie von Vorkommen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten vor [4].

Schutztrategien

Gebietsschutz

Die Anhänge I bzw. II der FFH-Richtlinie umfassen natürliche Lebensräume und wildlebende Arten, die europaweit bedroht oder sehr selten sind. Für sie müssen europäische Schutzgebiete, sogenannte FFH-Gebiete, ausgewiesen werden. Diese bilden zusammen mit den Gebieten der Vogelschutzrichtlinie das Natura 2000-Schutzgebietsnetz. Viele Arten sind jedoch nicht nur vom intakten Zustand einzelner Lebensräume, sondern auch von einer Vielzahl von untereinander über Landschaftselemente wie z.B. Fließgewässer, Böschungen und Hecken vernetzten Gebiete abhängig. Durch den Schutz einzelner, isolierter Gebiete kann die biologische Vielfalt deshalb nicht dauerhaft erhalten werden. Auch die Verbindungen zwischen den Lebensräumen müssen geschützt werden. Erst ein derartiger Gebietsverbund ermöglicht den genetischen Austausch verschiedener Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Aufgrund ihrer hohen Schutzwürdigkeit werden diese in den Anhängen I bzw. II der FFH-Richtlinie als "prioritär" bezeichnet und sind mit strengeren Schutzvorgaben sowie mit besonderen finanziellen Förderungsmöglichkeiten durch LIFE-Natur (LIFE, L’Instrument Financier pour l’Environnement) versehen [5].

Die Meldung der Gebiete erfolgt nach fachlichen Gesichtspunkten, die in Anhang III der FFH-Richtline benannt werden. Politische oder wirtschaftliche Interessen dürfen bei der Gebietsauswahl nicht berücksichtigt werden [6].

Auswahlkriterien für FFH-Gebiete zum Schutz von:

Lebensraumtypen (Anhang I) Arten (Anhang II)
  • Repräsentativität des Lebensraumtyps
  • Flächengröße des Lebensraumtyps
  • Erhaltungsgrad bzw. Wiederherstellungsmöglichkeit des Lebensraumtyps
  • Gesamtbeurteilung des Wertes für die Erhaltung des betreffenden Lebensraumtyps
  • Populationsgröße und -dichte der betreffenden Art
  • Erhaltungsgrad bzw. Wiederherstellungsmöglichkeit wichtiger Lebensraumelemente für die Art
  • Isolierungsgrad bzw. Ausbreitungsmöglichkeiten der vorkommenden Populationen
  • Wert des Gebietes im Hinblick auf die Erhaltung der betreffenden Art

Um die gesamte Bandbreite der biologischen Vielfalt zu berücksichtigen, wurde das Gebiet der EU für die Flächenauswahl und die Bewertung der Vorkommen von Arten und Lebensräumen in neun sogenannte biogeografische Regionen (Karte) unterteilt: atlantische, kontinentale, alpine, mediterrane, boreale, makaronesische, pannonische, Steppen- und die Schwarzmeerregion.

Die EU-Kommission erstellt gemäß Art. 4 Abs. 2 der FFH-Richtlinie für jede der neun biogeografischen Regionen eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die bei Bedarf fortgeschrieben werden. Mit Aufnahme auf die Gemeinschaftsliste sind die Mitgliestaaten gemäß Art. 4 Abs. 4 der FFH-Richtlinie verpflichtet, binnen sechs Jahren ihre Gebiete zu besonderen Schutzgebieten (BSG) zu erklären (Umsetzung in deutsches Recht: § 32 BNatSchG) [7].

Deutschland deckt dabei große Bereiche der atlantischen und kontinentalen sowie einen schmalen Saum der alpinen Region ab. Baden-Württemberg liegt vollständig in der kontinentalen Region.

Für die drei Regionen, von denen Deutschland betroffen ist, wurden erstmals am 22.12.2003 (alpine Region) und am 07.12.2004 (atlantische und kontinentale Region) anfängliche Listen von gemeinschaftlicher Bedeutung erstellt. Für jede Region schlagen dabei die Mitgliedsstaaten der Kommission eine Liste mit Gebieten vor, die mittels der in der FFH-Richtlinie enthaltenen Kriterien ausgewählt werden. Mit Unterstützung des Europäischen Themenzentrums für biologische Vielfalt, von unabhängigen Wissenschaftlern sowie von Experten aus den Mitgliedsstaaten und von Nicht-Regierungsorganisationen wertet die Kommission anschließend diese Vorschläge aus, um ein beständiges, zusammenhängendes und repräsentatives ökologisches Netz von Gebieten zu schaffen. [8] Mit Entscheidung der Kommission am 10.01.2011 wurden die Listen bereits zum vierten Mal fortgeschrieben. Mit Ausnahme des Gebietes "Unterems und Außenems", für das noch ein Urteil eines nationalen Gerichts aussteht, sind alle für Deutschland gemeldeten FFH-Gebiete auf den Listen verzeichnet. Sie bilden zusammen mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das Netz Natura 2000 [9].

Die Mitgliedsstaaten sind (innerhalb einer gewissen Übergangszeit) dazu verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Erhaltung ihrer Gebiete zu garantieren und ihre Zerstörung zu verhindern. [10]

Artenschutz

Nicht alle Arten können ausschließlich durch Schutzgebiete geschützt werden. Sie wandern, nutzen für verschiedene Lebensphasen unterschiedliche Landschaftsbestandteile oder haben große Raumansprüche. Ein Beispiel dafür ist die Wildkatze, die bei der Nahrungssuche große Reviere durchstreift. Andere Arten wie Fledermäuse nutzen gerne menschliche Bauten. Auch der Schutz dieser Arten muss, unabhängig von der Gebietskulisse, gewährleistet werden. In Anhang IV der FFH-Richtlinie sind daher streng zu schützende Arten aufgelistet, deren Schutzerfordernis sowohl innerhalb als auch außerhalb von Schutzgebieten besteht. Verboten sind das absichtliche Stören, Fangen oder Töten sowie der Handel mit diesen Arten. Außerdem sind ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten geschützt. Die Bewirtschaftung der Landschaftsräume darf dabei weiter erfolgen, solange sie nicht den Erhaltungszustand der Populationen verschlechtert.

Situation in Baden-Württemberg

Die Sicherung der FFH-Gebiete obliegt in Deutschland den Bundesländern. Sie kann über die Ausweisung als Schutzgebiet erfolgen oder durch vertraglich festgelegte Naturschutzmaßnahmen. In Baden-Württemberg haben dabei Maßnahmen auf vertraglicher Basis Vorrang. Eine Ausweisung als Schutzgebiet erfolgt nur, wenn die gesetzten Schutz- und Erhaltungsziele auf anderem Weg nicht erreicht werden (können). Für die Arten und Lebensraumtypen der Natura 2000-Gebiete gilt zudem grundsätzlich ein Verschlechterungsverbot, was jeweils in den Naturschutzgesetzen der Bundesländer verankert ist (Baden-Württemberg: §37 NatSchG) [11].

EUROPARC 2008

Um die internationalen Standards und die gesetzlichen Vorgaben für die deutschen Nationalparke in der Praxis besser anwenden zu können, hat Europarc Deutschland als Dachverband der Nationalen Naturlandschaften im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz Qualitätskriterien und -standards für deutsche Nationalparke im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens definiert (EUROPARC 2008). Sie beruhen in wesentlichen Punkten auf internationalen Kriterien der IUCN und besagen u.a., dass Nationalparke eine Mindestgröße von 10.000 Hektar haben und aus einer Kern- und einer Pflegezone bestehen müssen. Dabei soll die Kernzone den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleisten und im Endstadium 75 % betragen, die Pflege- oder Managementzone maximal 25 % aufweisen.

Um den geforderten "Schutz der natürlichen dynamischen Abläufe zu sichern", sollten die Kernzonen eines Nationalparks „möglichst vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand liegen“ (vgl. EUROPARC 2008). Für eine Ausweisung kommen deshalb primär nur Staatswald sowie Gemeinde- und Körperschaftswald in Betracht.

[12]

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

§ 24 - Nationalparke, Nationale Naturmonumente

(1) Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete, die

  • großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,
  • in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen und
  • sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet.

(2) Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, sollen Nationalparke auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.

(3) Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks sowie der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzgebiete zu schützen.

(4) Nationale Naturmonumente sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, die

  • aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen oder landeskundlichen Gründen und
  • wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit

von herausragender Bedeutung sind. Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen.

Abgrenzung von Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten, Nationalparks und Biosphärenreservate

  • Naturschutzgebiete schützen Biotope und Biozönosen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Hinsichtlich des Arten- und Biotopschutzes werden Schutz-, Pflege- und Entwicklungsziele festgelegt. Gebietsfremde Arten dürfen in der Regel nicht angesiedelt werden, weil sie die heimische Tier- und Pflanzenwelt verfälschen. Ferner unterliegen geschützte Tiere und Pflanzen Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverboten. [13]
  • Landschaftsschutzgebiete zielen hingegen auf einen leistungs- und funktionstüchtigen Naturhaushalt, auf die Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen ab. [14]
  • Nationalparks erfüllen in dem größeren Teil ihres Raumes die Status-Bedingungen eines Naturschutzgebiets. [15]
  • Biosphärenreservate erfüllen die Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes zumindest in wesentlichen Teilen. Ihr übriges Gebiet entspricht dem Status eines Landschaftsschutzgebietes. [16]

Programmatische Grundlagen der Piratenpartei

  • "Mehr Teilhabe: Wir Piraten streben eine möglichst hohe demokratische Gleichberechtigung aller Menschen an." - Parteiprogramm, beschlossen auf der Gründungsversammlung am 10. September 2006.
  • "Wir wollen eine gesunde und natürliche Umwelt erhalten. Dies bedeutet die Reduktion des Eintrages von schädlichen Stoffen in unsere Umwelt und den Schutz und die Wiederherstellung von Naturräumen, insbesondere denen mit einer hohen Artenvielfalt." - Parteiprogramm, beschlossen auf der Gründungsversammlung am 10. September 2006.
  • "Das Recht auf sauberes Wasser, saubere Luft, vitale Böden und einen gemeinschaftlichen Zugriff auf Naturressourcen ist Teil der universellen Menschen- und Bürgerrechte, auch für kommende Generationen. Überzogene Regulierungen im Interesse von Verwaltung oder Industrie, mit dem vorgeschobenen Argument des Umweltschutzes, lehnen wir jedoch ab." - Landtagswahlprogramm Baden-Württemberg 2011
  • "Wir setzen uns für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt ein. Dazu wollen wir die Biotopvernetzung fördern. Durch eine entsprechende Gestaltung der Flächennutzung werden isolierte Biotope durch Grünbrücken, Wassernetze oder zusätzliche Wege für Pflanzen und Tiere verbunden. Dabei soll auf landschaftliche Vielfalt statt auf monokulturelle Nutzung gesetzt werden." - Landtagswahlprogramm Baden-Württemberg 2011

Interpretation: Sowohl eine Befürwortung als auch eine Ablehnung des Nationalparks Nordschwarzwald wäre durch diese programmatischen Aussagen gedeckt, wenn sowohl die Einrichtung als auch die Nichteinrichtung des Nationalparks dem Naturschutz dient. Zu bevorzugen ist dabei jene Variante, die dem Schutz der Natur und der Erhaltung der Arten besser dient. Außerdem gilt:

  • Mehr Teilhabe für alle bedeutet auch, dass unsere Nachkommen die Möglichkeiten haben müssen, die wir heute haben. Das bedeutet, dass die heute noch vorhandene Natur auch unseren Kindern zugänglich sein muss.
  • Die Natur muss langfristig erhalten bleiben.
  • Die Natur muss dabei grundsätzlich allen offenstehen.
  • Die Biotope müssen miteinander vernetzt und den Arten eine Verbindung in benachbarte Biotope erhalten bleiben.
  • Weiterhin gilt, dass die Debatte offen und sachlich geführt werden muss.

Tomtar 16:20, 11. Okt. 2012 (CEST)

Diese Anforderungen werden grundsätzlich von jeder Kategorie der IUCN erfüllt. - Tomtar 10:48, 12. Okt. 2012 (CEST), ergänzt am 26.10.2012

Situation im Nordschwarzwald

Unzerschnittene verkehrsarme Räume über 100 km² Größe (UZVR100)

Unzerschnittene verkehrsarme Räume über 100 km² (= 10.000 ha) Größe in Baden-Württemberg (2000) [17] (=UZVR100)

Die Ermittlung dieser UZVR100 erfolgte geometrisch auf der Grundlage des Digitalen Landschaftsmodells im Amtlich Topographisch Kartographischen Informationssystem (ATKIS DLM 25/2) sowie unter Berücksichtigung von Verkehrsstärkedaten (www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/13364). [18]

Nr. Bezeichnung Waldbesitz Waldverteilung
1 Morretal im Südlichen Odenwald Großprivatwald, Gemeinde- und Körperschaftswald
2 Kessach- und Erlenbachtal
3 Südliche Tauberplatten
4 Östliche Kocher-Jagst-Ebene
5 Östliche Hohenloher Ebene
6 Ellwanger - Limpurger Berge Staatswald, Großprivatwal einzelne kompakte Waldflächen; Ortschaften mit landwirtschaftlichen Nutzflächen in Tälern und auf Hochflächen
7 Grindenschwarzwald und Enzhöhen Staatswald, Gemeinde- und Körperschaftswald große unzerschnittene Waldflächen, schmale Wiesentäler
8 Grindenschwarzwald zwischen Murg und Enz Gemeinde- und Körperschaftswald, Staatswald, Großprivatwald große unzerschnittene Waldflächen, schmale Wiesentäler
9 Grindenschwarzwald - Bühler Höhen Staatswald, Großprivatwald, Gemeinde- und Körperschaftswald große unzerschnittene Waldflächen, offene Grinden und schmale Wiesentäler
10 Ortenau - Schwarzwald überwiegend Mittlerer und Kleinprivatwald
11 Mittlerer Schwarzwald - Brandenkopf überwiegend Mittlerer und Kleinprivatwald
12 Mittlerer Schwarzwald - Kinzig überwiegend Mittlerer und Kleinprivatwald
13 Nördlicher Hochschwarzwald - Simonswald überwiegend Mittlerer und Kleinprivatwald
14 Hochschwarzwald - Kandel- und Hochwald überwiegend Mittlerer und Kleinprivatwald
15 Hochschwarzwald - Trubelsmattkop Staatswald, Mittlerer und Kleinprivatwald keine kompakte Waldfläche; Höfe- und Weilerflur in Wiesentälern und auf Hochflächen
16 Hochschwarzwald - Feldbergsockel Gemeinde- und Körperschaftswald, Staatswald keine kompakte Waldfläche; Höfe- und Weilerflur in Wiesentälern und auf Hochflächen
17 Hochschwarzwald - Belchen Gemeinde- und Körperschaftswald, Staatswald keine kompakte Waldfläche; Höfe- und Weilerflur in Wiesentälern und auf Hochflächen
18 Alb-Wutach-Gebiet - Steinatal
19 Oberes Donautal - Hegaualb
20 Gutsbezirk Münsingen
  • Bei Zugrundelegung der UZVR (Unzerschnittene Verkehrsarme Räume) mit einer Fläche von ca. 10.000 Hektar, die alle den beiden Nationalpark-Kriterien "Größe" und "Unzerschnittenheit" entsprechen, ergeben sich für Baden-Württemberg zunächst 20 Gebiete.
  • Sieben Gebiete davon scheiden aus, da sie nur einen geringen Waldanteil aufweisen. Es verbleiben 13 UZVR (Unzerschnittene Verkehrsarme Räume).
  • UZVR, die der natürlichen Dynamik überlassen werden könnten: 1, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17
  • Betrachtet man die Eigentumsverhältnisse, fallen weitere sechs Räume heraus, die nicht bzw. nur zu einem geringen Teil im Besitz der öffentlichen Hand sind. Damit verbleiben sieben Gebiete.
  • Flächen mit hohem Anteil an öffentlichem Wald (vgl. EUROPARC 2008): 1, 6, 7, 8, 9, 15, 16, 17
  • Davon unzerschnittene Waldfläche: 7, 8, 9
  • Nach diesem Prüfschritt verbleiben drei UZVR, die allesamt im Nordschwarzwald liegen.
  • Gesamtgröße von [7, 8, 9]: 40.890 Hektar
  • Filtert man die restlichen sieben UZVR und betrachtet die Nutzungsverteilung unter dem Kriterium möglichst kompakter Waldflächen, verbleiben ausschließlich die drei zusammenhängenden UZVR des Nordschwarzwaldes mit einer Gesamtfläche von 40.890 Hektar.
  • Betrachtet man darüber hinaus die Arten und Lebensräume von (inter-)nationaler Bedeutung sowie angrenzende potenzielle Korridorflächen, haben die Flächen auch in diesem Fall eine herausragende Bedeutung.

Kleine Artenkunde

Fichte

Tanne

Kiefer

Buche

Borkenkäfer

Borkenkäfer verbringen die Hauptzeit ihres Lebens im Inneren der Brutpflanze. Nur die Jungkäfer verlassen die Pflanze zum Reifungsfraß, auf der Suche nach Brutplätzen oder zur Überwinterung. Borkenkäfer kommen insbesondere in Nadelbäumen vor, weniger in Laubbäumen, in Sträuchern und Stauden sind sie selten. Die meisten Borkenkäfer-Arten sind auf eine Pflanzenart, ja sogar nur auf einen bestimmten Teil der Pflanze spezialisiert. Nur wenige Arten besuchen mehrere Pflanzenarten.

Die meisten legen ihre Brutgänge für die Nachkommenschaft im Rindenbereich an ("Rindenbrüter"). Imagines und Larven fressen losgeschabte Holzfasern, deren Saft sie verwerten (nicht die Zellulose!).

Wichtige Rindenbrüter:

  • Buchdrucker (Ips typographus): Fichte
  • Kupferstecher (Pityogenes chalcographus): Fichte
  • Großer Waldgärtner (Blastophagus piniperda): Kiefer
  • Kleiner Waldgärtner (Blastophagus minor): Kiefer
  • Eichensplintkäfer (Scolytus intricatus): Eiche
  • Buchenborkenkäfer (Ernoporicus fagi): Buche
  • Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae): Fichte, Tanne

"Holzbrüter" hingegen ernähren sich von Pilzen ("Ambrosiapilzen"), die von den Borkenkäfer-Weibchen im Magen bevorratet werden. In den Brutgängen werden die Pilzmutterzellen dann als "Saatgut" wieder ausgespien. Daraus entwickeltn sich Pilzhyphen, aus denen kugelige Pilzköpfe in die Gangröhre hinein wachsen. Diese Pilzköpfe dienen den Larven der "Holzbrüter" als Nahrung. Die Mutterkäfer betreiben Brutpflege, indem sie die Pilzhyphen pflegen und vor "Verunkrautung" durch andere Pilze schützen.

Viele Borkenkäfer sind gefährliche Forstschädlinge. Der Befall ist abhängig vom physiologischen Zustand der Wirtspflanze, meist werden kränkelnde oder tote Pflanzen bevorzugt. Borkenkäfer locken Artgenossen über Sexual- und Aggregationshormone an.

[Nach: Erwin Stresemann, Exkursionsfauna von Deutschland, Wirbellose - Insekten, 1. Teil, 1994]

Borkenkäfer-FAQ des Nationalparks bayerischer Wald

Nationalpark Bayerischer Wald

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist ein Nationalpark im Hinteren Bayerischen Wald direkt an der Grenze zu Tschechien. Geschützt werden vor allem fichtenreiche Hochlagenwälder, Bergmischwälder aus Tannen, Buchen und Fichten sowie Aufichtenwälder in den Tälern. Obwohl einige Urwaldreste vorhanden sind, ist das Nationalparkgebiet noch stark von der ehemaligen Forstwirtschaft (Fichtenmonokulturen [19]) geprägt. Da die Natur inzwischen wieder sich selbst überlassen wird, schritt der Mensch auch bei Katastrophenereignissen wie großflächigem Borkenkäferbefall nicht mehr ein. Dieser führte in den 1990er Jahren zu einem Absterben eines Teils der Hochlagenwälder und löste bei den Anwohnern des Nationalparks kontroverse Diskussionen aus [20].

Als am 1. August 1983 ein Gewittersturm und ein weiterer Sturm im November desselben Jahres etwa 70.000 Festmeter Holz fällten, entschied der damalige bayerische Minister für Landwirtschaft und Forste Hans Eisenmann, in den neuen Reservatsgebieten nicht mehr in die natürliche Waldentwicklung einzugreifen. Es sollte ein "Urwald für unsere Kinder und Kindeskinder" entstehen. Auch bei Extremereignissen wie Sturmwürfe und Borkenkäferbefall wird die natürliche Entwicklung fortgesetzt.

Mitte der 1980er und Anfang der 1990er Jahre kam es durch heftige Stürme zu weiteren zahlreichen Windbrüchen, durch die -aufgrund - schlagartig günstige Lebensbedingungen für den Buchdrucker (Ips typographus) entstanden. In den Folgejahren erhöhte sich die Population des Buchdruckers teilweise so stark, dass selbst gesunde, stehende Fichten dem starken Befall zum Opfer fielen. Einzelne "Käferlöcher" im Wald weiteten sich aus und verschmolzen schließlich zu großen Fronten.

Die Massenvermehrung des Buchdruckers (Ips typographus) wurde in den 1990er Jahren auch durch mehrere warme Jahre begünstigt. Seit 1995 kamen in den Hochlagen jedes Jahr bereits im April und Mai Tage mit Temperaturen über 20 Grad vor, so dass der Buchdrucker bereits im April ausschwärmen konnte. Erst diese frühe Schwärmzeit ermöglichte die Bildung mehrerer Käfergenerationen in einem Sommer und damit eine Massenvermehrung. Diese Entwicklung hängt sicherlich mit der Globalen Erwärmung zusammen.

In Teilen der Bevölkerung stieß die von der Nationalparkverwaltung verordnete Tatenlosigkeit auf Unverständnis; die angrenzenden Waldbauern fürchteten um ihren eigenen, wirtschaftlich genutzten Bestand. Andere sahen im Borkenkäfer dagegen einen Helfer, um Wirtschaftswald mit anfälligen Monokulturen in kräftigen Mischwald, die beste Vorsorge gegen zukünftigen Befall, zu verwandeln.

Nachdem die alten Nadelwaldkulturen inzwischen weitgehend tot sind, gehen die Borkenkäferzahlen seit einigen Jahren deutlich zurück und mit dem Nachwachsen von jungen Ebereschen, Fichten und Buchen ist an vielen Stellen wieder ein Jungwald entstanden. Diese neuen Bäume hatten 2004 schon eine Höhe von 70 cm erreicht.

Heute (2008) steht im Nationalpark Bayerischer Wald mehrere Meter hoch ein gesunder Mischwald. Die Fichten sind zurückgedrängt, stattdessen gedeihen dazwischen Laubbäume, wie beispielsweise der Bergahorn. [21]

Es gibt im Bayerischen Wald mehrere Vereine, in denen sich Nationalparkgegner und andererseits Nationalparkbefürworter zusammengeschlossen haben. Seitdem erkennbar ist, dass sich der abgestorbene Wald verjüngt und der Tourismus nicht beeinträchtigt wurde, geht die Anzahl der Kritiker der Nationalparkverwaltung zurück [22].

Der Park zieht Besucher an, die den Lauf der Natur erleben wollen – inklusive Borkenkäferbefall, massenhaft umgestürzten Bäumen und Gesundung durch den Wandel in einen Mischwald. Nur drei Prozent der Touristen wünschten einen "aufgeräumten" Kulturwald, die Mehrheit bevorzuge das urwüchsige Wuchern, sagt der Geografieprofessor Hubert Job. [23]

Situation im Nordschwarzwald

Auerhuhn