BE:Squads/Wirtschaft und Umwelt/Energieausflug 2012

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Seit Frühjahr 2012 führt das Squad Wirtschaft und Umwelt der Piratenpartei Berlin eine Exkursionsreihe zum Thema Energiepolitik und Nachhaltigkeit durch. Besucht wird eine Auswahl von Kraftwerksanlagen und Projekten in Berlin und Umgebung, um im Rahmen von moderierten Führungen einen direkten Einblick in aktuelle und zukünftige Fragen der Energieversorgung zu erhalten.

Die Exkursionen stehen allen interessierten Piraten offen, allerdings sind die Teilnehmerplätze in der Regel begrenzt. Daher sollte man sich zeitig anmelden, sobald die Termine mit den Besucherdiensten feststehen (eine Ankündigung wird über die Ankündigungslisten und Twitter rumgeschickt).

Organisiert werden die Exkursionen von Janhemme vom Squad Wirtschaft und Umwelt.

Braunkohlebergbau in der Lausitz

Dinausaurier des fossilen Energiezeitalters?

Die Vattenfall Europe Mining AG betreibt in der Lausitz aktuell noch drei Braunkohletagebauen. Braunkohle ist der fossile Energieträger mit der schlechtesten CO2-Bilanz/Energieausbeute (die in der Lausitz vorkommende Braunkohle hat einen Heizwert von 7900 bis 9300 Kj/Kg) und steht dementsprechend stark in der Kritik. Braunkohle aus der Lausitz wird hier in Berlin u.a. im bereits von uns besuchten Kraftwerk Klingenberg verstromt (vorraussichtlich noch weit über das Jahr 2016 hinaus.)

HINWEIS: Besichtigt am Sa., 23. März 2013 um 11:00 Uhr

Das Team von Vattenfall Mining gab uns einen umfassenden Einblick in die Braunkohleförderung, inkl. einer Führung durch den Tagebau mit Demonstration der beeindruckenden Fördertechnik.

Nachdem wir aufgrund eines, wegen der arktischen Temperaturen liegengebliebenen Personentransporters zunächst zwischenzeitlich in der Mondlandschaft gestrandet waren, bekamen Squad und interessierte Piraten aus Brandenburg nach dem mehrstündigen Ausflug in den Tagebau die Gelegenheit, mit Unternehmensvertretern und Betriebsleitung über die Rolle der Braunkohle in der Energieversorgung und umweltpolitische Aspekte zu diskutieren.

Weitere Bilder und ein Video vom Anfahren des großen Schaufelradbaggers gibt es hier…

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Holzheizkraftwerk Berlin-Neukölln/Gropiusstadt

Dezentrale Fernwärmeversorgung im Berliner Südosten?

Der Energieversorger RWE betreibt am traditionsreichen Standort Rudow (Bezirk Neukölln) seit 2006 ein Holzheizkraftwerk zur Fernwärmeversorgung der Gropiusstadt. Das Holzheizkraftwerk ersetzt zum Teil die 175 MW elektrische und 130 MW thermische Leistung des von 1963 bis 2004 mit Steinkohle betriebenen (und 2008 abgerissenen) Heizkraftwerks Berlin-Rudow.

Das am südlichen Ufer des Teltowkanals an der Grenze zu Adlershof (Bezirk Treptow-Köpenick) gelegene Holzheizkraftwerk stellt durch die EEG-geförderte Verfeuerung von 200.000t Biomasse/Jahr (Holzschnitzel) rund 65 MW thermische und ca. 20 MW elektrische Leistung bereit. Zu Spitzenzeiten können zusätzlich weitere 33 MW durch Gasbefeuereung bereitgestellt werdern.

Die Berliner Piraten haben bereits mehrmals deutlich gemacht, dass sie Biomasseimporten kritisch gegenüberstehen (u.a. im vom Squad entwickelten und von der LMVB 12.2 angenommenen Positionapapier "Energiepolitische Grundsätze" und im vom Squad für die AGH-Fraktion erarbeiteten Änderungsantrag "Biomasse-Importe", DS 17/0196-1), daher wird der Besuch sicherlich interessant.

HINWEIS: Besichtigt am Sa., den 05. Januar 2013: Das Squad und einige Gäste bekamen einen Überblick über das BTB-Fernwärmenetz und das Holzheizkraftwerk in Rudow.

Aus Sicht des Squads waren dabei vor allem zwei Aspekte interessant: a) die Herkunft der Holzschnitzel und b) der Betrieb des regionalen Fernwärmenetzes.

Laut BTB/RWE würden im Heizkraftwerk ausschliesslich Schnitzel aus Altholz/Abfallholz energetisch verwertet, wobei der Firmenvertreter einräumte, dass das Altholzaufkommen der Region Berlin-Brandenburg nicht ausreichen würde, den Bedarf zu decken. Daher greife man auf Altholzanbieter aus dem gesamten norddeutschen Raum sowie Anbieter aus den Niederlanden und Großbritannien zurück (Altholzimporte entsprächen etwa zehn Prozent des Bedarfs.)

Aus Piratensicht und unserer Programmatik, die auf dezentrale Energieerzeugung und -verteilung abzielt, war besonders die Betrachtung des organisch gewachsenen BTB-Fernwärmenetzes interessant, sowie die Bemühungen, gemeinsam mit Häuslebauern und Immobiliengesellschaften innovative Lösungen für halbautarke Mitteltemperaturlösungen zu entwickeln. Aspekte, die in diesem Zusammenhang diskutiert wurden, war z.B. die Integration von Solar- und Geothermie/Wärmepumpen, sowie die Frage einer möglichen Deregulierung des Wärmemarktes durch die EU.

Das Unternehmen wies u.a. darauf hin, dass das Holzheizkraftwerk nicht unbedingt wirtschaftlich arbeite und, dass es erhebliche Herausforderungen hinsichtlich Instandhaltung, Verschleiss und Beschaffung (etwa: Holzqualität und energetischer Gehalt) geben würde.

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Hydrothermale Karbonisierung

Energieneutrale Herstellung von künstlicher Braunkohle?

Das Unternehmen SunCoal betreibt in Ludwigsfelde eine Pilotanlage zur Herstellung von "künstlicher Braunkohle" aus kommunalen Grünabfällen und anderen biogenen Reststoffe.

Dazu setzt das Unternehmen einen Prozess ein (hydrothermale Karbonisierung), der den natürlichen, in Millionen von Jahren ablaufenden Prozess der Braunkohle-Entstehung innerhalb weniger Stunden technisch nachahmt. Die seit 2008 bestehende Pilotanlage wurde 2011 für den kundenorientierten Versuchsbetrieb umgerüstet.

HINWEIS: Besichtigt am Fr., 02.11.2012. Das Squad und Piraten aus Brandenburg bekamen zunächst einen Einblick in das technische Verfahren und die Planungen des Unternehmens. Anschliessend wurde die Pilotanlage besichtigt und das Konzept im Gespräch mit dem technischen Leiter diskutiert.

Fragen wurden hauptsächlich zur Energieeffizenz und dem Vergleich mit anderen erneuerbaren Energieträgern wie Holzschnitzeln oder Biogas gestellt. Kritsch wurde ebenfalls diskutiert, ob überhaupt genügend Biomasse verfügbar sei, um solche Anlagen kostendeckend zu betreiben. Das Unternehmen wies darauf hin, dass im Verfahren keine Energiepflanzen eingesetzt würden, sondern, dass in erster Linie Grünabfälle und andere biogene Reststoffe verwendet werden sollten.

Interessant erschien uns insbesondere ein möglicher Einsatz dieser Technologie bei der kaskadenartigen Nutzung von Biomasse, um Reststoffe aus der Biogasproduktion zu verwenden.

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Müllheizkraftwerk Ruhleben

"Thermische Abfallbehandlung" oder Kreislaufwirtschaft?

Das 2012 moderinisierte Müllheizkraftwerk des städtischen Berliner Entsorgers BSR in Ruhleben erzeugt über 4+1 Verbrennungslinien aus Siedlungsabfällen über 2,3 Tonnen Hochdruckdampf der im benachbarten Kohlekraftwerk Reuter zur Strom- und Fernwärmeerzeugung genutzt wird. Zwar ersetzen Siedlungsabfälle in diesem Fall den klimaschädlichen Primärenergieträger Kohle, allerdings ist die Verfeuerung von Müll weit entfernt von einer Kreislaufwirtschaft.

Auf einem benachbarten Gelände entsteht aktuell eine Fermentierungsanlage mit einer Kapazität von ca. 60.000 t, in der zukünftig aus Bioabfällen Biogas zur Betankung der BSR-Fahrzeugflotte erzeugt werden soll.

HINWEIS: Besichtigt am Fr., 05.10.2012: Das Team des Müllheizkraftwerkes gab uns eine ca. dreistündigen Einblick in die Berliner Abfall- und Kreislaufwirtschaft.

Interessant vor allem hinsichtlich der Veränderungen der letzten Jahre, was Emissionswerte (vor allem Dioxin) anging, aber auch des aktuellen Transformationsprozesses des Abfallsektors – mit allgemein zurückgehendem Siedlungsabfallaufkommen und steigendem Wettbewerb um den Zugriff auf Rohstoffe. Auch neue Rücknahmemodelle wurden diskutiert, ebenso wie die Überarbeitungen der EU- und Bundesgesetze für den Abfallsektor und die Auswirkung der Einführung neuer Wertstofftonnen.

Das Squad sowie weite interessierte Piraten bekamen z.B. auf dem Führerstand des Krans (eine Greifladung entspricht ca. 10t Müll) die Gelegenheit, die Anlieferung, Bunkerung und Verfeuerung des Abfalls zu beobachten und diskutierten mit BSR-Management und Mitarbeitern der Leitstelle über die Zukunft des Standortes und die Herausforderungen, vor denen die Berliner Müllwirtschaft in den kommenden Jahren steht.

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Kraftwerk Uckermark

Windgas als Lösung der Speicherproblematik?

Das 2011 in Betrieb genommene Kraftwerk Uckermark der Enertrag AG in Brandenburg ist eine Hybridkraftwerk-Pilotanlage, in der gegenwärtig mit Windkraft sogenanntes EE-Gas über Wasserstoff-Elektrolyse und die Beimischung von Biogas erzeugt wird.

EE-Gas (oder Windgas) wird zunehmend als Speichertechnologie der Zukunft gesehen, da über Wasserstoffelektrolyse und Methanisierung ein Energieträger erzeugt werden kann, der variabel in das bestehende Erdgasnetz einspeisbar ist, die Speicherproblematik bei erneuerbaren Energien zu lösen vermag und darüber hinaus universal verwendbar ist (sowohl zur Stromerzeugung in hocheffizienten KWK-Gaskraftwerken der neusten Generation, in Gasheizungen oder Erdgasfahrzeugen.)

HINWEIS: Besichtigt am Fr., 31.08.2012: Das Enertrag-Team gab dem Squad sowie unseren Mitstreitern der Brandenburger AG Umwelt einen interessanten Einblick in die Pilotanlage und die Zukunft der EE-Gaserzeugung.

Das Unternehmen ziele aktuell nicht auf die Erzeugung künstlichen Erdgases (inkl. Methanisierung) ab, sondern strebt nach eigenen Angaben die vollständige Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft an. Die Pilotanlage diene zum Durchlaufen der Lernkurve und produziere aktuell vor allem Wasserstoff für Tankstellen von Total und Shell.

Einen Teil vermische Enertrag mit Biogas (Methan) zur Strom- und Wärmeerzeugung in einem Blockheizkraftwerk für eine nahegelegene Wohnsiedlung. Der bei der Elektrolyse anfallende Sauerstoff werde in die Außenluft entlassen, da er zur Zeit noch nicht rein genug für die industrielle Verwertung sei. Leider konnten wir aus Brandschutzgründen nicht in der Pilotanlage fotografieren, da alle Geräte ausgeschaltet werden mussten.

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Netzleitstelle Berlin

Wer betreibt ab 2014 das 35.000 km lange Berliner Stromnetz?

Die Konzession des Unternehmens Vattenfall für den Betrieb des Berliner Stromnetzes läuft 2014 aus. Neben dem bisherigen Betreiber gibt es mittlerweile weitere Interessenten, u.a. den Berliner Energietisch, der für eine Rekommunalisierung eintritt und zu diesem Zweck ein Volksbegehren initiiert hat, sowie die Bürgerenergie Berlin Genossenschaft in Gründung, die sich für eine Genossenschaftslösung ausspricht.

Beide Initiativen haben im Squad ihre Vorhaben vorgestellt (die Berliner PIRATEN unterstützen aktuell per positivem Meinungsbild im LQFB den Energietisch) und Vattenfall hat uns bei der Kraftwerksbesichtigung (s.u.) angeboten, die Netzleitstelle zu besuchen, zu deren Aufgeben u.a. die Überwachung und Steuerung des Betriebszustandes des Verteilungsnetzes für das gesamte Berliner Stadtgebiet sowie die Koordinierung der Störungsbehebung gehört.

HINWEIS: Besichtigt am Fr., 09.07.2012, Pressemitteilung hier: "Piraten diskutieren die Zukunft des Berliner Stromnetzes"

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Kraftwerk Klingenberg

Von der Kohleverstromung zur EEG-geförderten Verstromung von afrikanischen Holzschnitzeln?

In dem zwischen Spree und dem Bahnbetriebswerk Berlin-Rummelsburg gelegenen und zuletzt 1965, 1974 und 1987 modernisierten Kraftwerk Klingenberg des Versorgers Vattenfall wird aktuell Braunkohle aus den Tagebauen um Cottbus für die Grundlast verstromt.

Ab 2016 sollen zwei mit jährlich 700.000t Holzschnitzeln aus Liberia betriebene Biomasse-Blöcke und ein KWK-Gaskraftwerk die Kohleverstromung ablösen (Vgl. hierzu den vom Squad Wirtschaft und Umwelt für die AGH-Fraktion der PIRATEN erarbeiteten Änderungsantrag "Biomasse-Importe", DS 17/0196-1)

HINWEIS: Besichtigt am Sa., 26.05.2012: Vor Ort wurde uns von Vattenfall mitgeteilt, dass das Unternehmen mittlerweile von den Liberia-Plänen Abstand genommen hat. Allerdings plant der Betreiber nach eigener Aussage nach wie vor mit Biomasseimporten, um die mit dem Senat vereinbarten CO2-Ziele zu erreichen und die Wirtschaftlichkeit des Neubauprojektes sicherzustellen zu können (vor allem hinsichtlich der benötigten Emmissionsrechte.)

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Ausblick

Die Exkursionsreihe wird unregelmäßig weitergeführt.

Vorschläge, Anregungen und Ideen sind selbstverständlich willkommen...