BE:LiquidFeedback Themendiskussion/690
Ok, da das alles noch etwas neu für mich ist, kann's durchaus sein, dass das eine oder andere noch nicht so hinhaut.
Also, zum Thema:
Es geht mir bei der Thematik weder darum, eine Diskussion über Sinn oder Unsinn von Schwarzfahren zu beleben, noch darum, mich irgenwie zum Thema Öffentlicher Nahverkehr zu verhalten. Das 'Schwarzfahren' ist also nur ein aktuelles Beispiel, derer es sicherlich viele gibt.
1.) Grundsetzlich geht es mir um einen Umgang mit 'niedrigen' Geldstrafen - bis zu welcher Höhe müßte man im folgenden einfach mal diskutieren - die durch Ordnungswidrigkeiten zu Stande kommen und in deren Folge momentan ein Haftantritt winkt. Dies mach meines Erachtens absolut KEINEN Sinn. Zum einen, weil die 'Bestraften' damit mitunter in ein soziales Umfeld quartiert werden, dass ihrer sozialen Entwicklung nicht unbedingt förderlich ist - zumal unter derzeitigen Haftbedingungen körperliche Unversehrtheit auch nicht unbedingt gewährleistet ist - und zum anderen, weil es einfach viel zu teuer ist und somit die Kosten der Maßnahme in keinem Verhältnis zur Strafe stehen.
2.) Daraus folgernd stellt sich die Frage, wie man denn dann mit den Bestraften umzugehen gedenkt. Ich persönlich finde 'Hausarest' als Alternative recht praktisch und sozial. Zum Beispiel, weil dadurch der Draht des 'Bestraften' zum sozialen Umfeld nicht völlig abreißt. Hier als Alternative eine Verpflichtung zur 'sozialen Arbeit' anzuführen finde ich persönlich nicht so doll, schon allein deshalb, weil mir hier die Umlegung des 'Tagessatzes' auf einen Stundenlohn geleisteter Arbeit schleierhaft ist.
Freue mich auf Rückmeldung. Grüße! Ed.
- Hallo,
- ich bin kein Jurist, aber ich bin bisher der Meinung, wenn heute festgelegt wird, das es X-tage Haft gibt, das man auch beschließen kann "x-Tage zu jeweils X-Stunden DINGS Sozialarbeit abzuleisten" verordnet werden kann. Solange Hausarrest ernsthaft da drin steht, werde ich meine Unterstützung zurückziehen. Michael73 00:59, 9. Feb. 2012 (CET)
Ich finde zum Beispiel eine Art Ordnungsdienst nicht schlecht. Das bedeutet, dass Schwarzfahrer im geschädigten Betrieb, BVG, S-Bahn, Deutsche Bahn Arbeiten zu erledigen haben. Entfernung von Graffiti, Putzen von Zügen, die zur Wartung hereinkommenm, Bahnhofsreinigung. Ich denke damit kann man demjenigen auch vermitteln, dass das Geld für einen Fahrschein nicht nur in die Taschen der Führungsebenen und Aktionäre wandert, sondern ebenso zum Erhalt, Funktion und Sauberkeit der öffentlichen Verkehrsmittel.
Bei Wiederholungstätern und notorischen Schwarzfahrern freut sich der Betrieb sogar über die unentgeltlichen Arbeitskräfte. Wenn eine Person dadurch gar nicht erziehbar ist, bleibt meiner Meinung anch auch nichts anderes übrig, als der vorübergehende Freiheitsentzug. Jemand der mehrfach nicht gewillt war, eine Leistung zu vergüten wird einen Hausarrest schulterzuckend hinnehmen und sich freuen, dass er weiterhin so preiswert befördert wird. Vielleicht sehe ich das alleien so, aber ich glaube kaum, dass die Person in ihrem Haus/Wohnung die Schwere ihrer Tat reflektieren und begreifen wird.
Der Sinn einer Fußfessel erschließt sich mir nicht und kommt für mich auch nicht in Betracht. Schließlich wird diese vornehmlcih dazu eingesetzt, Personen in einem bestimmten Aktionsradius zu halten. Darf ich mit Fußfessel keinem Bahnhof näher als 100m kommen?
My 2 cents... Denis
Schwarzfahren ist eine Straftat (Erschleichen von Leistungen, ich glaub, § 265a StGB oder so, bin zu faul aufzustehen) und keine Ordnungswidrigkeit, das kommt daher, dass es im StGB steht und nicht im OWiG. Im Übrigen ist nicht alles, was eine Geldstrafe nach sich zieht, eine Ordnungswidrigkeit. Das Argument mit dem sozialen Draht ist ein wenig fragwürdig, schließlich gilt die Regel: 1 Tagessatz Geldstrafe = 1 Tag Haft. Da maximal Geldstrafen von 180 Tagessätzen zulässig sind, wird dadurch wohl kaum jemand aus seinem sozialen Umfeld gerissen. Und bis man 180 Tagessätze kriegt oder überhaupt in die Nähe davon kommt, muss man schon sehr beharrlich schwarzfahren. Ich bin auch kein Fan von Strafhaft, aber Sozialstunden finde ich eine deutlich sinnvollere Alternative für alle.
nutella
Autsch!.. 180 Tage Haft finde ich aber ganz schön lange. Dazu müßte man in der Tat recht ausgiebig schwarzfahren oder Falschparken. => Also, im Grunde geht es mir doch um die Leute, die eh kaum Geld haben, und die ihre 'Tagessätze' nicht wirklich zahlen könnten. Ob nun Straftat wie beim Schwarzfahren oder Ordnungswidrigkeit wie beim Falschparken sei mal dahingestellt. Da gibt's ja auch noch so schöne Dinge wie 'mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren' oder 'den Hund ohne Leine laufen lassen' usw. Also alles Dinge, die es meines Erachtens nicht rechtfertigen, dass dafür jemand in den Knast muss, nur weil das nötige Kleingeld zum zahlen der Strafe nicht vorhanden ist;- auch dann nicht, wenn es sich dabei, je nach Ansichtslage, um mehr oder minder gravierendes Fehlverhalten handeln mag.
Also was tun? Zur Sozialen Arbeit verdonnern? Naja, finde ich persönlich ja nicht so doll, aber ist ganz sicher noch humaner als Knast. Obwohl ich das Anwenden des Prinzips der Tagessätze hier nach wie vor unfair finde. Egal. Das ließe sich ja später noch diskutieren. Könnten wir uns denn unabhängig davon darauf verständigen, dass bis zu einer gewissen Größenordnung von Geldstrafe (die noch abgestimmt werden müßte..) die Möglichkeit einer Haftstrafe nicht in Betracht kommt?
=> Grüße! Ed.
180 ist doch die Höchstgrenze... Nicht Durchschnitt, nicht Standard, sondern "Höchst"...! Soll heißen, du musst schon recht häufig getroffen werden und meinetwegen noch ein paar Vorstrafenund/ oder blöde Kommentare im Verfahren etc. Ansonsten gibt es halt ne Geldstrafe(1), die ersatzweise mit Haft abgegolten werden kann. Schließlich geht es um eine "Bestrafung" desjenigen, der sich falsch verhält. Ob das so gerechtfertigt ist und vor allem ob es ökonomisch ist, sei mal dahin gestellt. Andererseits muss man dann auch sagen, warum A, B und C ihren Beitrag bezahlen sollten, während sie etwas Nutzen, Person D aber nicht und dennoch die Leistung nutzt!? Die Art der Zahlung und die Art der Leistung ist dabei sogar ziemlich irrelevant, also egal ob (steuerliche) Pauschalfinanzierung, privat bezahlte Flatrate oder Einzelnutzung. So lange "Geld" nicht ersetzt ist und jede Leistung etwas kostet, muss über die Finanzierung nachgedacht werden. Das ist aber -wie gesagt- eine grundsätzlich zu klärende Frage. Und die mögliche "Leistung" und deren Finanzierung (ob es dabei um ÖPNV, Internetzugang oder Kulturzugang geht) ist im Endeffekt eine gesellschaftliche Entscheidung bzgl. Partizipation.
Ansonsten gibt es ein nettes Gesetz: "Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch" (Link). dort gibt es den recht interessanten Artikel 292: "Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe und Erbringung von Arbeitsleistungen", der genau auf diese §43 StGB (Ersatzhaft) abzielt. Ob der nun im Einzelfall immer greift oder greifen kann, muss wohl ein Jurist (ich bin keiner) für den Einzelfall herausfinden, aber prinzipiell gäbe es diese Möglichkeit heute schon! (Wahrscheinlich nicht automatisch aber per Antrag und so...) Willst du die Strafe verfallen lassen, musst du wieder die Frage der Finanzierung klären, denn warum soll einer für "etwas" bezahlen, wenn der Rest "das gleiche" komplett ohne Beteiligung "nutzen" kann.
(1) Das die Geldstrafe abhängig vom Einkommen ist, ist doch sozial gerechter, als einfache Pauschalen!? Oder wo wäre da dein Ansatz? Jemand der 300/Monat verdient, hat halt 10,- Tagessatz (300/30), jemand der 9.000/Monat verdient hingegen 300,- (9.000/30). Da wäre eine Pauschale von 50,- "ungerechter", da sie für den ersten unbezahlbar wäre, für den zweiten eher ein Lacher. So nebenbei werden in anderen Ländern auch andere Strafen nach diesem Prinzip berechnet, weshalb z.B. in Dänemark auch nur sehr selten zu schnell gefahren wird...Pauschal einen oder mehrere Monatsverdienst(e) zu verlieren tut numal jedem weh ;) und bevorteilt nicht Besserverdienende.
My2Cents DerBjoern