BE:Energie/Energieprogramm

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Der Berliner Senat ist nach Art. 15 des Berliner Energiespargesetzes (BEnSpG) zum Aufstellen eines Landesenergieprogramms (LEP) alle vier Jahre verpflichtet. Das aus dem Jahr 1990 stammende Gesetz ist veraltet und muss an die aktuelle Bundesgesetzgebung angepasst werden. Dazu war ein Berliner Klimaschutzgesetz geplant, dass jedoch seit Jahren nicht verabschiedet wird. Demnach ist das alte Gesetz noch in Kraft - seine Bestimmungen werden jedoch nicht eingehalten: es gibt weder ein neues LEP nach §15 BEnSpG, noch jährliche Energieberichte, die nach §16 BEnSpG sicher stellen sollen, dass Berlin sich noch auf dem richtigen Weg befindet.

Zudem hat der neueste Entwurf des Berliner Klimaschutzgesetzes einige Mängel, sowohl was das Energiespar-Controlling (Evaluierung der Maßnahmen) angeht, das jetzt bereits vernachlässigt wird, als auch in Sachen Transparenz. Auch wenn es ein sehr ambitioniertes Gesetz mit sehr konkreten Vorgaben und Maßnahmen ist, wollen wir diesen Sachverhalten hier auf den Grund gehen.

So sollen anstelle der Kombination aus Planung (LEP, 4 Jahre) und der Kontrollberichte (LEB, jährlich) im neuen Klimaschutzgesetz jetzt ein Klimaschutz- und Energiekonzept (§19) alle 10 Jahre und ein Landesklimaschutzprogramm (§20) alle 5 Jahre erstellt werden. Erstens werden damit ein Planungs- und ein Kontrollinstrument gegen zwei Planungstools eingetauscht. Vor allem aber lassen sich auf Basis der verlängerten Berichtszeiträume keine Ergebnisse mehr innerhalb einer Legislaturperiode einer Regierung zurechnen. Uns ist bewusst, dass das ohnehin nur in begrenztem Umfang möglich und sinnvoll ist, weil einige Maßnahmen erst langfristig Wirkung entfalten. Trotzdem steht zu befürchten, dass die bisherigen Evaluations- und Monitoringsysteme durch Papiere mit vollmundigen Ankündigungen ersetzt werden.

Auch bei der Transparenz werden Abstriche gemacht. Sah §15 BEnSpG noch vor, die Öffentlichkeit vor der Verabschiedung von Maßnahmen zu beteiligen, heißt es in §21 Klimaschutzgesetz zum Thema "Information" der Öffentlichkeit: "Der Senat von Berlin informiert die Öffentlichkeit regelmäßig über die Problematik des Klimawandels und die Maßnahmen der Energie- und Klimaschutzpolitik" - der Bürger wird in Zukumft also "unterrichtet", wohlgemerkt nicht über die konkreten Fortschritte bei den eigenen Einsparungen, sondern ganz allgemein über die "Problematik des Klimawandels".

Es steht zu befürchten, dass sich der Berliner Senat auf diesem Weg aus der Verantwortung stiehlt. Die Piratenpartei wird das im Auge behalten. Obwohl im Kapitel 8 der Koalitionsvereinbarung dem Klimaschutz eine hohe Priorität beigemessen und ein "verbindliches Arbeitsprogramm" für den Zeitraum bis 2050 versprochen wird, hat das ein wenig den Beigeschmack von Nebelkerzen - ein Arbeitsprogramm 2020 existiert bereits. Was fehlt, sind Ziele auf Sicht und eine Erfolgsmessung innerhalb der Legislaturperiode dieses Senats.

Kleine Anfrage an den Berliner Senat (Entwurf)

  • Für: Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
  • Betreff: Aktuelles Landesenergieprogramm
  • Von: Abgeordneter? unterstützt von BE:Squads/Wirtschaft und Umwelt (Die Piraten-Abgeordneten im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung sind Philipp Magalski und Wolfram Prieß, wobei Wolfram sich für den Themenbereich am ehesten zuständig fühlen dürfte)


Ich frage den Senat:

  1. Welche aktuellen Maßnahmen ergreift der Senat, damit schnellstmöglich ein neues Landesenergieprogramms (LEP) nach Art. 15 des Berliner Energiespargesetzes (BEnSpG) verabschiedet werden kann?
  2. Sollte geplant sein, das BEnSpG durch ein anderes Gesetz zu ersetzen(z.B. Klimaschutzgesetz), das die Erstellung eines LEP überflüssig macht, legen Sie bitte dar, warum die Vorgaben des gültigen BEnSpG nicht eingehalten werden und wie das geplante Gesetz die Energieplanung und deren jährliche Kontrolle garantieren wird.
  3. Wie gedenkt der Senat nach Art. 15 Abs. 2 des BEnSpG vor der Aufstellung des LEP die Öffentlichkeit – transparent und bürgernah - zu beteiligen?
  4. Wie wird der Senat bei seinem Webauftritt (http://www.berlin.de/sen/umwelt/klimaschutz/landesenergieprogramm/) in Zukunft gewährleisten, dass Erreichtes im Verhältnis zu den Zielvorgaben des LEP transparent und anschaulich dargestellt wird?
  5. Art. 16 des BEnSpG verpflichtet den Senat, jährlich einen Energiebericht zu erstellen, um die Umsetzung des Landesenergieprogramms zu kontrollieren. Wir bitten um die Herausgabe der unveröffentlichten Evaluierung des Landesenergieprogramms Berlin 2006-2010 der Beratungs- und Servicegesellschaft Umweltschutz mbH (B.&S.U.) und aller bisherigen Energieberichte.

Status

Die Anfrage wurde letzte Woche am 2.2.2012 von Eva und Achim an Wolfram Pries im Abgeordnetenhaus übergeben. Er hat zugesichert, die kleine Anfrage zeitnah auf den offiziellen Dienstweg zu bringen und uns auf dem laufenden zu halten.

Weitere Informationen

  • Das Berliner Energiespargesetz (BEnSpG) vom 2. Oktober 1990 soll durch ein neues Berliner Klimaschutzgesetz abgelöst werden. Damit soll unter anderem den Neuerungen in verschiedenen Bundesgesetzen und EU-Richtlinien Rechnung getragen werden (u. a. Erneuerbare Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG, 2009), Energieeinsparverordnung (EnEV, 2002, zuletzt geändert 2009), Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG, 2002), Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, 2002))[1]. Der Berliner Senat hat den Beschluss des Klimaschutzgesetzes jedoch im Jahr 2010 verschoben.
  • Für seine Klimaschutztätigkeiten erhält der Berliner Senat fachliche und wissenschaftliche Unterstützung durch den Klimaschutzrat.[2]

Aussprachen im AGH

Am 22. August 2011 gab es eine kurze Aussprache zum Landesenergieprogramm, damals auf Antrag der FDP. Siehe Punkt 5:

„ Henner Schmidt (FDP) erinnert daran, dass die FDP die Besprechung bereits im Februar 2007 beantragt habe. Das Landesenergieprogramm – LEP – sei jedoch immer noch ein besprechenswertes Thema, weil der Senat seine verschiedenen Aktivitäten nicht zusammenfasse. Bei der Evaluation des Programms 2009 sei kritisiert worden, dass die Datenlage besser zu klären sei, dass Maßnahmen mit großen Effekten und solche mit kurzfristiger Wirkung stärker priorisiert werden sollten, dass Indikatoren und ein stärker quantitatives Monitoring fehlten. Inzwischen habe sich der Senat mit dem Klimaschutzgesetz oder dem klimaschutzpoliti-schen Arbeitsprogramm beschäftigt. Seit Kurzem liege das Energiekonzept von einer anderen Verwaltung vor, das die Probleme Datenlage und Monitoring löse. Weiterhin seien aber folgende Fragen offen: Wie passten LEP und Energiekonzept zusammen? Wann werde es ein neues LEP geben? Welche Lösungen gebe es für eine Qualifizierung und Monitoring? Wie werde dies zwischen SenWiTechFrau und SenGesUmV abgestimmt? Wann werde es endlich ein LEP geben, das konkrete Maßnahmen umsetze und nachvollziehe? “
Henner Schmidt (FDP) am 22. August 2011

In ihrer Antwort geht Frau Lompscher u.a. auf den rechtlichen Status des anvisierten Klimaschutzgesetzes vis-a-vis LEP ein:

„ Das alte LEP habe auf dem Energiekonzept 2010 basiert, das 1994 aufgestellt worden sei, und auf dem Ber-liner Energieeinspargesetz, das verpflichte, darauf aufbauend regelmäßig Programme zu erstellen. Das Ener-giekonzept 2020 sei im Frühjahr 2011 vom Senat beschlossen worden, sodass die Grundlage für die Fort-schreibung bestehe. Das LEP solle in Form eines integrierten strategischen Klimaschutzprogramms vorge-legt werden, da eine thematische Einengung auf wirtschaftliche und energiepolitische Maßnahmen nicht angemessen sei. Die Aufstellung des integrierten strategischen Klimaschutzprogramms habe begonnen. Ende Juni habe es eine Strategiekonferenz gegeben. Diese Auftaktveranstaltung habe dazu gedient, eine Basis zu legen, auf der ein Entwurf erarbeitet werde. Dieser solle in einem breiten partizipativen Prozess fortentwi-ckelt werden. Wie lange dies dauern werde, könne sie nicht sagen. Voraussichtlich werde es März 2012 ei-nen ersten Entwurf geben, eine Beschlussfassung bis Sommer 2012 sei realistisch. Durch die Wahl könnte sich dieser Prozess auch verzögern. Das LEP werde evaluierbarer gemacht, in dem die Klimaschutzziele quantitativ und qualitativ so weit wie möglich gefasst würden. Man müsse weiter Kriterien und Indikatoren entwickeln, anhand derer man die Erreichung überprüfen könne. Nicht alle Maßnahmefelder könnten jedoch quantifizierbar seien z. B. die Öffentlichkeitsarbeit. Wo möglich, solle quantifiziert werden und indikatoren-gestütztes Monitoring erfolgen. Wo nicht, müssten die Ziele so konkret wie möglich beschrieben werden, damit die Zielerreichung überprüft werden könne. “
Katrin Lompscher (Linke) am 22. August 2011

Woraufhin die Grünen sich nicht amüsiert zeigen:

„ Michael Schäfer (Grüne) weist darauf hin, dass der Senat gesetzlich dazu verpflichtet gewesen sei, bis Ende 2010 ein LEP vorzulegen, so sei dies im Landesenergiespargesetz festgelegt. Das LEP jetzt für frühestens Sommer 2012 anzukündigen, sei „ein ziemlich starkes Stück“. Die Zwischenevaluation des LEP 2006 bis 2010 aus dem Jahr 2009 sei 2011 vorgelegt worden und zeige, mit welchem Aufwand Zahlen hingebogen worden seien, damit sie vorteilhaft wirkten. “
Michael Schäfer (Grüne) am 22. August 2011

Interessant ist darüber hinaus der unten anschließende Punkt 6 der Tagesordnung über das "Zweit Gesetz zur Änderung des Berliner Energiespargesetzes, Drs 16/301".

Timeline

6.7.2009: Referentenentwurf für Klimaschutzgesetz liegt vor

„ Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz hat auf Initiative von Senatorin Lompscher (LINKE) einen Gesetzesentwurf für ein sogenanntes Klimaschutzgesetz erarbeitet. Der Entwurf wird in den kommenden Wochen an die Fachverbände mit der Bitte um eine Stellungsnahme versandt werden. “
"Referentenentwurf liegt vor", klimaschutzgesetz-berlin.de, 06.07.2009, 11:45 Uhr[3]

8.10.2010: Wowereit will sich Zeit nehmen

„ Erneut verschiebt der rot-rote Berliner Senat im Jahr vor der Wahl ein umstrittenes Gesetz. Beim umstrittenen Klimaschutzgesetz hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dafür plädiert, sich die Zeit „für eine angemessene Beratung zu nehmen“. Die unterschiedlichen Interessen, auch die der Mieter, müssten sorgfältig abgewogen werden, sagte Wowereit am Freitag in Berlin nach Angaben eines Senatssprechers. “
"Wowereit legt neues Klimaschutzgesetz auf Eis", Morgenpost.de, Freitag, 8. Oktober 2010 18:13[4]

29.11.2010: Umweltsenatorin: Bundespolitische Rahmenbedingungen sind schuld!

„ Umweltsenatorin Katrin Lompscher erkärt: "Die bundespolitischen Rahmenbedingungen erlauben es derzeit nicht, ein Klimaschutzgesetz für Berlin zu verabschieden. So hat das von Schwarz-Gelb beschlossene Energiekonzept die Möglichkeiten unseres Handelns auf Landesebene deutlich verschlechtert." "Berlin wird seinen erfolgreichen Weg in der Klimaschutzpolitik fortsetzen. Wir arbeiten auf der Grundlage des breit gefächerten Klimapolitischen Arbeitsprogramms von 2008 weiter." “
Pressemitteilung (Archiv des Berliner Senats); Berlin, den 29.11.2010[5]

Das Problem:

Es ist nicht absehbar, wann sich an diesen Voraussetzungen etwas ändern wird.

29.11.2010: Stellungnahme des Klimaschutzrates: Bundespolitische Rahmenbedingungen sind kein Grund

„ Der Klimaschutzrat hat mit Unverständnis die Entscheidung des Berliner Senats zur Kenntnis genommen, wonach das Klimaschutzgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr vom Senat beschlossen werden wird. Der Klimaschutzrat vermag auch nicht der Begründung zu folgen, es seien die bundespolitischen Rahmenbedingungen, die es derzeit nicht erlaubten, ein Klimaschutzgesetz für Berlin zu verabschieden. (...) Mit der Entscheidung des Senats ist auch die Umsetzung des klimaschutzpolitischen Arbeitsprogramms des Senats vom Juli 2008, das ohnehin schon erheblich verzögert ist, noch weiter in den Hintergrund getreten. Der Klimaschutzrat hat auch kein Verständnis dafür, dass das längst überfällige Energiekonzept des Senats noch immer nicht vorliegt. Der Klimaschutzrat weist darauf hin, dass Berlin Ende 2010 vor der fatalen Situation steht, noch nicht einmal mehr über ein Folgeprogramm für das nunmehr auslaufende Berliner Landesenergieprogramm 20062010 zu verfügen. “
Stellungnahme des Klimaschutzrates bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (SenGUV) zur Klimaschutzpolitik des Berliner Senats, 09.02.2011[6]

Stufenmodell von BUND, IHK und Mieterverein

BUND, IHK und Mieterverein haben ein Stufenmodell als Alternative zu den bisher entwickelten Entwürfen des Klimaschutzgesetzes vorgeschlagen, in dem schon ziemlich viele Informationen zusammengetragen wurden:

Fußnoten


Weblinks

  1. Landesenergieprogramm (LEP) für 2006-2010: http://www.berlin.de/sen/umwelt/klimaschutz/landesenergieprogramm/
  2. Berliner Energiespargesetz (BEnSpG): http://www.berlin.de/sen/umwelt/klimaschutz/politik/download/F01058.pdf#page=9
  3. Homepage des Berliner Klimaschutzrats: http://www.berlin.de/sen/umwelt/klimaschutz/klimaschutzrat/index.shtml
  4. Eckpunkte für ein Berliner Klimaschutzgesetz: http://www.ggsc-seminare.de/pdf/04-Hoff.pdf
  5. Potentiale Erneuerbarer Energien in Berlin 2020, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IöW): http://www.solarregion-berlin-brandenburg.de/applications/conf/11
  6. Berliner Energiekonzept 2020 Langfassung: http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-wirtschaft/energie/energiekonzept.pdf
  7. Präsentation zum Berliner Energiekonzept 2020: http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-wirtschaft/energie/energiekonzept_praesentation.pdf
  8. Datei:Klimapolitisches Arbeitsprogramm Berlin 2008.pdf, auf Anfrage zugesendet von Peter Fehrmann, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Referat Immissionsschutz- und Klimaschutz, an Joachim Bode (BE:Squads/Wirtschaft_und_Umwelt) am 19.12.2011. (Besten Dank!)
  9. Berliner Umweltentlastungsprogramm II (UEP II, 2007 bis 2013): http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltentlastungsprogramm/
  10. Studie: Methoden zur Evaluierung von Energieeinsparung auf nationaler Ebene (25.03.2011): http://www.co2-handel.de/article344_16081.html
  11. Energiekonzept 2020 (Langfassung, 2.8MB): http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-wirtschaft/energie/energiekonzept.pdf