BE:Antragskommission/2011-07-03 WP039A - Flüchtlinge in die Mitte der Gesellschaft, nicht an den Rand

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Antragsnummer

WP039A

Einreichungsdatum

03.07.2011

Antragstitel

Flüchtlinge in die Mitte der Gesellschaft, nicht an den Rand

Antragsteller

Monika Belz, Fabio Reinhardt, Johannes Lindenau

Antragstyp

Wahlprogramm

Antragstext

Flüchtlinge in die Mitte der Gesellschaft, nicht an den Rand

Berlin ist eine Stadt, die von der Vielfalt der verschiedenen Kulturen, Weltanschauungen, Religionen und Lebensmodellen lebt.

Viele Asylsuchende jedoch, die gerade erst aufgrund von Repressalien aus ihrem Ursprungsland geflüchtet sind, erfahren hier in Deutschland erneut Repressalien sowie einen Alltag voller Diskriminierungen. Aus unserem Verständnis einer offenen, solidarischen und demokratischen Gesellschaft in Berlin lehnen wir diese Art der gegenwärtigen Behandlung der Flüchtlinge in Berlin und auf Bundesebene ab. Daher müssen alle Verfahrensweisen in der Asylpolitik uneingeschränkt auf den Prüfstand. Sofern die Entscheidungskompetenz nicht in die Landesebene fällt, sind Entscheidungen im Bundesrat vorzubereiten und anzuregen. Die Flüchtlinge selbst und die bereits in dieser Thematik erfahrenen Organisationen sind dabei in den Diskurs stärker einzubeziehen.

Als Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Asylsuchenden und geduldeten Flüchtlingen fordern die PIRATEN Berlin:

  • eine individuelle Betrachtung der Fluchtgründe von Asylbewerbern, die sich an der konkreten politisch-gesellschaftlichen Situation des jeweiligen Heimatlandes bemisst und außerdem die langfristige Abschaffung der Drittstaatenregelung.
  • dass die Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK) beendet wird.
  • das Angebot von Beratungen, unter welchen Umständen eine Rückkehr in das jeweilige Ursprungsland möglich wäre, sofern dies vom Antragsteller gewünscht ist, bzw. wie eine Integration in unsere Gesellschaft zu gestalten ist.
  • eine Bleiberechtsregelung, die die gesamte Familie umfasst und die besondere Situation von Eltern und Kindern berücksichtigt.
  • ein generelles Ende der Praxis der Abschiebehaft, gerade bei Minderjährigen.
  • eine umfassende Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete und Erleichterungen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erlangen.
  • das Ende der isolierenden Lagerpolitik.
  • die Verbesserung der Unterbringungssituation von Flüchtlingen und den kostenfreien Zugang zu traditionellen und neuen Medien in Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen.
  • den gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt und die weiterreichende Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus dem Heimatland sowie Maßnahmen zur Weiterbildung, um die Integration auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern.
  • die Abschaffung diskriminierender Sondergesetze wie des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Antragsbegründung

Aus unserer historischen Verantwortung heraus und dem Selbstverständnis einer offenen demokratischen Gesellschaft in Berlin lehnen die PIRATEN Berlin die Art der gegenwärtigen Behandlung der Flüchtlinge in Berlin und auf Bundesebene ab. Viele Asylsuchende sind gerade vor Repressalien im Ursprungsland geflüchtet und erfahren hier in Deutschland neue Repressalien sowie einen Alltag voller Diskriminierungen. Es gibt nichts daran zu beschönigen, dass die Menschenrechte der Flüchtlinge nicht beachtet werden und sie von Teilen der Gesellschaft als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Jedes Vorgehen, das von den bisherigen Landesregierungen vorgeschlagen wurde, erschöpft sich in Bürokratie und Reglements. Wer Menschlichkeit, Verständnis und Entgegenkommen sucht, wird enttäuscht.

Allein durch die Art der gängigen Verfahren wird jeder Flüchtling kriminalisiert, angefangen von der Antragstellung über die Unterbringung in Wohnheimen bis hin zu einem Verfahren, das entscheidet, ob man in Freiheit leben darf oder nicht und das meist auch noch über Jahre verzögert wird. Die Asylverfahren mit anschließender Duldung der Asylbewerber konterkarieren sich selbst: Man kann nicht logisch erklären, dass der Antrag abgelehnt wird, weil jemand angeblich keinen Grund zum Flüchten hat, man ihn dann aber über Jahre duldet, da man ihn aufgrund der Verhältnisse im Ursprungsland nicht zurückschicken kann. In dieser Situation müssen die Flüchtlinge dann jederzeit damit rechnen, abgeschoben zu werden, können kein freies, selbstbestimmtes Leben führen und haben keine Sicherheit für ihre Zukunft.

Wir brauchen ein konsequentes Umdenken innerhalb der Gesellschaft, weg von der Angst vor der Überfremdung und vermeintlichen wirtschaftlichen Nachteilen hin zur Solidarität mit den Flüchtlingen. Erst wenn jeder Flüchtling als gleichwertiges Mitglied dieser Gesellschaft betrachtet wird, kommen wir der offenen demokratischen Gesellschaft näher, die wir anstreben.

Selbst in Berlin kann man vieles bewegen, um diese Situation zu verbessern. Alle Verfahrensweisen müssen uneingeschränkt auf den Prüfstand. Sofern die Entscheidungskompetenz nicht in die Landesebene fällt, sind Entscheidungen im Bundesrat vorzubereiten und anzuregen. Berlin ist eine Stadt, die von der Vielfalt der verschiedenen Kulturen, Religionen und Lebensmodellen lebt.

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Datum der letzten Änderung

-Heiko Herberg 11:24, 3. Jul. 2011 (CEST)