Antrag:Bundesparteitag 2023.2/Antragsportal/PP008

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2023.2. Anträge werden 7 Tage nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt und im Forum in der Kategorie Antragsdiskussion zur Diskussion gestellt. Im Forum sollen Argumente für und gegen den Antrag diskutiert werden.

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PP008
Einreichungsdatum
Antragsteller

Mydarkstar

Antragstyp Positionspapier
Antragsgruppe Recht und Ordnung„Recht und Ordnung“ befindet sich nicht in der Liste (Liquid Democracy, Arbeitsgruppen, Parteiinternes, Programmdebatte, GO-Antrag, Allgemeine Werte und Menschenbild, Arbeit und Soziales, ALG-II/Hartz-IV, BGE, Senioren, ...) zulässiger Werte für das Attribut „AntragsgruppeSoA“.
Zusammenfassung des Antrags Die Piratenpartei grenzt sich von Anarchie und Anomie am äußersten Rand (in ihrer extremsten Form) ab und spricht sich für die Aufrechterhaltung von Demokratie, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aus, um den/die Einzelne im Minimum zu schützen.
Schlagworte Piratenpartei, was sind Piraten, Transparenz, Schutz der Privatsphäre, Chance, Partizipation, Piratenkultur, Ethik und Weltanschauung, Religiöse Überzeugungen, Demokratie, Basisdemokratie, Recht und Ordnung, Boat People, Anarchie und Anomie
Datum der letzten Änderung 01.12.2023
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Zur Abgrenzung von Anarchie und Anomie. Die Piratenpartei Deutschland steht für Recht und Ordnung.

Antragstext

Aus Gründen der Rechtsklarheit zunächst zur Abgrenzung von Anomie und Anarchie.

.. (Wikipedia): ..

Anomie (griechisch: Kompositum aus α Privativum zur Verneinung und der Endung -nomie von νόμος, „Ordnung, Gesetz“) bezeichnet in der Soziologie einen Zustand fehlender oder schwacher sozialer Normen, Regeln und Ordnung. Vor allem in England war der Begriff ursprünglich ein theologischer Ausdruck für das Brechen religiöser Gesetze.

Zur Beschreibung einer Anomie wird umgangssprachlich und irreführend häufig auch das Wort Anarchie (Abwesenheit von Herrschaft) benutzt.

Anomie entsteht vor allem aus der Diskrepanz zwischen gesellschaftlich bzw. kulturell definierten, also erstrebenswerten und legitimen Zielen (für die USA z. B. individueller Reichtum), und einer Unklarheit über die zu ihrer Erreichung legitimen (sozial erlaubten) Mittel oder aus einem erschwerten Zugang zu diesen Mitteln.

Die Entwicklung des Anomiebegriffs bei Durkheim vollzog sich in mehreren Schritten:

Zunächst verstand er Anomie als eine Situation, in der in einer arbeitsteiligen Gesellschaft keine Solidarität mehr entsteht. In seinem Werk über den Suizid (1897) sind es vor allem Ambitionen der Individuen, die im günstigen Fall zu einem moralischen Individualismus, im ungünstigen zu einem egoistischen exzessiven Individualismus führen. Letzterer zerstört das soziale Gleichgewicht und die sozialen Normen und führt nach Durkheim in die Anomie.

Mit Anomie kann also die Dissoziation zwischen kulturellen Zielen und dem Zugang bestimmter sozialer Schichten zu dazu notwendigen Mitteln beschrieben werden, also aus einem Auseinanderklaffen von angestrebten Zielen, Wünschen und Erwartungen der Menschen einer Gesellschaft, den sozialen Normen, welche die Mittel vorschreiben, die die Menschen zur Realisierung ihrer Ziele anwenden dürfen, und einer als ungerecht empfundenen Verteilung dieser Mittel. Dadurch schwächt sich die Bindung zwischen Mitteln und Zielen ab.

Die kulturelle Struktur einer Gesellschaft beeinflusst dabei die Ziele (z. B. Bildung, Wachstum, Wohlstand, hohes Ansehen) und die zu ihrer Erreichung zu befolgenden Normen („1+1=2“?, Fleiß, Intelligenz, Lernfreude, Religion, Erinnerung). Die soziale Struktur entscheidet hingegen über die Verteilung dieser Mittel (Chancengleichheit, Teilhabe, gleiches Recht für alle usw.).

Merton nennt fünf mögliche Reaktionsmuster des Menschen auf diese Dissoziation [der Anomie]:

1. Konformität:

Konzentrierung auf die Ziele, die mit den zur Verfügung stehenden (gebilligten) Mitteln erreicht werden können;

2. Innovation:

Gebrauch kulturell bisher missbilligter Mittel zur Verfolgung kulturell gebilligter Ziele;

3. Ritualismus:

strikte Nutzung der vorgeschriebenen Mittel bis hin zur Ignoranz der negativen Konsequenzen des Gebrauchs dieser Mittel (Durchführung des Rituals um des Rituals willen – auch bei Verzicht auf die Erreichung der kulturellen Ziele);

4. Rückzug (Retreat):

Verzicht sowohl auf vorgeschriebene Ziele als auch geforderte Mittel (Aussteiger, vgl. Eskapismus);

5. Rebellion:

Zurückweisung von Zielen und Mitteln und Betonung eines neuen, sozial missbilligten Systems von Zielen und Mitteln.

Kulturell gebilligte Mittel können als im technischen Sinn ineffizient empfunden werden, was den Rückgriff auf effizientere, aber kulturell abgelehnte Mittel nahelegt. Dieses Verhalten kann missbilligt, jedoch nachträglich als erfolgreiche Innovation betrachtet werden.

Gegenwärtig führe vor allem die Relativierung kultureller Mittel durch Pluralisierung und Individualisierung zu Problemen wie Orientierungslosigkeit, Verhaltensunsicherheit und gesellschaftlicher Desintegration.

..

Die Piratenpartei Deutschland versteht sich als humanistische, im Grunde optimistische Bewegung, welche sich insofern – zumindest am äußersten Rand – von der Beförderung von Anarchie und Anomie abgrenzt.

Im Minimum werden von daher sowohl die Existenz einer Legislative (im Gegensatz zur Anomie) als auch die Existenz einer gewissen Executive (im Gegensatz zur totalen Anarchie) anerkannt.

Ohne Legislative keine Sicherheit, keine Transparenz, kein demokratisches Wahlverfahren; ohne jegliche Executive keine Verantwortung, keine Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung.

Sehr wohl vertraut ist die Piratenpartei mit den Stilmitteln Konformität, Innovation und Rückzug, notfalls auch Rebellion, eher selten aber Ritualismus. Insofern lehnen wir Piraten die Befolgung von Regeln um der Regel willen, zum Schaden des Menschen im allgemeinen oder im Einzelfall umgesetzt, als eher rechtsradikales und menschenverachtendes Gedankengut ebenso ab wie andere, ähnlich radikale Philosophien, auch wenn der Ritualismus mit der unabdingbaren Aufrechterhaltung von Normen und Regeln (Normalität) in einem Rechtsstaat einhergeht.

Die Piratenpartei Deutschland versteht sich durchaus als Partei, die dem Rechtsstaat aufgeschlossen gegenübersteht, wenn sie nicht sogar (teilw. als einzige Partei) elementare, fundamentale Grundwerte der Verfassung, wie z.B. Art. 1 GG (2) selbst aufrecht erhält.

Insofern verstehen wir Piraten der Piratenpartei Deutschland uns ganz überwiegend als friedlicher Arm der internationalen Piratenbewegung, was sich allein aus der Geschichte und Erinnerungskultur dieses Landes (der Nation) ergibt.

Am deutschen Wesen soll aber nie wieder die Welt genesen; insofern darf es auch weitere Rechtsräume, Nationen und Staatsprinzipien geben.

Wir stehen dem Begriff ‘Nation’ insofern auch nicht prinzipiell oder vollkommen ablehnend gegenüber, was sich allein aus unserem Namen und aus Transparenzgründen ergibt. Wir sehen es aber auch als erforderlich an, andere Menschen und Kulturen als gleichwertig anzuerkennen auch im Einzelfall. Und insofern halten wir uns an das Grundgesetz in den Artikeln 1, 2, 3, und 4, und zwar als Piratenpartei Deutschland insgesamt, und da stehen wir auch dazu.

Wir versuchen eine gütige, faire und gerechte Auswägung insb. von Art. 2 GG (Freiheit) und Art. 3 GG (Gleichheit) des Menschen zu finden, wo nicht gar anzustreben, und erkennen auch Art. 4 GG (Religion) und (Kriegsdienstverweigerung) als elementare Menschenrechte an, was immer über Piraten der Meere ansonsten gesagt wurde.

Das ist der Tribut, den wir Piraten zahlen, dass auch für uns die elementarsten Menschenrechte gelten. Insofern ist es aus Transparenzgründen außerordentlich schwierig für uns, auch Menschen anzuerkennen, die sich der Anomie und/oder Anarchie verschrieben haben. Aber selbstverständlich sehen wir auch diese Menschen als Menschen an, und lassen auch für sie den Grundwert der Teilhabe gelten, sofern sie nicht aktiv durch eigenes Handeln den Kongress der Piratenpartei Deutschland selbst zersetzen, indem sie sich aktiv und beweisbar direkt gegen die verfassungsgemäße Grundordnung wenden.

Ansonsten gewähren wir das Recht der freien Rede, und dazu gibt es auch Zeiten und Normen, wie z.B. “First Come, First Served”, was wir auch bei der Antragstellung und den Parteitagen nach Möglichkeit beachten.

Wir Piraten verstehen uns insofern überwiegend als Menschen, die der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland – zumindest in den ersten 21 Paragraphen – nicht vollkommen ablehnend gegenüberstehen.

Aus diesem Grunde spricht sich die Piratenpartei Deutschland für die Existenz von Recht und Ordnung aus, ebenso wie für die verbindliche Übernahme von Verantwortung, wie wir es in Form unserer Vorstände, Versammlungsleitung und Protokollanten selbst praktizieren.

Es ist ganz typisch für Piraten, dass uns die Veränderung von Recht und Ordnung hin zu einer verfassungskonformen Gestaltung selbst ältester Gesetze, Regeln und Verordnungen nicht schnell genug geht. Wir versuchen dabei angemessen vorzugehen und aus Transparenzgründen ist es offenbar, dass wir uns für eine zumindest theoretisch überschaubare Menge von Recht, Regeln und Gesetzen einsetzen.

Insofern sehen wir es mitnichten als richtig an, dass jede(r) Mensch einfach macht, was er/sie für richtig hält. Wir sehen es als richtig an, dass Mensch ist Mensch auch gelten muss, wenn es darauf ankommt. Wir erkennen den Grundsatz von Rosa Luxemburg an, dass Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist, und auch sein muss, und das begrüßen wir und es stellt gar kein Problem für uns dar, wie wir oft genug bewiesen haben.

Zusammenfassend strebt die Piratenpartei Deutschland die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung auch im Minimum für Anomisten und Anarchisten an, ebenso für Kommunisten, Sozialisten, Environmentalisten und äußerst liberale Libertäre. Davon unberührt wird Menschen – wo immer möglich – der Grundwert der Teilhabe an den Piratenkongressen eingeräumt, es sei denn, dass dies ausdrücklich unserem Grundsatzprogramm im Einzelfall widerspricht.

Die Piratenpartei Deutschland strebt insofern den bestmöglichen, angemessensten Umgang mit den Grundwerten Transparenz, Privatsphäre, chance und Partizipation an.

Änderungen des Grundsatzprogramms der Piratenpartei Deutschland bleiben hiervon unberührt.

Es muss möglich sein, auch abweichende Meinungen zum Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland wie auch zu diesem Positionspapier einzubringen und zu verabschieden, und wir begrüßen das auch.

Müssten wir Piraten jedoch wählen zwischen Anomie, Anarchie und Demokratie, so würden wir uns überwiegend für die Aufrechterhaltung der Demokratie entscheiden.

Denn wo kein Recht gegeben ward, und wo auch nicht nur keine formale Autorität (defensiv) anerkannt wurde, sondern (offensiv) jegliche Autorität des anderen durch Verneinung dessen elementarster Grundrechte, ja, dessen Rechts auf nur zu Leben abgesprochen wird, da stehen wir Piraten eher auf der Seite der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte [UN 1948], ganz gleich ob Refugee, Migrant oder Nationalbürger.

Abschließend bekennt sich die Piratenpartei Deutschland zu den Grundsätzen eines Rechtsstaats, wie auch bei Wikipedia ausgeführt, und der Demokratie, und erkennt von daher an als schlimmstes Versagen die Verweigerung von rechtlichem Gehör (formal), nebst Anerkennung der Abschaffung und Ächtung der Todesstrafe gemäß Art. 102 GG.

Wir Piraten der Piratenpartei Deutschland lehnen die Todesstrafe ab.

..

Antragsbegründung

Aus Gründen der Rechtsklarheit gehört die Definition (Abgrenzung) von Anomie und Anarchie zum Antragstext.

Die klare Positionierung der Piratenpartei in überwiegender Anerkennung der Antragsposition hilft, unsere Grundwerte auch in jeder Diskussion und an den Wahlkampfständen zu verteidigen, indem wir der Normalitätsvermutung der Vielen erneut so weit wie möglich entgegengehen.

Wie kann eine Aufrechterhaltung von Demokratie ohne (jegliches) Recht und Ordnung gelingen? Wie kann eine Aufrechterhaltung von Demokratie ohne Verantwortung, Protokoll, Haftung und Jura gelingen?

Wir sollten durchaus über die Reduktion von Recht und Gesetz auf das notwendige Minimum debattieren. Ebenso sei herzlich willkommen, wer gegen übermäßige oder gar jedwede Form absoluter Autorität (Herrschaft) eingestellt ist.

Anarchisten und Anomisten werden jedoch immer wieder versuchen, den Kongress entsprechend aufzuhalten, damit Basisdemokraten, die sich auf Positionspapiere zurückziehen, gar nicht mehr dran kommen. Dann haben wir keine Verbindlichkeit, und alles zerfällt erneut.

Wir müssen uns insofern fragen, ob auch jeglich destruktive Elemente in der Piratenpartei willkommen sind.

Der Wähler wird nur dann das Kreuz an der richtigen Stelle machen, wenn die resultierende Gesellschaftsform auch erstrebenswert erscheint (eine Stärkung der negativen Begleiterscheinungen zumindest im Minimum erträglich erscheint).

Da der Antragsteller nur ungern in die Rechte anderer (Piraten) eingreift, erfolgt die Abgrenzung der Position im Minimum. Freie Rede und Information über den staatlichen Umgang mit Personen (und ihren Daten) seien insofern weitmöglichst gewährt. Privatsphäre auch; sie endet (zumimdest) da, wo die Privatsphäre des Andersdenkenden beginnt, wo das Allgemeinwohl massiv geschädigt wird.

Im äußersten Extrem praktiziert, wo ist der Unterschied zwischen Anomie, totaler Anarchie, Tyrannei und autoritärer Gewaltherrschaft.

Manchmal ist es aber besser, sich auch mit unangenehmen Wahrheiten zu befassen. Der Antragsteller versteht sich als Basisdemokrat und strebt kein Mandat (Delegatentum) an.

Ein bisschen Anarchie schadet nie ... ;*)

Denkt selbst. Aber lasst mich am Leben. Für alle.

es dankt euch @mydarkstar, die ferne Lichtfigur.

..

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: Als Basisdemokrat erstelle ich Positionspapiere ohne vorherige Kungelei und Vetternwirtschaft.
  • [wird von der Antragskommission eingetragen Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge

Zuständige AG

Dieser Antrag wurde von einer Arbeitsgruppe der Piratenpartei entwickelt: Kultur, Internationales