AG Urheberrecht/Positionspapiere

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Auf dieser Seite entstehen Positionspapiere zum Urheberrecht

PosPapier für den BPT2010.2 in Chemnitz

Präambel

Der Schutz geistiger Werke für die Gemeinschaft kann sich nur legitimieren, indem er geistige Werke in ausreichender Anzahl und Qualität der Allgemeinheit zugänglich macht. Jedes geistige Werk enthält inhärent die Schöpfung anderer, daher hat jeder Urheber ein Interesse an der Begrenztheit dieses Monopols. Der Schutz geistiger Werke muss sich daher sowohl in Zeit, als auch im Umfang zurückhalten.

(geistiges) Eigentum

Eigentum bezeichnet das umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt. Merkmale moderner Formen des Eigentums sind die Zuordnung von Gegenständen zu einer natürlichen oder juristischen Person. [1]

Privateigentum ist somit die Anerkennung, dass eine Person oder Personengruppe ein auschließliches (Verfügungs-)Recht an einer Sache hat.

Die Anerkennung dieses alleinigen (Rechts)Anspruches an einer Sache kann man bei materiellen Gütern mit dem Argument der Knappheit begründen. Bei materiellen Dingen ist es nicht möglich, dass gleichzeitig mehrere Personen voneinander unabhängige Dinge mit dem Rechtsgegenstand tun. So ist es bspw. ausgeschlossen, dass gleichzeitig zwei Personen das selbe Auto in unterschiedliche Richtungen fahren.

optional: Im Unterschied dazu gibt es die Allgemeingüter (Allmende). Bei Allgemeingütern hat keine Person oder Personengruppe ein ausschließliches (Verfügungs-)Recht an einer Sache. Beispiele hierfür sind Luft, Straßen, Seen und Parks. Solange diese nicht knapp sind, erscheint es der Gesellschaft nicht sinnvoll Personen/Personenkreise von der Teilhabe an diesen auszuschließen.

Immaterielle Güter

Eine generelle künstliche Verknappung bei immateriellen Gütern lehnt die Piratenpartei ab. Immaterielle Güter, wie Musikstücke, Filme, Software und andere digitale Inhalte sind keine von Grund auf knappen Ressourcen, da sie beliebig oft nahezu verlustfrei kopiert und dadurch ungehindert weiterverbreitet und -verwendet werden können. Eine Verknappung kann hier ausschließlich durch nicht-Weitergabe des Urhebers oder künstliche mittels Rechtsnormen geschaffene Konstrukte, wie das Urheberrecht, erfolgen.

Alternative1: Die Piratenpartei erkennt an, dass die Interessen von Urhebern an ihrern Werken geschützt werden sollten, jedoch lehnt sie umfassende Eigentumsansprüche auf immaterielle Dinge ab. Die Interessen der Urheber, insbesondere finanzieller Natur, sollen nicht durch Rechtskonstrukte geschützt werden, welche Kulturgüter künstlich verknappen. Eine Ausnahme darf es nur geben, wenn andere sich auf Kosten des Urhebers finanziell bereichern.

Alternative2: Die Piratenpartei erkennt an, dass Interessen von Urhebern an ihrern Werken geschützt werden sollten, jedoch lehnt sie umfassende Eigentumsansprüche auf immaterielle (geistige) Dinge ab. Die Interessen der Urheber, insbesondere finanzieller Natur, sollen nicht durch Rechtskonstrukte geschützt werden, welche Kulturgüter künstlich verknappen.

Alternative3: Die Piratenpartei lehnt Privateigentum an immatiellen (geistigen) Dingen ab. Die Interessen der Urheber, insbesondere finanzieller Natur, sollen nicht durch Rechtskonstrukte geschützt werden, welche Kulturgüter künstlich verknappen, sondern ausschließlich durch geeignete Geschäftsmodelle verfolgt werden.

Die Piratenpartei ist überzeugt, dass die Allgemeinheit bereit ist die Urheber für ihr Schaffen auch ohne ein Recht auf Eigentum an nicht knappen geistigen Dingen angemessen zu entlohnen.

Raubkopie

Das Wort Raubkopie ist ein Ausdruck aus dem inoffiziell verwendeten juristischen Vokabular und bezeichnet urheberrechtswidrig hergestellte Kopien, insbesondere von digitalen Datenträgern. [2]

Durch die Verwendung des Begriffes Raubkopie wird somit das (unrechtmäßige) Anfertigen einer Kopie mit einem tatsächlichen Raub gleichgesetzt. Juristisch betrachtet ist ein Raub jedoch eine Straftat, bei der eine bewegliche Sache mittels Gewalt oder Androhung von Gewalt entwendet wird. Dementgegen wird beim Erstellen einer Kopie dem Urheber weder das Original entzogen noch gegen ihn Gewalt angewendet oder angedroht. [2]

Ein häufiges Argument ist, dass bei Anfertigung einer (Privat)Kopie dem Verwerter von Urheberrechten zusätzliche Gewinne entgehen könnten. Diese sind jedoch ungewiss, da kleinerlei Aussage darüber getroffen werden kann, ob die Allgemeinheit ohne die Möglichkeit zur (Privat)Kopie mehr Geld für Kultur ausgegeben hätte. Außerdem werden die vermuteten Gewinne nicht geraubt sondern unterbleiben lediglich.

Die Piratenpartei lehnt den Begriff "Raubkopie" grundsätzlich ab, da er sich maximal auf hypothetische Annahmen stützt und zusätzlich suggeriert, dass Menschen, die ihr Recht auf Nutzung und Verbreitung von Kultur wahrnehmen, einen Raub begehen.

Abmahnungen

Eine Abmahnung ist die formale Aufforderung einer Person an eine andere Person, eine bestimmte Handlung künftig zu unterlassen oder vorzunehmen. [3] Die ursprüngliche Intention von Abmahnungen auf Basis des Urheberrechtes war es eine Verwarnung auszusprechen, ohne dass direkt ein Gerichtsverfahren und hohe Kosten entstehen.

Eine Vielzahl von Fällen [4] zeigt jedoch, dass Abmahnungen als eigenes Geschäftsmodell eingesetzt werden, um mit Urheberrechten zusätzliches Geld auf Kosten der Allgemeinheit zu verdienen.

Die Piratenpartei ist deshalb, soweit Abmahnungen weiterhin gesetzlich möglich sind, für die Freistellung von Kosten bei der 1. Abmahnung und einem maximalen Kostenbetrag von 100€ ab der 2. Abmahnung. Zudem soll eine Adressweitergabe von Telekommunikationsanbietern über die Staatsanwaltschaft an die Inhaber wirtschaftlicher Interessen nur in schwerwiegenden Fällen ohne Gerichtsverfahren möglich sein. Eine direkte Weitergabe von Adressdaten von Telekommunikationsdiensteanbietern an Dritte unter Umgehung des Datenschutzes lehnt die Piratenpartei ab.

Strafverfolgung

Auf Grund von Rechtsgüterabwägungen zu Gunsten der Urheberrechtsverwerter kommt es im Rahmen der Strafverfolgung bei Urheberrechtsverstößen zur Minderung der Grundrechte aus Art. 10 GG (Brief- Post- und Fernmeldegeheimnis) bei Kontrollen und Ergebnisoffenlegung von Kommunikationsdaten bei Internet-Tauschbörsen als auch von Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) bei Wohnungsdurchsuchungen. Begründet wird dies mit Art. 14 GG (Eigentum, Erbrecht, Enteignung) und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes welches eine Eigentumsgarantie also den vermögensrechtlichen Schutz des Urhebers definiert. Somit erhalten Verwerter von Urheberrechten die Möglichkeit ihre Eigentumsansprüche durchzusetzen.

Die Piratenpartei sieht ein Missverhältnis bei der Rechtsgüterabwägung zu Gunsten der Urheberrechtsverwerter und fordert deshalb, dass weder die Internetkommunikation auf Grund von Urheberrechtsdurchsetzungen überwacht und veröffentlicht noch die Unverletzlichkeit der Wohnung angetastet werden darf. Ebenfalls lehnt die Piratenpartei eine Sperrung oder Einschränkung des Internetzugangs auf Basis von Urheberrechtsverstößen grundsätzlich ab. Das Internet als Möglichkeit für die Meinungsbildung im Rahmen einer Demokratie darf nicht auf Grund wirtschaftlicher Interessen beschnitten werden.

Remixkultur

Ausweitung des Rechts auf Änderung und freie Nutzung. Bearbeitungen, Umgestaltungen und freie Benutzungen von urheberrechtlich geschützten Werken bilden die unverzichtbare Grundlage zur Weiterentwicklung von Wissenschaft, Kunst und Kultur. Das Prinzip des 'Standing on the shoulder of giants', wie es seit dem 12. Jahrhundert immer wieder formuliert wurde, ist in der Wissenschaft schon lange als ein integraler Bestandteil dieser anerkannt. In Kunst und Kultur baut man dagegen Mauern um das Werk abzuschotten und vor Weiterentwicklung zu "schützen".

Für die Piraten liegt in den technischen Möglichkeiten der Schlüssel zu einer demokratischen, produktiven Durchdringung von Kunst und Kultur, die nicht rechtlich eingeschränkt, sondern im Gegenteil gefördert werden sollte. Nicht nur 'freie Benutzungen', die sich am Kern der Ursprungswerke orientieren und daher als unabhängig von diesen eingestuft werden, sondern auch 'Bearbeitungen' und 'Umgestaltungen' müssen vollständig erlaubt sein. Dazu gehören ebenso die verschiedenen Arten der Veröffentlichung von bearbeiteten und umgestalteten Werke, insbesondere wenn diese ohne gewerbliche Absichten erfolgen.

Public Domain

Die Gemeinfreiheit (Public Domain) soll gefördert werden und die Ideen der Menschen wachsen und gedeihen. Die Piratenpartei teilt entsprechend ihrem Grundsatzprogramm den uralten Traum, alles Wissen und alle Kultur der Menschheit zusammenzutragen, zu speichern und heute und in der Zukunft verfügbar zu machen.

Das kollektive Kulturgut, aus dem wir alle schöpfen, wird systematisch durch internationale Abkommen und nationale Urheberrechtsreformen angegriffen. Unter dem Begriff der "Wissensalmende" bzw. dem "kulturellen Allgemeingut" werden alle Elemente und Werke der Information, Kunst und Kultur zusammengefasst, die der Allgemeinheit frei zur Nutzung, Bearbeitung und Verwertung zur Verfügung stehen. Dies sind in strukturellem Sinn "gemeinfreie Werke", also geschützte Werke, deren Schutzfristen bereits abgelaufen sind, oder solche, die keine persönlichen Schöpfungen darstellen, und so gar nicht erst durch das Urheberrecht geschützt sind. Oft werden aber selbst solche Erzeugnisse mit "verwandten Schutzrechten" (Leistungsschutzrechte) belegt, wie Handy-Schnappschüsse und Datenbanken. Im deutschen Urheberrecht ist es, entgegen dem angloamerikanischen Copyright-System nicht möglich, auf das Urheberrecht vollständig zu verzichten und das Werk der Allgemeinheit (Public Domain) zur Verfügung zu stellen (widmen). Man kann jedoch unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen und so die freie Bearbeitung, Veröffentlichung und Verbreitung ermöglichen. Diese Werke sind zwar nicht gemeinfrei, können aber ebenso zum Wissensallgemeingut im funktionellen Sinn gerechnet werden.

Die Piraten appellieren nicht nur an jeden Einzelnen, an der Schaffung von offener Kunst, Kultur und Wissen mitzuwirken, sondern wollen dieses Allgemeingut schützen und das Wachstum aktiv vorantreiben. Insbesondere müssen Werke, die in ihren Ursprungsländern gemeinfrei sind bzw. unter die Public Domain fallen, international ebenso behandelt werden. Der Status als gemeinfreies bzw. Public-Domain-Werk darf nicht durch Änderungen des Urheberrechts bzw. Copyrights im Nachhinein geändert werden. Reproduktionen jeglicher Art, insbesondere Digitalisierungen, von gemeinfreien Werken dürfen weder einen urheberrechtlichen noch einen Leistungsschutz haben. Für "verwaiste" und längerfristig "vergriffene" Werke muss eine einfache Möglichkeit zur Überführung in die Gemeinfreiheit geschaffen werden, um eine breite Nutzung wieder zu ermöglichen. Darüberhinaus muss das öffentliche Bewusstsein für den Wert des kulturellen Allgemeinguts geschärft und effektive Methoden entwickelt werden, um diese gegen private, ausschließende Aneignungen zu schützen.

Referenzen