Grundlage und Standpunkt
Die Projektgruppe "Nichtraucherschutz und Genusskultur" vertritt den Standpunkt, dass die sogenannte Passivrauchthese nach wie vor umstritten ist.
Grundlage der Diskussion auf dieser Seite ist vielmehr die Erkenntnis, dass Tabakrauch in erster Linie auch eine Belästigung von Nichtrauchern darstellt. Daher diskutieren wir vornehmlich Aspekte eines von Rücksichtnahme und Toleranz geprägten gesellschaftlichen Miteinander, das ein Optimum an Nichtraucherschutz gewährleistet, ohne die Genussinteressen von Rauchern sowie die unternehmerische Freiheit von Gastronomen durch überzogene Rauchverbote unverhältnismäßig einzuschränken.
Wichtiger Hinweis
Dieser Standpunkt steht auf dieser Seite nicht zur Disposition und soll hier bitte nicht diskutiert oder in Frage gestellt werden.
Beschlussantrag und Positionspapier
HINWEIS: Der Beschlussantrag und das Positionspapier sind einem ständigen Evolutionsprozess unterworfen und werden innerhalb der Projektgruppe ständig weiterentwickelt.
Beschlussantrag zur
Haltung der Piratenpartei zum Nichtraucherschutz
Stand vom 22.08.2012
Der Bundesparteitag der Piratenpartei möge beschließen folgende Position an geeigeter Stelle in das Parteiprogramm/Wahlprogramm einzufügen:
Die Piratenpartei steht für Transparenz, Freiheit und gesellschaftliche Teilhabe. Sie tritt für die Wahrung von Bürgerrechten ebenso ein, wie auch für den Schutz des Individuums vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen. In diesem Sinne setzt sie sich daher sowohl für einen wirksamen Nichtraucherschutz als auch für die Achtung der Persönlichkeitsrechte von Rauchern ein. PIRATEN streben ein gesellschaftliches Miteinander von Nichtrauchern und Rauchern an, das niemanden von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausschließt oder unverhältnismäßig in der persönlichen Entfaltung beschneidet.
Zur Realisierung eines wirksamen Nichtraucherschutzes fordern wir:
1. In allen geschlossenen Räumen öffentlicher Gebäude mit Publikumsverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie bei allen öffentlichen Veranstaltungen, die in geschlossenen Räumen stattfinden, gelten im Interesse des Schutzes von Nichtrauchern grundsätzlich Rauchverbote.
2. Die Träger der in 1. genannten Räumlichkeiten sollen grundsätzlich Raucherräume einrichten. Nur in sachlich begründeten Ausnahmefällen darf auf die Einrichtung solcher Räume verzichtet werden.
3. a) Die Betreiber von Gaststätten können separate, von den Nichtraucherbereichen wirksam abgetrennte Raucherräume einrichten.
b) Die Einrichtung reiner Rauchergaststätten soll unter Abwägung der Interessen des Betreibers, der Angestellten und der räumlichen Begebenheiten möglich sein.
c) Raucherbereiche und Rauchergaststätten müssen von außen deutlich erkennbar gekennzeichnet werden.
4. Die Benutzung der E-Zigarette, in der Inhaltsstoffe verdampft und nicht verbrannt werden, unterliegt nicht den Einschränkungen zum Nichtraucherschutz.
Begründung: (Ist nicht Bestandteil des Antrages)
Die Inhalation von Tabakrauch gilt nach Stand der Wissenschaft als gesundheitsgefährdend. Nicht wenige Nichtraucher fühlen sich durch Tabakrauch beeinträchtigt, auch wenn der Grad der gesundheitlichen Gefährdung durch Passivrauch nach wie vor umstritten ist. Diese Situation erfordert gesetzliche Regelungen zum Schutz der Nichtraucher, ohne dass diese unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht der Raucher eingreifen.
Eine Politik, die einseitig auf Verbote setzt, bewirkt erfahrungsgemäß größere Probleme als die, die sie zu beseitigen verspricht. Ein Beispiel dafür ist die Alkoholprohibition der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA. Die einzige Hinterlassenschaft dieser historischen Periode ist das organisierte Verbrechen, das seine Existenz und explosionsartige Vermehrung der damaligen rigorosen Verbotspolitik verdankt. Rauchverbote können lediglich einen Rahmen vorgeben und führen nur dann zu einem gesellschaftlichen Konsens, wenn sie von Rauchern wie Nichtrauchern aus Überzeugung getragen werden. An die Stelle eines fortdauernden gesellschaftlichen Zwistes, der durch eine überzogene und kleinliche Verbotspolitik nur angeheizt wird, muss eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Rücksichtnahme treten.
Im folgenden Positionspapier haben wir Details für die im Beschlussantrag beschriebene, generelle Leitlinie ausgearbeitet.
Ergänzende Anmerkung:
Aspekte des Arbeits- und Jugendschutzes sind nicht Bestandteil des Nichtraucherschutzes, sondern werden in den jeweiligen Gesetzen geregelt.
Zusätzliche Information:
Materialien und Bewertungen für die zugrundeliegenden Sachfragen haben wir hier zusammengestellt:
Positionspapier für ein Mit- statt ein Gegeneinander von Rauchern und Nichtrauchern
Stand vom 08.08.2012
In Erwägung
- dass die These über die Schädlichkeit von sogenanntem Passivrauch nach wie vor in Wissenschaft, Bevölkerung und unter den Mitgliedern der Piratenpartei umstritten ist,
- dass die von eigenen Interessen geprägten Darstellungen weder der Tabakindustrie noch des medizinisch-industriellen Komplexes und der Organisationen der Tabakkontrolle die Grundlage für eine objektive Beurteilung der Sachlage abgeben können,
- dass sich unabhängig davon, ein beträchtlicher Teil der Nichtraucher durch Tabakrauch ensthaft belästigt und beeinträchtigt fühlt,
- dass die bisherige Verbotspolitik einen gesellschaftlichen Konsens nicht nur nicht herbeigeführt sondern durch eine Verhärtung der Fronten extrem gefährdet hat und weiter gefährdet,
- dass keine Regelung eine breite Akzeptanz erringen wird, die die rauchenden oder nichtrauchenden Teile der Gesellschaft von der gesellschaftlichen Teilhabe praktisch ausschliessen will,
- dass ein gesellschaftlicher Konsens in dieser Situation nicht über die Dominanz einer der beiden Seiten sondern nur durch einen Kompromiss erreicht werden kann,
- dass die Piratenpartei jede Prohibitionspolitik ablehnt und den Schutz von Minderheiten ernst nimmt,
- dass diesbezügliche gesetzliche Regelungen einfach und nachvollziehbar sein müssen,
positioniert sich die Piratenpartei wie folgt:
(1) Die folgenden Regelungen beziehen sich auf Rauchwaren jeder Form, deren Wirkung auf der Verbrennung von Tabak beruht. E-Zigaretten, die auf der Basis des Verdampfens beruhen, unterliegen nach Auffassung der Piratenpartei nicht den Einschränkungen zum Nichtraucherschutz.
(2) Rauchverbote sind nur soweit zulässig, wie sie hier folgend zum Schutz der Nichtraucher erklärt sind. Davon unberührt sind die Rechte von Besitzern und Eigentümern, sofern sie nicht durch eine der folgenden Regelungen beschränkt werden. Bei ausführenden Verordnungen ist das Gebot zur Verhältnismäßigkeit zu beachten.
(3) In allen geschlossenen Räumen öffentlicher Einrichtungen, wie Schulen, Hochschulen, Sportstätten, Krankenhäusern, Behörden, Geschäften, Flughäfen, sowie öffentlichen Transportmitteln, gilt das Gebot des Vorrangs des Interesses der Nichtraucher an einer tabakrauchfreien Umgebung. Dort, wo die Länge des Aufenthalts dies sinnvoll erscheinen lässt, besteht das Recht der Raucher auf wirksam abgetrennte Räumlichkeiten, in denen geraucht werden darf.
(4) Nichtraucher haben in geschlossenen Räumen einen Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz. Sofern dies nicht durch Trennung von Raucher- und Nichtraucherarbeitsplätzen zu gewährleisten ist oder durch öffentlichen Publikumsverkehr im Sinne von (3) oder sonstigen Gründen wie Brandschutz verhindert wird, sollten angemessen große und nahebei gelegene Räumlichkeiten für Raucher eingerichtet werden. Es ist Aufgabe der Betriebs- und Personalräte, in Ermangelung desselben des Arbeitgebers, möglichst im Konsens mit allen Beteiligten konkrete Regelungen in diesem Sinne und angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten zu erarbeiten. Für die Beschäftigten in der Gastronomie oder anderen Betriebsstätten, in denen die Beschäftigten Passivrauch ausgesetzt sein können, gilt der Punkt 10.
(5) (a) In Gaststätten und Diskotheken mit mehr als 75qm Gastraumfläche gilt vorrangig das Gebot auf eine rauchfreie Umgebung. Es steht den Inhabern jedoch frei, wirksam abgetrennte Räumlichkeiten einzurichten, in denen geraucht werden kann. Der Zugang zum Nichtraucherraum soll nicht durch den Raucherraum führen, sofern dem nicht ernsthafte bauliche Hindernisse entgegenstehen. In nicht vollständig umbauten, ausreichend belüfteten Räumen wie überdachten Terassen ist das Rauchen gestattet und ihre Flächen bleiben in Bezug auf das Gebot der Vorrangigkeit von Nichtraucherräumen und der Flächenberechnung außer Betracht.
(b) In Gaststätten und Diskotheken, die nicht unter (a) fallen, kann der Inhaber frei entscheiden, ob er die Einrichtung als Raucher- oder Nichtrauchergaststätte betreibt oder getrennte Räumlichkeiten vorsieht.
(c) Für Lokale, deren Hauptgeschäftszweck in der Kultivierung besonderer Arten des Rauchens besteht, wie etwa Shisha-Bars oder Zigarrenlounges, gelten die Einschränkungen des Punktes (5)(a) nicht.
(6) Es gilt eine von außen einzusehende Kennzeichnungspflicht, ob die Gaststätte als Rauchergaststätte, Nichtrauchergaststätte oder Nichtrauchergaststätte mit abgetrennten Räumen für Raucher betrieben wird. Die Ordnungsbehörde prüft auf Anzeige jener Wirte/Betreiber, die Ausnahmen vom Nichtraucherschutz beabsichtigen, ob die Voraussetzungen nach 5a erfüllt sind.
(7) In Privatwohnungen entscheiden, wie es geltende Rechtslage ist, allein die Bewohner. Entgegenstehende Vertragskauseln sind nichtig. Dies gilt ebenfalls für zu Wohnzwecken überlassene Räume in Alten- und Pflegeheimen und für Räumlichkeiten, in denen geschlossene Gesellschaften stattfinden.
(8) In Strafvollzugsanstalten, geschlossenen psychiatrischen und ähnlichen Einrichtungen mit zwangsweiser Unterbringung müssen die Rechte der Raucher angemessen berücksichtigt werden.
(9) Eine Abtrennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen ist alternativ auch durch technische Einrichtungen möglich, die eine Belästigung des Nichtraucherbereichs durch Tabakrauch wirksam verhindern.
(10) Die im Passivrauch enthaltenen Substanzen, die als gesundheitsschädlich gelten und nicht in Konzentrationen weit unterhalb der jeweiligen Arbeitsplatzgrenzwerte vorliegen, sind Nitrosamine, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Feinstaub PM2.5. Bisherige Messungen in der Gastronomie haben ergeben, dass ihre Konzentrationen im Durchschnitt unterhalb der vom Ausschuss für Gefahrstoffe festgelegten Akzeptanzschwellen liegen, oder noch in Ermangelung derselben, die augenblicklich geltenden Festlegungen nicht verletzen. Es gibt jedoch Einrichtungen, insbesondere im Bereich der Diskotheken, die bedenklich hohe Werte der genannten Schadstoffe aufweisen können. Es ist daher zum Schutz der dort Beschäftigten anzustreben, einen Grenzwert für eine geeignete, leicht messbare Leitsubstanz zu erarbeiten, deren Höhe sicherstellt, dass die Konzentration der genannten Schadstoffe die gesetzlich vorgegebenen Schwell- bzw. Grenzwerte nicht überschreiten.