AG Gesundheitspolitik/Beschwerde beim Presserat
Beschwerde beim Presserat |
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Die BundesAG Gesundheitspolitik, die BundesAG Psyche und der AK Gesundheit NRW sehen in dem Artikel "Asperger-Syndrom: Blind für die Emotionen anderer Menschen", erschienen am 15.12.2012, 16:35 Uhr auf Spiegel Online einen Verstoss gegen Ziffer 1, 2, 8 und 11 des Pressekodex. Link zum Artikel: http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/adam-lanza-litt-der-amoklaeufer-von-newtown-am-asperger-syndrom-a-873088.html Gründe für diese Beschwerde mit Bezug zu Ihrem Pressekodex:Ziffer 1: Wahrhaftigkeit und Achtung der MenschenwürdeDer Titel besagt: "Asperger-Syndrom: Blind für die Emotionen anderer Menschen" - Dies ist für die meisten Personen mit dem Asperger-Syndrom nicht korrekt. Die Diagnose kann zwar auch Störungen von sozialen bzw. emotionalen Beziehungen beinhalten, jedoch bezieht sich dies in vielen Fällen auf Schwierigkeiten diese auszudrücken, nicht sie wahrzunehmen. Eine Wahrnehmung fremder Emotionen erfolgt durchaus, jedoch oftmals nicht intuitiv sondern über aktive kogntive Prozesse. (Vergleiche DSM-4:http://www.asperger-online.de/asperger.html bzw. ICD 10: http://www.asperger-online.de/asperger2.html bzw. Uniklink Freiburg: http://www.uniklinik-freiburg.de/psych/live/patientenversorgung/schwerpunkte/schwerpunkt-asperger/InfoASundHFA.pdf ). Schon der Titel ist somit nicht wahr, pauschalisierend und damit diskriminierend. Weitere Beispiele zur Verletzung der Wahrhaftigkeit und eine Missachtung der Menschenwürde werden in den folgenden Ziffern benannt. Ziffer 2: Sorgfalt: Gründliche und faire RechercheIn dem Artikel wird Recherche durch Nachfrage bei Experten behauptet. Die wenig präzise auf diesen Fall passenden Ergebnisse der Recherche werden beschrieben, aber folgend vollständig missachtet; die Recherche war somit nicht gründlich, das geringe Ergebnis wird dann noch ins Gegenteil verkehrt. Insbesondere wird ein von den befragten Experten nicht behaupteter Zusammenhang mit dem individuellen Verhalten des Attentäters hergestellt. Desweiteren werden pauschale Aussagen über Verhaltensweise von Menschen mit Autismus getroffen, die nicht für alle Menschen mit dieser psychischen Besonderheit zutreffen. So schreibt die Autorin im Artikel "Wenn sie jemanden sehen, können sie kaum unterscheiden, ob er vor Wut schäumt oder aus Freude lacht. Witze verstehen sie nicht, Ironie oder Metaphern ebensowenig." Angesichts eines sehr breitem Spektrums an autistischen Verhaltensweisen und Fähigkeiten können diese Aussagen zwar auf Einzelpersonen zutreffen, jedoch verkennt die Autorin die komplette Bandbreite des Spektrums. Insbesondere kritisch ist, dass kompensatorische Fähigkeiten nicht betrachtet werden. Folgend befassen sich 2/3 bis 3/4 des Artikels nicht mehr mit der spezifischen Tat und dem Täter, sondern mit den Krankheitsbildern. Somit kommt denen die Funktion einer kausalen Erklärung zu. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, die die Ursächlichkeitsvermutung stützen könnten (im Einzelfall oder allgemein). Die Autorin distanziert sich auch im Nachgang für diesen Zusammenhang, jedoch wird er weiterhin durch den Aufbau des Artikels suggeriert. Ziffer 8: Persönlichkeitsrechte: Achtung von Privatleben und IntimsphäreIm Artikel werden Details über Familienbeziehungen, Geschwister (inkl. Erklärungsversuche des Bruders), Mutter (inkl. deren früherem Beruf), Erkrankung, sowie vermutete Erkrankung beschrieben. Dass der vollständige Name des jungen Mannes vor Abschluss von Ermittlungen schon von Presseagenturen verbreitet wird, darf nicht als generelle Zulässigkeit dieser Art von "Nachrichten" missverstanden werden. Zumindest im Geltungsbereich des Presseratskodex ist es Standard, Namen nicht vollständig zu nennen. Mit der Formulierung "Adam Lanza, das berichten mehrere Medien, soll an dieser Form von Autismus gelitten haben." ist nur eine vorgebliche Distanzierung von der unqualifizierten Zuschreibung einer Diagnose zu lesen. Dieser Aspekt betrifft nach unserer Auffassung auch Ziffer 11. Ziffer 11 Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt u. Brutalität in V.m. Ziffer 12 DiskriminierungenDarüber hinaus wird auch ein furchterregender Zusammenhang erdichtet, dass im Umfeld von Asperger-Autisten besonders an Mord und mehrfachen Mord zu denken sei, es werden andere Gewalttäter genannt, die angeblich auch an dieser Form des Autismus gelitten hätten. Dafür wird zu der Floskel gegriffen: "Ein Experte sei der Meinung", "ein Experte hat auch gesagt, dass". Es gibt keine belastbaren Aussagen zu der Frage, ob der Täter tatsächlich eine entsprechende Diagnose erhalten hat (Nur Hören-Sagen/Zuordnung geschilderter Verhaltensweisen) Der Täter wird aus der Gesellschaft ausgegrenzt, seine durch Nichtfachleute vermutete (autistische) Erkrankung wird dazu zum Anlass genommen und der Zusammenhang mit allen derart Erkrankten stellt sich beim unvoreingenommenen Leser her. Es werden Scheinfragen/Suggestivfragen gestellt: "Warum konnte ein 20-Jähriger, offenbar kaltblütig und emotionslos, 27 Menschen töten, darunter seine Mutter und 20 kleine, wehrlose Kinder?" Die getöteten Kinder waren nicht nur klein, ihre "Wehrlosigkeit" wird steigernd dazugeschrieben. Das setzt effekthaschend auf Emotionen bei den Lesern. Über die vorgenannten Kriterien des Presserats hinaus, wird mit dem Artikel in besonderer Weise die Würde der von Asperger-Autismus Betroffenen und ihrer Angehörigen missachtet. Sie werden angeboten als Ziel diskriminierender Einschätzungen. Das Niveau des Textes wird weder der Erkrankung und ihren Auswirkungen, noch den Betroffenen noch dem vermutlichen Täter gerecht. Es stellt vielmehr eine Eigenschaft und ihre Träger unangemessen an den Pranger. Dass der von der Autorin hergestellte Zusammenhang weder offensichtlich noch alleinmöglich ist ergibt sich u.a. auch aus dem Artikel des Wissenschaftsjournalisten Marcus Anhäuser (http://scienceblogs.de/plazeboalarm/index.php/eine-weltkarte-der-amoklaufe/). Er belegt, dass ein Zusammenhang eher mit ganz anderen Merkmalen als denen einer Behinderung/Erkrankung offensichtlich ist. Dass sich zahlreich Betroffene und ganz allgemein Leserinnen und Leser beschwert fühlen ergibt sich aus der zahlreichen kommentierenden Berichterstattung im Internet, u.a.: Über die irreführende Berichterstattung haben sich beschwert:
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