AG FLOSS/Dokumente/fsfe-nrw-2012
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Inhaltsverzeichnis
- 1 Fragen der Free Software Foundation Europe zur Landtagswahl in NRW 2012
- 1.1 Eine konsequente Umsetzung Offener Standards in der öffentlichen Verwaltung ermöglicht einen Wettbewerb unter Software-Unternehmen. Treten Sie für die Verwendung Offener Standards in der Verwaltung ein und wenn ja: Wie wollen Sie vorgehen? Stimmen Sie dabei der Definition Offener Standards unter http://fsfe.org/projects/os/def.de.html zu?
- 1.2 Freie Software und Offene Standards ermöglichen eine herstellerunabhängige rundlagenschulung in der Bildung. Planen Sie in der Bildungspolitik eine herstellerunabhängige Grundlagenschulung zu fördern und diese auch im Lehrplan umzusetzen? Wenn ja, wie?
- 1.3 Viele Behörden machen auf ihren Webseiten Werbung für unfreie Software, z.B. in Form von Adobe Reader (siehe http://fsfe.org/campaigns/pdfreaders/buglist.de.html#DE) obwohl es mehrere Alternativen gibt. Der Migrationsleitfaden der Bundesregierung empfiehlt, nicht mehr ausschließlich auf Adobe Reader zu verweisen und beispielsweise unsere Textbausteine (http://pdfreaders.org/graphics.de.html) zu verwenden. Was ist Ihre Meinung zu dieser Form von Werbung für unfreie Software und was werden Sie diesbezüglich unternehmen?
- 1.4 Bei unfreier Software bestimmt allein der Anbieter, wer die Software verändern darf. Besitzern von Geräten wird die Möglichkeit genommen, selbst zu bestimmen, wer ihre Geräte genauer überprüfen oder weiter anpassen darf. Dadurch werden Anbieterabhängigkeiten verstärkt und es entstehen Dienstleistungsmonopole. Planen Sie, etwas gegen die Monopolisierung von Dienstleistungen im Softwarebereich zu unternehmen?
- 1.5 Mobile Geräte (Mobiltelefone, Tablets, Netbooks, ...) sind kleine Computer, die wir ständig mit uns herumtragen. Sie haben Mikrofone und Kameras, kennen unseren Aufenthaltsort, enthalten private Daten und Kommunikationsvorgänge. Sie sind mächtige Werkzeuge, die Risiken für die Privatsphäre bergen, aber uns in vielen Bereichen das Leben erleichtern können. Wie wollen Sie sicherstellen, dass in unserer Gesellschaft diese neuen Werkzeuge im Sinne der Anwender arbeiten?
- 1.6 Software fällt in Deutschland unter das Urheberrecht und wird, wie Literatur auch, vom Patentrecht ausgeschlossen. Trotzdem werden weiterhin Softwarepatente von Patentämtern erteilt und Patentstreitigkeiten auch in Deutschland vor Gericht gebracht. Was ist Ihre Position zu Software-Patenten und wie planen Sie diese durchsetzen?
- 1.7 Haben Sie darüber hinaus vor, in anderen Bereichen Freie Software zu fördern? Wenn ja: wie?
Fragen der Free Software Foundation Europe zur Landtagswahl in NRW 2012
Eine konsequente Umsetzung Offener Standards in der öffentlichen Verwaltung ermöglicht einen Wettbewerb unter Software-Unternehmen. Treten Sie für die Verwendung Offener Standards in der Verwaltung ein und wenn ja: Wie wollen Sie vorgehen? Stimmen Sie dabei der Definition Offener Standards unter http://fsfe.org/projects/os/def.de.html zu?
Die Piratenpartei tritt sehr deutlich für die Verwendung Offener Standards in der öffentlichen Verwaltung ein. Wir stimmen dabei der Definition der FSFE zu und haben diese in das Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland einfließen lassen. [1] Der Dokumentenaustausch zwischen und mit staatlichen Stellen muss auf Grundlage offener Standards geschehen. Dabei sind wirtschaftliche Überlegungen nicht das Hauptargument. Niemand darf zur Nutzung bestimmter Software durch Verwendung geschlossener Dateiformate gezwungen werden. Dies kann nur mit Dokumentformaten erreicht werden, die heute und in der Zukunft vollkommen frei zugänglich und gut dokumentiert sind.
In einem ersten Schritt ist sicherlich auf die Einhaltung des Migrationsleitfadens 4.0 des Bundes in der Verwaltung zu bestehen. (vgl. [2] und [3]). Migrationen von proprietären Formaten und Protokollen können nur Schritt-für-Schritt erfolgen:
- Wo werden welche Formate eingesetzt?
- Wo kann auf bestehende offene Standards migriert werden, wo müssen neue Standards geschaffen werden, wo werden offene Standards bereits genutzt?
- Schaffung neuer Standards (wo erforderlich) und Erstellung von Migrationsplänen zu offenen Standards.
Dies wird sicherlich einige Jahre dauern, wie das Beispiel München zeigt.
[1] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Offene_Standards
[3] http://heise.de/-1463677.html
Freie Software und Offene Standards ermöglichen eine herstellerunabhängige rundlagenschulung in der Bildung. Planen Sie in der Bildungspolitik eine herstellerunabhängige Grundlagenschulung zu fördern und diese auch im Lehrplan umzusetzen? Wenn ja, wie?
Ja. Wir möchten eine landesweite „IT-Initiative Bildungsinnovation“ anregen, die nach und nach alle Schüler ab dem fünften Schuljahr mit standardisierten, mobilen, digitalen Endgeräten ausstattet. Betriebssystem und Software sollen immer unter einer freien Lizenz stehen. Ausnahmen müssen begründet sein.
Um eine herstellerunabhängige Grundlagenschulung zu fördern und diese auch im Lehrplan umzusetzen, ist es erforderlich, dass in Bildungseinrichtungen Software als ein zentrales Element moderner Kommunikationstechnologien untersucht und analysiert wird. Zusätzlich muss es den Lehrkräften ermöglicht werden die entsprechenden Fortbildungen nutzen zu können. Damit wollen wir auch verhindern, dass die Abgabe von Arbeitsergebnissen in proprietären Formaten verlangt wird. Die Anschaffung von kostenpflichtiger Software darf keine Voraussetzung für Bildung sein. Wir setzen uns gegen finanzielle Barrieren in der Bildung ein.
Die Piratenpartei möchte den gleichberechtigten Zugang zu Bildungsinhalten für alle Menschen ermöglichen. Dieses Selbstverständnis wird durch offene Standards gewährleistet, konkret mit freier statt proprietärer Software, Formaten und Materialien im Unterricht. Gelder, die bisher für den Kauf von Schulbüchern aufgewendet wurden, sollen in die Entwicklung freier Unterrichtsmaterialien fließen.
Viele Behörden machen auf ihren Webseiten Werbung für unfreie Software, z.B. in Form von Adobe Reader (siehe http://fsfe.org/campaigns/pdfreaders/buglist.de.html#DE) obwohl es mehrere Alternativen gibt. Der Migrationsleitfaden der Bundesregierung empfiehlt, nicht mehr ausschließlich auf Adobe Reader zu verweisen und beispielsweise unsere Textbausteine (http://pdfreaders.org/graphics.de.html) zu verwenden. Was ist Ihre Meinung zu dieser Form von Werbung für unfreie Software und was werden Sie diesbezüglich unternehmen?
Es ist nicht die Aufgabe von Behörden das Geschäftsmodell privater Organisationen zu unterstützen. Werbung für einzelne Hersteller lehnt die Piratenpartei daher ab. Wir streben die ausschließliche Verwendung offener Dokumentenformate an. Nicht jeder Bürger besitzt jedoch bereits ein entsprechendes Programm. Daher ist der Hinweis auf Software, die die angebotenen Dateien lesen können, richtig.
Die Behörden müssen an dieser Stelle zusammenarbeiten, um eine zentrale Anlaufstelle schaffen zu können, welche den Anwender über Programme für verwendete Formate berät. Bei den Produkten muss es sich um Freie Software handeln. Im Fall des PDF-Formats ist pdfreaders.org ein guter Ansatz und anstelle einer Verlinkung des Adobe Reader zu verwenden.
Bei unfreier Software bestimmt allein der Anbieter, wer die Software verändern darf. Besitzern von Geräten wird die Möglichkeit genommen, selbst zu bestimmen, wer ihre Geräte genauer überprüfen oder weiter anpassen darf. Dadurch werden Anbieterabhängigkeiten verstärkt und es entstehen Dienstleistungsmonopole. Planen Sie, etwas gegen die Monopolisierung von Dienstleistungen im Softwarebereich zu unternehmen?
Um Abhängigkeiten von einzelnen Unternehmen zu verhindern, werden wir in öffentlichen Ausschreibungen von Softwareprojekten die Angebote bevorzugen, deren Quelltext einer freien Lizenz unterstellt ist. Leider wurde in der Vergangenheit zu wenig Augenmerk auf diesen Umstand gerichtet, so dass wir heute bereits vielfach in derartigen Abhängigkeiten gefangen sind. Wir streben daher an, diese Abhängigkeiten Zug um Zug aufzulösen, indem die IT-Infrastruktur von Behörden auf Freie Software umgestellt wird. Für diese Aufgaben wollen wir Budgets in den Haushalten der Ministerien vorsehen.
Außerdem möchten wir gegen Rahmenverträge vorgehen, die dazu führen, dass Software und Dienstleistungen einzelner Hersteller ohne weitere Ausschreibung eingekauft werden dürfen. Langfristig sollen solche Rahmenverträge nur im Zusammenhang mit Freier Software erlaubt sein, um ein Vendor-Lock-in zu vermeiden. [4]
Mobile Geräte (Mobiltelefone, Tablets, Netbooks, ...) sind kleine Computer, die wir ständig mit uns herumtragen. Sie haben Mikrofone und Kameras, kennen unseren Aufenthaltsort, enthalten private Daten und Kommunikationsvorgänge. Sie sind mächtige Werkzeuge, die Risiken für die Privatsphäre bergen, aber uns in vielen Bereichen das Leben erleichtern können. Wie wollen Sie sicherstellen, dass in unserer Gesellschaft diese neuen Werkzeuge im Sinne der Anwender arbeiten?
Viele dieser Geräte verfolgen auch den Zweck, möglichst viele Informationen über deren Anwender zu sammeln. Dafür werden Daten über den Aufenthaltsort oder die sozialen Kontakte an den Hersteller oder Betreiber geschickt. Die Piratenpartei will, dass diese Informationen nicht ohne die ausdrückliche Genehmigung des Besitzers erhoben oder weitergegeben werden. Grundsatz muss das Prinzip der Datensparsamkeit sein. [5]
Gesetzliche Bestimmungen können allerdings nicht garantieren, dass ein Hersteller sich nicht über sie hinwegsetzt. Betriebssysteme und Anwendungen unter freier Lizenz erlauben Dritten, die Funktionsweise eines Gerätes nachzuvollziehen und eventuelle datenschutzrechtliche Probleme zu erkennen. Der Anwender muss also die volle Kontrolle über sein Gerät haben, auch was das Aufspielen alternativer Firmware angeht. Nur so ist das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme [6] auch gegenüber dem Hersteller des Gerätes gewährleistet.
Mit den übermittelten Daten erkauft man sich natürlich auch einen Gewinn an Komfort. Langfristig müssen hier freie Alternativen zu den cloud services der Gerätehersteller und anderer proprietärer Anbieter gefördert werden. Die Menschen müssen für das Thema sensibilisiert und über die Risiken aufgeklärt werden, damit sie eine informierte Entscheidung darüber treffen können, wie viel ihnen ihre persönlichen Daten wert sind.
[5] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Informationelle_Selbstbestimmung
Software fällt in Deutschland unter das Urheberrecht und wird, wie Literatur auch, vom Patentrecht ausgeschlossen. Trotzdem werden weiterhin Softwarepatente von Patentämtern erteilt und Patentstreitigkeiten auch in Deutschland vor Gericht gebracht. Was ist Ihre Position zu Software-Patenten und wie planen Sie diese durchsetzen?
Die Piratenpartei lehnt Patente auf Software ab. [7] Die aktuelle Praxis und die Gesetzeslage erlauben e zurzeit zwar keine reinen Softwarepatente, aber dennoch, Software als Teil einer „Erfindung“ oder eines Verfahrens zu patentieren. Die Hürden dafür sind gering. Diese Lücke im Patentgesetz muss geschlossen werden. Die kritische Stelle findet sich in § 1 Abs. 4 im Patentgesetz, wo Software „als solche“ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen wird. Stattdessen wird Software häufig kombiniert, um als Teil eines Verfahrenspatentes oder einer „Erfindung“ patentiert zu werden. Ein prominentes Beispiel ist das Anti-Blockier-System (ABS), „das im Wesentlichen aus den Bremsen und der dazugehörigen Steuerungssoftware besteht“.
Wir sehen in Software-Patenten eine große Gefahr für kleine und mittelständische Softwareunternehmen und für die Erschaffer von Freier Software. Patente auf Software dienen nur finanzstarken Softwareunternehmen, die sich den Betrieb einer Rechtsabteilung leisten können. Die Piratenpartei will die Patentierbarkeit von Software in Deutschland und Europa verhindern und sich in Zusammenarbeit mit anderen Piratenparteien in Deutschland und Europa dafür einsetzen, dass Softwarepatente weltweit abgeschafft werden.
[7] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Patente_in_der_Informationsgesellschaft
Haben Sie darüber hinaus vor, in anderen Bereichen Freie Software zu fördern? Wenn ja: wie?
Die Piratenpartei sieht in Freier Software, nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich eine große Chance. Wir wollen den Einsatz von Freier Software in öffentlichen Einrichtungen vorschreiben und in anderen Bereichen fördern (z.B. durch Fördergelder). Uns ist klar, dass wir nicht die gesamte IT-Infrastruktur auf einmal umwerfen können, wollen aber den Weg zu einer nur auf freier Software basierenden öffentlichen Verwaltung ebnen.
Zusätzlich werden wir weiterhin auch partei- und fraktionsintern auf Freie Software und offene Formate setzen. Als Beispiel sei hier die Piratenfraktion in Berlin genannt, die ein Budget von 24.000 € für die Weiterentwicklung Freier Software beschlossen hat. [8]
Darüber hinaus sind wir uns der Problematik unfreier Hardware bewusst. Der letzte Landesparteitag hat ein Positionspapier verabschiedet, in dem wir uns für die Verwendung offener Hardware aussprechen. Die Ausführung freier Software darf nicht hardwareseitig verhindert werden. [9]