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Neue Gesundheitspolitik

hier stehen allgemeine Informationen zu Medizin und Gesundheit (Krankheit) in Zusammenhang mit Drogen

Systematische Grundlagen:

die europäische (und damit auch weltweit meinungsführende/dominierende) Medizin (und med. Forschung) beruht auf dem Ansatz der Krankheit, der Fehlfunktion, die beseitigt/bekämpft werden muss. Entsprechend sind Veröffentlichungen in der Regel vom Krankheitsbild, der Nebenwirkung, der Gefahr bei (Drogen)Gebrauch usw. geprägt, Aufsätze/Artikel zum Wohlbefinden/ Gesundheitsförderung und Genuss sind der Alternativmedizin/ exotischen Heilverfahren, sowie der Laienpresse, Interessensgruppen (hier auch der Industrie) überlassen. Daher findet sich wenig zu positiven Wirkungen von Drogen (med. Cannabis lasse ich außen vor, da es eine eigene Seite hat).

Ideologie, hier die genussfeindliche protestantische Haltung (auf Zwingli und Calvin zurückgehend) tut ein Übriges, um im Drogenbereich das Schwergewicht auf die Gefahren und Risiken zu setzen. Das Drogenverbot führt dazu, dass es zu 'illegalen' Drogen keine den heutigen Standard erfüllenden Studien gibt; es können nur Vorfälle in Zusammenhang mit Sucht und Drogenmissbrauch, die krankheitswertige, behandelte Zustände oder Todesfälle zur Folge hatten, erfasst und bewertet werden. Nach dem BtMG gäbe es zwar die Möglichkeit für Ausnahmen davon zu wissenschaftlichen Zwecken, wird aber garnicht oder kaum genutzt, da kompliziert zu erreichen. Valide Studien gibt es somit nur für die legalen Drogen Alkohol, Nikotin (fast nur negativ) und Medikamente (hier aus kommerziellem Interesse positiv, negative 'verschwinden').

Das medizinische Modell zur Wirkung von Drogen beruht auf Vorstellungen der Zellularpathologie (Virchow, unter Verwendung von Vorgängern), Krankheit als Störung der Zellfunktionen, und das davon abgeleiteten Modell der Rezeptoren, die auf spezifische Moleküle außerhalb der Zelle reagieren und dann entsprechende Reaktionen in der Zelle entstehen lassen oder an andere weitergeben. Das Modell erklärt sehr gut die Wirkung von Drogen, die an entsprechende Zellen vorwiegend in ZNS andocken (Nebenwirkungen, wenn auch Zellen mit betroffen sind, die z.B. in der Peripherie angesiedelt sind oder im ZNS an anderer, 'unerwünschter' Stelle) und so die Drogenreaktion erzeugen; die Droge liegt in der Regel in höherer Konzentration vor, als die körpereigenen Botenstoffe, haftet besser/länger am Rezeptor oder wird langsamer abgebaut. Damit erklärt sich die intensiv(er)e Wirkung der Droge. Ein zweiter Mechanismus: die Droge besetzt den Rezeptor, ohne dort eine (dann meist hemmende) Wirkung auszulösen, blockiert so die Stelle für die körpereigene Substanz, die Reaktionen hemmen würde. Nachteil des Modells ist die fehlende Bezugnahme auf das Gesamtsystem. Systemische Wirkungen werden eher zufällig entdeckt (ganz neu: Wirkungsverstärkung von Kokain, Alkohol und/oder Nikotin bei Infarkt oder plötzlichem Herztod, dosisunabhängig, auch unabhängig von gleichzeitigem Gebrauch).

Alkohol

ist als legale Droge gut untersucht und belegt

Anwendungen in der Medizin: A. wird viel als Desinfektionsmittel (50 – 80% Alk., es muss eine wässrige Lösung sein, sonst unwirksam) gebraucht, z.T. dann auch mit anderen Stoffen in Kombination. Weitere Anwendungen sind (A. ist zellzerstörend) Bekämpfung von oberflächennahen Tumoren (Injektion). A. ist ein sehr gutes Lösungsmittel, wird daher auch als Trägersubstanz für div. Medikamente in Tropfenform verwandt; nur dann indiziert, wenn es wirklich um tropfenweise Verabreichung geht, nicht für Säuglinge und Kinder.

Gesundheitliche Vorteile: Wirkt positiv (in geringen Mengen, ca. 1 bis 2 Glas Wein/Bier je Tag) auf Gefäße und Blutdruck, Infarktverhütend (?); lt. mehreren amerikanischen, recht umfangreichen Längsschnittuntersuchungen haben Menschen mit mäßigem Konsum (s. o.) die wahrscheinlich höchste Lebenserwartung, ebenso die wenigsten Gewichtsprobleme. Dennoch wird wegen möglicher medizinischer und psychosozialer Risiken von einer Empfehlung für Alkohol als Mittel gegen Übergewicht ausdrücklich abgesehen ("Archives of Internal Medicine"); ebenso als Mittel gegen Infarkt und Schlaganfall. Mit Vitaminen und div. anderen Zutaten (Mineralien, Kräuterextrakte) versetzter Süßwein wird gerne als ‚Medizin‘ verkauft (‚Doppelherz‘ u.A.), ebenso hochprozentige Kräuteralkoholika (‚Klosterfrau Melissengeist‘, Magenbitter ect.), sehr zweifelhaft, mit verborgener Suchtgefahr verbunden. In geringer Dosis entspannend und Hemmungen abbauend (ambivalente Wirkung, siehe auch unten), höhere Dosen betäubend (wurde früher als ‚Narkosemittel‘ gebraucht, z.B. in der Kriegschirurgie bis ins 19. Jahrhundert.)

Die negativen Seiten sind, siehe auch die Vorbemerkung, deutlich besser untersucht und dokumentiert:

physisch: Leber-, Pankreas- und Nervenschäden; A. ist (auch der Trinkalkohol, Ethanol) ein Zellgift; die Abbauprodukte (Zwischenschritte zu CO2 und H2O) z.T. erst recht. Methanol (Methylalkohol, alter Name) entsteht mit bei der Gärung, bei ‚unsauberen‘ Brand reichert es sich stark an, führt über Nervenschädigung zum Tod oder Erblindung (Hauptschäden). Ist physisch suchtbildend, Entzug kann zum Delir und Tod führen, daher nur unter ärztlicher Aufsicht möglich

psychisch: Abhängigkeit, fehlende Hemmung (führt über den Mechanismus soziale Hemmungen (gerade bei Jugendlichen) → Hemmungsabbau und bessere Kontaktfähigkeiten → erneuter Alkoholkonsum usw. in Richtung Sucht/Abhängigkeit. Hemmungs- und Kontrollverlust können zu später bereutem Verhalten führen (sexuelle Übergrifflichkeiten, auch unüberlegte/unerwünschte sex. Kontakte, Straftaten). Psychosen (in der Regel nach langjährigem Konsum/Missbrauch) möglich, genauso akut, bei hohem Pegel oder unkontrolliertem Entzug. Alkohol kann Aggressionen auslösen, zusammen mit Hemmungsabbau zu Aggressionstaten führen (‚Kneipenschlägereien‘); überwiegend, aber nicht ausschließlich durch ‚harte‘ Alkoholika, öfters bei Bier, seltener bei Wein. 5% der (BRD/Europa) Bevölkerung gelten als alkoholkrank, weitere 5% als gefährdet; dazu kommen diejenigen, die nicht abhängig oder gefährdet sind, aber unter Alkoholeinfluss –regelmäßig- Straftaten begehen (Trunkenheitsfahrten, Aggressions- taten); kommt natürlich auch bei Alkoholkranken und –gefährdeten vor. Derartige ‚drogentypische‘ Taten sind fast nur bei A. bekannt.

Opium, Morphium und weitere Opiatprodukte

Anwendung in der Medizin: Opiate werden in der Medizin heute fast nur in der Schmerztherapie gebrauch, dafür wieder zunehmend häufiger, nachdem es in den 70-er und 80-er Jahren des 20. Jahrhundert eine starke Zurückhaltung (bedingt durch das damals neuere BtMG) gegeben hat. Opium könnte wahrscheinlich durch die Vielfalt der Inhaltsstoffe besser (?) wirken, dagegen lässt sich das heute viel verwandte Morphium in verschiedene Darreichungsformen verabreichen (Injektion/Infusion, Tablette, Zäpfchen, Pflasten mit Langzeitwirkung).

Codein ist ein Alkaloid im Opiumgemisch, hustenstillend, (in Kombination mit anderen Schmerzmitteln wie ASS, Paracetamol) schmerzstillend. Wurde früher auch als Substitutionsmittel (für Heroin) genutzt, damit auch Missbrauch gegeben

Opioide sind verschiedene Substanzen mit opiatartiger Wirkung, werden besonders bei Narkosen und in der Schmerztherapie verwandt.

Da bei allen diesen Substanzen im Langzeitgebrauch eine Toleranzentwicklung zu beobachten ist, wird empfohlen, die Substanzen immer wieder (bei einer Langzeittherapie von Schmerzen) zu wechseln. Soweit Opiate und Opioide zentrale Wirkung haben, haben sie auch alle ein Suchtpotential. Nur Substanzen, die davon abgeleitet, ausschließlich peripher wirksam sind, haben das nicht.

Methadon

M. ist ein sehr potentes Schmerzmittel (Reserveopiat für die Schmerzbekämpfung, hat meist eine längere [bis 24 St.] Wirkdauer) muss aber sehr genau individuell dosiert werden (Abbaugeschwindigkeit sehr unterschiedlich). M. ist oral genommen ohne 'Kick', wie bei H., intravenös jedoch identisch. Daher wird M. als Heroinersatz in der Substitutionstherapie gebraucht. Wegen seiner gleichen Wirkung bei i.-v.-Applikation auch ein 'Schwarzmarktartikel'

Heroin hat auch eine gewisse antipsychotische Wirkung, wird jedoch in diesem Rahmen nicht genutzt, außer für eine bestimmte Gruppe Heroinabhängiger. H. wird med. eingesetzt bei der Therapie Schwerstabhängiger.

es gibt keine ausgewiesenen gesundheitlichen Vorteile; da alle Opiate dem BtMG unterliegen, gibt es auch keine frei verfügbaren Zubereitungen davon.

negative Seiten: alle Opiate haben, wie auch Alkohol und Nikotin ein hohes Suchtpotential, aber, im Gegensatz zu A. und N. kaum negative Dauerfolgen im Gebrauch; es bestehen (sofern einwandfreie Substanzen ohne dubiose Zusätze und unter hygienischen Bedingungen konsumiert werden) außer akuten, einer Überdosierung geschuldeten Gefahren (bis zum Tod) nur überwiegend soziale Risiken, die weitgehend auch der Illegalität geschuldet sind. Sozialer Abbau kann allerdings bei Schwerstabhängigen auch (wie bei A. als legaler Droge auch) ohne die Ilegalität eintreten. Ein Entzug ist bei Heroin (als Hauptgebrauchsform von O.) meist ohne Gefahren und einer notwendigen medizinischen Begleitung möglich; ob allerdings die starken negativen Erscheinungen dabei und das Erleben einer 'Erlösung' bei erneutem Gebrauch einer Abstinez förderlich sind, ist eher zweifelhaft.

Kokain

Anwendung in der Medizin: K. wurde als Anregungsmittel und als (Lokal)Anästhetikum gebraucht (lokale Anwendung heute noch in der Augenheilkunde), die Lokalanästhesie verwendet heute (Procain, Lidocain usw.) von K. abgeleitete, nicht anregend wirkende Substanzen. Kokablätter gekaut (sozusagen Gesamtpflanzenauszug) wirken nachweislich gut gegen Höhenkrankheit (so auch die jahrhundertealte Verwendung seitens der Indios) und etwas auch appetithemmend/ hungerstillend.

Insgesamt ist heute (Europa) eine medizinische Anwendung von K. eher nicht geboten.

negative Seiten:

K. wirkt stak anregend und euphorisierend, dafür bei Wirkungsabfall auch -stark- depressiv stimmend; damit ist ein hohes psychisches Abhängigkeitspotential verbunden, keine physische abhängigkeit, tritt z.T. schon nach einmaligen oder kurzem Gebrauch ein.

Medizinische Risiken aus Gefäßverängung und Blutdruckerhöhung (Hirnschlag!), beim 'Schnupfen' schleimhautschädigend, auch beim Rauchen (Mund-, Rachen und Lungenschleimhäute, 'zerfressene Nasenscheidewand').

Dosierung bei oraler, nasaler und i.v.-Gabe gut kontrollierbar, nicht jedoch beim Inhalieren ('Rauchen vom Blech'); hier ist eine Überdosierung leicht möglich. Bei Überdosierung Herz- und Kreislaufprobleme, Atemprobleme (Cheyne-Stokes-Atmung), Fieber, Paranoia, Halluzinationen (beide letztere auch bei 'normalem' Konsum und Prädisposition dazu möglich).

K. kann paranoide Vorstellungen und Ängste sowie bei prädisponierten Personen ('Vulnerabilität') ein Psychose auslösen (aber nicht verursachen).

Koka

Kokain wird aus den Blättern des Koka-Strauches gewonnen; diese können auch so genossen werden: Das Kauen von Coca-Blättern ist in den Anden sowie im Tiefland des Gran Chaco seit Jahrhunderten verbreitet. Die Blätter werden als Genussmittel, als Nahrungsergänzungsmittel, für kultische und medizinische Zwecke genutzt. Sie helfen Hunger, Müdigkeit und Kälte zu verdrängen und sind sehr wirksam gegen die Höhenkrankheit, da sie die Sauerstoffaufnahme verbessern. Auch hatten die Cocablätter eine spirituelle Bedeutung. Die gekauten Blätter bilden, zusammen mit Kalk und anderen Hilfssubstanzen (zum Beispiel Pflanzenasche, Quechuallipt'a), eine sogenannte „bola“. Zur Herstellung der Llipt'a dienen verschiedene Pflanzenarten, darunter Chenopodium quinoa, Chenopodium pallidicaule und Baccharis-Arten.

Untersuchungen haben darüber hinaus gezeigt, dass beim Kauen von Coca-Blättern der von der Andenbevölkerung jeweils praktizierte Zusatz von Kalk das ursprünglich in den Blättern vorhandene Alkaloid Kokain durch alkalische Hydrolyse in das Alkaloid Ecgonin umwandelt, ein Alkaloid, dem jedes Suchtpotenzial fehlt. Diese Untersuchungen sind auch eine Erklärung dafür, dass die in den westlichen Ländern geübte Praxis, Kokain als Reinsubstanz zu sich zu nehmen, nach einiger Zeit fast immer Sucht erzeugt, während im Gegensatz dazu das Kauen von Coca-Blättern unter Zusatz von Kalk auch über lange Zeit bei der Andenbevölkerung keinerlei Abhängigkeit entstehen lässt.

Amphetamine und Verwandte

Anwendung in der Medizin: Amphetamine wurde früher vielfach angewandt: Asthmatherapie, Hypotonie, psychiatrische Anwendungen, Gewichtsreduktion (auch frei verkäuflich!); heute in der BRD nur mit BtMG-Rezept anwendbar. In den USA ist es bei ADHS üblich, statt [http://de.wikipedia.org/wiki/Methylphenidat Methylphenidat ('Ritalin'), es werden dabei keine Suchtfälle beobachtet (orale Einnahme, niedrig dosiert)

negative Seiten:

Neben der Suchtgefahr ist es die blutdrucksteigernde Wirkung (insbesondere Lungenkreislauf mit gravierenden Folgen), Nierenerkrankung, Psychose(auslösung), besonders (für beides) bei Langzeitge-/-missbrauch. Initiale libidosteigernde Wirkung (daher auch dadurch Missbrauchsgefahr) führt auf Dauer zu Potenzproblemen


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