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Pad wps-dah

Unformatierter Pad-Text:

Piratenpads sind lediglich Arbeitshilfen und Infosammlungen. Sie stellen KEINE offizielle Aussage oder Haltung der Piratenpartei dar !
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=Was / Thema?=
* Wahlprüfsteine AIDS-Hilfe

=Zweck=
* https://btw13-wahlpruefsteine.piratenpad.de/96

=deadline=
* Bearbeitungsende: 2013-07-25

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DROGEN

Die deutschen Präventionserfolge zeigen: Wer Drogenkonsumenten ermöglicht, Risiken zu reduzieren, hat damit Erfolg. Die Zahl der HIV- und  Hepatitis-Infektionen gehen ebenso zurück wie die der Todesfälle.  Wichtige Maßnahmen sind vor allem der Zugang zu sterilen Spritzen und  Zubehör, Informationen über „Safer Use“, Drogenkonsumräume und die  Möglichkeit von Substitutionstherapien. Oft verhindern aber ideologische  Barrieren wirksame Maßnahmen der Risikominimierung.

    Für welche Drogenpolitik steht Ihre Partei und welche Maßnahmen planen Sie?


Die Piraten streben die Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen  Gruppen an, die sich vorurteilsfrei mit dem Konsum von psychotropen  Substanzen und dessen Folgen auseinandersetzen. Gemeinsam werden wir eine Politik betreiben, die riskantem  Drogengebrauch durch Prävention entgegenwirkt, sowie Risiko-Konsumenten  und Schwerstabhängigen durch Therapieangebote hilft. Der Gesetzgeber darf nur dort eingreifen, wo die Schutzrechte  anderer berührt sind. Er soll einen effizienten Jugend- und  Verbraucherschutz sicherstellen und das organisierte Verbrechen  eindämmen. 

Um Wirkungen und mögliche Gefahren besser einschätzen zu können, bedarf  es einer kompetenten Aufklärung, die so früh wie möglich beginnen soll.  Sie muss auch die Fähigkeit vermitteln, mit den unterschiedlichen,  gebräuchlichen Drogen umzugehen. Wir glauben, dass die Stärkung von  sozialer Kompetenz und Selbstbewusstsein eine wichtige Grundlage für  wirksame Prävention ist. 

Pilotprojekte haben gezeigt, wie nachhaltig eine gute Prävention  bereits ab dem Grundschulalter wirkt. Auf der Basis der dort gesammelten  Erfahrungen ist ein bundesweites Aufklärungskonzept und sachgerechtes,  undogmatisches Lehrmaterial für einen fundierten Unterricht zu  entwickeln. Externe Fachreferenten sollen besonders in der Sekundarstufe  das Wissen bei Lehrern und Schülern vertiefen. Vorurteile werden so durch Wissen überwunden. Die gewonnenen  Erkenntnisse tragen die Schüler wie selbstverständlich in ihr soziales  Umfeld.  

Die umfassende Aufklärung über Drogen, ihren Gebrauch und mögliche  Folgen darf sich nicht auf die Schule beschränken, sondern muss sich an  die ganze Gesellschaft richten. Ärzte, Krankenhäuser, Bürgerämter,  Sozialdienststellen, Jugendzentren und ähnliche Einrichtungen sollen  geeignete Informationsmaterialen bereithalten und Ansprechmöglichkeiten  bieten. Präventionsprogramme sind zielgruppengerecht zu gestalten. Der  Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern ist auszubauen, vor allem  in bisher unterversorgten Kleinstädten und ländlichen Gebieten.

Konsumbegleitende  Programme und Hilfsangebote bei problematischem  Konsum müssen  ausgeweitet werden. Therapiemöglichkeiten sind so früh  wie möglich  anzubieten, nicht erst bei bestehender Abhängigkeit oder bei  bereits  eingetretenen Folgeerkrankungen. Sie dürfen nicht  ausschließlich auf  Abstinenz ausgerichtet sein. 

Wir  fordern ein bundesweites Angebot von Drogenkonsumräumen als weiteres  wichtiges Element der Schadensverhütung und -minderung.  


Drug-Checking

Drogennot-  und todesfälle sind oft auf Beimischungen beziehungsweise einen  wechselnden Reinheitsgrad von heute illegalen Substanzen zurückzuführen.  Unsere südlichen Nachbarländer (Österreich, Schweiz und Italien) haben  daher Drugchecking-Angebote eingeführt, bei denen Konsumenten ihre  Substanzen auf Inhaltsstoffe und Reinheit untersuchen lassen können.

    Wie steht Ihre Partei zu Drugchecking-Projekten als Angebot der  Schadensminderung und Gesundheitsvorsorge?


Das Wissen um Wirkstoff, Wirkstoffgehalt und Beimengungen ist eine Voraussetzung risikoarmen Drogengebrauchs. Umfassende, bedarfsgerechte Möglichkeiten zum anonymen Drugchecking sollen dort vor Ort ermöglicht werden, wo sie von Konsumenten benötigt werden.

Die Piraten fordern darüber hinaus die Einrichtung einer bundesweiten Online-Meldestelle für problematische Substanzen zur Risiko- und  Schadensminimierung für Drogenkonsumenten. Diese Meldestelle erfasst schädliche Streckmittel, ungewöhnlich hohe Dosierungen oder  Reinheitsgrade sowie den Verkauf von Substanzen unter falschem Namen.



Substitution

Substitution  ist heute die Standardtherapie bei Opiatabhängigkeit. Dabei regelt die  Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BTMVV) den Umgang mit den  entsprechendenMedikamenten (von Methadon bis zu pharmazeutisch erzeugtem  Heroin, dem Diamorphin). Die darin enthaltenen Regelungen stellen für  substituierende Mediziner hohe Hürden auf und greifen unnötig tief in  die Therapiefreiheit des Arztes ein.

    Wird sich Ihre Partei für eine Novellierung der BTMVV einsetzen und eine Rückführung auf den eigentlichen Zweck unterstützen?


Der private Umgang mit psychotropen Substanzen muss komplett  entkriminalisiert werden. Anbau und Herstellung für den Eigenbedarf  dürfen nicht bestraft werden. 

Wir fordern eine Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes, in der die  erfassten, psychotropen Substanzen neu bewertet werden: Nur wenn eine  Fremdgefährdung realistisch nicht ausgeschlossen werden kann, dürfen die Freiheitsrechte des Einzelnen eingeschränkt werden. 

Für Diamorphinbehandlungen werden dringend mehr Vergabestellen benötigt. Die Umsetzung von Diamorphin-Programmen muss erleichtert  werden, damit mehr Betroffene Zugang erhalten, auch solche mit weniger  schädlichen Konsummustern. Bei der Durchführung gilt es, neben Injektion auch Inhalation und  orale Einnahme zuzulassen und eine intensive psychosoziale Betreuung  für die Teilnehmer bereitzustellen. Gegebenfalls ist in weitergehende  Therapieangebote überzuleiten. Neben den Ärzten sind auch medizinisches  Personal, Therapeuten und Mitarbeiter der sozialen Dienste zur  fachbezogenen Weiterbildung zu verpflichten. 


Reintegration von Substituierten und Ex-Konsumenten

Aktuell  werden in Deutschland etwa 75.000 Opiatkonsumenten substituiert. Die  Therapie ermöglicht vielen, wieder einer Beschäftigung nachzugehen,  wobei die Fähigkeit dazu sehr unterschiedlich sein kann. Neben der  medikamentösen Behandlung kommt der Reintegration in die Arbeitswelt  eine große Bedeutung zu.

    Welche  Maßnahmen wird Ihre Partei ergreifen, um Menschen mit Suchterkrankungen  Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung zu ermöglichen?


Insgesamt sehen wir eine Notwendigkeit, aktuell bestehende Unterstützungsmöglichkeiten für Substitierte oder Suchtmittelabhängige in Beruf und Schule zu verbessern und auszubauen. Es bedarf deutlich mehr Hilfe bei der Wiedereingliederung und neuer Modelle der Berufstätigkeiten für Menschen, die viele Jahre nicht intergiert waren.

Wir möchten auch solchen Klienten Möglichkeiten eröffnen, die kein Abstinenzziel verfolgen und sehen  allein schon durch die Vergabe von Echtstoffen eine Verbesserung der gesundgheitlichen und sozialen Stellung vieler Abhängiger, die in einer vorhergehenden Substitutionstherapie zusätzlich Beikonsum hatten. Die Ergebnisse der Diamorphinprogramme sind ermutigend, aber Verfügbarkeit und Abgabemodalitäten müssen verbessert und vereinfacht werden. 


Legalisierung von Drogenbesitz

Die  massenhafte Inhaftierung von Drogenkonsumenten aufgrund von  Drogenbesitz oder Beschaffungskriminalität verschärft Gesundheitsrisiken  und führt durch die schlechte Gesundheitsversorgung in Haft zu HIV- und  Hepatitisinfektionen. Der Druck der Strafverfolgung selbst führt dazu,  dass Konsumenten sich verstecken und für Prävention schlechter  erreichbar sind. In einigen europäischen Ländern sowie in Mittel und  Südamerika gibt es daher politische Bestrebungen, den Erwerb und Besitz  von Drogen zu entkriminalisieren. Portugal ist diesen Schritt bereits  vor mehr als zehn Jahren gegangen und hat überwiegend positive  Erfahrungen gemacht (drastischer Rückgang von inhaftierten  Drogenkonsumenten, Rückgang des Drogenkonsums, Rückgang der  HIV-Infektionen).

    Wie stehen Sie zum Modell der Entkriminalisierung?


Die Piraten fordern eine komplette Entkriminalisierung des privaten Umgangs mit psychotropen Substanzen. Die positiven Veränderungen aufgrund der vorbildlichen Poilitk Portugals seit 2001 bestätigen uns: Dort zeigt sich seit Jahren u.a. ein drastischer und anhaltender Rückgang der Anzahl der HIV-Diagnosen unter injizierenden Drogenkonsumenten.
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