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Pad Brief-Grotenhermen

Unformatierter Pad-Text:

Piratenpads sind lediglich Arbeitshilfen und Infosammlungen. Sie stellen KEINE offizielle Aussage oder Haltung der Piratenpartei dar !
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=Was / Thema?= Petition/Demo Information
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=Zweck=
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Sehr geehrter Herr Dr. Grotenhermen,

wir, die AG Drogen- und Suchtpolitik der Piratenpartei Deutschland,  wünschen Ihnen eine erfolgreiche Diskussionrunde zu Ihrer Petition 52664 und hoffen auf eine positive Beschlussempfehlung an den Bundestag.

Wir würden Ihr Anliegen im Sinne der betroffenen Patienten gerne generell unterstützen.
Angedacht haben wir die Planung und Durchführung einer Demonstration vor dem Gebäude BfArM, um  mediale Aufmerksamkeit zu erlangen.

Da  Sie sich seit vielen Jahren für die Versorgung und einen niedrigschwelligen  Zugang der Patienten zum medizinischen Cannabis einsetzen, möchten wir von Ihnen gerne wissen , welche Misstände Ihnen besonders aufstoßen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Forderungen zur Verbesserung der Misstände ergänzen würden:


** Garantie der Versorgungssicherheit für Patienten 
** Eigenanbau bei Patienten
** Kostenübernahme durch die Krankenkassen
** Verschreibung durch den Arzt ohne eine zu beantragende  Ausnahmegenehmigung bei der BfArM

https://www.piratenpartei.de/politik/selbstbestimmtes-leben/drogen-und-suchtpolitik/

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Wir möchten die Patienten so weit es uns möglich ist unterstützen. Eine unserer Überlegungen ist eine Demonstration vor dem Gebäude BfArM zu planen und durch zu führen, da so eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden kann sowie Mediale Aufmerksamkeit.


Da  Sie sich mittlerweile seit Jahren um die Versorgung und dem  niedrigschwelligen Zugang für Patienten einsetzen ist es wohl sinnvoll,  auch Sie zu Fragen, welche Missstände Ihnen im Thema am meisten  aufstoßen. Vier Punkte haben wir bereits auf dem Schirm und würden uns  jedoch sehr über Ihre Ergänzungen freuen.

** Versorgungssicherheit für Patienten garantieren
** Eigenanbau bei Patienten
** Kostenübernahme durch die Krankenkassen
** Verschreibung durch den Arzt ermöglichen ohne dass eine Ausnahmegenehmigung bei der BfArM beantragt werden muss.


Gerne hören wir von Ihnen und danken Ihnen für Ihre Mühen





Wir möchten die Patienten so weit es uns möglich ist unterstützen. Eine unserer Überlegungen ist eine Demonstration vor dem Gebäude BfArM zu planen und durch zu führen, da so eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden kann sowie Mediale Aufmerksamkeit.


Da Sie sich mittlerweile seit Jahren um die Versorgung und dem niedrigschwelligen Zugang für Patienten einsetzen ist es wohl sinnvoll, auch Sie zu Fragen, welche Missstände Ihnen im Thema am meisten aufstoßen. Vier Punkte haben wir bereits auf dem Schirm und würden uns jedoch sehr über Ihre Ergänzungen freuen.

** Versorgungssicherheit für Patienten garantieren
** Eigenanbau bei Patienten
** Kostenübernahme durch die Krankenkassen
** Verschreibung durch den Arzt ermöglichen ohne dass eine Ausnahmegenehmigung bei der BfArM beantragt werden muss.


Gerne hören wir von Ihnen und danken Ihnen für Ihre Mühen
MFG
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Anwort:


Hallo, 
anbei einige Texte zum Thema, die sich zum Teil noch in der Bearbeitung  befinden. Diese behandeln die Problemfelder. Dazu kommt noch das Thema  Teilnahme am Straßenverkehr für Patienten. 
Vielen Dank für Ihr Interesse am Thema. 
Mit freundlichen Grüßen 
Franjo Grotenhermen 

1. Anlage: 
2015 – das Jahr, in dem Deutschland sich beim Thema Cannabis als Medizin bewegt

Dr. med. Franjo Grotenhermen

Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)
Am Mildenweg 6
59602 Rüthen
Telefon: 02952-9708572
E-Mail: info@cannabis-med.org
Webseite: www.cannabis-med.org

Stand: 16. März 2015

Zusammenfassung
Die Bundesregierung plant ein Gesetz, das Verbesserungen bei der Verwendung von Cannabis-Medikamenten bringen soll. Bereits Anfang 2016 soll das Gesetz in Kraft treten. Das Gesetz soll vor allem den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten verhindern, bietet der Politik jedoch die Möglichkeit, ausreichende Lösungen gegen die bisherige Unterversorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bzw. Cannabis zu entwickeln und umzusetzen. Dieser Beitrag analysiert die Motive des Gesetzgebers, skizziert die möglichen groben Linien der geplanten Änderungen und erläutert, warum diese Entwicklungen ein weiterer bemerkenswerter Erfolg im Zuge der bereits 1999 erfolgten Verfassungsbeschwerde ist.


Einleitung
Die Bundesregierung möchte noch in diesem Jahr ein Gesetz durch den Bundestag bringen, das Verbesserungen bei der Verwendung von Cannabis-Medikamenten bringt. Bereits Anfang 2016 soll das Gesetz in Kraft treten. So haben es Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) im Februar 2015 in den Medien angekündigt. – Und (fast) alle begrüßen diese Initiative, bis hin zur Bundesärztekammer.1Die Initiative und die Reaktionen sind so erfreulich, dass man sich nur wundern kann, wieso das Gesetz erst jetzt kommt. Viele sprechen daher von einem überfälligen Schritt.

Die Initiative der Bundesregierung ist der letzte Beweis dafür, dass auch die Bundesregierung nicht mehr daran glaubt, den Erfolg der verwaltungsrechtlichen Klagen einiger Patienten, die sich Medikamente auf Cannabisbasis oder Cannabisblüten aus der Apotheke finanziell nicht leisten können, auf den Eigenanbau ihrer Cannabispflanzen abwenden zu können. Daher wurde das Gesetz bereits als Cannabis-Eigenanbau-Verhinderungsgesetz bezeichnet.2

In den letzten 15 Jahren gab es bei den Verbesserungen beim Zugang zu Cannabis für medizinische Zwecke eine Konstante. Alle Bundesregierungen haben nur das umgesetzt, was unvermeidbar war. Auch diesmal plant die Bundesregierung vermutlich, nur das umzusetzen, was aus ihrer Sicht unvermeidbar ist - und versucht erneut, einen weiteren, von den Patienten langwierig und hart erkämpften Schritt in die richtige Richtung als einen großen Wurf der Politik zu verkaufen. Es sei ihnen gegönnt, denn vielen scheint es in der Tat auch ein Anliegen zu sein.

Die Angst vor dem Eigenanbau bringt die Bundesregierung in Zugzwang
Die genauen Pläne sind bisher nicht bekannt. Herr Gröhe stellte bereits in seinem Interview mit Der Welt klar, dass die Regelung nur für „schwerkranke Menschen, denen nur durch Medizinhanf geholfen werden kann" gilt. Eine solche Regelung gibt es allerdings bereits. Patienten, denen nur mit Cannabisprodukten geholfen werden kann, haben bereits heute die Möglichkeit, eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke zu bekommen. Es ist nicht schwer, aus den bisherigen Informationen die zentralen Eckpunkte des noch für dieses Jahr geplanten Gesetzes herauszulesen.

Es ist offensichtlich, dass die aktuelle Charme-Offensive auf der nun sehr akut gewordenen Angst beruht, das Bundesverwaltungsgericht könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Juli 2014 (Az: 7 K 4447/11) folgen, nach der Patienten der Eigenanbau von Cannabis nicht generell verwehrt werden kann, wenn sie aus finanziellen Gründen keine andere Alternative zu einer ausreichenden und notwendigen Behandlung mit Cannabis haben.3 Der Eigenanbau wäre eine sehr preisgünstige Alternative, den sich die meisten Patienten leisten können.

Warum es nun ganz schnell gehen muss
Bereits im Jahr 2016 könnte das Bundesverwaltungsgericht einigen Patienten das Recht zusprechen, Cannabis für den eigenen Bedarf selbst anzubauen - mit weitreichenden Folgen für die gesamte Dynamik der Antragstellungen an die Bundesopiumstelle. Die Zahl der Anträge würde massiv ansteigen, und vielen müsste der Antrag auf Eigenanbau genehmigt werden.

Das muss aus Sicht der Bundesregierung unbedingt verhindert werden. So treibt Herrn Gröhe nach Presseberichten angesichts des erheblichen juristischen Drucks die Frage um, „wie Missbrauch wirksam verhindert werden kann". Die drogenpolitische Sprecherin der CSU, Emmi Zeulner bestätigt auf ihrer Facebook-Seite die Annahme, dass der Anstoß für das Gesetz die Verhinderung des Eigenanbaus von Cannabis durch Patienten ist: „Um einen aus ordnungspolitischer Sicht problematischen Eigenanbau entgegenzuwirken und zugleich schwerkranken Patienten den Zugang zu medizinischem Cannabis zu ermöglichen, setze ich mich dafür ein, für definierte medizinische Zwecke die Verschreibungs- und Erstattungsfähigkeit von medizinischem Cannabis zu ermöglichen.“4 Eile ist geboten.

Zehn Jahre Untätigkeit bei der Umsetzung eines Richterspruchs
Ein der Bundesregierung missliebiger Richterspruch durch das höchste Verwaltungsgericht der Bundesrepublik würde deutlich machen, dass die Bundesregierung sich seit zehn Jahren weigert, ein Urteil des gleichen Gerichts vom 19. Mai 2005 (BVerwG 3 C 17.0) korrekt umzusetzen.5

Danach könne das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Anträge auf die medizinische Verwendung von Cannabis nicht pauschal ablehnen, wie das in den Jahren davor geschehen war. Dieses Urteil ist die Grundlage für die gegenwärtige Möglichkeit der Beantragung von Ausnahmeerlaubnissen, von denen es nach der jüngsten Auskunft der Bundesopiumstelle 382 gibt.6

Das Bundesverwaltungsgericht betonte damals den hohen Wert des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit. „In das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann nicht nur dadurch eingegriffen werden, dass staatliche Organe selbst eine Körperverletzung vornehmen oder durch ihr Handeln Schmerzen zufügen. Der Schutzbereich des Grundrechts ist vielmehr auch berührt, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gemildert werden kann und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt und aufrechterhalten werden", heißt es im Urteil.

Auf das Argument, Patienten könnten sich auch vom Arzt Dronabinol verschreiben lassen, auch wenn dieses teuer sei und von den Krankenkassen nicht immer erstattet werde, entgegnete das Bundesverwaltungsgericht unmissverständlich: „Der Verweis auf ein Arzneimittel, das weder ohne weiteres verfügbar noch für den normalen Bürger erschwinglich ist, stellt aber keine Alternative dar, die das öffentliche Interesse am Einsatz von Cannabis zur Krankheitsbekämpfung entfallen lässt."

Genau das geschieht aber seit der ersten Ausnahmeerlaubnis. Die Bundesregierung verweigert seit Jahren den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten mit dem Hinweis, dass sie sich Medizinalcannabisblüten in der Apotheke kaufen können, auch wenn sich viele Patienten den Cannabis nicht in dem notwendigen Umfang leisten können. Eine allgemein bekannte Tatsache.

Massenhafte langjährige unterlassene Hilfeleistung
Im Klartext bedeutet das: Diese Bundesregierung und die Vorgängerregierungen haben wissentlich unzureichende Maßnahmen ergriffen, um das Leiden vieler Patienten zu lindern. Hätten wir es hier nicht mit Verwaltungsrecht, sondern mit Strafrecht zu tun, so wäre der Regierung eine massenhafte langjährige unterlassene Hilfeleistung sowie ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verbriefte Recht auf körperliche Unversehrtheit vorzuwerfen.

Bereits 2005 hatte das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass bei Cannabis eine Erlaubnis zum Eigenanbau infrage komme. „Die Entscheidung, einem Patienten den Erwerb oder, was insbesondere bei Cannabis in Betracht kommt, etwa den Anbau zu gestatten, bleibt stets eine Einzelfallentscheidung", hieß es im Urteil vor zehn Jahren.

Es ist absehbar, dass die Richter des Bundesverwaltungsgerichts der Bundesregierung dieses Versagen um die Ohren hauen, wenn, ja wenn der Bundesregierung keine geeigneten gesetzgeberischen Maßnahmen eingefallen wären. 

Wie die Politik den Schein zu wahren sucht
Politiker wollen in der Wählerschaft als aktive Gestalter wahrgenommen werden, die die Nöte der Bürger ernst nehmen, und nicht von höchsten Gerichten schwerwiegende Richterschelten aufgrund von Grundrechtsverletzungen kassieren, und sie wollen auch nicht von Richtern zum Handeln gezwungen werden, sondern zumindest dem Anschein nach Politik selbst gestalten.

Die Eckpunkte des Cannabiseigenanbauverhinderungsgesetzes
Wie könnten also die Pläne der Bundesregierung aussehen? Diese Frage ist nicht schwer zu beantworten, denn sie müssen ganz konkrete Ziele erfüllen. Ein wirksames Cannabis-Eigenanbau-Verhinderungsgesetz muss nach dem gegenwertigen Stand die folgenden drei Punkte beinhalten.

1. Die Krankenkassen müssen verpflichtet werden, die Kosten für eine Behandlung mit Dronabinol oder Sativex zu übernehmen, wenn alle anderen Therapieverfahren ausgeschöpft und nicht ausreichend wirksam sind bzw. zu starke Nebenwirkungen verursachen. Diese Anträge für eine Ausnahmeerlaubnis werden nicht mehr von der Bundesopiumstelle, sondern von den Krankenkassen bzw. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft. In diesem Fall spricht man von Anträgen auf einen Off-Label-Use bzw. No-Label-Use, also um Anträge auf eine Kostenübernahme von Medikamenten durch die Krankenkassen, die nicht für die beantragte Erkrankung bzw. das entsprechende Symptom zugelassen sind.

2. Wenn Dronabinol oder Sativex im konkreten Fall nicht ausreichend wirksam sind, dann und nur dann kommt weiterhin eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Medizinalcannabisblüten aus der Apotheke durch die Bundesopiumstelle infrage. In diesen Fällen müsste die zuständige Krankenkasse ebenfalls die Kosten der Behandlung übernehmen. Anderenfalls müsste möglicherweise doch in vielen Fällen ein Antrag auf Eigenanbau genehmigt werden. Eine alternative Variante wäre die Umstufung der heute mit einer Ausnahmeerlaubnis erhältlichen Cannabisblüten von der Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes der nicht verschreibungsfähigen Substanzen in die Anlage III des Gesetzes, so dass diese dann wie Dronabinol und Sativex verschreibungsfähig würden.7 In diesem Fall würden für die Zukunft Anträge an die Bundesopiumstelle entfallen.

3. Die deutsche Regelung darf im Gegensatz zu Regelungen in anderen Ländern aus Sicht der Bundesregierung keine Liste von Diagnosen enthalten, bei denen die Krankenkassen zur Kostenübernahme verpflichtet werden, sondern der deutsche Gesetzgeber muss alle Fälle abdecken, die bisher durch Ausnahmeerlaubnisse durch die Bundesopiumstelle abgedeckt werden. Daher sind wie bisher Einzelfallüberprüfungen geboten, diesmal durch die Krankenkassen.

Das erkämpfte Gesetz ist ein Grund zum Feiern
Mehr als 10 Jahre lang hat Ute Köhler aus Thüringen für die Kostenübernahme von Dronabinol durch die AOK gekämpft. Die AOK hat mit aberwitzigen Argumenten diese Kostenübernahme abgelehnt. Wider besseres Wissen hat ihre Krankenkasse behauptet, Frau Köhler habe mögliche alternative Behandlungsverfahren zur Linderung ihrer Schmerzen nicht ausgeschöpft.

Diese Geschichte wird nun ein gutes Ende finden. Frau Köhler hat das mehr als verdient. So wie auch andere Patienten, die keine andere Alternative als eine Behandlung mit Dronabinol, Sativex oder Cannabisblüten haben, jetzt hoffen dürfen, dass ihre Krankenkasse die Kosten der Behandlung zukünftig erstatten wird.

Dass die Kostenerstattung für Dronabinol durch Klagen von Patienten auf den Eigenanbau von Cannabisblüten durchgesetzt wurde, ist eine besondere Pointe der Geschichte der medizinischen Cannabisverwendung in Deutschland.

Ein weiterer positiver Effekt könnte in der größeren Bereitschaft von Ärzten liegen, Dronabinol und Sativex und eventuell Cannabisblüten zu verschreiben, auch wenn sie sich dabei mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen herumschlagen müssen. Immerhin ist dem normalen Arzt die Diskussion mit dem MDK vertrauter als die ungewohnte Prozedur bei Anträgen auf eine Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke.

Könnte es auch Verlierer geben?
Es wird sich die Frage stellen, was Patienten machen können, die 1000 oder 2000 mg Dronabinol monatlich benötigen, der Arzt aber nur bereit ist, maximal 500 mg zu verschreiben. Was ist mit all den Patienten, die Cannabisblüten im Wert von monatlich 500 bis 2000 € benötigen? Werden Sie einen Arzt finden, der bereit ist, trotz seiner Arzneimittel-Budget-Sorgen ihnen Cannabis in dem erforderlichen Umfang zu verschreiben? Eine Ausnahmeerlaubnis wie bisher wäre ihnen sicherlich verwehrt, weshalb das neue Gesetz in ihren konkreten Auswirkungen auch viele Verlierer haben könnte.

Es stellt sich auch die Frage, was mit den bisherigen Erlaubnisinhabern für eine Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke geschieht. Wird man jetzt verlangen, dass sie zunächst Dronabinol oder Sativex ausprobieren müssen? Viele haben ihre Ausnahmeerlaubnis erhalten, weil die Krankenkasse eine Kostenübernahme für Dronabinol abgelehnt hat.

Die Zweiklassenmedizin bleibt bestehen
Die Ausführungen von Herrn Gröhe und Frau Mortler machen deutlich, dass es auch nach Umsetzung des Gesetzes weiterhin nicht in der Hand von Arzt und Patient liegen soll, ob eine Therapie mit Cannabisprodukten durchgeführt werden soll oder nicht. Denn eine solche Therapie wird nur bezahlt, wenn keine Behandlungsalternativen bestehen.

Darüber hinaus können sich weiterhin nur vermögende Patienten Medikamente auf Cannabisbasis leisten. Die anderen Patienten werden bei chronischen Schmerzen weiterhin gezwungen sein, Opiate einzunehmen, auch wenn Arzt und Patient der Ansicht sind, eine Therapie mit Cannabis wäre langfristig mit weniger Nebenwirkungen assoziiert. Sie müssen weiterhin bei Rheuma und anderen schweren chronisch-entzündlichen Erkrankungen Immunsuppressiva wie Cortison und Methotrexat mit schwerwiegenden Langzeitnebenwirkungen einnehmen, auch wenn Arzt und Patient der Auffassung sind, dass Cannabisprodukte sinnvoller wären.

Es ist nicht beabsichtigt, die Zweiklassenmedizin in diesem Bereich aufzuheben.

Alle repräsentativen Umfragen zum Thema Cannabis als Medizin der letzten Jahre zeigen, dass eine große Mehrheit der Wählerschaft für deutliche Verbesserungen beim Zugang zu Cannabis als Medizin ist. Die Umfragen zeigen auch, dass die Bevölkerung zwischen der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten und der generellen Legalisierung der Droge unterscheidet. 

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer ausreichenden medizinischen Versorgung mit Cannabisprodukten
Die zu erwartenden Verbesserungen beim Thema Cannabis als Medizin sind ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis.

Dieser Schritt ist ein Grund zur Freude. Es handelt sich immer noch um einen positiven Nachhall der Bundesverfassungsbeschwerde aus dem Jahr 1999 mit den nachfolgenden juristischen Erfolgen von Patienten und ihren Anwälten vor den Verwaltungsgerichten.

Vom Gesetzgeber könnte mehr Mut erwartet werden, als nur einem gefürchteten Richterspruch vorzubeugen. "Habt keine Angst vor Cannabis als Medizin!", möchte man den Parlamentariern in Berlin zurufen. "Die bundesrepublikanische Bevölkerung ist reif für größere Schritte."

Bundestagsabgeordnete, die sich freuen, etwas tun zu dürfen, weil sie es müssen
Das Thema Cannabis als Medizin erfreut sich in allen Fraktionen zunehmender Sympathien, die Probleme der schwerkranken Patienten finden zunehmend Beachtung. Es gibt in den Regierungsfraktionen auch heute bereits viele Mitglieder, die sich darüber freuen, dass sie jetzt etwas machen dürfen, weil sie es jetzt machen müssen. Das macht Mut, dass diesem Schritt, der häufig mit dem Adjektiv "überfällig" charakterisiert wird, in der Zukunft noch weitere folgen werden.

Literaturliste
Blog von Franjo Grotenhermen in Huffington Post. Verfügbar unter: http://www.huffingtonpost.de/franjo-grotenhermen/cannabis-eigenanbau-bundesregierung_b_6652830.html
Die Welt vom 3. Februar 2015. Verfügbar unter: http://www.welt.de/newsticker/news1/article137055755/Cannabis-Konsum-fuer-Schwerkranke-soll-erleichtert-werden.html
Facebook-Seite von MdB Emmi Zeulner (CSU). Zitiert in den ACM-Mitteilungen vom 28. Februar 2015. Verfügbar unter: http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=175#6
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-382-schmerzpatienten-erhalten-es-legal-a-1021659.html
Informationen zum Urteil des Verwaltungsgerichts auf der IACM-Webseite: http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de#vg_koeln
Informationen zum Urteil unter: http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de#2005
Siehe Zitat von Frau Zeulner unter: http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=176#2

        
1         Die Welt vom 3. Februar 2015. Verfügbar unter:         http://www.welt.de/newsticker/news1/article137055755/Cannabis-Konsum-fuer-Schwerkranke-soll-erleichtert-werden.html
        
2         Blog von Franjo Grotenhermen in Huffington Post. Verfügbar unter:         http://www.huffingtonpost.de/franjo-grotenhermen/cannabis-eigenanbau-bundesregierung_b_6652830.html
        
3         Informationen zum Urteil des Verwaltungsgerichts auf der         IACM-Webseite:         http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de#vg_koeln
        
4         Facebook-Seite von MdB Emmi Zeulner (CSU). Zitiert in den         ACM-Mitteilungen vom 28. Februar 2015. Verfügbar unter:         http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=175#6
        
5         Informationen zum Urteil unter:         http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de#2005
        
6         http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-382-schmerzpatienten-erhalten-es-legal-a-1021659.html
        
7         Siehe Zitat von Frau Zeulner unter:         http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=176#2


2. Anlage

Der Stand der medizinischen Versorgung mit Cannabis und Cannabinoiden in Deutschland


Dr. med. Franjo Grotenhermen


Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)
Am Mildenweg 6
59602 Rüthen
Telefon: 02952-9708572
E-Mail: info@cannabis-med.org
Webseite: www.cannabis-med.org


Stand: 16. März 2015




Zusammenfassung
In Deutschland können einige Medikamente auf Cannabisbasis auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Zudem besteht die Möglichkeit einer Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke. Etwa 5.000 bis 10.000 Patienten erhalten in Deutschland eine Therapie mit Dronabinol oder Sativex, etwa 400 besitzen eine Ausnahmeerlaubnis. Die Bundesregierung hat angekündigt, die Möglichkeiten der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten in Deutschland zu verbessern. Ein entsprechendes Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden, sodass es 2016 in Kraft treten kann. Diese Thematik wird in einem gesonderten Beitrag dieser Ausgabe behandelt.  


        
1. Verschreibung von Cannabismedikamenten mittels BTM-Rezept
Fertigarzneimittel mit den Wirkstoffen Nabilon (Cesamet®) und Dronabinol (Marinol®) sind in den USA und Großbritannien sowie anderen Ländern im Verkehr und können auf Grundlage des § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) auch in Deutschland rezeptiert werden. Die Kosten für das Fertigarzneimittel Marinol® sind jedoch höher als die für Rezepturarzneimittel, die Dronabinol enthalten.  
Grundsätzlich können Ärzte aller Fachrichtungen – ohne besondere Zusatzqualifikation – Dronabinol (sowohl als Fertig- als auch als Rezepturarzneimittel), Nabilon und der Cannabisextrakt Sativex auch außerhalb der zugelassenen Indikationen (off-label) im Rahmen eines individuellen Heilversuchs verordnen, wenn sich Arzt und Patient hiervon einen Nutzen versprechen.  
Eine solche off-label Behandlung mit Cannabismedikamenten wird in der täglichen Praxis allerdings dadurch erschwert, dass die gesetzlichen Krankenkassen meist eine Kostenübernahme ablehnen. Die monatlichen Kosten für eine Behandlung mit Dronabinol belaufen sich bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 10-15 mg auf etwa 250 bis 400 €, die von den Patienten im Allgemeinen selbst aufgebracht werden müssen.


2. Behandlung mit Cannabis auf Grundlage einer Ausnahmeerlaubnis nach BtMG
Alternativ können Patienten bei der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten zur Anwendung im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie beantragen. Eine solche Erlaubnis ist nach dem Gesetz zwar "nur für wissenschaftliche oder andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke" möglich. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 19. Mai 2005 festgestellt, dass auch die medizinische Versorgung der Bevölkerung ein solches „öffentliches Interesse“ darstellt. Im Antrag muss der Patient darlegen, dass andere Therapien nicht ausreichend wirksam waren und eine Behandlung mit anderen Cannabismedikamenten nicht möglich ist, etwa weil die Kosten einer Behandlung mit verschreibungsfähigen Cannabismedi­kamenten nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Dem Antrag muss zudem eine ärztliche Stellungnahme beigefügt werden.
Nach Erteilung der Erlaubnis wird das im Auftrag des niederländischen Gesundheitsministeriums von einem niederländischen Unternehmen hergestellte Cannabiskraut an eine vom Patienten benannte deutsche Apotheke geliefert. Die Kosten für diese Behandlung müssen vom Patienten getragen werden. Cannabisblüten aus der Apotheke kosten etwa 15-25 € pro Gramm. Bei einem Tagesbedarf von 0,5-1 g ergeben sich monatliche Kosten von etwa 300 bis 600 €.


3. Der medizinische Bedarf an Medikamenten auf Cannabisbasis
Es liegen keine zuverlässigen Schätzungen zur Zahl der Patienten in Deutschland, die Canna­bisprodukte aus medizinischen Gründen verwenden bzw. von einer Verwendung profitieren würden, vor. Es existieren jedoch einige Daten zur Verwendung von Medikamenten auf Cannabisbasis aus anderen Ländern, die eine Abschätzung der Größenordnung des Bedarfs ermöglichen.  
3.1 Dronabinol und Nabilon
Nach Insight Health (http://www.insight-health.de/) wurden im Jahr 2013 insgesamt 10.800 Einheiten Dronabinol mit einem Gesamtwert von 1,3 Mio. Euro abgegeben. Diese Daten liegen vermutlich etwas höher, da weitgehend nur der Großhandel berücksichtigt wird und Dronabinol vom Hersteller THC Pharm direkt an die Apotheken geliefert wird. Unter der Annahme eines Umsatzes im Gesamtwert von 2 Millionen Euro und einem Abgabepreis an die Apotheken von 90 € für 250 mg wurden von den beiden Herstellern in Deutschland (THC Pharm und Bionorica Ethics) etwa 5,5 kg an deutschen Apotheken abgegeben. Nabilon kommt wegen seines höheren Preises nur selten zum Einsatz.
Bei einem angenommenen Tagesbedarf von 15 mg Dronabinol werden jährlich von einem Patienten etwa fünf Gramm Dronabinol benötigt, sodass unter dieser Annahme mit 5,5 kg Dro­nabinol etwa 1100 Patienten kontinuierlich versorgt werden können. Die Kosten der Behandlung werden durch die Krankenkassen nur selten erstattet, da Dronabinol in Deutschland arzneimittelrechtlich nicht zugelassen ist und daher keine Erstattungspflicht besteht.


3.2 Sativex
Seit 2011 ist in Deutschland der Cannabisextrakt Sativex (Hersteller: GW Pharmaceuticals; Vermarktung in Deutschland durch Almirall) für die Behandlung mittelschwerer bis schwerer Spastik bei erwachsenen Patienten mit Multipler Sklerose, bei denen andere Behandlungsverfahren nicht ausreichend wirksam sind, arzneimittelrechtlich zugelassen. Nur für diese Indikation sind die Krankenkassen zu einer Kostenübernahme verpflichtet. Nach Insight Health (http://www.insight-health.de/) wurden im Jahr 2013 insgesamt 16.200 Einheiten verkauft. Eine Einheit enthält 810 mg Dronabinol. Unter der Annahme eines durchschnittlichen Monatsverkaufs von 1350 Einheiten und eines Tagesbedarfs von 15 mg Dronabinol (THC) wurden 2430 Patienten mit Sativex behandelt.


3.3 Cannabis
In Kanada, den Niederlanden, Israel und 20 Staaten der USA ist die medizinische Verwendung von Cannabis mit einer ärztlichen Empfehlung bzw. Verordnung erlaubt.
In Kanada (Einwohnerzahl: 33 Millionen) besaßen im Dezember 2013 37,884 Personen eine Erlaubnis zum Besitz von Cannabis für medizinische Zwecke nach den Marihuana Medical Access Regulations (MMAR) sowie 24,990 Personen eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke für sich selbst und 3,896 eine Erlaubnis für den Anbau für einen bestimmten Patienten.1 Danach besaßen 0,11 % der Bevölkerung oder 1148 von 1 Million eine Erlaubnis zum Besitz von Cannabis für medizinische Zwecke. Es wird in den kommenden Jahren eine deutliche Steigerung der Patientenzahl erwartet. Am 1. Oktober 2013 begann Kanada entsprechend eines neuen Gesetzes mit dem Aufbau einer kontrollierten privaten medizinischen Cannabis-Industrie. Es wird erwartet, dass langfristig etwa 500.000 Kanadier eine Erlaubnis zur medizinischen Verwendung von Cannabis erhalten werden.2Im Jahr 2013 überstieg die Zahl der Patienten in Israel, die Cannabis zu medizinischen Zwecken verwenden dürfen, 12.000 (bei einer Einwohnerzahl von 8,0 Millionen).3 Dies entspricht 0,15 % der Bevölkerung. In den kommenden Jahren wird eine Gesamtzahl von 40.000 Patienten oder 0,5 % der Bevölkerung erwartet.
In den Vereinigten Staaten dürfen im Staat Oregon 69,865Personen Cannabis für medizinische Zwecke besitzen (Stand: 1. Januar 2015).4 Dies entspricht bei einer Einwohnerzahl von 3,4 Millionen etwa 2,1 % der Bevölkerung oder 21.000 von 1 Million.
Demnach verwenden zwischen etwa 0,1 und 2 % der Bevölkerung Cannabis aus medizinischen Gründen oder würden ihn verwenden, wenn dies möglich wäre, was für Deutschland 80.000 bis 1,6 Millionen Patienten entspricht.
In Deutschland besitzen nur sehr wenige Patienten – etwa 400 – eine Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke.  
Am 03. März 2015 besaßen 382 Patienten und Patientinnen eine solche Ausnahmeerlaubnis.5 Die Verteilung nach Bundesländern zeigt große regionale Unterschiede:
Baden-Württemberg:                 62
Bayern:                         84
Berlin:                         18
Brandenburg:                         5
Bremen:                         1
Hamburg:                         8
Hessen:                         26
Mecklenburg-Vorpommern:         1
Niedersachsen:                 28
Nordrhein-Westfalen:         93
Rheinland-Pfalz:                 23
Saarland:                         7
Sachsen:                         4
Sachsen-Anhalt:                 1
Schleswig-Holstein:                 16
Thüringen:                         5


Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Mai 2005 hatten nach Angaben des BfArM insgesamt 698 Patientinnen und Patienten eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um Cannabis in einer medizinisch betreuten Selbsttherapie einsetzen zu können. 424 Anträge seien akzeptiert worden, 42 der Patienten sind dem BfArM zufolge aber inzwischen verstorben oder haben ihre Erlaubnis zurückgegeben.
Die Zahl der Ausnahmeerlaubnisse hat im Jahr 2014  deutlich zugenommen. Am 14. Januar 2014 war 241 Patientinnen und Patienten eine solche Erlaubnis erteilt worden6 In der überwiegenden Zahl wurden die Anträge mit den nachfolgend aufgeführten Krankheitsbildern bzw. Krankheitssymptomen begründet, wobei häufig mehrere Erkrankungen gleichzeitig vorlagen und somit Doppelnennungen möglich sind. Die Verteilung der Erlaubnisinhaber war im Januar 2014:
– (chronische) Schmerzen: 149 Patientinnen und Patienten,
– Multiple Sklerose: 47 Patientinnen und Patienten,
– Tourette-Syndrom: 17 Patientinnen und Patienten,
– Depressive Störungen: 21 Patientinnen und Patienten,
– ADHS: 21 Patientinnen und Patienten."


Zu den einzelnen Diagnosen von Erlaubnisinhabern zählen heute:
Allergische Diathese, Angststörung, Appetitlosigkeit und Abmagerung (Kachexie), Armplexusparese,  Arthrose,  Asthma,   Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus, Barrett-Ösophagus, Blasenkrämpfe nach mehrfachen Operationen im Urogenitalbereich, Blepharospasmus,   Borderline-Störung,  Borreliose, Chronische Polyarthritis, Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS), Chronisches Schmerzsyndrom nach Polytrauma, Chronisches Wirbelsäulensyndrom, Cluster-Kopfschmerzen, Colitis ulcerosa, Depressionen, Epilepsie, Failed-back-surgery-Syndrom, Fibromyalgie, Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie mit Schmerzzuständen und Spasmen,  HIV-Infektion, HWS- und LWS-Syndrom,   Hyperhidrosis, Kopfschmerzen,  Lumbalgie, Lupus erythematodes,  Migraine accompagnée,   Migräne, Mitochondropathie, Morbus Bechterew, Morbus Crohn,  Morbus Scheuermann, Morbus Still, Morbus Sudeck, , Multiple Sklerose, Neurodermitis,  Paroxysmale nonkinesiogene Dyskinese (PNKD), Polyneuropathie, Posner-Schlossmann-Syndrom,  Posttraumatische Belastungsstörung, Psoriasis (Schuppenflechte), Reizdarm, Rheuma (rheumatoide Arthritis), Sarkoidose, Schlafstörungen,  Schmerzhafte Spastik bei Syringomyelie,  Systemische Sklerodermie, Tetraspastik nach infantiler Cerebralparese,  Thalamussyndrom bei Zustand nach Apoplex,  Thrombangitis obliterans, Tics, Tinnitus, Tourette-Syndrom, Trichotillomanie, Urtikaria unklarer Genese, Zervikobrachialgie,  Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma,  Zwangsstörung.


4. Zu Argumenten gegen eine Erlaubnis zur medizinischen Verwendung von Cannabis
Das wichtigste Argument für die anhaltende Kriminalisierung von Patienten, die sich Cannabisprodukte aus der Apotheke nicht leisten können, ist die Behauptung, dass Patienten vor nicht qualitätsgeprüften Cannabisprodukten geschützt werden sollten.
Von einem Arzneimittel aus der Apotheke muss man erwarten können, dass die Inhaltsstoffe des Präparates angegeben sind, ihre Konzentrationen bekannt sind und keine Verunreini­gungen bestehen. Das soll und muss nach Auffassung der ACM auch für Arzneimittel auf Cannabis- oder Cannabinoidbasis aus der Apotheke gelten.
Die Forderung, dass Patienten, die (illegalisierten) Cannabis aus medizinischen Gründen ver­wenden, nicht länger einer Strafverfolgung ausgesetzt sein dürfen, bezieht sich nicht auf Arz­neimittel aus der Apotheke. Die betroffenen Patienten wissen, dass sie, wenn sie selbst ange­bauten Cannabis verwenden, kein Arzneimittel nach dem Arzneimittelrecht einnehmen. Darauf hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 19. Mai 2005 hingewiesen, indem es zur Legitimierung der Verwendung von selbst angebautem Cannabis ausführt: "Dabei ist sich der Betroffene bewusst, dass es keinerlei Gewähr für die therapeutische Wirksamkeit des eingesetzten Betäubungsmittels gibt."7
Wenn gegen die Verwendung von Dronabinol und von Cannabis mit einer arzneilichen Qualität rechtlich nichts einzuwenden ist, so würde sich die Aufrechterhaltung der Strafbarkeit der medizinischen Verwendung von Cannabis ohne arzneiliche Qualität nicht gegen die Ver­wendung von Cannabis selbst, sondern gegen seine mangelnde Qualität (beispielsweise Verunreinigung mit Pestiziden, fehlende Standardisierung auf wichtige Inhaltsstoffe) richten. Die Verwendung von Cannabis wäre danach grundsätzlich nicht strafbar, sondern man möchte mit dem Strafrecht gegen die Verwendung von  Pestiziden und anderen Qualitätsmängeln vorgehen. Da diese möglicherweise mangelhafte Qualität in anderen Lebensbereichen der Selbstversorgung (zum Beispiel beim Anbau von Tabak oder Gemüse im eigenen Garten) keine strafrechtliche Rolle spielt, ist diese Position unhaltbar.  
Zudem sei an dieser Stelle betont, dass der Grund für mögliche schädliche Beimengungen die gegenwärtige Rechtslage ist, die viele Patienten zwingt, sich auf dem Schwarzmarkt mit Cannabis zu versorgen. Sobald ein Patient eine Genehmigung zum Import von Cannabis aus den Niederlanden oder zum Eigenanbau besitzt, wird er die Möglichkeit haben, ein qualitativ hochwertiges Produkt aus einer niederländischen Apotheke erwerben zu können oder ein biologisch hochwertiges Produkt selbst anzubauen.


5. Zweiklassenmedizin beim Einsatz von Cannabisprodukten
Die Verwendung von Dronabinol, Nabilon oder Sativex erfordert entweder eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse, die mit Ausnahme von Sativex bei der Indikation Spastik bei multipler Sklerose überwiegend verweigert wird, oder eine Selbstfinanzierung des Medika­mentes. Auch Cannabis aus der Apotheke ist für viele Patienten nicht erschwinglich. Ausnahmege­nehmigungen zum preiswerteren Eigenanbau von Cannabis wurden von der Bundesopiumstelle bis­her nicht erteilt.
Daher sind vermögende Patienten in Deutschland hinsichtlich der Möglichkeiten der medizini­schen Nutzung von Cannabisprodukten deutlich besser gestellt als weniger vermö­gende Pati­enten. Es besteht daher in diesem Bereich eine Zweiklassenmedizin. Dies wurde bereits auch von einigen Strafgerichten im Zusammenhang mit einem Vorwurf des illegalen Cannabisbesitzes bzw. Eigenanbaus durch chronisch Kranke entsprechend berücksichtigt. Denn es wurden bereits einige Patienten vom Vorwurf des illegalen Cannabisanbaus aus Notstandsgesichtspunkten freigesprochen, die sich die verschreibungsfähigen Cannabinoide und auch die Cannabisblüten aus der Apotheke finanziell nicht leisten konnten.8


6. Schlussfolgerung: Unterversorgung der deutschen Bevölkerung
Die Fakten zeigen, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis unzureichend ist und vom Vermögen der Patienten abhängt. Zudem können gelegentlich angeführte Argumente gegen die dringend notwendige Verbesserung der gesundheitlichen Lage der betroffenen Patienten nicht überzeugen.
Nach den vorliegenden Daten erhalten in Deutschland weniger als 4000 Patienten eine Behandlung mit einzelnen Cannabinoiden, Cannabisextrakten oder Cannabisblüten. Dies bedeutet, dass gemessen am Bedarf, wie er in Ländern wie Kanada, Israel und einigen Staaten der USA ermittelt wurde, nur ein Bruchteil der Patienten, die eine solche Behandlung benötigen, Zugang zu einer entsprechenden Therapie haben. Der in diesen Ländern ermittelte Bedarf beläuft sich auf 0,1-2 % der Bevölkerung oder 80.000 bis 1,6 Millionen Patienten in Deutschland. Es besteht daher eine deutliche Unterversorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis.


Literaturliste
ACM-Mitteilungen vom 25. Januar 2014. Verfügbar online unter: http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=145&search_pattern=149#1.
BverwG 3 C 17.04 vom 19.5.2005. Verfügbar online unter: http://www.bundesverwaltungsgericht.de (Abgerufen am 10.02.2014).
Fischer B, Kuganesan S, Room R. Medical Marijuana programs: implications for cannabis control policy--observations from Canada. Int J Drug Policy 2015;26(1):15-9.
IACM-Webseite. http://www.cannabis-med.org/german/bulletin/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=391#10 (Abgerufen am 10.02.2014).
Kanadisches Gesundheitsministerium (Health Canada). Stakeholder Statistics. Verfügbar online unter: http://www.hc-sc.gc.ca/dhp-mps/marihuana/stat/index-eng.php (Abgerufen am 10.02.2014).
Oregon Department of Human Services. Oregon Medical Marijuana Program (OMMP). Statistics. Verfügbar online unter: http://public.health.oregon.gov/DiseasesConditions/ChronicDisease/MedicalMarijuanaProgram/Pages/data.aspx (Abgerufen am 10.02.2014).
Spiegel Online vom 3. März 2015. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-382-schmerzpatienten-erhalten-es-legal-a-1021659.html.
Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 2004 (3 Ss 187/03). Pressemitteilung verfügbar unter: http://www.cannabis-med.org/german/germany/olg_karlsruhe.pdf. Weitere Urteile zum Thema Cannabis als Medizin finden sich hier: http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de.


        
1         Kanadisches Gesundheitsministerium (Health Canada): Stakeholder         Statistics. Verfügbar online unter:         http://www.hc-sc.gc.ca/dhp-mps/marihuana/stat/index-eng.php
        
2         Fischer B, Kuganesan S, Room R. Medical         Marijuana programs: implications for cannabis control         policy--observations from Canada. Int J Drug Policy 2015;26(1):15-9.
        
3         IACM-Webseite.         http://www.cannabis-med.org/german/bulletin/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=391#10
        
4         Oregon Department of Human Services. Oregon         Medical Marijuana Program (OMMP). Statistics. Verfügbar         online unter:         http://public.health.oregon.gov/DiseasesConditions/ChronicDisease/MedicalMarijuanaProgram/Pages/data.aspx
        
5         http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-als-medizin-382-schmerzpatienten-erhalten-es-legal-a-1021659.html
        
6         http://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=145&search_pattern=149#1
        
7         BverwG 3 C 17.04 vom 19.5.2005. Verfügbar online unter:         http://www.bundesverwaltungsgericht.de
        
8         Vgl. Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 2004 (3 Ss         187/03). Pressemitteilung verfügbar unter:         http://www.cannabis-med.org/german/germany/olg_karlsruhe.pdf.


3. Anlage

An die Mitglieder
des Petitionsausschusses
des Deutschen Bundestags



17. März 2015

Ergänzende Erläuterungen zur Petition zum Thema Cannabis als Medizin

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, meine Petition in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses zu erläutern bzw. einen Vertreter zu benennen, der dies für mich übernehmen wird, obwohl das Quorum von 50.000 Unterstützern verfehlt wurde.

Ich möchte vor der Sitzung auf Einladung des Ausschussdienstes die Gelegenheit nutzen, meine Petition weitergehend zu erläutern und insbesondere einige Problembereiche der medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten in Deutschland ansprechen.

Die zwei Elemente der Petition
Die Petition ist bewusst nicht sehr konkret gehalten, weil es verschiedene Möglichkeiten gibt, die darauf abzielen können, die medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bzw. Cannabis zu verbessern. Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile einen Konsens besteht, dass solche Verbesserungen sinnvoll und notwendig sind, und dass wir uns in einem ähnlichen Diskussionsprozess befinden wie vor 30-40 Jahren, als es um Mängel bzw. notwendige Verbesserungen in der Palliativmedizin und Schmerztherapie ging.

Ein Element der Petition bezieht sich auf die Kostenübernahme bzw. die häufig hohen Kosten einer Therapie mit Cannabisprodukten (Cannabinoid-Medikamente, Medizinalcannabisblüten) aus der Apotheke. In diesem Bereich hat die Bundesregierung bereits deutlich gemacht, durch ein Gesetzesvorhaben Verbesserungen zu bewirken. Den Äußerungen des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe und der Drogenbeauftragten Marlene Mortler ist zu entnehmen, dass die Kosten dann übernommen werden sollen, wenn eine entsprechende Therapie notwendig ist. Es sei nicht einfach, in einem Gesetz festzuhalten, unter welchen Voraussetzungen eine Therapie wirklich notwendig ist. In der Praxis zeigt sich, dass eine Behandlung mit Cannabisprodukten auch dann sinnvoll ist, wenn nicht bereits alle anderen Therapieverfahren bei der jeweiligen Indikation ausgeschöpft sind, wenn also noch nicht die strengen Kriterien für eine Ausnahmeerlaubnis durch die Bundesopiumstelle erfüllt sind (siehe unten).

Diese Tatsache führt zum zweiten Element der Petition. Dieser zweite Punkt bezieht sich auf Situationen, in denen die Krankenkassen die Kosten einer Behandlung nicht übernehmen, der behandelnde Arzt jedoch in Absprache mit dem Patienten eine solche Behandlung für notwendig erachtet, um unter Nutzen-Risiko-Bewertungen eine optimale Therapie sicherzustellen. In diesen Fällen kommt grundsätzlich die Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis infrage. Dieser große Bereich der Therapie mit Cannabisprodukten droht damit weiterhin den Bedingungen einer Zweiklassenmedizin in Abhängigkeit von den finanziellen Möglichkeiten des Patienten zu liegen. Wir sprechen hier in Abhängigkeit von der Dosis von sehr variablen Kosten im Bereich zwischen 100 und 2500 € monatlich. Es gibt sicherlich auch in anderen Bereichen der Medizin Versorgungsunterschiede in Abhängigkeit von den monetären Ressourcen der Betroffenen. Allerdings kann man sich in diesen Bereichen normalerweise das gewünschte, jedoch in der Apotheke nicht erschwingliche Medikamente zuhause im Blumentopf anpflanzen. Um den Gesetzgeber eine Brücke zu bauen, schlagen wir keine Legalisierung der medizinischen Cannabisverwendung in diesen Fällen vor, jedoch analog dem Paragraph 31 A des Betäubungsmittelgesetzes, der die Einstellung von Strafverfahren bei "geringer Schuld", d.h. im Allgemeinen beim Besitz geringer Mengen von Cannabis, vorsieht, die Einführung eines Paragraphen 31 B, der ebenfalls die Einstellung eines Strafverfahrens bei "geringer Schuld" aufgrund einer ärztlich begründeten medizinischen Selbsttherapie vorsieht. Wir sind der Auffassung, dass Patienten, die Cannabis aus medizinischen Gründen mit Unterstützung eines Arztes verwenden, auch wenn sie nicht die strengen Kriterien der noch nicht näher gesetzlich definierten "Notwendigkeit" einer entsprechenden Therapie erfüllen, nicht vor den Richter gehören. 
Wenn es um diese Frage des Eigenanbaus geht, wird von politischer Seite oft argumentiert, dass man Patienten nicht einem nicht standardisierten Präparat aussetzen sollte. Das ist ein weltfremder und praxisferner Ansatz, weil diese Betroffenen nicht die Wahl zwischen einem standardisierten Präparat aus der Apotheke und einem nicht standardisierten Präparat haben. Jeder Bundesbürger darf in Deutschland seinen nicht standardisierten Tabak anbauen, sein Bier herstellen, sein Gemüse anbauen. Keiner fragt bei dieser Art der Selbstversorgung nach Standardisierung, weil es auf eigene Gefahr geschieht. Die Pestizide im selbst angebauten Cannabis sind nicht gefährlicher als in der Zucchini aus dem eigenen Garten. Der unbekannte THC-Gehalt ist nicht gefährlicher als die unbekannte Alkohol-Konzentration im eigenen Apfelwein. Die Frage ist, ob jemand dafür bestraft werden sollte bzw. darf, wenn er versucht, sich mangels Alternativen mit ärztlicher Begleitung so gut es geht, selbst zu helfen.

Die gute und die problematische Seite des Systems der Ausnahmeerlaubnisse durch die Bundesopiumstelle
Es gibt Länder, in denen Cannabisprodukte nur bei bestimmten Indikationen, die relativ gut erforscht sind, verordnet oder vom Arzt empfohlen werden dürfen. In Deutschland ermöglicht das System der Ausnahmeerlaubnisse, dass Patienten, die an weniger gut erforschten Indikationen leiden, eine Möglichkeit zu einem legalen Zugang zu ihrer wirksamen Medizin zu erhalten. Es ist sehr gut, dass in Deutschland eine solche Möglichkeit geschaffen wurde. Beispielsweise gibt es keine klinischen Studien zur Verwendung von Cannabisprodukten bei Reizdarm, Migräne oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung), die Berichte von Patienten über die Linderung ihrer Leiden durch Cannabisprodukte, sind aber häufig sehr eindrücklich. Eine wirksame Behandlung mit Cannabisprodukten entscheidet dabei nicht selten zwischen Berufsfähigkeit und Berufsunfähigkeit mit Bezug staatlicher Transferleistungen.
Die problematische Seite dieses Systems ist die Forderung, dass in einem Arztbericht dargelegt werden muss, das übliche Behandlungsverfahren nicht ausreichend wirksam sind oder starken Nebenwirkungen verursachen. Häufig wäre aus ärztlicher Sicht und nach meiner langen Erfahrung auch dann eine Therapie mit Cannabisprodukten auch dann ein legaler Zugang zu einer solchen Therapie erforderlich, wenn diese Kriterien nicht erfüllt werden. Ich möchte das an drei Beispielen erläutern:
– Ein nicht unerheblicher Anteil der Patienten, die von Cannabisprodukten profitieren, leidet an verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Morbus Bechterew, et cetera. Die Standardtherapie besteht in Immunsuppressiva (Cortison, Methotrexat, Azathioprin) und seit einigen Jahren immunmodulatorischen Biologika, wie beispielsweise Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha-Hemmer. Diese können, insbesondere wenn sie über Jahre und Jahrzehnte eingenommen werden, starke bis hin zu tödlichen Nebenwirkungen verursachen. Wenn Cannabis in diesen Fällen wirksam ist, würde ich aufgrund der guten Langzeitverträglichkeit von Cannabisprodukten aus ärztlicher Sicht dazu raten. Ich kenne viele Patienten, die keine Chance auf eine Ausnahmeerlaubnis haben, aber das medizinisch richtige, aber verbotene tun.
– Wie viele der vielen Antidepressiva muss man ausprobiert haben und wie lange muss die Therapie gedauert haben, bevor man als austherapiert gilt? Und welche Zeiträume einer unzureichenden Therapie müssen Patienten durchstehen, die bereits wissen, dass sie mit Cannabisprodukten sehr gut stabilisiert sind?
– In der Schmerztherapie bedeutet die Forderung nach Austherapiertheit die mangelnde Wirksamkeit bzw. unzureichende Verträglichkeit von Schmerzmitteln der WHO-Stufen I-III, also inklusive starker Opiate. Ich verstehe jeden Schmerzpatienten, der Cannabis starken Opiaten vorzieht, weil er nach jahrelanger Verwendung geringere Entzugssymptome erwarten kann, bei geringen Schmerzen die Therapie auch vorübergehend unterbrechen sowie die Dosis in Abhängigkeit von der Schmerzintensität besser variieren kann.
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