AG Drogenpolitik/Bundestagswahl 2013/Diamorphin
Parteiposition 'DIAMORPHIN-PROGRAMME' (Entwurf)
Diskussion und Anregungen zu diesem Antrag bitte HIER.
Antragstext
Der Parteitag möge beschließen, dass im Abschnitt "Drogen- und Suchtpolitik" des Wahlprogramms des Bundesverbandes für die BTW 2013 der folgende Abschnitt eingefügt wird:
Zur Behandlung bei Heroinabhängigkeit werden zur Zeit vorrangig Substitutionstherapien angeboten. Die hierzu eingesetzten Ersatzstoffe haben nur eine geringe psychoaktive Wirkung. Daher werden viele Betroffene gar nicht erreicht. Selbst Menschen, die sich in Therapie befinden, weisen oft einen problematischen Beikonsum auf. Dieser birgt hohe Risiken und kann Grund für Abbruch der Therapie oder Ausschluss des Klienten sein.
Bei einer Behandlung mit Diamorphin hingegen bleiben mehr Klienten im Programm. Ihr Gesundheitszustand verbessert sich, der Konsum von Strassenheroin und Beschaffungsdelikte gehen zurück, und viele finden Arbeit und Wohnung. Die Kosten-/Nutzen-Betrachtung des Diamorphin-Programms fällt gegenüber Methadon-Programmen positiv aus.
Auf Basis dieser Ergebnisse muss kontrolliert verabreichtes Diamorphin als Medikament im Rahmen einer wirksamen Therapie betrachtet und als weiterer niedrigschwelliger Baustein in der Behandlung Suchtkranker etabliert werden.
Die PIRATEN fordern:
- Die derzeit hohen Zugangshürden zu Diamorphin-Programmen müssen abgebaut werden. Mehr Konsumenten, auch solche mit weniger schädlichen Konsummustern, müssen Zugang erhalten.
- Nicht nur Ärzte, sondern auch das medizinisches Personal, Therapeuten und Mitarbeiter der sozialen Dienste, die mit diamorphinbehandelten Klienten arbeiten, müssen zur fachbezogenen Weiterbildung verpflichtet werden.
- Neben Injektion müssen auch Inhalation und orale Einnahme in Tablettenform zugelassen werden.
- Es müssen mehr Einrichtungen geschaffen werden, die Diamorphinbehandlungen durchführen. Die aktuellen Vorgaben für die Einrichtungen müssen überarbeitet werden.
- Eine intensive psychosoziale Betreuung und bei Bedarf ein Therapieangebot für die Klienten muss sichergestellt werden.
Begründung
Nicht die Droge lässt Süchtige verelenden oder kriminell werden, sondern die seit 30 Jahren praktizierte Drogenpolitik. Es ist Zeit neue Wege zu gehen.
Die Behandlung chronisch opiatabhängiger Menschen mit Diamorphin (Heroin) kann Leben retten.
In 2010 gab es ca. 150.000 statistisch erfasste opiatabhängige Menschen in Deutschland. Die Dunkelziffer ist nicht bekannt. ( 3 ) 77.400 Klienten befanden sich in Substitution. ( 4 ), 11.740 in einer Suchtrehabilitationsbehandlung ( 5 ). Daraus folgt, dass ca. 60.000 Heroinabhängige nicht behandelt wurden. Wissenschaftler gehen davon aus, das mindstens 20% dieser unbehandelten Opiatabhängigen mit dem Behandlungsangebot Diamorphinbehandlung erreicht werden könnten und von ihr profitieren würden. Dazu kommen aus der Gruppe der Subsituierten ca. 45% mit massivem Beikonsum verschiedener Substanzen, d.h. ca. 35.000 Heroinabhängige.
Das sind zusammen ca. 47.000 Menschen, denen eine medizinische Behandlung wie sie durch das Grundgesetz in Artikel 2 Abs. 2 gefordert werden kann "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden." vorenthalten wird.
Gesundheitliche und soziale Verelendung, Beschaffungskriminalität und Beschaffungsprostitution werden, auch gegenüber der herkömmlichen Substitution, deutlich reduziert. Dies ist bis heute in vielen Studien im In- und Ausland wissenschaftlich fundiert nachgewiesen.
Trotz dieser positiven Ergebnisse und der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage hat eine Etablierung der diamorphingestützten Behandlung in der Regelversorgung Suchtkranker bisher in Deutschland nicht stattgefunden. Im Gegenteil, durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sind die Zulassungsbedingungen zur Behandlung mit Diamorphin noch verschärft worden.
Quellen zur Begründung:
- Jellinek, Ch.; Westermann, B.; Bellmann, G.U.; (2000): -Beigebrauch- Offene Grenzen der Substitution, 52 - 53
- http://www.suchthilfe.de/themen/katamnesedaten_2009_drogen_110810.pdf, Abbildung 4
- Gaßmann, R.; Kepp von Dustri, J.; (2012): Deutsche Haupstelle für Suchtfragen e.V. ( Hg.) Jahrbuch Sucht 2012. Lengerich: PABST, 119
- http://www.dbdd.de/images/2011_Pressekonferenz/reitox_report_2011_dt.pdf, 130
- http://www.dbdd.de/images/2011_Pressekonferenz/reitox_report_2011_dt.pdf, 129
- http://www.heroinstudie.de/Gesundheitsoekonomie_Kurzf_abg.pdf