AG Außenpolitik/links/CDU CSU Fraktion Anfrage Afghanistanstrategie
Sehr geehrter Herr XY,
vielen Dank für Ihre Email vom 4. Februar 2010, die ich leider erst heute beantworten kann.
Sie interessieren sich für das Thema Verhandlungen mit den Taliban. Das Reintegrationsprogramm, das unter afghanischer Leitung stehen soll, wird von uns unterstützt, wenn dafür die Voraussetzungen stimmen.. Bis zu einer Konferenz im Frühjahr in Kabul müssen noch zahlreiche Einzelheiten und das weitere Vorgehen vereinbart werden. Ziel des Reintegrationsprogramms ist es, diejenigen Afghanen, die sich weniger aus ideologischen als aus wirtschaftlichen Gründen den Aufständischen angeschlossen haben, wieder für die Gemeinschaft zurückzugewinnen. Es geht darum, diejenigen anzusprechen, deren Gefolgschaft die Macht der Taliban und der Terroristen erst ausmacht. Im Kern handelt es sich um ein Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramm, denn die Mitläufer sind junge Männer ohne Perspektive, die meist weder lesen noch schreiben können. Mit Ausbildungs- und mit Beschäftigungsangeboten kann die afghanische Regierung ihnen Perspektiven bieten. Grundlage muss der Gewaltverzicht und die Achtung der afghanischen Verfassung sein. Es gilt zudem sicherzustellen, dass es keine finanziellen Vorableistungen gibt, sondern nur bezahlte Arbeit oder Ausbildung. Zudem dürfen nicht nur einzelne Aufständische von den Maßnahmen profitieren, sondern in geeigneter Form die ganze Dorfgemeinschaft. Bei der Umsetzung dieses Programms werden die afghanische Regierung und die internationale Staatengemeinschaft eng zusammenwirken, insbesondere die Gelder werden gemeinsam verwaltet, um Missbrauch so weit wie möglich zu vermeiden.
Sie sprechen zudem die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit an, um Entwicklung und Stabilisierung in Afghanistan zu ermöglichen. Ein entsprechendes Engagement der arabischen Länder ist in der Tat sinnvoll. Der Dialog zwischen Afghanistan und den Partnerländern muss dringend intensiviert werden. Ohne eine verbesserte regionale Kooperation wird es in Afghanistan keinen Frieden geben. Hierbei spielt für die regionale Stabilisierung insbesondere das Verhältnis zu Pakistan eine zentrale Rolle, um das grenzüberschreitende Agieren Aufständischer zu unterbinden.
Und schließlich möchte ich Ihnen zustimmen, dass Afghanistan keine Demokratie nach westlichem Muster werden wird. Aber es kann ein Staat werden, dessen Bürger an politischen Entscheidungen teilhaben und in dem alle dieselben Rechte haben und wahrnehmen können. Unser Handeln in Afghanistan ist mehr als zuvor auf die Stärkung der afghanischen Eigenverantwortung ausgerichtet. Hierzu haben die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung bei der Londoner Konferenz verbindliche Ziele für Fortschritte in den Bereichen Entwicklung, Regierungsführung und Sicherheit vereinbart. Ziel ist eine Übergabe der Verantwortung in afghanische Hände. Dafür verstärken wir den zivilen Wiederaufbau und die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Andreas Schockenhoff Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Ravensburg Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Koordinator für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit
Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon 030. 227- 73174 Telefax 030. 227- 76955