AG Außen- und Sicherheitspolitik/Schutzverantwortung

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Die Schutzverantwortung (eng: Responsibility to Protect) ist ein relativ neues Konzept der internationalen Politik und des Völkerrechts zum Schutze des Menschen vor schweren Menschenrechtsverletzungen und Brüchen des humanitären Völkerrechts. Dieses ist nicht mit der humanitären Intervention gleichzusetzen von der es sich in mehrfacher Weise unterscheidet.

Theoretische Grundlage ist dabei die Definition von Souveränität als Verantwortung ("sovereignty as responsibility"). Demnach muss ein Staat Verantwortung für den Schutz seiner Bevölkerung übernehmen, um als souverän zu gelten. Die Schutzverantwortung hilft damit, universale Moralvorstellungen zum Schutz des Menschen international zu verwirklichen. Das Konzept umfasst die Verantwortung jedes einzelnen Staates seine Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen. Gegenwärtig ist die Schutzverantwortung eine „Norm im Entstehen“. Sollte sie sich global durchsetzten, wird der Status Quo aufgehoben, denn die Schutzverantwortung ist der manifestierte Wille der Weltgemeinschaft zum Schutz der Menschenrechte.

Der Begriff „Responsibility to Protect” findet sich erstmals im damit betitelten Bericht der ICISS von 2001, er fand innerhalb der UN schnell Widerhall und wurde auf dem World Summit der Vereinten Nationen in New York 2005 von fast allen Staaten der Erde allgemein anerkannt.(1) Dabei wird ausdrücklich auf „kollektive Maßnahmen“ nach Kapitel VII der UN-Charta verwiesen. Bereits 2006, in der Resolution 1674 des Sicherheitsrats wurde der Begriff erstmals in einem völkerrechtlich verbindlichen Dokument erwähnt.(2) Der UNO-Generalsekretär veröffentlichte 2009 einen Bericht zur Umsetzung der Schutzverantwortung, die auf drei Säulen basiert und insbesondere die Bedeutung einer rechtzeitigen Erkennung und Einleitung von präventiven Maßnahmen bei derartigen Verbrechen hervorhebt.(3)

Schutzverantwortung unterteilt sich in drei Teilverantwortlichkeiten:

  1. Die Pflicht zur Prävention (responsibility to protect) zielt auf die Vermeidung von Situationen, in denen es zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommt, auch Anklagen vor dem Internationalen Strafgerichtshof sind insoweit denkbar.
  2. Die Pflicht zur Reaktion (responsibility to react) verpflichtet zu einer Beseitigung beziehungsweise Unterbindung von Menschenrechtsverletzungen. Mittel hierzu sind friedliche Zwangsmaßnahmen der Staatengemeinschaft wie Waffenembargos und das Einfrieren von Bankkonten. Als letztes Mittel kommt auch die Befugnis zur militärischen Interventionen in Betracht, wenngleich diese nur in zwei eng umrissenen Situationen gerechtfertigt sein sollen: Im Falle eines Massensterbens und im Falle einer ethnischen Säuberung.(4) Die Befugnis, eine solche militärische Intervention zu autorisieren, geht gemäß der Schutzverantwortung jedoch nicht auf einzelne Staaten über, sondern verbleibt grundsätzlich beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
  3. Die Pflicht zum Wiederaufbau (responsibility to rebuild) verpflichtet schließlich zu einer Konfliktnachsorge. Wichtigste Mittel sind hierbei das Entwaffnen und Versöhnen ehemals verfeindeter Gruppen sowie der Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur. Unterstützend kommt hierbei die Kommission für Friedenskonsolidierung zum Einsatz.(5)

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Quellen

(1) UN Doc. A/RES/60/1, Abs. 138 f. (2005) http://www.un.org/Docs/journal/asp/ws.asp?m=A/RES/60/1

(2) UN Doc. S/RES/1674], Abs. 4. (2006) http://www.un.org/Docs/journal/asp/ws.asp?m=S/RES/1674(2006)

(3) Zusammenfassung des UN-Berichts http://www.genocide-alert.de/htdocs/contenido/cms/front_content.php?idcat=99&idart=228

(4) Beide Fälle werden detailliert definiert: Massensterben (large scale loss of life, actual or apprehended, with genocidal intent or not, which is the product either of deliberate state action, or state neglect or inability to act, or a failed state situation) ethnischen Säuberung (large scale "ethnic cleansing", actual or apprehended, whether carried out by killing, forced expulsion, acts of terror or rape) vgl. ICISS-REPORT 2001, Rn. 4.19 http://responsibilitytoprotect.org/ICISS%20Report.pdf

(5) Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2008/schutzverantwortung.pdf