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Arbeitspapier zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs im Saarland

Teil 1: Grundlagen öffentlicher Nahverkehr

1.1 Grundsätze und Qualitätsziele einführen

• Das Mobilitätsbedürfnis des Fahrgastes steht im Mittelpunkt aller Überlegungen. • Jede Förderung soll primär dem Fahrgast Jede Förderung soll primär dem Fahrgast der sich mit Hilfe der Öffentlichen Verkehrsmittel bewegt zugute kommen • Es ist immer eine Kosten-Nutzen-Betrachtung vorzulegen. • Der ÖPNV soll anhand von Qualitätsindikatoren bewertet werden (Audits).

1.2 Überprüfung der Aufgaben und Effizienz im saarländischen ÖPNV

Im saarländischen ÖPNV sind die Aufgaben der verschiedenen Akteure nicht klar abgegrenzt. Es kommt zu Doppelstrukturen. Wir möchten die Zuständigkeiten von Land, Aufgabenträgern, ZPS (Zweckverband Personenverkehr), VGS (Verkehrsmanagementgesellschaft Saar), Verkehrsverbund saarVV und Verkehrsunternehmen überprüfen # Ziel muss eine effizientere und transparentere Organisation im ÖPNV sein.

1.3 Nahverkehrspläne

Die Landkreise erhalten nach dem saarländischen ÖPNV-Gesetz Gelder, um Nahverkehrspläne aufzustellen. Die Zweckbindung der Mittel muß durch das Land kontrolliert und sichergestellt werden. Die Automie der kommunalen Körperschaften soll wegen der dort ansässigen Kompetenzen erhalten bleiben.

1.4 Verkehrsentwicklungsplanung

Der aktuelle Verkehrsentwicklungsplan stammt aus dem Jahre 1995 und ist vollständig überholt. Wir möchten einen neuen VEP entwerfen. Dieser Plan dokumentiert alle Verkehrsträger insbesondere das Schienenangebot als Rückgrat des ÖPNV. Darauf aufbauend entsteht der (Bus-)Verkehrsentwicklungsplan (VEP) des Zweckverbandes Personenverkehr (ZPS). Von ihm werden die Verkehrsentwicklungspläne der kommunalen Aufgabenträger abgeleitet. Dabei soll eine solide Planung von Linien, Bedienungsstandards und Anschlüssen (Prinzip integrierter Taktfahrplan ITF) umgesetzt werden. Bisher im Saarland kaum vertretene Produkte wie Schnellbus-, Expressbus- und Direktbuslinien sollten verstärkt auf Realisierung geprüft werden. Insbesondere müssen die Schnittstellen der Verschiedenen Unternehmen durch Durchmesserlinien durchbrochen werden. (z.B Elversberg; Friedrichsthal; Bous; Wadgassen)

Grenzüberschreitende Planungen mit Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Lothringen sind verstärkt voranzutreiben und neue Konzepte wie z.B. Qintracity mit zu berücksichtigen. Ein Taktverkehr mit gleichen, leicht zu merkenden Abfahrtsminuten und entsprechenden Anschlussbeziehungen muss als Leitprinzip für den öffentlichen Verkehr endlich auch im Saarland konsequent umgesetzt werden.

Schienen- oder Fahrdrahtgebundene Fahrzeuge auf Linien mit hoher Taktung erhöhen die Energieeffizienz (Elektroantrieb, Rückspeisung beim Bremsen) und erhöhen die Betriebssicherheit:

1.5 Prinzipien für die finanzielle Förderung beim Kauf von Bussen

Die derzeitige Praxis der Förderung bei der Busbeschaffung kann aller Voraussicht nach mit Blick auf die Wettbewerbsbedingungen im öffentlichen Verkehr nicht bestehen bleiben. Die Förderung beim Fahrzeugkauf ist jedoch ein wesentliches Instrument, um die Qualität im ÖV zu beeinflussen. Die Fördergelder sollten zukünftig über die Aufgabenträger als Investitionszuschuss bei der Vergabe von Linien erfolgen und an die Realisierung von Qualitätsstandards geknüpft werden, wie z.B. Klimaanlage, Dachkanalheizung, keine Werbung an Fenstern, Eigenwerbung, einheitliches auffälliges Farbkonzept für alle Busse im Saarland, Niederflur-Einstiege, einheitliches Fahrgastinformationssystem in den Bussen.

1.6 Haltestellen- und Bahnhofskonzept

Der Zustand an vielen saarländischen Bahnhöfen und Haltestellen bezüglich Aufenthaltsqualität, Fahrgastinformation und Verknüpfungsmöglichkeiten entspricht nicht dem Niveau anderer Verdichtungsräume in Deutschland. Es bedarf eines Haltestellen- und Bahnhofskonzeptes, um diesen Missstand zu verbessern. Das Konzept sollte abgestuft nach der verkehrlichen Bedeutung der Haltestelle, Standards für Ausbau, Ausstattung, Mobiliar, Fahrgastinformation, Schilder, Maste, Stelen, Aushangkästen, Verknüpfungen Bahn – Bus – Pkw – Rad enthalten.

1.7 Halt außerhalb von Haltestellen

Für Lokalbusse ist dort, wo es sinnvoll ist, die Möglichkeit und rechtliche Absicherung des Haltes auf Kundenwunsch außerhalb von Haltestellen zuzulassen. Solche Linien sind entsprechend zu kennzeichnen.

1.8 Einführung eines zielgruppenorientierten Marketings

Als Marketing ist nicht nur Werbung, sondern die Entwicklung eines neuen Produktes zu verstehen. Betriebliches Mobilitätsmanagement für Unternehmen, Verwaltungen, Bildungseinrichtungen und Freizeiteinrichtungen sollte gefördert werden. Die Förderung sollte die Planungen von Rad- und ÖPNV-Konzepten, Werbung sowie eine Anschubfinanzierung von neuen ÖPNV Angeboten umfassen.

1.9 Job-Ticket

Wir fordern die steuerliche Benachteiligung von Job-Ticket-Inhabern gegenüber Pkw-Fahrern zu beseitigen. Zur Zeit gilt folgender Sachverhalt: • Kauft ein Arbeitgeber ein Grundstück und baut darauf einen Parkplatz, den er seinen Arbeitnehmern kostenlos zur Verfügung stellt, müssen diese Arbeitnehmer diese Leistung nicht als geldwerten Vorteil versteuern. Der Arbeitgeber kann den Parkplatz sogar als Betriebsausgabe deklarieren. • Ein Kostenzuschuss des Arbeitgebers zum ÖPNV bzw. Job-Ticket muss dagegen vom Arbeitnehmer versteuert werden. Wir unterstützen Bundesratsinitiativen, die für Steuergerechtigkeit sorgen.

1.10 Abbau von Verkehrsspitzen im ÖPNV

Verkehrsspitzen zu vermeiden erlaubt, die Wirtschaftlichkeit von Verkehrsunternehmen erheblich zu verbessern. 

Eine interessante Möglichkeit hierzu ist, die Unterrichtszeiten von Bildungseinrichtungen zu staffeln. Momentan können die Schulen im Saarland selbstständig über die Unterrichtszeiten bestimmen. In Rheinland-Pfalz können Schulen nur in Abstimmung mit den betreffenden Verkehrsunternehmen Unterrichtszeiten verändern. Das saarländische Schulgesetz sollte dahingehend verändert werden, dass Schulträger und Aufgabenträger in Zusammenarbeit mit den Schulen und Verkehrsunternehmen ein Konzept zur Entzerrung der Unterrichtszeiten erstellen müssen. Noch vorhandene Schulbusse und „geheime Linienbusse“ im Schülerverkehr sollten als ÖPNV für jedermann verkehren, um zusätzliche Angebote ohne zusätzliche Kosten zu schaffen.

1.11 Steigerung der Effizienz durch Wettbewerb

Die Effizienz der Verkehrsunternehmen im Saarland ist sehr unterschiedlich. Die Möglichkeit, dank Wettbewerb die Qualität zu verbessern und die Angebotsdichte zu erhöhen, sollte geprüft werden. Wir treten hierbei für eine transparente und demokratische Abstimmung aller Inhalte von Angeboten im ÖPNV ein.

1.12 Standorte neuer Infrastruktur und Gewerbegebiete

Im Saarland sind auffallend viele öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser auf Hügeln fernab der ÖPNV-Achsen zu finden (z.B. Klinikum Saarbrücken, Klinik Püttlingen, Bosenbergklinik St. Wendel, Bliestalklinik Blieskastel, Kurzentrum Weiskirchen, Illingen Schulzentrum). Bei neuen, öffentlichen Einrichtung ist darauf zu achten dass sie an starken ÖPNV-Achsen geplant werden. Ähnliches gilt für Einkaufszentren und Gewerbegebiete.

1.13 Parkplatzzwang abschaffen

Die Parkplatzgarantie an verkehrlichen Zielen beeinflusst die Verkehrsmittelwahl erheblich zu Gunsten des Pkw. Die „LBO § 47 Stellplätze und Garagen, Abstellplätze für Fahrräder“ sollte geändert werden, so dass an baulichen Einrichtungen, außer bei großen Wohneinheiten, keine Vorgaben über die Einrichtung von Stellplätzen gemacht werden.

Verkehrsverbund saarVV

2.1 Preisentwicklung

Das Tarifangebot ist ein wesentliches Kriterium bei der Verkehrsmittelwahl. Als zu teuer empfundene Fahrpreise schrecken potenzielle Fahrgäste vom ÖPNV ab. Der saarVV hat zwischen 2005 und 2010 die Fahrpreise um ca. 30% erhöht. Die Fahrpreiserhöhungen betragen somit das drei- bis vierfache der Steigerung der Verbraucherpreise. Bei der Erhöhung der Fahrpreise wurden die kurzen Strecken, die im Verhältnis zur Wegelänge besonders teuer sind, besonders stark erhöht. Preissteigerungen sollen nur noch auf dem Niveau der Steigerung der Lebenshaltungskosten und Fahrpreiserhöhungen nur in oberen Preisstufen durchzuführen.

2.2 Fahrkartensortiment

Das Fahrkartensortiment im saarVV wurde seit Verbundstart erweitert und bietet eine Grundausstattung an Fahrkarten. Um den Fahrgästen im Saarland ein vollständiges Fahrkartenangebot bieten zu können, sind folgende Ergänzungen erforderlich: • Eine Kurzstreckenkarte, bis zu fünf Bushaltestellen oder einer Bahnhaltestelle (auch wabenübergreifend) • Eine Veranstaltungskarte, als Gruppenkarte für bis zu fünf Personen für Hin- und Rückfahrt zu bestimmten Veranstaltungen • Ein Freizeitticket nach dem Vorbild des Saarpfalzkreis, als Gruppentageskarte für bis zu fünf Personen an Samstagen, Sonn- und Feiertagen • Fahrkartenkauf auf Vorrat vor Fahrtantritt an Automaten

2.3 saarVV Card

Die saarVV Card als Rabattkarte bietet dem Gelegenheitskunden ein hohes Maß an Flexibilität bei sehr einfacher Handhabung. Bei der guten Idee der saarVV Card haben wir jedoch Mängel in der Entwicklung festgestellt • Preissteigerung der Basiskarte von 30 % in vier Jahren • Keine einheitliche Rabattierung, Bahn Card ist günstiger • Gerade in den niedrigen Preisstufen sehr geringer Rabatt • Keine Plastikkarte mehr, sondern nur eine Papierkarte • Keine wirkungsvolle kontinuierliche Vermarktung

Die saarVV Card soll als das Standardangebot für Gelegenheitskunden ausgebaut und vermarktet werden. • Basiskarte für ein Jahr zum Preis von 20 € • Nur noch eine Plastikkarte • Einheitlicher Rabatt von 25 % auf den Einzelfahrschein • Kontinuierliche Vermarktung bei vorhanden und potenziellen Kunden • Samstags, Sonn- und Feiertags Mitnahme von einer Person mit Rabatt • Generierung von Zusatznutzen, z.B. bei Mietfahrrädern oder Teil-Auto (Car-Sharing)

2.4 Wabenplan

Die durchschnittliche Wabengröße im Saarland beträgt 20,4 km2. Damit hat der saarVV, verglichen mit anderen Verbünden ähnlicher Struktur, eine der kleinsten Wabengrößen. Die Wabengrößen im Saarland unterscheiden sich erheblich. Die kleinteilige Wabenstruktur verteuert nicht nur eine Fahrt, sondern führt auch zu Problemen bei Zeitkarten, wenn eine Strecke zu unterschiedlichen Zeiten über ganz unterschiedliche Wege zurückgelegt wird. Wir möchten eine Überarbeitung des Wabenplans unter Berücksichtigung von Gemeindegrenzen mit dem Ziel Wabengrößen von 40–60 km2 einzurichten. Die Möglichkeit, Haltestellen oder Haltestellenbereiche auf Wabengrenzen zu legen, sollte geprüft werden. Für die Verbindung zwischen End- und Zielpunkt der Fahrt ist grundsätzlich der „Kürzeste Weg“ zu berechnen

2.5. Übergangstarife

Zurzeit besteht nur ein Übergangstarif aus den Landkreisen WND, NK und HOM in den westlichen Teil des VRN (Rhein-Neckar). Wir setzen uns dafür ein Übergangstarife auf das gesamte Saarland auszuweiten sowie Übergangstarifen zum VRT (Trier), nach Luxemburg und nach Lothringen einzuführen.

2.6 Kundeninformation

Wir fordern den raschen Aufbau einer umfassenden, verbundeinheitlichen Fahrgastinformation über alle Stationen der Reise: Verkehrsmittelwahl – vor Antritt der Fahrt – Weg zur Haltestelle – Starthaltestelle – im Fahrzeug – Umsteigehaltestelle – Zielhaltestelle – Weg zum Ziel. Hierzu gehören: • Verbundfahrpläne für jeden Landkreis im Verbund-Design • Tarif- und Angebotsinformationen an Bahnhöfen und Haltestellen • Linienpläne und Haltestellenumgebungspläne • Bezeichnung von Bussteigen an Haltestellen, ähnlich der von Gleisen an Bahnhöfen • Übergang der Kundenzentren der einzelnen Unternehmen in saarVV-Kundenzentren • Aufbau eines Kundenbetreuungskonzeptes mit flächendeckender Verteilung von Kundenzentren mit und ohne DB-Agentur, Vorverkaufsstellen und Informationspunkten • An allen größeren ÖPNV-Verknüpfungspunkten gut erkennbare dynamische Fahrgast- Informationssysteme

2.7 Kundeneinbindung in die Entwicklung des ÖPNV

Durch geeignete Maßnahmen und Kommunikation ist sicher zu stellen, dass der Bedarf der ÖPNV Kunden bei Planungen und Entwicklungen angemessene Berücksichtigung findet. Hierzu zählt auch die Einbindung der Fahrgastbeiräte, sowie von Initiativen und Verbänden wie des VCD.

2.8 Schlichtungsstelle

Eine neutrale Schlichtungsstelle für Streitfälle zwischen Fahrgästen und Verkehrsunternehmen ist im Saarland einzurichten.

2.9 Mobilitätsgarantie

Gemäß der Praxis in anderen Verkehrsverbünden treten wir für eine Mobilitätsgarantie für die Fahrgäste ein. Bei Ausfall oder erheblicher Verspätung von Bussen und Bahnen haben Fahrgäste das Anrecht, ersatzweise z.B. Taxikosten bis zu einer bestimmten Höhe geltend zu machen