SH:Aufgaben/Presse/PM20111031-01

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Orwell wird in Schulen jetzt anders gelehrt

Datenschutz und Unschuldsvermutung? So ein Quatsch! Urheberrecht und Profitgier!

Die ewig Gestrigen zum Thema Urheberrecht haben wieder einmal die Profitgier vor den Datenschutz gestellt. Im Rahmenvertrag für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen haben sich die Verlage einen ganz besonderen Passus ausgedacht. So erlaubt dieser Vertrag, dass Schulrechner mit Hilfe eines "Schultrojaners" auf urheberrechtlich geschütztes Material untersucht werden dürfen:

"Die Verlage stellen den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Die Länder wirken, die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt, darauf hin, dass jährlich mindestens 1% der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lässt. Der Modus der Auswahl der Schulen erfolgt aufgeschlüsselt nach Ländern und Schularten in Absprache mit den Verlagen auf Basis eines anerkannten statistischen Verfahrens. Die Überprüfungen erfolgen ab Bereitstellung der Software, frühestens jedoch im 2. Schulhalbjahr 2011/2012."

Im Klartext bedeutet das:

Es wird Software installiert, die meldet, was auf den Festplatten der überwachten Computer gespeichert wird und die Inhalte analysiert. So kann der Verlag abprüfen, was an Dateien auf der lokalen Festplatte und allen angeschlossenen Datenträgern hinterlegt ist und dagegen bei Bedarf rechtliche Schritte einleiten, unabhängig davon ob der Verdacht berechtigt ist oder nicht.

Zudem sollen die Schulträger bei Bekanntwerden von Verstößen gegen die im Gesamtvertrag festgelegten Vorgaben für das Vervielfältigen von urheberrechtlich geschützten Werken gegen die betreffenden staatlichen Schulleiter und Lehrkräfte disziplinarische Maßnahmen einleiten, also im Sinne der Verlage Recht sprechen, was auch zivil- und strafrechtliche Ansprüche der Rechteinhaber erleichtern wird.

Nicht nachvollziehbar ist hier vor allem, dass die 16 deutschen Kultusministerien einen derartigen Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht wohlwollend in Kauf nehmen. Entweder hat man den Rahmenvertrag nicht gelesen oder man hat dies trotz Prüfung durchgewinkt. Beide Varianten lassen auf die eine oder andere Art tief blicken!

Auch sind die gesetzlichen Regelungen, die eine solche Überwachung legitimieren, äußerst fragwürdig. Bereits im Jahre 2008 hat das BVerfG beschlossen, dass eine Überwachung von Computern via Trojanern oder ähnlichen Programmen nur bei Gefahr für Leib, Leben oder Bedrohung des Staates erlaubt sein darf. Durch diesen Rahmenvertrag stellt sich nun die Frage, ob vermutet wird, dass der deutsche Nachwuchs von Verbrechern und Terroristen unterrichtet wird.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Überwachungsirrsinn noch rechtzeitig aufgehalten wird und die Kultusministerien sich ihrer Verantwortung gegenüber geltendem Recht und der Pflicht, ihre Schüler und Mitarbeiter zu schützen, bewusst werden.

Die PIRATEN in Schleswig-Holstein setzen sich genau deshalb für lizenzfreie Lehrmittel ein: "Die Piratenpartei will erreichen, dass an Bildungseinrichtungen vermehrt Lehrmittel mit freien Lizenzen und freizugängliche Online-Angebote verwendet werden. Dies trägt nicht nur zur Kostensenkung und Aktualität bei, sondern auch dazu, dass die Lehrmittel von den Lehrenden nach Bedarf erweitert und verändert werden können. Zudem setzen wir uns für den Einsatz von freier Software an Schulen ein. Diese kann von den Schülern auch zuhause kostenfrei benutzt werden." (Auszug aus dem Wahlprogramm der Piratenpartei Schleswig-Holstein zum Thema Bildung)