Bundeswehr/Dienst- und Verschwiegenheitspflichten im Internet

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Emblem-important.svg Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland.

Sein Inhalt soll helfen dienstrechtliche Probleme zu vermeiden und einen Überblick über die einschlägigen Vorschriften verschaffen.

Dieser Artikel darf ausdrücklich auch von Nicht-Piraten gelesen, kopiert, verbreitet, als Grundlage für andere Texte oder sonstwie verwendet werden :) ein Verweis auf die Soldaten bei den Piraten wäre nett.

Was muss ich als Soldat beim Mitmachen beachten?

Politische Betätigung im Internet im Zusammenhang mit Dienst- und Verschwiegenheitspflichten wurde vom Dienstherren bisher noch nicht ausreichend thematisiert. Als Anhalt könnte man Punkt 4 der vor Kurzem veröffentlichten Social Media Guidelines der Bundeswehr heranziehen. Diese sind jedoch allgemein formuliert und geben leider keinen Bezug auf gesetzliche Vorschriften.

Dieser Wiki-Artikel soll die Lücke füllen.

Meinungsfreiheit und ihre Einschränkungen

Grundlage jeder Art politischer Betätigung ist wohl Meinungsfreiheit, festgelegt im Art. 5 Abs. 1 GG:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Damit hat man als engagierter Soldat schon mal ziemlich viel Handlungsspielraum. Jedoch gilt gleichzeitig Art. 5 Abs. 2 GG:

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Als Angehöriger der Bundeswehr bedeutet das:

  1. Du solltest dir das Soldatengesetz, das Sicherheitsüberprüfungsgesetz und wahrscheinlich auch noch andere Gesetze oder zumindest diesen Wiki-Artikel zu Gemüte führen.
  2. Du solltest bei allem, was du von dir gibst, den Jugendschutz beachten.
  3. Du solltest bei deinen Äußerungen niemanden beleidigen.

Wie ist meine Meinungsfreiheit als Soldat nun eingeschränkt?

§ 6 SG gibt eine schwammige Antwort:

Der Soldat hat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Seine Rechte werden im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt.

Gesetzlich begründete Pflichten also; dann sehen wir mal nach.

§ 8 SG: Eintreten für die demokratische Grundordnung

Der Soldat muss die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten.


Na das passt ja schon mal ganz gut mit § 1 Abs. 1 der Bundessatzung der Piratenpartei zusammen.

§ 10 Abs. 6 SG: Pflichten des Vorgesetzten

Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

Diese Pflicht hat weniger den Inhalt deiner Aussage zum Gegenstand, sondern eher die Art, wie du ihn rüberbringst. Wenn du deine Äußerung vernünftig formulierst und begründest, solltest du auf der sicheren Seite sein.

Beispiel:

"Der Eurofighter ist ein überteuerter Scheißflieger, den man in die Tonne treten kann! Das haben die korrupten Pfeifen vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung mal wieder so richtig verbockt!" ---> schlecht

"Das Geld, das man in den Eurofighter gesteckt hat, hätte man besser in bereits erprobte Kampfjets investieren können. Damit wären den Streitkräften wohl auch einige Kinderkrankheiten des Eurofighters erspart geblieben. Bei zukünftigen Rüstungsprojekten bin ich deshalb dafür, dass beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung für transparente Entscheidungen gesorgt wird, um immer wiederkehrenden Fehlern aus der Vergangenheit vorzubeugen." ---> gut

§ 12 SG: Kameradschaft

Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.

Beispiel:

"Kamerad A ist ein ignoratner Fachidiot!" ---> schlecht

"Kamerad A sollte die Vorschrift X, die etwas Ermessensspielraum bietet, so interpretieren, dass man den Dienst der betroffenen Kameraden erleichtern kann und die Vorschrift trotzdem eingehalten wird. Daher finde ich, dass man den Ablauf Y folgendermaßen besser erledigen könnte: ..." ---> gut

§ 14 SG: Verschwiegenheit

Hier ist Vorsicht geboten! Auf den ersten Blick kommt die Verschwiegenheitspflicht einem Universal-Maulkorb für alles gleich. § 14 Abs. 1 Satz 1 SG:

Der Soldat hat, auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst, über die ihm bei oder bei Gelegenheit seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren.

Glücklicherweise gibt es nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SG eine für den engagierten Soldaten interessante Ausnahme; die Vorgabe aus Satz 1 gilt nicht, wenn:

Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, [...]

Offenkundig

Was offenkundig ist und was nicht, ist nirgends definiert. Dinge, die in einschlägigen Internetforen, in Blogs (auch hier) oder von den Medien veröffentlicht werden, könnte man jedoch als offenkundig bezeichnen. Im Falle des Falles sollte besagte Offenkundigkeit ausreichend belegt werden können.

Geheimhaltungsbedürftig

Welche Tatsachen Geheimhaltung bedürfen und welche nicht, ist zumindest ein bisschen definiert. Anhaltspunkte findet man im § 4 Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Alles, was zumindest "für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann", sollte also nicht diskutiert werden. Wenn man daher in der Lage ist, plausibel zu begründen, warum das Bekanntwerden einer dienstlichen Angelegenheit eben nicht nachteilig ist, hat im Falle des Falles wohl eine bessere Position. Ist etwas amtlich eingestuft worden, wird darüber nicht diskutiert, Punkt.

Was sollte man bei der Verschwiegenheitspflicht noch beachten?
  1. Dinge, die eingestuft sind (z.B. VS-NfD), aber trotzdem in der Zeitung stehen, sollten nicht diskutiert werden. Das Geheimhaltungsbedürfnis sticht hier die Offenkundigkeit.
  2. Offenkundig sind definitiv die Berichte des Wehrbeauftragten sowie die Veröffentlichungen des Bundesrechnungshofes. Alles, was dort zu finden ist, darf, soll und muss ausgiebigst diskutiert werden.
  3. Möglicherweise kann man die Geheimhaltung wahren, indem man nicht so detailliert diskutiert.
  4. Geheimhaltung hat sehr hohe Priorität, trotzdem gilt auch § 14 Abs. 1 Satz 3 SG:

Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Satz 1 unberührt.

§ 15 SG: Politische Betätigung

§ 15 SG ist klar formuliert:

(1) Im Dienst darf sich der Soldat nicht zu Gunsten oder zu Ungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen. Das Recht des Soldaten, im Gespräch mit Kameraden seine eigene Meinung zu äußern, bleibt unberührt. (2) Innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen findet während der Freizeit das Recht der freien Meinungsäußerung seine Schranken an den Grundregeln der Kameradschaft. Der Soldat hat sich so zu verhalten, dass die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gestört wird. Der Soldat darf insbesondere nicht als Werber für eine politische Gruppe wirken, indem er Ansprachen hält, Schriften verteilt oder als Vertreter einer politischen Organisation arbeitet. Die gegenseitige Achtung darf nicht gefährdet werden. (3) Der Soldat darf bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen. (4) Ein Soldat darf als Vorgesetzter seine Untergebenen nicht für oder gegen eine politische Meinung beeinflussen.

Ich bin Soldat und möchte für ein Amt oder Mandat kandidieren. Muss ich etwas beachten?

Lies dir die folgenden §§ am besten komplett durch; es folgt jeweils nur eine Minimalzusammenfassung.

§ 20 SG: Nebentätigkeit

Du musst deine Tätigkeit evtl. vor Aufnahme anzeigen.

§ 25 SG: Wahlrecht; Amtsverhältnisse

Du musst deine Aufstellung anzeigen und bekommst evtl. etwas bezahlten Urlaub.

§ 28 SG: Urlaub

Hier ist insbesondere Absatz 6 interessant:

Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Deutschen Bundestag, zum Europäischen Parlament oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

Sonstige relevante §§ des Soldatengesetzes

§ 17 SG: Verhalten im und außer Dienst

§ 19 SG: Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken, Herausgabe- und Auskunftspflicht

§ 23 SG: Dienstvergehen

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