Bundesgeschäftsstelle/virtuelle Bundesgeschäftsstelle/Antwortvorlagen/Reichskonkordate
Sehr geehrte
Vielen Dank für ihre Nachricht. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, prangern Sie die Konkordate der katholischen Kirche mit der Bundesrepublik Deutschland bzw. einzelnen Ländern an. Für die Piraten hat die Wahrung der Grundrechte eine hohe Priorität. Das Thema wird in mehreren Landesparteien und im Bund ausführlich diskutiert. Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Absätze aus unseren basisdemokratisch beschlossenen Programmen zitieren, die aufzeigen, dass wir ebenfalls die Abschaffung der Konkordate befürworten. In unserem Grundsatzprogramm[1] findet sich seit ca. einem Jahr folgender Absatz:
"Für die Trennung von Staat und Religion
Freiheit und Vielfalt der kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Diese Freiheiten zu garantieren, ist Verpflichtung für das Staatswesen. Dabei verstehen wir Piraten unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Wir erkennen und achten die Bedeutung, die individuell gelebte Religiosität für den einzelnen Menschen erlangen kann. Trotz der von Verfassungs wegen garantierten Religionsfreiheit ist das Staatswesen der Bundesrepublik nicht frei von religiöser (und weltlicher) Privilegierung der traditionellen christlichen Kirchen. Hier gibt es einen Widerspruch, der durch Immigration und religiöse Differenzierung in der Gesellschaft zu größeren Verwerfungen führen kann.
Die weltanschauliche Neutralität des Staates herzustellen, ist daher eine für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens notwendige Voraussetzung. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen; finanzielle und strukturelle Privilegien einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa im Rahmen finanzieller Alimentierung, bei der Übertragung von Aufgaben in staatlichen Institutionen und beim Betrieb von sozialen Einrichtungen, sind höchst fragwürdig und daher abzubauen. Im Sinne der Datensparsamkeit ist die Erfassung der Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen aufzuheben, ein staatlicher Einzug von Kirchenbeiträgen kann nicht gerechtfertigt werden. "
Auch im Wahlprogramm und dem Grundsatzprogramm der Piratenpartei Berlin findet sich ein ähnlicher Absatz. Im Wahlprogramm der Piratenparte Rheinland-Pfalz[2] wird es noch konkreter:
"Staatsleistungen an Kirchen beenden
Die Länder zahlen jährlich ca. 400-500 Millionen Euro an die Kirchen, hauptsächlich für die Gehälter von Bischöfen und anderen Geistlichen. In Rheinland-Pfalz wurden dafür im aktuellen Landeshaushalt etwa 50 Millionen Euro veranschlagt. Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz müssen darüber hinaus aufgrund jahrhundertealter Verträge eigene Zahlungen an Kirchengemeinden leisten. Wir möchten diese Zahlungsverpflichtungen von Land und Kommunen gesetzlich beenden und die Mittel in anderen Bereichen einsetzen. "
Die Piratenparte Thüringen hat ebenfalls einen ausfühlichen Absatz in ihren Leitlinien[3]:
" Trennung von Staat und Religion
Piraten setzen sich für einen pluralistischen, freiheitlichen und weltanschaulich neutralen Staat ein. Freiheit und Vielfalt an kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen und Sichtweisen kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Wir sehen den Staat in der Pflicht, diese Freiheiten zu garantieren. Dabei verstehen wir unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zu einem persönlichen Glauben und zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Wir erkennen und achten die Bedeutung, die individuell gelebte Religiosität für den einzelnen Menschen erlangen kann.
Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist eine notwendige Voraussetzung für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens. Ein säkularer Staat erfordert die strikte Trennung von religiösen und staatlichen Belangen. Finanzielle und strukturelle Bevorzugungen einzelner Glaubensgemeinschaften sind daher abzubauen. Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, die finanzielle Vorteile oder direkte Leistungen an religiöse Institutionen enthalten, sollen beendet und abgelöst werden. Weil die diskriminierungsfreie Regelung eines staatlichen Einzugs von Kirchenbeiträgen nicht möglich ist, sind die Regelungen über die Kirchensteuer abzuschaffen. Das sorgt auch dafür, dass staatliche Stellen im Sinne der Datensparsamkeit die Religionszugehörigkeit nicht mehr erfassen müssen.
Staatliche Einrichtungen müssen religionsneutral auftreten. Deshalb dürfen religiöse Symbole dort nicht von Amts wegen angebracht werden. Wo möglich, sollen schon existierende religiöse Symbole in staatlichen Einrichtungen entfernt werden. Individuelle Religionsausübung von Beamten oder staatlichen Angestellten (etwa tageszeitgebundene Gebete oder das Tragen von religiösen Symbolen am Körper) ist im Sinne der Religionsfreiheit auch in staatlichen Einrichtungen zu ermöglichen.
Staatlicher Unterricht muss den Schülern die Möglichkeit geben, einen eigenen Zugang zu den ethischen Grundlagen einer humanen Gesellschaft zu finden. Das kann auch ein religiöser Zugang sein. Im Mittelpunkt muss aber die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Weltanschauungen, Glaubensrichtungen und Werten unserer Gesellschaft stehen, um gegenseitiges Wissen und Verständnis zu fördern und religiöse Toleranz in der Gesellschaft zu verankern. Die PIRATEN Thüringen setzen sich hierbei für einen gemeinsamen und für religiöse sowie nicht-religiöse Schüler verbindlichen Ethik-Unterricht ein, der nicht in Wahlkonkurrenz zum Religionsunterricht steht.
Soweit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Aufgaben im Bildungs- und Sozialbereich übernehmen, sollen für sie die gleichen Regelungen gelten wie für weltanschaulich neutrale Einrichtungen. Kirchen und Glaubensgemeinschaften sind Bestandteil der Rechtsordnung. Sie haben staatliche Gesetzgebung insbesondere auch zu den Grundsätzen der Gleichberechtigung und Gleichachtung aller Menschen zu beachten. Auch die allgemeinen gesetzlichen Regeln der Koalitionsfreiheit und der Mitbestimmung ist in vollem Umfang einzuhalten. "
Der Beitrag zum Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland wurde hauptsächlich durch die Arbeitsgruppe "Staat und Religion"[4] erarbeitet. Im Moment ist die Arbeitsgruppe Glaubensfreiheit[5] jedoch aktiver, sie setzt sich inhaltlich weiter mit dem Thema auseinander. Die Arbeitsgruppe kann noch Unterstützung gebrauchen. Wir sind eine Mitmachpartei und möchten Sie einladen, ihre Ideen einzubringen! Zur Zeit wird in diesem Bereich auch an der Vorbereitung des Programms für die Bundestagswahl 2013 gearbeitet.
Falls Sie mitarbeiten möchten, können Sie sich in folgendem Forum anmelden: http://news.piratenpartei.de/forumdisplay.php?fid=549 oder auf der folgenden Mailingliste eintragen und eine Vorstellungs-eMail schreiben:
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-glaubensfreiheit
Forum und Mailingliste werden synchronisiert, die Beiträge stimmen also überein.
Ich hoffe dass ich Ihnen die Position der Piratenpartei Deutschland und ihrer Landesverbände verständlich machen konnte. Falls Sie noch weitere Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, uns wieder zu kontaktieren.
Wenn Sie sich persönlich und vor Ort einen Eindruck von uns verschaffen möchten, können Sie gerne einen unserer offenen Stammtische besuchen. Im [Kreis] findet der nächste am
[Datum und Uhrzeit] im [Ort und Adresse] statt. Weitere Termine finden Sie unter
[Stammtischseite]
Mit freundlichen Grüßen
XXX
Im Auftrag der Geschäftstelle der Piratenpartei Deutschland
[1]http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#F.C3.BCr_die_Trennung_von_Staat_und_Religion
[3]http://wiki.piraten-thueringen.de/TH:Leitlinien#Trennung_von_Staat_und_Religion