Benutzer:Sven423/blog/2012-07-18-presse-verlogenheit

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Die Verlogenheit der Presse: ich rüge zurück!

Die Debatte über den Umgang mit der Presse am Landesparteitag der Piraten Niedersachsen[1] hat mich zum Nachdenken über unseren generellen Presseumgang angeregt.

Wir alle wünschen uns schöne, positive Presseberichte über unsere Partei. Diese zu erhalten ist sozusagen das Ziel der Pressearbeit. Hierfür sammeln wir Kontaktdaten, verteilen Pressemitteilungen und umsorgen die Presse an Veranstaltungen. Getreu dem Motto: Wenn man sich beliebt macht und Informationen auf dem Silbertablett serviert wird der Bericht uns schon gut aussehen lassen.

Die Presse wiederum, oft als vierte Gewalt im Staat bezeichnet, sollte sich an hohe ethische Grundsätze halten. Sie sollte unabhängig berichten, nicht das Geschehen manipulieren, sondern rein beobachtend tätig sein. Die Realität ist davon jedoch oft weit entfernt. Allein mit der Annahme unserer vielen Annehmlichkeiten, die wir Pressevertretern an Parteitagen anbieten, verlieren sie meiner Meinung nach ihre kritische Distanz zum Geschehen. Doch es geht noch weiter...

"Könnten Sie bitte noch einmal..."

"Könnten Sie sich bitte noch einmal so hinstellen?". "Könnten Sie bitte noch einmal durch diese Tür zu Ihrem Platz gehen?". Solche Sätze durfte ich schon öfters hören.

Ich kann es ja verstehen, dass Kamerateams und Fotographen schöne Bilder an ihre Redaktionen liefern möchten. Aber auch da gilt: Sie dürfen nicht das Geschehen manipulieren. Wer zu spät kommt hat eben den Schnappschuss verpasst. Und solche Situationen habe ich schon öfters erlebt:

Das erste derartige Erlebnis ist schon lange her. Anno 1999 in den vier Pressestunden des 16C3. Ich habe mich mit der rechten Hand an einem Tisch abgestützt, auf dem Tisch ein Monitor, davor sitzend ein Bekannter von mir, der mir etwas vorgeführt hat. Sicher ein schönes Pressefoto. Dumm nur, dass ich mich wohl bewegt habe, bevor der nette Fotograph der Computer-BILD sein Bild gemacht hatte. Freundlich hat er nachgefragt, ob wie uns noch einmal so positionieren können. Haben wir getan. Und wenige Tage später wurde das gefakte Bild in oben genannter Zeitschrift abgedruckt.

Oder erst kürzlich, bei der Urteilsverkündung zur 5% Sperrklausel bei Europawahlen am Bundesverfassungsgericht[2]. Ich war wie es sich gehört pünktlich anwesend. Und habe vor der Urteilsverkündung einige Zeit damit verbracht für die Presse den Hampelmann zu spielen, wieder den Gang entlang zu laufen, mich wieder an meinen Platz zu setzen, etc. Sodass sie schöne Bilder als Lückenfüller haben, zu denen dann eine Stimme aus dem Off die Nachricht verliest. Aber auch hier: alles nachgestellt, nichts ist echt.

Über die manipulierten Bilder der Fußball-EM muss ich wohl nichts mehr sagen...[3]

Ich gehe davon aus, dass viele Piraten mit Pressekontakt von derartigen Erlebnissen berichten können. Und ich frage mich seit gestern: Müssen wir uns derart prostituieren? Für eine Industrie, die uns agressiv angreift, wenn wir sie auf ihre eigenen Regeln hinweisen?

Ich sage: Nein!

Sicher, nicht alle Journalisten vergessen den Pressekodex. Aber denen, die es tun, sollten wir diese Verstöße nicht auch noch besonders leicht machen. Ich werde in Zukunft nicht mehr für solche gestellten Bilder zur Verfügung stehen. Und es würde mich freuen, wenn es andere Piraten ebenso handhaben würden. Wir müssen, nein dürfen, uns nicht für die Presse verbiegen. Und u.a. deshalb halte ich auch das Vorgehen der Niedersachsen für gerechtfertigt. Es bestraft nur die Reporter, die sich nicht an Regeln halten.

Die Presse achtet das Privatleben, die Intimsphäre sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Menschen.[4]