BW:Bundestagwahl 2013/Kandidatenfragen/Zeitarbeit

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Zeitarbeit
FRAGE:

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Bitte versuche in Deiner Antwort über den Gerechtigkeitsaspekt hinaus zu argumentieren.


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Sebastian Nerz

Ein Jobmotor? Staatliche Subventionen für die Schaffung von Arbeitsplätzen sind auch arbeitgeberfreundlich und bisweilen erfolgsversprechend, nichts desto trotz häufig langfristig eher schädlich. Zeitarbeit ist in erster Linie ein Instrument um schwankende Auftragslagen abfedern zu können. Dazu ist es ein sehr gutes Mittel - und dafür müssen die Leiharbeiter ein höheres Maß an Flexibilität mitbringen. Entsprechend sollten sie auch dafür höher entlohnt werden. Das französische Modell funktioniert (getesterweise!) sehr gut, warum es nicht übernehmen? Das deutsche Modell bringt zu viele Nachteile für die Arbeitnehmer mit sich (bspw. verkürzte Kündigungsfristen, unzureichende Einbindung in soziale Strukturen im Arbeitsplatz, etc)

Für Arbeitgeber hat die flexible Zeitarbeit übrigens auch Nachteile. Langfristig an ein Unternehmen gebundene Arbeitnehmer bringen bspw. eher Loyalität zur Firma auf, können verlässlicher und eigenverantwortlicher in die Arbeit eingebunden werden, fühlen sich für die Firma eher verantwortlich und sind im Durchschnitt produktiver. Insofern ist es für die Arbeitgeber von Nachteil, wenn sie sich zu stark auf Leiharbeit verlassen. Für Arbeitnehmer bietet Leiharbeit den Vorteil, dass sie u.U. wertvolle Berufserfahrung ansammeln können und den Nachteil, dass sie einen unsichereren Job haben und flexibler sein müssen (wechselnde Arbeitgeber etc).

Martin Bartsch

Ich möchte der Aussage, dass das bestehende System „offensichtlich funktioniert“, widersprechen. Wir haben ein System aufgebaut, in dem zu viele Arbeitnehmer ohne Festanstellung und damit ohne halbwegs verlässliche Zukunftsperspektive teilweise über Jahre hinweg in ein und demselben Betrieb arbeiten. Das ist und war nie der Sinn von Zeitarbeit. Betriebswirtschaftlich mag das ja vielleicht sinnvoll sein, volkswirtschaftlich ist der Nutzen zumindest fragwürdig, da Zeitarbeiter häufig eingesetzt werden um festangestellte Beschäftigte unter Druck zu setzen. Eine Beschränkung der Verleihfristen und eine rechtliche und finanzielle Gleichstellung zu festangestellten Kräften erschein mir daher angebracht. In diesem Zusammenhang begrüße ich die gerade beschlossenen Tarifverträge der IG-Metall ausdrücklich, da diesen einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstellen. Der Gesetzgeber sollte sich daran ein Beispiel nehmen.

Alexander Brandt

Zeitarbeit ist befristet sinnvoll. Wenn ein entsprechendes Arbeitsverhältnis über Jahre hinweg besteht und der Arbeitnehmer ständig hingehalten wird entspricht das weder dem Sinn dieser Form der Arbeit, noch ist es dem Menschen gegenüber akzeptabel. Ein festes Arbeitsverhältnis ist für alle Beteiligten sinnvoll, da es sich zumeist positiv auf das Arbeitsklima auswirkt.

Sven Krohlas

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe? Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Funktioniert? Was funktioniert an Zeitarbeit?

Zeitarbeit ist ein Trick, um Kündigungsfristen zu umgehen. Die Unternehmen bekommen so Flexibilität, um auf wirtschaftliche Schwankungen zu reagieren. Die Rechnung zahlen die Arbeitnehmer: niedrige Löhne, keine Planungssicherheit, zu wenig Geld für Altersrücklagen.

Wenn Firmen diese Flexibilität von ihren Angestellten wollen sollen sie, wie wir es im Wahlprogramm zur Landtagswahl BW bereits beschlossen haben, dafür zahlen. Leiharbeiter sollen eine höhere Bezahlung als Festangestellte bekommen. Somit sind die Unternehmen zur Kostenreduktion gezwungen, die Zahl der Leiharbeiter zu reduzieren und mehr Menschen erhalten einen festen Job, mit geregelten Arbeitszeiten und Planungssicherheit.

Somit hätten Unternehmen die gewünschte Flexibilität und die Arbeitnehmer werden dafür gerecht entlohnt. In Frankreich funktioniert dies wunderbar.

Marco Hauke

Ein Jobmotor ist etwas, das Arbeitskräfte schafft von denen die Menschen dauerhaft leben können. Schon das Wort Zeitarbeit widerspricht dem, denn es ist nur ein Arbeitsplatz "auf Zeit". Dies bedeutet, dass sich die Menschen darauf kein Leben aufbauen können, keine Familie, keine Zukunft!

Das System funktioniert nur für die Arbeitgeber, für die Arbeitnehmer ist es nur eine (kurzfristig durchaus sinnvolle) Zwischenlösung die leider immer öfter zu einer "Zwischenlösung auf Dauer" wird. Hier muss der Staat entgegenwirken wenn er eine stabile Gesellschaft haben will denn der Beitrag den jeder Einzelne zu dieser Gesellschaft beiträgt geht weit über den reinen Wirtschaftsertrag hinaus.

Haukemar 15:31, 3. Jun. 2012 (CEST)

Andreas Lotter

Zeitarbeit hat sich als Instrument einer Übergangsbeschäftigung bewährt und hat bestimmt vielen Arbeitslosen geholfen wieder einen Arbeitsplatz zu erhalten. Dies möchte ich nicht ändern. Aber mir gefällt nicht das "Zeitarbeit" desöfteren als Alternative zu einer langfristigen Direkteinstellung mißbraucht wird und dies gilt es mit einer Neuregelung besser zu unterbinden.

Edit: Reihenfolge in der Bearbeitung korrigiert. Wiskyhotel 05:17, 16. Jun. 2012 (CEST)

Lisa Collins

Nachdem ich selber schon über eine Zeitarbeitsfirma angestellt war, ist meine Meinung zu dem Thema recht deutlich ;-) Zeitarbeit, so wie sie aktuell in Deutschland existiert, ist nicht akzeptabel. In der Form handelt es sich nicht um einen Jobmotor, sondern um eine Beschäftigungsbremse.

Zeitarbeitnehmer müssen wesentlich flexibler sein, als Arbeitnehmer in Festanstellungen und haben zudem keinerlei Planungssicherheit. Grundsätzliche Rechte, die normalen Arbeitnehmern zustehen, werden ihnen oftmals nicht gewährt und sie müssen hinnehmen, dass sie quasi von einem Tag auf den anderen ohne Job dastehen (zumindest in den ersten sechs Monaten liegen die Kündigungsfristen immerhin zwischen einem Tag und zwei Wochen!).

Zu den oben beschriebenen Problemen kommt erschwerend hinzu, dass keine "echten" Stellen geschaffen werden, weil es für Unternehmen wesentlich geschickter ist, jemanden (gerne auch über lange Zeiträume hinweg) zu beschäftigen, den man im Zweifelsfall sofort wieder los wird.

Und da haben wir noch nichtmal über die Zeitarbeitnehmer gesprochen, die über eine firmeneigene Zeitarbeitsfirma angestellt sind!

Meine Minimum-Lösungsansätze: Zeitarbeitnehmer müssen erstmal deutlich besser bezahlt werden als betriebseigene Angestellte! In dem Fall überlegen Firmen es sich nämlich auch zweimal, ob sie Zeitarbeitnehmer dauerhaft einstellen oder nicht doch lieber eine fest angestellte Arbeitskraft nehmen, die sich obendrein eher mit der Firma identifizieren kann. Zusätzlich bin ich der Meinung, dass Zeitarbeit in ein und dem selben Betrieb auf höchstens 6 Monate beschränkt werden sollte. Wer einen Arbeitnehmer schon so lange beschäftigt, dem ist auch zuzumuten diese Person fest anzustellen.

Jan Lüdtke-Reißmann

Dieser angebliche Jobmotor funktioniert nur, weil die Arbeitnehmer Einschnitte in ihre persönlichen Lebensumstände in Kauf nehmen und dies, weil sie es müssen. So eine Aussage ist neoliberaler Mist.

Das nun folgende hatte ich zu schreiben im Sinn, Sebastian hat es bereits gesagt.

Zeitarbeit soll Firmen das Abfedern von Auftrgasspitzen ermöglichen. Hierfür benötigt diese Firma Menschen die hochflexibel ihre Leistung an sich ändernden Orten erbringen. Genau dieses Leistungsplus muss als solches erkannt und besonders vergütet werden. Das Modell aus Frakreich ist hier für mich wegweisend. Der Leiharbeiter erzielt bei gleicher Leistung ein höheres Einkommen. Das ist gerecht gegenüber der Stammbelegschaft.

Matthias Weiss

Wer solche Behauptungen aufstellt hat keine Ahnung. Ich war selbst jahrelang als Zeitarbeiter angestellt. Die Löhne sind mies, die Gefahr von einem auf den nächsten Tag einen drastischen Verdienstausfall oder sogar die Kündigung zu erhalten sehr hoch. Der Druck der auf einem Arbeitnehmer lastet wirkt sich auch erheblich auf die Gesundheit aus. Eine Übernahme der Firma in der man eingesetzt ist wird durch Jobwechsel kurz vor Ablauf der Frist verhindert.

Es muss eine Umstrukturierung stattfinden! Weshalb darf ein Arbeitnehmer, welcher flexibel eingesetzt wird und vom Auftraggeber jederzeit wieder "abbestellt" werden kann nicht auch finanziell davon profitieren? Wäre dies der Fall, würden auch mehr Festeinstellungen gefördert.

Julia Rott

Bitte versuche, in deiner Frage Unterstellung und Suggestion zu vermeiden.

Ansonsten wurde schon alles gesagt.

Harry Botzenhardt

Zeitarbeitsfirmen und viele der Zeitarbeiter beschäftigende Unternehmer haben den modernen Sklaven geschaffen.

Ursprünglich mal eine löbliche Einrichtung, wird heute Zeitarbeit und die Zeitarbeiter schamlos missbraucht.

Und dieser eine Satz wäre auch meine Begründung für eine Novelle des Zeitarbeitsgesetzes bzw. der Abschaffung der Zeitarbeit. Morgan le Fay 18:39, 8. Jun. 2012 (CEST)

Dee Kay

Es wurde schon gesagt, Zeitarbeit muss im Vergleich teurer werden.

Meine Begründung wäre, dass der Arbeitnehmer zumindest die Möglichkeit hätte eine Folgezeit ohne Beschäftigung in ähnlichem Standard wie ein Vollbeschäftigter zu überbrücken.

Wenn das Argument der Kapazitätsspitzen zutrifft, wären die Mehrkosten aus Sicht der Unternehmen auch gerechtfertigt und würde gleichzeitig eine langfristige Ausrichtung auf Zeitarbeitsverträge verhindern.

Aber leider ist Zeitarbeit nur eine mögliche Auswirkung und weniger die Ursache. Meiner Meinung nach müssen wir uns politisch auch an die Arbeitnehmergesetze heran wagen, denn auch wenn die Zeitarbeit viel teurer für den Arbeitgeber wäre, würde es sich noch rechnen die Zeitarbeit und Zeitverträge als Stilmittel einzusetzen.
Mir ist völlig klar, dass dies ein heißes Eisen ist, aber Poiitik 1.0 besteht schon viel zu lange aus heißen Eisen die niemand anpackt.
Wenn nicht die Piraten wer dann?
Ich bin überzeugt wir können hier auch sehr sozial verträglichere Vorschläge finden die sich nicht an den Interessen von ein paar globalen Konzernen ausrichten. (Fokus: Mittelstand)

Alexander R. Brehm

Zeitarbeit ist ein Model, welches der Wirtschaft dienlich ist, jedoch nicht dem Arbeitenden. Qualifizierte Arbeitskräfte, die fest angestellt sind, sind aufgrund einer sichereren Zukunft wesentlich motivierter und produktiver, da sie sich in der Firma auskennen und nicht mal hier und dann wieder dort arbeiten.

Das einzige Argument für die Zeitarbeit ist der finanzielle Vorteil für Firmen. Der soziale Aspekt überwiegt meiner Meinung nach und sollte das primäre Ziel sein.

Volker Dyken

Zeitarbeit dient allein der billigen Arbeitskräftebeschaffung von Firmen und ist ganz allgemein gesprochen ein Profitmodell für die beteiligen Unternehmen, dessen Kosten die Allgemeinheit durch ergänzendes ALG II für die unterbezahlten Zeitarbeiter trägt. Entweder man begrenzt die Zeitarbeit gemäß unseres Landeswahlprogramms (an diesem Punkt habe ich auch mitgearbeitet), oder man holt sich die Kosten für die Aufstocker bei den Unternehmen zurück. Es kann nicht angehen, dass durch Zeitarbeit und Lohndumping der Steuerzahler indirekt über zusätzlich notwendige Sozialleistungen bei Niedriglöhnen die Wirtschaft subventioniert - dies ist mein über den Gerechtigkeitsgedanken hinausgehendes, fiskalisches Argument.

Stattdessen sollte das Jobcenter, so mein neuer Gedanke, Daten über die Firmen sammeln, bei denen trotz Vollzeitvertrag, egal ob Zeitarbeit oder Festanstellung, Mitarbeiter zusätzlich Hartz IV bekommen müssen. Und mal ehrlich, wenn das Jugendamt Unterhaltsvorschusskonten führt, warum nicht auch das Jobcenter Aufstockungskonten, mit Eintreiben der Außenstände? Das wäre ein Steuerungsinstrument für faire Bezahlung, auch von Zeitarbeitern, ohne dass Firmen damit die Hände gebunden wären - sie könnten sich genauso gut entscheiden, Schulden bei der Allgemeinheit zu machen und diese von den Gewinnen aus den Auftragsspitzen zurückzahlen. Ich halte diese Idee einer "indirekten Subvention auf Kredit" für weitaus sinnvoller als einen starren Mindestlohn.

Thomas Bierling

Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, wie es auf den ersten Moment scheint. Mein soziales Herz sagt in erster Näherung natürlich "gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Zeitarbeit muß aber per se nicht schlecht sein - schlimm wird es nur, wenn sie nicht mehr als Flexibilitätsinstrument, sondern als Instrument zu verantwortungsloser Profitmaximierung gebraucht wird. Die Frage ist nur, wie man den Begriff der "Verantwortung" in einen gesetzlichen Rahmen gießt. Auf der anderen Seite gibt es auch Begriffe wie Vertragsfreiheit, die man auch nicht unterschätzen darf. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, daß die Vertrags"freiheit" leider auch gehörig von der jeweiligen Verhandlungsposition abhängt - wer dringend einen Job braucht, ist eben nicht wirklich frei in seiner Vertragsgestaltung. Andererseits gibt es auch Beispiele, wo der Versuch gesetzlicher Regelungen manchmal die falschen trifft - da bin ich als selbständiger IT-Berater unmittelbar betroffen, wenn es um Fragen der Scheinselbständigkeit geht. Hier wollte man mit Sicherheit andere Berufs- und Lohngruppen schützen. Als Fazit möchte ich sagen, daß man hier behutsam eingreifen muß, ohne gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten. Eine Lösung (wenn auch längerfristig) wäre interessanterweise auch hier das bedingungslose Grundeinkommen. Nicht (wie oft unterstellt), weil es niedrige Löhne ermöglicht, sondern ganz im Gegenteil: Wer sein Auskommen gesichert weiß, hat eine ungleich stärkere Verhandlungsposition, so daß dadurch erst wieder ein wahrer Arbeits"markt" entstehen könnte, denn ein Markt setzt immer die Verhandlungsfähigkeit beider Seiten voraus.

JanDavid

Zeitarbeit lehne ich generell ab.

In den fünfziger Jahren zu Zeiten von Ludwig Erhard hatten wir einen Zustand wo jede Firma, die eine/n Arbeiter/in nur für kurze Zeit brauchte, selber den einstellte.

Alles war viel einfacher damals, lediglich die Personalabteilungen der Firmen hatten geringfügig mehr zu tun.

Das heute immer weiter wuchernde System aus Sub-Firmen, Sub-Sub-Firmen und Zeitarbeitsfirmen die zwischen dem Arbeiter und den eigentlichen Firmen sind, hat einen hohen Preis, den - noch - allein der Arbeiter zahlt.

Wenn allmählich der Arbeitskräftemangel durchschlägt, wird es auch für die Firmen etwas unangenehmer.

Zeitarbeit ist - in dem Maße wie sie heute üblich ist und in der Art wie sie heute organisiert ist - dysfunktional und gehört abgeschafft.

Michael Krause

Die Leiharbeit verlangt viel mehr von den Leiharbeitern ab als von den Festangestellten. Sie müssen sich ständig auf neue Situationen einstellen und viel flexibler sein. Das Risiko über längere Zeit keinen Arbeitgeber zu finden trägt auch nur der Leiharbeiter. Aus diesem Grund sollte Ihnen wie auch in anderen Ländern ein höheres Gehalt zu stehen.

Leider dient die Leiharbeit schon längst nicht mehr der Überbrückung von Produktionsspitzen. Viel mehr dient sie zur Senkung der Kosten. Was aber auch dazu führt das es für die Festangestellten schwieriger wird faire Gehälter zu er kämpfen wenn sie Ihre eigene Konkurrenz im Haus haben.

Die Leiharbeit mag zwar in Deutschland ein gewisses Wirtschaftswunder unterstützt haben, aber dies hatte auch Spätfolgen und nicht nur für die Lohnpolitik in Deutschland. Die Lohnkosten in Deutschland wurden gesenkt und Deutschland wurde wettbewerbsfähiger. Aber andere Länder in Europa sind diesen Weg nicht gegangen und sind jetzt in der Wirtschafts- und Finanzkrise besonders benachteiligt. Deutschland ist hier zu sehr einen eigenständigen Weg gegangen der aber langfristig auch für Deutschland eine Sackgasse ist.

Stevan Cirkovic

Meiner Antwort vorweg: Ich habe mir gut überlegt, ob ich auf diese Suggestivfrage antworten soll, denn eine Frage soll auch eine Frage sein. Nichtsdestotrotz ist das Thema wichtig und dein Anliegen berechtigt.

Meiner Meinung nach war es richtig die Zeitarbeit im Zuge der Wirtschaftskrise einzuführen, um so die Flexibilität zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhalten. Damit ein solches Instrument aber auch wieder eingesetzt werden kann und seine Wirkung voll entfaltet, braucht es zeitliche Beschränkungen solcher Regelungen. Ihr Vorteil besteht nämlich gerade in der Ausnahmefunktion.

Sollte die wirtschaftliche Lage es erneut erfordern, zu solchen Maßnahmen zu greifen, würde ich mich für folgende Ausgestaltung einsetzen: Beschränkung auf zweieinhalb Jahre ohne Möglichkeit der einfach Verlängerung und ein Zeitarbeitsmindestlohn. Das heißt, dass sich der Bundestag erneut mit dem Thema inhaltlich auseinandersetzen muss und Änderung der genauen Modalitäten notwenidg sein müssen, um nicht in einen bequemen Automatismus zu verfallen. Außerdem würde ich Zeitarbeiter nicht nur für ihre getane Arbeit, sondern auch für ihre Flexibilität und Risikobereitschaft entlohnt sehen.

Entesprechend vorangeganer Argumentation muss Zeitarbeit jetzt zurückgefahren und dem Interessendruck, den Status Quo zu behalten, widerstanden werden.

Hier geht es zu meiner Frageseite und hier zu meinem Blog.

Andreas Bergholz

Folgendes kann ich unserem Parteiprogramm entnehmen:

"In den vergangenen Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass dieses Instrument von immer mehr Unternehmen dazu missbraucht wird, den Kündigungsschutz und Tarif- bzw. Mindestlöhne zu umgehen.

In einzelnen Unternehmen stellen die Leiharbeitskräfte mittlerweile selbst betriebsintern eine Art Konkurrenz und Druckmittel gegen die Stammbelegschaft dar."

Weiter heißt es: "Nach französischem Vorbild sollen Leiharbeiter nicht eine billige Verfügungsmasse sein, mit der reguläre Beschäftigte unter Druck gesetzt werden können, sondern für die ihnen abverlangte Flexibilität mit einem Lohnzuschlag entschädigt werden."

Diese Aussagen unterstütze ich und würde auch dementsprechend argumentieren.

Hagen Stanek

Analog zum Landeswahlprogramm in BW argumentiert, sollten die positiven Aspekte der Zeitarbeit gewürdigt werden. Gleichzeitig ist Vorsorge zu tragen, daß nicht tatsächlich daraus eine Konkurrenz zu Festeinstellungen entsteht.

Kevin Baumgartner

An der Zeitarbeit an sich ist ja im prinzip gar nicht so viel auszusetzen. Wenn man z.B die Zeitarbeit in Frankreich betrachtet, ist diese sehr begehrt, da man bei unseren europäischen Nachbarn zum Teil wesentlich mehr verdient als ein Festangestellter oder Facharbeiter.

Wenn uns in Deutschland sowas gelingen würde wäre das eine tolle Sache. Aber wir haben ja schon gewisse Punkte im Wahlprogramm (Prozentsatzregelung) zu diesem Thema, die es gilt verstärkt zu kommunizieren und durch weitere, gute Ideen zu erweitern.

Christian Thomae

Zeitarbeit in der jetzigen Form funktioniert nicht und muß reformiert werden. Das wurde bereits mehrfach von meinen Vorrednern beschrieben.

Dabei ermöglicht dieses Gesetz, ganz legal, die deutschen Arbeitnehmerstandards zu unterlaufen. Das Resultat sind prekäre Abhängigkeitsverhältnisse. Folgendes Szenario, welches mir aus meinem näheren Umfeld bekannt ist, beschreibt die gängige Praxis sehr anschaulich:

Angaben zur Person (nennen wir Sie mal Peter):

  • 30 Jahre.
  • Hochschulabschluß.
  • Mehrjährige Berufserfahrung.
  • EU-Ausländer.
  • Sehr gute Deutschkenntnisse.

Zeitarbeitsfirma:

  • ansässig in Rumänien.
  • beschäftigt Peter zu lokalem Mindestlohn (ca. 160 Euro) -> Kaum Steuerbelastung für das Unternehmen.
  • Versicherungen für Peter werden übernommen (geringere Leistungen u. deutlich günstiger komparaktiv zu D)
  • Unterkunft wird Peter vor Ort gestellt.

Geplante Abwicklung:

  • Verleih von Peter an indisches Tochterunternehmen einer französischen Firma, die wiederum in Deutschland als Subunternehmer für einen großen Flugzeughersteller unter Vertrag steht.
  • Versprochenes Gehalt: 2300 Euro netto.
  • Abrechnung der Differenz (160-2300) über Spesen.

Tatsächliche Abwicklung:

  • Lohn wird unregelmäßig, oder gar nicht gezahlt.
  • Durch unsichere Arbeitsbedingungen, fremdes Umfeld wird Druck aufgebaut.
  • Zeitarbeitsfirma verweist auf indisches Unternehmen, welches angeblich nicht auf Anfragen reagiert.
  • Peter hat kaum noch finanzielle Mittel und steht vor der Wahl, auf eigene Kosten zurückzukehren und auf Lohnausfall zu verzichten, oder weiterzuarbeiten und zu hoffen.

Das Ziel dieser legalen (!) Rochaden ist es, sowohl den Arbeitnehmer, als auch die Behörden zu verwirren. In diesem beschriebenen Fall kommt der Arbeitnehmer noch relativ glimpflich davon, da er außer dem Verdienstausfall keine weitere Repressalien zu befürchten hatte. Das sieht leider in vielen Fällen anders aus.

Mariotti - Ich bin kein Politiker, sondern nur ein Bürger mit Rechte.

Dieser Status quo funktioniert, solange ein bestimmter Jemand davon gut profitiert. Genau wie auch ein jeder entsprechende Status Quo funktionieren würde, solange ein bestimmter Anderer davon gut profitiert. Die große Frage ist: Aber zu welchem Preis? Persönlich kenne ich fast nur noch Zeitarbeiter und keine Fest eingestellten Fachkräfte. Die Zeitarbeit ist nichts weiter als das Ausüllen eines Puffers, welches aus einer schlechten Wirtschaftslage hervorgegangen ist. Es ist wieder mal nur ein Flickwerk und keine echte Ursachenbekämpfung! Aber allen freuts. Die Regierung hantiert mit kleinen Arbeitslosenzahlen, die Arbeitgeber machen weiter ihren exorbitalen Gewinn ohne Verpflichtungen, und der arme Schlucker am Ende des Rades kann froh sein ein Butterbrot pro Tag essen zu dürfen. So sind alle happy! Gelobe sei der Tag in dem es allen doch so gut geht ;-) Ach ja.. ich vergaß! Es sind ja nur 99% der Weltbevölkerung die jeden Tag dieses eine Stück Butterbrot bekommen...Meine Antwort zu Deiner Frage: Es gibt keine konkrete Lösung. Es gibt aber eine gewaltige Kraft der Basis, die schrittweise das alte System reformieren kann; Und das mithilfe demokratischer Bausteine, die von der Basis aus geformt werden und nicht vom Kapital.Auch hier des Rätsels Lösung die BAsis und Direkte Demokratie.

Andreas von Marschall

Zeitarbeit kann ein sinnvoller Baustein der Arbeitsmarktpolitik sein, indem der Arbeitsmarkt dadurch flexibler gestaltet werden kann. Dieser positive Ansatz wird zunehmend missbraucht.

Meine Kritik ist, dass durch aneinander gereihte Zeitarbeitsverträge bei vielen eine sinnvolle Lebensplanung, auch Familienplanung, erschwert wird, die aber auf Längerfristigkeit angewiesen ist.

Mein Vorschlag wäre, die Anzahl von Zeitarbeitern und die Dauer je Betrieb klar zu beschränken. Außerdem kann ich mir vorstellen, weil Zeitarbeit ein “Schleudersitz“ ist, höher vergütet werden muss als reguläre Arbeit. Dadurch hätten bereits die Unternehmen ein geringeres Interesse an Zeitarbeit.

Norbert Hense

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?

Es mag ein Jobmotor sein, wenn Jobmotor heißt, dass Unternehmer Mitarbeiter ausbeuten dürfen.

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Im Landtagswahlprogramm von BaWü 2011 steht:

"Leiharbeit stellt für die Wirtschaft ein sinnvolles und notwendiges Instrument dar, um Auftragsspitzen zu bewältigen. In einzelnen Unternehmen stellen die Leiharbeitskräfte mittlerweile betriebsintern aber eine Art Konkurrenz und Druckmittel gegen die Stammbelegschaft dar. Leiharbeit sollte wegen ihres Missbrauchspotenzials wieder begrenzt werden. Wir wollen, dass das Land Baden-Württemberg dazu eine entsprechende Initiative im Bundesrat startet. Nach französischem Vorbild sollen Leiharbeiter nicht eine billige Verfügungsmasse sein, mit der reguläre Beschäftigte unter Druck gesetzt werden können, sondern für die ihnen abverlangte Flexibilität mit einem Lohnzuschlag entschädigt werden."

Dem kann ich mich vollumfänglich anschließen.

Stefan Urbat

Wir haben im Landtagswahlprogramm 2011 stehen, dass wir Zeitarbeiter besser bezahlen lassen wollen (nach französischem Vorbild) als fest Angestellte, um ihre prekäre, unsichere Situation zu kompensieren: das funktioniert in Frankreich gut, da auf diese Weise Lohndumping wie in Deutschland nicht mehr funktioniert und sich Arbeitgeber auf echte Bedarfsfälle für so etwas beschränken. Das ist m.E. die beste Lösung.

Martin Lange

Die hinter der Zeitarbeit stehende Idee, Unternehmen Konjunkturfluktuationen durch kurzzeitiges Aufstocken der Arbeitskräfte auszugleichen ist durchaus in Ordnung. Allerdings stehen Zeitarbeiter unter einem größeren Druck als Festangestellte und müssen auch eine größere Flexibilität aufweisen. Aus diesem Grund müssen Zeitarbeiter auch einen höheren Lohn erhalten als Festangestellte, wie es in Frankreich bereits passiert. Außerdem fordern wir in unserem Landeswahlprogramm weitergehende Maßnahmen, sollten Zeitarbeiter dennoch als "billige Verfügemasse" missbraucht werden.

Stimmbürger

Die Zeitarbeit war und ist kein Jobmotor und hat offensichtlich auch nicht für die Gesellschaft funktioniert, da durch diese Neuregelung die Löhne gesunken sind.

Damit haben die Arbeitgeber auch ihren eigenen Absatzmarkt, mangels Kaufkraft durch die Bevölkerung, verschlechtert.


Jemand der in der Zeitarbeit angestellt ist, muss mehr verdienen, als der Festangestellte.

Die Angestellten in der Zeitarbeit bringen zusätzlich noch die Flexibilität als Bonus ein, damit sind die Unternehmen in der Lage, ihre Auftragsspitzen auszugleichen.

Frank Schröder

In einem freiheitlichen Wirtschaftssystem muss Zeitarbeit grundsätzlich erlaubt sein und bleiben. Die konkrete Ausgestaltung darf und soll der Staat allerdings reglementieren. Es darf nicht sein, dass einzelne Menschen zu Gunsten eines Unternehmens oder auch der Gesellschaft ausgebeutet werden. Daher befürworte ich einen allgemeinen Mindestlohn. Darüber hinaus sollten Regelungen geschaffen werden, die allzu große Lohnunterschiede zwischen Zeitarbeitern und befristet oder festangestellten Mitarbeitern der Stammbelegschaft verhindern. Zeitarbeit in Maßen halte ich für ein sehr sinnvolles Instrument, damit Unternehmen flexibel reagieren können. Es darf allerdings keine Dauerlösung für ein Unternehmen sein. Das schafft Unzufriedenheit und schadet damit langfristig auch der wirtschaftlichen Entwicklung. Die langfristige Entwicklung muss aus meiner Sicht bei politischen Entscheidungen immer im Vordergrund stehen. Daher halte ich eine stärkere Reglementierung der Zeitarbeit auch dann für richtig, wenn sie kurzfristig zu finanziellen Einbußen der betroffenen Unternehmen führt.

Bastian Haas

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?
Der vorgebliche "Jobmotor" Leiharbeit sorgt leider großteils nicht für die Schaffung von Arbeitsstellen, die für ein würdiges Auskommen entsprechend bezahlt und organisiert sind. In manchen Fällen werden die Leiharbeiter innerhalb der Arbeitsstätte auch sozial ausgegrenzt.

Leiharbeiter werden deutlich schlechter bezahlt als die vergleichbaren Festangestellten. Teilweise so schlecht, dass sie ihr Einkommen wieder mit Sozialleistungen aufstocken müssen. So führt dieser "Jobmotor" wieder zu Belastungen für die Allgemeinheit, die unseren wachsenden Niedriglohnsektor subventioniert. Die wirklich schlimmen Folgen werden wir im Übrigen erst in einigen Jahrzehnten erfahren, wenn man feststellen wird, dass die Renten dieser extrem schlecht bezahlten Arbeitnehmer erst recht nicht zum Leben reichen.

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?
Dass der Status Quo offensichtlich nicht funktioniert, habe ich eben dargestellt. Verkürzt findet sich die Begründung noch einmal in unserem Landes- und Bundeswahlprogramm, wo ich jeweils die entsprechenden Programmpunkte zur Leiharbeit selbst eingebracht habe.

Andreas Hahn

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Bitte versuche in Deiner Antwort über den Gerechtigkeitsaspekt hinaus zu argumentieren.

Unser Bundesarbeitsgericht hat mehrfach ausgeführt, dass der unbefristete Arbeitsvertrag den Standard in unserer Arbeitswelt darstellt. Zeitarbeit wurde eingeführt, damit Unternehmen Auftragsspitzen abfangen können ohne hierfür neue Festanstellungen schaffen zu müssen, die (richtigerweise) schwierig wieder abbaubar/kündbar sind. Auch wurde der Equal-Pay-Grundsatz aufgestellt.

Die Realität seit der Liberalisierung der Leiharbeit sieht nun gänzlich anders aus. Reguläre Stellen werden mit entliehenen Arbeitern besetzt um Kündigungsfristen und im Betrieb geltende Tarifverträge zu umgehen sowie betriebliche Sozialleistungen zu sparen. Durch Tarifverträge auf Verleiherseite wurde der Equal-Pay-Grundsatz ausgehebelt. Kurz: Der unbefristete Arbeitsvertrag ist bei Neubesetzungen nicht mehr die Regel sondern die Ausnahme. Dies alles zu Lasten der Arbeitnehmer und des sozialen Friedens und zu Gunsten der Arbeitgeber.

Durch Leiharbeit wurden keine neuen Jobs geschaffen, sondern alte Jobs mit kostengünstigen Leiharbeitern besetzt. Das ist kein Jobmotor sondern ein Kostensenkungsprogramm.

Weiteres zum Thema Leiharbeit habe ich auch hier ausgeführt.

Andre Martens

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?

Zeitarbeit in der gegenwärtigen Form ist eine abstoßende Form des Sklavenhandels. Als Betriebsrat versuche ich alles Mögliche, um Zeitarbeit in unserem Betrieb zu verhindern.

Die Tariföffnungsklausel im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz war der größte Fehler, den man begehen konnte und sie gehört wieder entfernt.

Auch wenn die Zeitarbeitbedingungen europakonform gestaltet werden sollten, sehe ich aus der Praxis nicht, wie das funktionieren sollte. Große Entlassungswellen gab es bisher meist zeitgleich bei fast allen Firmen wegen großer Wirtschaftskrisen. Das Gegenteil spielt sich auch immer fast zeitgleich bei allen Firmen ab. Die Theorie, dass verschiedene Firmen zu verschiedenen Zeitpunkt erhöhten Arbeitskräftebedarf haben, was ja Voraussetzung für ein Funktionieren der Zeitarbeit ist, halte ich mittlerweile nur noch für Wunschdenken.

Thomas Lambeck

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?
In Kurzform: Es zählt nicht, wie viele Jobs wir schaffen sondern wie viele Menschen von dem, was sie Tag für Tag leisten, auch leben können.

Und langfristig ist uns nicht geholfen, wenn in Vollzeit arbeitende Menschen keine Rücklagen bspw. fürs Alter bilden können. Dann steht nämlich wieder jeder Steuerzahler dafür gerade und nicht der, der von der Arbeitsleistung profitiert hat.

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?
Die für mich entscheidende Frage ist, für wen es funktioniert?

Den Slogan „Leistung muss sich wieder lohnen“ haben wir oft genug gehört. Wenn wir ihn ernst nehmen und auf Zeitarbeiter schauen, stellen wir fest, dass sie mehr leisten oder zumindest ein höheres finanzielles Risiko eingehen als ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen:

  • Sie stellen sich öfter auf neue Arbeitssituationen ein.
  • Sie müssen öfter neues lernen.
  • Sie können ihre Zukunft mangels langfristiger Einkommensprognose schlechter planen.
  • Sie müssen evtl. viel öfter umziehen.
  • [...]

Deshalb haben Zeitarbeiter meiner Meinung nach einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich. Dieser könnte so aussehen, dass der Stundenlohn 1 EUR höher zu sein hat als bei einer Festanstellung. In unserem Programm zur Landtagswahl 2011 haben wir das ja auf Seite 32 schon thematisiert.

Bitte versuche in Deiner Antwort über den Gerechtigkeitsaspekt hinaus zu argumentieren.
Wie bitte? Was könnte mehr Gewicht besitzen als der Aspekt der Gerechtigkeit? Für uns Piraten?

René Schmalian

Als Betroffener, der seit mittlerweilen seit drei Jahren in der Leiharbeit tätig ist, kann ich natürlich aus dem Nähkästchen plaudern:
Es wird hierbei nicht genug unterschieden. Leiharbeit hat sehr verschiedene Ausprägungen. Die reine Leiharbeit, um im Sommer z.B. die Produktion trotz Urlaubszeit auf dem selben Niveau weiterführen zu können, finde ich eigentlich gut.
Aber die finanzielle Situation der Leiharbeiter muss analog zu Frankreich gestaltet sein. Wer diese Flexibilität aufbringt, dass er Freitag teilweise nicht weiß, wo er Montags arbeitet, muss dies über den Lohn auch honoriert bekommen.

Aber ein Bereich der Leiharbeit, nämlich die Werksverträge, wird bei der Debatte immer gerne vergessen. So arbeite ich mit einem Werksvertrag bei einem großen Automobilbauer in Untertürkheim in der Entwicklung Truck.
Hier sind teilweise bis zu 60% der Arbeitnehmer über externe Firmen in Werksverträgen tätig. Hier gelten die neuen Regeln mit Übernahme nach 2 Jahren gar nicht!
Hier werden Stammarbeitsplätze nicht neu mit neuen Mitarbeitern besetzt sondern mit Werksverträglern. Das erhöht den Druck auf die eigene Belegschaft und wenn ein Projekt nach mehreren Jahren beendet ist, kann man diese Leute ja schnell wieder los werden.

Hier sehe ich eigentlich den Handlungsbedarf. Leiharbeit an sich ist nichts schlechtes, nur die Umsetzung in Deutschland ist total verkorkst worden.
Prinzipiell muss wieder eine gesetzliche Frist her, dass Leiharbeiter spätestens nach einem Jahr übernommen werden müssen! Denn keine Spitze dauert ein Jahr!
Es muss geregelt werden, dass Leiharbeiter einen gleichen Lohn plus eine Flexizulage erhalten, damit die erhöhte räumliche und zeitliche Flexibilität honoriert wird!
Und Leiharbeiter und Werksverträgler müssen gesetzlich gleich behandelt werden!

Max Kehm

Ich sehe es eher kritisch wenn über den Mechanismus der Zeitarbeit staatlich subventionierte Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Als "Jobmotor" sehe ich Zeitarbeit nicht, da durch sie unter umständen auch reguläre Arbeitsplätze ersetzt und somit keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden.

Zeitarbeit kann für Unternehmen dennoch sinvoll sein um besser auf schwankende Auftragslagen eingehenn zu können oder auf Krisensituationen zu reagieren. Allerdings sollten Zeitarbeiter aufgrund der Tatsache das ihnen ein erhöhtes Maß an Flexibilität und Sozialen Risiken abverlangt wird besser entlohnt werden als die Festangestellten. Dies würde es für Unternehmen unattraktiv machen feste Arbeitsplätze durch Zeitarbeit zu ersetzen und somit wieder zu mehr sicheren Arbeitsverhältnissen führen.

Christoph Grüner

Nun, die Frage ist doch, ob der Status Quo wirklich funktioniert? Die Zeitarbeitsbranche hat viele Berufszweige mittlerweile fest in der Hand, und von gut bezahlten Jobs in Niedriglohn-Jobs gewandelt. Das ursprüngliche Ziel der Leiharbeit, dass sich Firmen kurzzeitig mit Fachkräften verstärken können, wurde umgewandelt in ein System von Billiglohnarbeitern, die zu Dumpingpreisen und in großer Zahl an die Firmen weitergeleitet werden. In unserer Gegend wurden bereits ganze Fabriken mit über 2000 Arbeitern komplett auf Leiharbeit umgestellt. Die selben Leute machen den selben Job, nur für den halben Lohn. Viele Zeitarbeiter erzielen dabei gerade einmal 800 -900 Euro Nettolohn im Monat, obwohl sie Vollzeit arbeiten. Darüber hinaus werden in den Firmen der Betriebsrat sowie die Gewerkschaft ausgehebelt, da beide für die Leiharbeiter nicht oder nur bedingt zuständig sind. Auch von Weihnachts- und Urlaubsgeld sind die Leiharbeiter ebenso ausgeschlossen, wie von Prämien für gute Geschäftslagen.

Die Entwicklung in Frankreich hat bewiesen, dass eine Regulierung dieser Branche keineswegs die Konjunktur oder den Jobmotor abwürgt. Dort sind sogar mehr, gerade junge Arbeitnehmer bei Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Jedoch verdienen sie deutlich mehr Geld als deutsche Leiharbeiter. Ich finde dieses System beiden Parteien gegenüber fair.

Jürgen 'Yonny' Martin

Frage: Darf man 'Jobmotor' Zeitarbeit durch Neuregulierungen 'abwürgen'? Oder Status Quo beibehalten.

Diese Frage möchte ich aus dem Bauch heraus beantworten. Die Zeitarbeit ist für mich alles andere als ein Jobmotor, denn sie hat unter dem Deckmantel der Flexibilisierung in der Vergangenheit Tausende von Arbeitsplätzen für Festangestellte gekostet. Zeitarbeiter sind moderne Arbeitssklaven, die beliebig verschiebbar und austauschbar sind und das Ganze für einen schmalen Lohn, der oft nicht mal zum Leben reicht.

Eine Begrenzung der Zeitarbeit auf absolut notwendige Abdeckung von Arbeitsspitzen ist daher notwendig und sollte sogar mit einem Bonus für Flexibilität vergütet werden. Nichts anderes fordert bereits auch das Landtagswahlprogramm von 2011.

Simone Gaiser

Unsere Arbeitsgesetze sind flexibel genung.

Ich würde Leiharbeit abschaffen.

Dann würde sich auch so mancher Konzern überlegen, dass Einsparungen nicht immer nur über das Personal abgewickelt werden können, sondern auch durch richtige unternehmerische Entscheidungen im Vorfeld.

Jochengp

Die Zeitarbeit hat sicherlich oberflächlich gesehen zu einer Erhöhung der Beschäftigtenquote beigetragen, jedoch auch bestehende und mögliche Arbeitsplätze in der Festanstellung gekostet bzuw. verhindert. Sie dient eiseitig der Arbeitgeberseite - Flexibilisierung, Kostenreduzierung - und raubt vielen Menschen die Möglichkeit einer sicheren Arbeitsperspektive. Zeitarbeit hat sicherlich auch eine gewisse Berechtigung: saisonale Schwankungen, Arbeitsspitzen. Sie ist in den vergangenen Jahren jedoch total überstrapaziert worden und sollte neu geregelt und begrenzt werden. Die Entlohnung darf nicht schlechter sein als die der Festangestellten.

Holger 'LeLion' Reichert

Zeitarbeit sollte ja ursprünglich dazu dienen, den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Spitzenauftragslast mit zusätzlichenn, nur auf Zeit beschäftigten Mitarbeitern zu händeln. Dafür ist diese auch sicher sinnvoll. Ein Hire und Fire-System (also kein Kündigungsschutz auch für die Stammbelegschaft) ist sicher keine Alternative dazu.

Leider ist es so, dass diese Flexibilität der Zeitarbeiter nicht durch höhere Löhne belohnt wird, sondern sie bekommen meist sehr viel weniger.

Das gehört dringend geändert. Mindestens gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das sollte eigentlich auch für die Unternehmen kein Problem sein, wenn damit Spitzen abgedeckt werden. Also es dem Unternehmen auch wegen der geringeren Stückkosten dann besonders gut geht.

Generell ist der aktuelle Zustand schlecht. Er führt dazu, auch eigentliche Stammbelegschaft durch Zeitarbeiter zu ersetzen zu wollen. Er führt zu einer "2-Klassen-Belegschaft" innerhalb Unternehmen und gefährdet somit den Betriebsfrieden. Zeitarbeiter sind manchmal bedingt auch durch die schlechtere Bezahlung weniger motiviert. Beides nachteilig für das Zeitarbeiter beschäftigende Unternehmen.

Der Gerechtigkeitaspekt ist natürlich auch ein primäres Argument.

Zuletzt sollte bedacht werden, dass manche Zeitarbeiter Hartz4-Aufstocker sind. Also kostet diese Wettbewerbsverzerrung zwischen Firmen, die nicht massiv Zeitarbeiter einsetzen und solchen die es tun, zusätzlich Steuergelder.

Nathanael Bienia

Wenn man auf die Sicherheit eines festen Arbeitsvertrages verzichtet, sollte auch mehr Lohn dafür bekommen und nicht weniger. Es ist nicht nur ungerecht, sondern auch unlogisch, wenn man für seine Flexibilität bestraft wird.

NineBerry

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe? Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Es mag vielleicht für die Wirtschaft funktionieren, für die Beschäftigten funktioniert es aber nicht. Zeitarbeit (und Verwandtes wie Praktika, Probezeiten, Unternehmensausgliederungen usw...) wird heute faktisch dazu missbraucht, Löhne zu drücken und Arbeitnehmerrechte einzuschränken.

Heinz Kraft

Wie begegnest Du dem Argument, Zeitarbeit in ihrer derzeitigen arbeitgeberfreundlichen Form sei ein Jobmotor für Deutschland, den man nicht durch eine Neuregulierung "abwürgen" dürfe?

Wie würdest Du es begründen, die Änderung eines Status Quo zu fordern, der offensichtlich funktioniert?

Bitte versuche in Deiner Antwort über den Gerechtigkeitsaspekt hinaus zu argumentieren.

Da funktioniert gar nichts!

Zeitarbeit ist ein ganz übler Trick, um seit Jahrzehnten gewachsenen Arbeitnehmerschutz auszuhebeln. Daneben bluten die sozialen Kassen wegen Niedriglöhnen aus.

Leih- und Zeitarbeit unter dem Gedanken von Flexibilität muss vom jeweiligen Unternehmen höher bezahlt werden und nicht wie derzeit niedriger.

Erschreckend und niederschmetternd sind die versteckten Subventionen der Arbeitsagentur. Warum wohl ist der Bundesetat Arbeit und Soziales mittlerweile zum größten Posten im Bundeshaushalt geworden? -> aktuelle Arbeitslosenquote!!!

Schluss mit den derzeitigen Regelungen zu Leih- und Zeitarbeit, so genannten Ein- Euro-Jobs, unbezahlten Praktikumstellen und dergleichen mehr. Ach ja, ich habe hier noch den Begriff des Wanderarbeiters vergessen.

Ein Blick zu unserem Nachbarland Frankreich reicht. Dort läuft es richtig!

Florian 'branleb' Zumkeller-Quast

Die deutsche Zeitarbeitsregelung soll ein Jobmotor sein? Aber auch nur, wenn man die stumpfen Erwerbstätigenzahlen auf dem Papier betrachtet. Die prekäre Situation der Zeitarbeiter wird dabei vollkommen ignoriert. Zeitarbeit ist als wirtschaftliches Instrument zur Begegnung von wirtschaftlichen Schwankungen sehr sinnvoll - aber nicht auf Kosten der Arbeitnehmer. Die höhere Flexibilität sollten unternehmen auch mit entsprechenden Löhnen quittieren. Nicht umsonst hatten wir im Landtagswahlprogramm schon in Anlehnung an das französische Modell genau das gefordert.

Da das aktuelle System demnach auch offensichtlich nicht funktioniert, muss es geändert werden.

Roman Brauchle

Ich möchte Politik für Menschen machen, besonders für Menschen die sich selbst nicht wehren können und keine Lobby haben. Der "Jobmotor" für Deutschland ist bei mir auf Prio 2 solange die Menschen von diesem Jobmotor nicht richtig leben können. Ich werde auf jeden Fall versuchen Arbeitsplätze zu schaffen von denen man leben kann und keine Arbeitsplätze die der Industrie billige Arbeiter bringt.

Sven Fuchs

kurzfristig verhilft Zeitarbeit tatsächlich zu Arbeit. Aber zu welchem Lohn, zu welchen Umständen und was dann mit der geliehenen Arbeit (der Person) passiert, nachdem sie ausgedient hat, fragt erstmal niemand.

Greift in das Thema Mindestlohn rein und wir brauchen hier eine andere Denke und Änderungen, der derzeitige Zustand ist unerträglich.