Vorratsdatenspeicherung

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Verfassungswidrig und nichtig

Urteil des Bundesverfassungsgericht - 02.03.2010

Das Problem

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein massiver Verstoß gegen das Recht jedes einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung.

Es geht dabei um die verdachtsunabhängige Speicherung von Verkehrsdaten, die beim Telefonieren, Surfen, Chatten, SiMSen etc. (also elektronischer Kommunikation) anfallen. Dadurch entsteht nicht nur ein riesiger Datenberg, der enorme Kosten (letztlich für uns alle) verursacht, sondern es ist möglich Interessens- und Bewegungsprofile zu erstellen und soziale Netze jedes einzelnen detailliert zu analysieren.

Diesen Wahnsinn gilt es aufzuhalten!

Was wird gespeichert

Der Umfang der Speicherung in Deutschland wird in § 113a des TKG geregelt. Da immer wieder Falschinformationen verbreitet werden und auch viele Piraten falsch informiert sind, wird sie hier in "menschenlesbar" zusammengefasst, die Gliederung richtet sich nach dem Gesetz:

Telefonanbieter

Telefonanbieter müssen laut Abs. 2 des genannten Paragraphen folgendes speichern:

  • 1. Telefonnummern der Beteiligten, bei Rufumleitungen auch die beteiligten Nummern
  • 2. Uhrzeit/Datum von Gesprächsbeginn und -Ende
  • 3. in Fällen, in denen im Rahmen des Telefondienstes unterschiedliche Dienste genutzt werden können, Angaben zu dem genutzten Dienst
  • 4. bei Handynetzen zusätzlich
    • a) IMSI (SIM-Karten-Seriennummer)
    • b) IMEI (Handy-Seriennummer)
    • c) Ort (Funkzelle) wo sich beide Teilnehmer bei Gesprächsbeginn befinden
    • d) Bei anonymen Prepaidkarten (die es offiziell eigentlich nicht geben sollte) auch Datum/Uhrzeit und Ort (Funkzelle) wo die Karte zuerst aktiviert wurde
  • 5. Bei VoIP (Internettelefonie) auch die IP-Adressen von Anrufer und Angerufenem
  • Bei SMS/MMS und ähnlichen Nachrichten (wohlgemerkt nur bei Telefondiensten!) werden die Daten auch erfasst.
  • Erfolglose Anrufversuche werden unter Umständen auch erfasst (Abs. 5)


Trotz häufiger (falscher) Behauptungen werden einige Dinge nicht von der Vorratsdatenspeicherung erfasst:

  • Texte von SMS werden nicht gespeichert!
  • Inhalte von Gesprächen werden nicht aufgezeichnet!

E-Mail-Anbieter

E-Mail-Anbieter müssen laut Abs. 3 des genannten Paragraphen folgendes speichern:

  • 1. beim Verschicken Mailadresse und IP des Absenders sowie Mailadressen der Empfänger
  • 2. bei Eingang einer Mail Absender- und Empfängermailadressen sowie beteiligte IPs
  • 3. beim Abruf E-Mail-Adresse sowie IP
  • 4. die dazugehörigen Zeitpunkte


Trotz häufiger (falscher) Behauptungen werden einige Dinge nicht von der Vorratsdatenspeicherung erfasst:

  • Betreffzeilen werden nicht gespeichert!
  • Inhalte von E-Mails werden nicht gespeichert!


  • Abs. 8 besagt ausdrücklich: Der Inhalt der Kommunikation und Daten über aufgerufene Internetseiten dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden.
  • Die EU-Richtline zur Vorratsdatenspeicherung besagt [1] mit Absatz 2 am Ende von Art. 5 noch eindeutiger: "Nach dieser Richtlinie dürfen keinerlei Daten, die Aufschluss über den Inhalt einer Kommunikation geben, auf Vorrat gespeichert werden."

Internetanbieter

Internetprovider müssen laut Abs. 4 des genannten Paragraphen folgendes speichern:

  • 1. die dem Teilnehmer für eine Internetnutzung zugewiesene IP
  • 2. eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über den die Internetnutzung erfolgt,
  • 3. den Beginn und das Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen IP nach Datum und Uhrzeit.


Trotz häufiger (falscher) Behauptungen werden einige Dinge nicht von der Vorratsdatenspeicherung erfasst:

  • Es wird nicht gespeichert, welche Webseiten besucht werden!
    • Sofern die Webseite Protokolle führt, welche IP-Adressen beinhalten, können anhand dieser Protokolle die IPs der Besucher und über die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung dann deren Identität festgestellt werden. Allein aufgrund der Vorratsdaten, ohne die Protokolle (die der Websitebetreiber bzw. sein Provider führen und herausgeben müsste), ist eine solche Feststellung nicht möglich.
  • Übertragene Daten werden nicht gespeichert!


  • Abs. 8 besagt ausdrücklich: Der Inhalt der Kommunikation und Daten über aufgerufene Internetseiten dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden.

Sonstiges

  • Anonymisierungsdienste müssen eine Zuordnung zwischen der "echten" und der anonymisierten Identität speichern, das betrifft wohl auch Dienste die als Nebeneffekt eine Anonymisierung bewirken (Proxies). (Gilt für jeden der "Telekommunikationsdienste erbringt", Abs. 6)
  • Es müssen Informationen über die Reichweite/Abdeckung von Funkzellen bei Handynetzen vorgehalten werden. (Abs. 7)


  • Bemerkung am Rande: Die Vorratsdatenspeicherung ist für Schnüffler/Geheimdienste gerade deswegen interessant, weil die Verbindungsdaten statt Inhalten erfasst werden. Während man Inhalte durch Verschlüsselung gut schützen kann, ist dies bei Verbindungsdaten deutlich schwieriger. Verbindungsdaten allein sagen oft schon sehr viel aus und können bequemer als Inhalte automatisiert ausgewertet werden.

Detailliertere Informationen findet man hier:

Reaktionen in den Medien nach DER Abstimmung

VDS in der Praxis

VDS-Bullshitbingo

Nach den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo forderten immer mehr Politiker die Wiedereinführung der vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Vorratsdatenspeicherung. Auf der Bundeswebsite wurden aus diesem Anlaß Zitate von Protagonisten gesammelt. Diese Aktion wurde archiviert.