Meinungsfreiheit

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Die Meinungsfreiheit, auch Redefreiheit, ist das gewährleistete subjektive Recht auf freie Rede sowie freie Äußerung und (öffentliche) Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift und Bild sowie allen weiteren verfügbaren Übertragungsmitteln.

Grenzen

Beschränkungen der Meinungsfreiheit dürfen in den meisten Demokratien keine abweichende Meinung unterbinden, sondern nur zum Staatsschutz oder zum Schutz anderer wichtiger Interessen wie dem Jugendschutz eingesetzt werden. Repression, also Sanktionen nach erfolgter Meinungsäußerung, ist meist nur zum Schutze höher- und gleichrangiger anderer Güter erlaubt, aber nur auf der Basis eines ausreichend die Einschränkung detaillierenden rechtmäßig verabschiedeten Gesetzes.

Allgemein verbreitete Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit sind (nicht abschließend):

  • der Schutz der persönlichen Ehre gegen Beleidigung oder Verleumdung,
  • die Weitergabe als geheim klassifizierter Informationen,
  • die übermäßige Kritik an eigenen oder ausländischen höchsten Staatsvertretern wie Staatsoberhaupt, Gerichten oder manchmal selbst einfachen Beamten,
  • die Grenzen der Sittlichkeit und des Jugendschutzes,
  • die Grenze der öffentlichen Sicherheit (in den USA rechtshistorisch häufig angeführtes Verbot des missbräuchlichen Ausrufes „Feuer“ in einem Theater),
  • der unlautere Wettbewerb durch Herabsetzung („Madigmachen“) der Ware oder Dienstleistung eines Konkurrenten.

Darüber hinaus kann es je nach Verfassungstradition erhebliche Unterschiede in der Zurückhaltung des Staates vor Repression geben: Im Gegensatz zu den insoweit recht zurückhaltenden USA gehen die meisten europäischen Länder deutlich weiter. So steht die Rassendiskriminierung im Gegensatz zu den USA in Europa meist auch unter Privatleuten unter Strafe.

Rechtslage in Deutschland

In Deutschland wird die Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1, S. 1, 1. Hs. des Grundgesetzes (GG) gewährleistet.

Artikel 5 (verkürzt)

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (…) Eine Zensur findet nicht statt.

Die Bedeutung dieses Grundrechtes wurde vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung konkretisiert und unterstrichen. So heißt es in dem Lüth-Urteil von 1958: „Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend.“ (BVerfGE 7, 198-230 – Lüth).

Dass es bei dem Begriff der „Meinung“ für den Schutz nicht darauf ankommen kann, ob es sich um ein richtiges oder falsches, emotionales oder rational begründetes Werturteil handelt, hat das Bundesverfassungsgericht 1972 in einem Urteil über die Meinungsfreiheit Strafgefangener präzisiert (BVerfGE 33,1-18 – Strafgefangene): „In einem pluralistisch strukturierten und auf der Konzeption einer freiheitlichen Demokratie beruhenden Staatsgefüge ist jede Meinung, auch die von etwa herrschenden Vorstellungen abweichende, schutzwürdig.“

Zwar spricht die deutsche Verfassung nur von der Meinungsäußerungsfreiheit, das bedeutet jedoch nicht, dass Tatsachenbehauptungen vom Grundrechtsschutz ausgeschlossen sind. Sie sind dann geschützt, wenn sie Voraussetzung für eine bestimmte Meinung sind. Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen lassen sich in der Praxis kaum voneinander unterscheiden. Da unwahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst sind, ist in diesem Fall eine Abgrenzung notwendig. Bei dieser Abgrenzung treten in der Praxis große Probleme auf. Dabei ist die Unterscheidung im Grundfall einfach: Eine Tatsachenbehauptung liegt dann vor, wenn die Behauptung dem Beweis zugänglich ist (z. B.: „Die Partei A ist die mitgliederstärkste Partei Deutschlands“ ist entweder richtig oder falsch. Ein Gericht kann über diese Fragen Beweis erheben). Eine Meinung hingegen entzieht sich dem Beweis und ist statt dessen durch Werten und Dafürhalten geprägt (z. B. ist die Aussage „Das Steuerkonzept der Partei B zur Bundestagswahl 2005 ist ungerecht“ weder falsch noch richtig, sondern stellt vielmehr eine Wertung dar).

Die Meinungsfreiheit schützt auch Satire, Comedy oder Karikaturen, für die ebenfalls laut Art. 5 GG keine Vorzensur besteht.

Art. 5 Abs. 2 regelt die Grenzen (Schranken) der Meinungsfreiheit:

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Wie bei den meisten anderen Grundrechten ist auch hier ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, das Grundrecht durch ein Gesetz usw. zu beschränken. Innerhalb der drei in Art. 5 GG genannten Schranken ist meist nur ein Rückgriff auf die „allgemeinen Gesetze” nötig, da die übrigen Schranken nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtssystematisch keine herausragenden Besonderheiten aufweisen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Grundrechten erfordert die Beschränkung der Meinungsfreiheit aber hier mehr, denn „allgemeines” Gesetz stellt höhere Anforderungen an den Gesetzgeber als nur „Gesetz”. Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb zu klären, was unter dem Begriff „allgemeines Gesetz” zu verstehen sei und beschrieb ein solches Gesetz so, dass es nicht eine bestimmte Meinung als solche im Auge haben, sondern zum einen dem Schutz überragender Rechtsgüter dienen müsse und zum anderen eine Meinung allenfalls zufällig treffen dürfe - also nicht gezielt und individuell, sondern nur indirekt. Damit bleibt im Einzelfall allerdings immer noch offen, wann ein Gesetz tatsächlich als allgemeines Gesetz gelten kann, oder ob es schon ein „spezielles” ist.

Im Rahmen der sogenannten „Wechselwirkungslehre” hat das Bundesverfassungsgericht das Problem der allgemeinen Gesetze weiter verkompliziert, indem es im sogenannten Lüth-Urteil festlegte: „Die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts gesehen und so interpretiert werden, dass der besondere Wertgehalt dieses Rechts, der in der freiheitlichen Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, namentlich aber im öffentlichen Leben, führen muss, auf jeden Fall gewahrt bleibt.” Gemeint ist damit, dass Gesetze, welche die Meinungsfreiheit einschränken, ihrerseits an der Bedeutung der Meinungsfreiheit gemessen werden sollen. Dem Bundesverfassungsgericht ist darauf in der rechtswissenschaftlichen Literatur unter anderem vorgehalten worden, mit dieser Wechselwirkungslehre einen Zirkelschluss zu führen und indirekt die Bewertung von Meinungen zu fördern, was gerade nicht Sinn von Artikel 5 GG sei, sondern was mit der Meinungsfreiheit gerade verhindert werden solle.

In der Frage des Verbots der Beleidigung ist das weitreichend geklärt. Wenngleich der Beleidigungstatbestand sehr weit gefasst ist (er verwendet nur den Begriff, ohne ihn zu erläutern), ergibt sich aus seiner Zielrichtung eindeutig, dass er nicht eine bestimmte Meinung verbietet. Denn das Gesetz beurteilt Aussagen in diesem Fall allein danach, ob sie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Ehre des Adressaten gefährden. Auf den Inhalt und die konkrete Aussage einer Meinungsäußerung kommt es dabei nicht an.

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit

  • Lüth-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 7, 198)
  • Schmid-Spiegel-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 12, 113)
  • Blinkfüer-Entscheidung, (Fundstelle: BVerfGE 25, 256)
  • Zensur-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 33, 52)
  • Lebach-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 35, 202)
  • Deutschland-Stiftung-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 42, 163)
  • Solidaritätsadresse-Urteil (Meinungsfreiheit von Soldaten), (Fundstelle: BVerfGE 44, 197)
  • Böll-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 54, 208)
  • Kredithaie-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 60, 234)
  • Springer-Wallraff-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 66, 116)
  • Bayer-Aktionäre-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 85, 1)
  • Titanic-geb.-Mörder-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 86, 1)
  • Holocaustleugnung|Holocaustleugnungs-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 90, 241)
  • Soldaten sind Mörder|Soldaten-sind-Mörder-Urteil, (Fundstelle: BVerfGE 93, 266)
  • Schockwerbungsurteil, (Fundstelle: BVerfGE 102, 347)

Literatur

  • Dieter Grimm: Die Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. in: NJW 1995, S. 1697-1705.