MV:AG Recht/Beitragsverzug

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Stimmrecht in Gremien der Piratenpartei

Die Ausübung des Stimmrechts in Parteigremien kann nach § 10 Absatz 2 Satz 2 PartG nach näherer Bestimmung der Satzung davon abhängig gemacht werden, dass das Mitglied seine Beitragspflicht erfüllt hat. Die Satzung der Piratenpartei enthält dazu folgende Regelung, § 4 Absatz 4 (Stand: Bundesparteitag 2011.2):

»Die Ausübung des Stimmrechts ist nur möglich, wenn der Pirat Mitglied des Gebietsverbandes ist, seinen ersten Mitgliedsbeitrag nach Eintritt geleistet hat, sowie mit seinen Mitgliedsbeiträgen nicht mehr als drei Monate im Rückstand ist. Auf Parteitagen ist die Ausübung des Stimmrechts nur möglich, wenn alle Mitgliedsbeiträge entrichtet wurden.«

Aufstellung der Parteibewerber

Die Aufstellung der Parteibewerber erfolgt nicht nach Parteienrecht, sondern nach Wahlrecht, § 21 Absatz 1 BWahlG:

»Als Bewerber einer Partei kann in einem Kreiswahlvorschlag nur benannt werden, wer nicht Mitglied einer anderen Partei ist und in einer Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder in einer besonderen oder allgemeinen Vertreterversammlung hierzu gewählt worden ist. Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers ist eine Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Wahlkreis zum Deutschen Bundestag wahlberechtigten Mitglieder der Partei. ...«

Fraglich ist, ob Mitglieder der Piratenpartei, die nach § 4 Absatz 4 Satzung in Gremien der Piratenpartei nicht stimmberechtigt sind, in einer Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers nach § 21 Absatz 1 BWahlG wahlberechtigt sind.

Das Wahlrecht der Mitglieder in einer Mitgliederversammlung nach § 21 Absatz 1 BWahlG ist in dieser Vorschrift abschließend geregelt und dem Satzungsrecht der Parteien nicht zugänglich.[1]

§ 21 Absatz 5 BWahlG gibt den Parteien in diesem Zusammenhang ein Satzungsrecht nur dahingehend, das Nähere zu regeln:

  • über die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung,
  • über die Einberufung und Beschlußfähigkeit der Mitglieder- oder Vertreterversammlung sowie
  • über das Verfahren für die Wahl des Bewerbers.

Persönliche Voraussetzung für das Wahlrecht sind gemäß § 21 Absatz 1 BWahlG somit nur:

  • Wahlberechtigung nach § 12 BWahlG und
  • Mitgliedschaft in der Partei.

Da der Beitragsverzug in der Piratenpartei nicht zum Verlust der Mitgliedschaft führt, sind nach § 12 BWahlG wahlberechtigte Mitglieder der Piratenpartei auch dann wahlberechtigt in einer Mitgliederversammlung nach § 21 Absatz 1 BWahlG, wenn sie nach § 4 Absatz 4 Satzung in Gremien der Piratenpartei nicht stimmberechtigt sind.

[1] siehe auch: Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, BWahlG, § 21 Rn 15

Ende der Mitgliedschaft bei Beitragsrückständen?

Die Bestimmungen über den Parteiausschluss sind eine abschließende Regelung des unfreiwilligen Verlustes der Mitgliedschaft aufgrund einer Entscheidung der Partei (BGH, Urteil vom 05.10.1978, Az. II ZR 177/76 - NJW 1979, 1403). Soweit Satzungen ein vereinfachtes Verfahren ohne Beteiligung des Schiedsgerichts vorsehen (Streichen von Karteileichen oder Beitragsschuldnern), verstößt das gegen das Parteiengesetz (Lenski, PartG, § 10, Rn. 80; Kersten/Rixen, PartG, § 10, Rn. 41; Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 21, Rn 382).

Möglich wäre es, das Ende der Mitgliedschaft vertraglich zu regeln, dann müsste eine Nichtzahlung trotz Mahnung einvernehmlich als Austrittserklärung definiert werden, etwa auf dem Eintrittsformular.

Häufig werden aber die Voraussetzungen nach § 10 Absatz 4 Parteiengesetz für einen Parteiausschluss vorliegen. Die Nichtzahlung der Satzung verstößt gegen die Satzung, bei erheblichen Beitragsrückständen wird man einen schweren (finanziellen) Schaden bejahen können. Hinzu kommen der fortdauernde Verwaltungsaufwand. Lenski (PartG, § 10, Rn. 68) wertet zudem das Infragestellen der Integrität der Mitgliederstruktur als schweren Schaden.

Vergleich mit den Satzungen anderer Parteien

Zur Regelung der Piratenpartei des § 4 Absatz 4 Satzung, die nur zum Verlust des Stimmrechts führt, gibt es bei den im Bundestag vertretenen Parteien keine vergleichbare Regelung. Aus diesem Grund ist nicht zu erwarten, dass es für die Frage, ob und wenn ja welche Konsequenzen der Beitragsverzug für das Wahlrecht in einer Mitgliederversammlung nach § 21 Absatz 1 BWahlG hat, Meinungen in der Literatur zu finden sind oder Rechtsprechung existieren.

Nach den Regelungen anderer Parteien führt der Beitragsverzug dort zu Rechtsfolgen hinsichtlich der Mitgliedschaft:

Statut der CDU

»Die Rechte eines Mitgliedes ruhen, wenn es länger als sechs Monate mit seinen Beitragszahlungen schuldhaft im Verzug ist.«


Finanzordnung der SPD

»Zahlt ein Mitglied trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung durch den Vorstand des Ortsvereins oder einer übergeordneten Gliederung länger als drei Monate keine Beiträge, so gilt nach Ablauf eines Monats nach Zustellung der zweiten Mahnung die Nichtzahlung des Beitrags als Erklärung des Austritts. In den Mahnungen muss auf die Folgen der Nichtzahlung hingewiesen werden. Das Nähere bestimmen die Bezirke.«


Bundessatzung der FDP

»Die Mitgliedschaft endet durch die unterlassene Beitragszahlung, wenn der geschuldete Beitrag mindestens ein Jahr lang nicht gezahlt worden ist und das Mitglied vom zuständigen Schatzmeister mindestens dreimal seit dem ersten Rückstand schriftlich gemahnt worden ist und in der letzten Mahnung drei Monate vor dem Ende der Mitgliedschaft ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass seine Mitgliedschaft nach dieser Vorschrift endet, wobei das Datum der Beendigung der Mitgliedschaft und die geschuldete Gesamtsumme anzugeben ist, die als zu zahlender Beitrag offen ist.«

Satzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Satzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mittelsachsen

»Die Mitgliedschaft erlischt, wenn nach dreimaliger Mahnung ein rückständiger Beitrag nicht gezahlt wird.«

Satzung der Partei DIE LINKE

»Bezahlt ein Mitglied sechs Monate keinen Beitrag und ist nicht von dieser Pflicht befreit, so gilt das als Austritt aus der Partei. Der Austritt muss vom zuständigen Kreis- oder Landesvorstand festgestellt werden. Zuvor ist dem Mitglied ein Gespräch anzubieten und die Begleichung der Beitragsrückstände mindestens einmal schriftlich anzumahnen, sowie die Konsequenz aus der Pflichtverletzung mitzuteilen. Der Vollzug des Austritts muss dem Mitglied schriftlich mitgeteilt werden, wenn innerhalb von vier Wochen – nach dem Zugang der Feststellung durch den zuständigen Kreis- oder Landesvorstand – durch das Mitglied kein Widerspruch erfolgt ist. Legt das Mitglied gegen die Feststellung des zuständigen Kreis- oder Landesvorstandes Widerspruch bei der Schiedskommission ein, bleiben seine Rechte aus der Mitgliedschaft bis zur endgültigen Entscheidung unberührt.«