Initiative gemeinsames Europawahlprogramm/Anträge für die Umfrage 2013/Europawahlprogramm - 162

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Wirtschaft
Nummer: 162
Antragsteller: Miriam (@_noujoum), Sonja (@sonjdol)
Bundesparteitag: 2013.2
Zusammenfassung: Europäische Großunternehmen sollen zu Transparenz in ihren Zulieferketten verpflichtet werden. So erfahren Verbraucher*innen, ob in den Zulieferketten Menschenhandel oder Sklaverei stattfinden und ob und was die Großunternehmen dagegen unternehmen.
Schlagworte: Wirtschaft, Globalisierung, Menschenrechte, Menschenhandel, Sklaverei, Arbeitsausbeutung
Ranking: 1
Datum der letzten Änderung: 30.09.2013
Inhalt
Titel: Menschenhandel und Sklaverei in Zulieferketten offenlegen
Text: Die Piratenpartei Deutschland fordert, dass in der EU Gesetze und Richtlinien nach dem Vorbild des kalifornischen Gesetzes über Transparenz in der Lieferkette (California Transparency in Supply Chains Act) beschlossen werden. Große Unternehmen, die ihren Sitz in einem EU-Staat und einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro oder mehr haben, werden damit dazu verpflichtet, ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel, Sklaverei, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Kinderarbeit in ihren Zulieferketten öffentlich zu machen.

Für eine Definition der Begriffe "Menschenhandel", "Zwangsarbeit" und "Kinderarbeit" stützen wir uns primär auf das sogenannte Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen und die daran angelehnte Definition der EU-Richtlinie 2011/36/EU (Art. 2), da die Definition der EU-Richtlinie auch Sklaverei und Zwangs- und Kinderarbeit enthält. Im Folgenden sprechen wir zusammenfassend von "Sklaverei und Menschenhandel".

Konkret werden die Unternehmen verpflichtet, zu folgenden Punkten Angaben auf der Homepage des Unternehmens gut sichtbar, leicht auffindbar, in einem maschinenlesbaren Format und barrierefrei zu veröffentlichen:

1) Prüfung ihrer Lieferketten auf Risiken von Menschenhandel und Sklaverei. Falls die Überprüfung nicht von unabhängigen Dritten durchgeführt wurde, muss dies offengelegt werden.

2) Die Zulieferunternehmen müssen daraufhin überprüft werden, dass sie die Unternehmensstandards ihrer Auftraggeber*innen bezüglich Menschenhandel und Sklaverei einhalten und darüber berichten, falls die Kontrollen nicht unabhängig und unangekündigt waren.

3) Die direkten Zulieferunternehmen müssen bestätigen, dass die Bedingungen der Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe und Materialien, die für das Produkt verwendet wurden, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den ILO-Kernarbeitsnormen, sowie den europäischen Gesetzen zur Bekämpfung von Menschenhandel und Sklaverei entsprechen.

(4) Die Unternehmen müssen interne Standards und Richtlinien zur Verantwortlichkeit, Haftbarkeit und Rechenschaft von Angestellten oder Auftragnehmer*innen definieren, für den Fall, dass diese die Unternehmensstandards bezüglich Menschenhandel und Sklaverei nicht einhalten. In diesem Rahmen sollen Sanktionen des Unternehmens gegen die Angestellten bzw. Auftragnehmer*innen bis hin zur Vertragskündigung klar definiert werden

(5) Angestellte und Führungskräfte, die für das Lieferkettenmanagement verantwortlich sind, müssen an Fortbildungen über Menschenhandel und Sklaverei teilnehmen. Insbesondere sollen sie Kenntnisse darüber erwerben, wie die Risiken von Menschenhandel und Sklaverei in Lieferketten minimiert werden können.

Für den Fall, dass ein Unternehmen keine Homepage besitzt, haben Verbraucher*innen die Möglichkeit, schriftlich eine Anfrage auf Auskunft bezüglich der oben genannten Punkte zu stellen. Das Unternehmen ist verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen nach der Anfrage dieser in vollem Umfang zu entsprechen.

Begründung: Begründung

In den vergangenen Jahren haben verschiedene Berichte, insbesondere jene der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), nachgewiesen, dass verschiedene Formen des Menschenhandels und der Arbeitsausbeutung, sowie Zwangs- und Kinderarbeit in vielen Branchen verbreitet sind. Insbesondere in globalen Zulieferketten sind inzwischen häufiger Formen des Menschenhandels nachgewiesen worden, wie z.B. in der Fisch- und Palmölindustrie, der Baumwollindustrie und bei der Gewinnung verschiedener Rohstoffe. Somit sind Produkte, die wir als Konsumentinnen und Konsumenten kaufen, direkt von Formen des Menschenhandels in der Wertschöpfungskette abhängig.

Aus diesem Grund ist es notwendig, dass globale Konzerne, die auf lange und komplexe Lieferketten angewiesen sind, sich verpflichten, diese auf Formen des Menschenhandels zu prüfen, dagegen etwas zu unternehmen und die Ergebnisse jährlich öffentlich zu machen. Nach dem Vorbild des kalifornischen Supply Chain Transparency Act, der 2012 in Kraft getreten ist, sollen auch in Europa Konzerne ab einer bestimmten Größe zu mehr Transparenz im Bereich Menschenrechte und Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferketten verpflichtet werden. Dadurch können Verbraucher*innen Informationen über einen Großteil der Produkte, die sie täglich kaufen, erhalten und damit auf ethisch korrektere Weise konsumieren. Auch Unternehmen können dadurch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferketten beitragen, indem sie sich aktiv, öffentllich und transparent gegen diese Formen der Ausbeutung engagieren und indem sie sich selbst kontrollieren und sich selbst dazu verpflichten, hohe Standards bei der Vergabe von Verträgen an Subunternehmen zu fordern und diese auch zu prüfen.

Ähnlich wie in Kalifornien soll dieser Vorschlag für jene Unternehmen gelten, die bestimmte Kriterien erfüllen. Der Vorschlag betrifft nur Unternehmen, die in einem EU-Staat ihren Sitz haben, die 100 Millionen Euro oder mehr Jahresumsatz und mehr als 500 Mitarbeiter*innen haben. Diese Schwelle ist so gewählt, weil Unternehmen, die einen Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen haben, nach einer Definition des Statistischen Bundesamtes als "Großunternehmen" gelten. Wir haben diesen Schwellenwert aber noch erhöht, weil wir uns wirklich vor allem auf die großen und sehr großen Unternehmen konzentrieren wollen. Diese Kriterien sind deswegen so gewählt, weil kleinere und mittlere Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiter*innen von den Anforderungen zur Überprüfung personell und finanziell überfordert sein könnten. Kleinere Unternehmen sind durch die Berichtspflicht als Zulieferer an größere Unternehmen ja aber dennoch in den Transparenzberichten mit eingeschlossen.

Die hier gestellten Forderungen gehen weit über die bisher bestehenden Regelungen auf Bundes- und EU-Ebene hinaus. Auch die Leitlinien der UN sind sehr viel weniger präzise. Neue Richtlinien werden oft von Lobbyorganisationen verwässert, so dass am Ende kaum Möglichkeiten bleiben, Unternehmen tatsächlich zu konkreten Maßnahmen zu verpflichten. Dies wollen wir ändern.

Genau wie in dem kalifornischen Gesetz benennen wir keine Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass die Unternehmen gegen die neuen Richtlinien und Gesetze verstoßen. Besteht jedoch durch ein neues Gesetz erst einmal Aufmerksamkeit auf das Thema in der öffentlichen Debatte, so geraten die Unternehmen, welche gegen die Bedinungen verstoßen, auch eher unter Druck und in Erklärungsnöte und haben ein größeres Interesse daran, einen Reputationsverlust zu vermeiden.


Linksammlung

Hintergrundinformationen und Berichte zum California Transparency in Supply Chains Act:

Wer ist dafür zuständig, diese neuen Richtlinien einzuführen?

Definitionsgrundlagen aus Gesetzen, Richtlinien, internationalen Abkommen: Was gilt als Menschenhandel, Sklaverei und Arbeitsausbeutung:

Piratenpad: http://piratenpad.de/p/transparency
Liquid Feedback: https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/6447.html
Wiki-Antragsfabrik: -

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