HH:Landesprogramm/Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften

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Application-certificate.svg Dieser Artikel ist eine offizielle Aussage der Piratenpartei Hamburg und soll daher inhaltlich nicht verändert werden.


Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften

Die Piratenpartei setzt sich für eine moderne, pluralistische und freie Gesellschaft ein. In einer solchen muss sich der Staat weltanschaulich neutral verhalten. Die Piratenpartei fordert daher die konsequente Trennung von Staat und Religion und die strikte Neutralität des Staates gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen/Religionen. Beide zusammen bilden die Grundlage der Freiheit und sind Voraussetzung für ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben. Das Grundgesetz garantiert die Freiheit der Religion. Diese Freiheit bedeutet nicht nur die Freiheit, die eigene Religion selbst zu wählen und auszuüben, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung und das Recht, frei von einem Glauben zu leben. Im Interesse einer pluralistischen Gesellschaft ist es Aufgabe des Staates, diese Religionsfreiheit zu garantieren.

Weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates

Religiöse Handlungen bei staatlichen Veranstaltungen sind zu unterlassen, d. h. dass zum Beispiel staatliche Schulen keinen Einschulungsgottesdienst anzubieten oder daran mitzuwirken haben und dass staatliche Gedenk- und Trauerfeiern ohne religiöse Bezüge zu gestalten sind. Die weltanschauliche Neutralität gebietet es, keine Vertreter von Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften mittelbar öffentliche Gewalt ausüben zu lassen. In Kontrollinstanzen (wie Landesschulbeirat, Jugendhilfeausschüsse u.ä.) dürfen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften daher keinen Sitz haben.

Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz

Die Sonderregelungen für religiöse oder weltanschauliche Einrichtungen nach § 78 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz und § 9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz sind zu beenden. Den Beschäftigten der Kirchen und ihrer Organisationen, vor allem Diakonie und Caritas, sind Mitbestimmung, Koalitionsfreiheit und Tariffreiheit zuzubilligen. Die Religionszugehörigkeit oder das religiöse Verhalten dürfen kein Einstellungs- oder Entlassungsgrund sein.

Finanzierung und Subventionen

Für die staatliche Bezuschussung von gemeinnützigen Projekten oder Organisationen der einzelnen Glaubensgemeinschaften müssen die gleichen Grundlagen gelten wie für andere Träger. Alle über allgemeine Gemeinnützigkeitsbestimmungen hinausgehenden Steuerprivilegien von Glaubensgemeinschaften sind abzuschaffen. Steuer- und gebührenrechtliche Sondervorteile (wie Freistellung von Grundsteuern, Grunderwerbssteuern, Verwaltungsgebühren, Gerichtskosten u. Ä.) der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind abzuschaffen. Der Staat soll auch keine Mittel bereitstellen für Tätigkeiten und Institutionen, die vornehmlich religiösen Zwecken dienen, wie die Finanzierung von theologischen Lehrstühlen an der Universität Hamburg oder die Mitfinanzierung der Akademie der Weltreligionen

Keine stillen Feiertage und kein Tanzverbot

Das geltende Tanzverbot ist ersatzlos abzuschaffen. Es ist nicht die Sache des Staates über die Einhaltung von religiösen Riten zu wachen. Auch helfen solche Verbote nicht, die gegenseitige Rücksicht unter den Menschen zu fördern, sondern schaffen eher Unbehagen und Missmut.

Friedhofszwang lockern

Unter Vermeidung gesundheitlicher Gefährdungen sowie Störungen des öffentlichen Friedens ist der Friedhofszwang weitestmöglich zu liberalisieren. Insbesondere bei Feuerbestattungen sollte es den Angehörigen erlaubt sein, die Urne in ihrem Besitz zu behalten, oder auf Wunsch des Verstorbenen auch die Asche unter freiem Himmel zu zerstreuen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Würde der Verstorbenen geachtet und Unbeteiligte nicht in unangemessener Weise mit den sterblichen Überresten konfrontiert werden. Erdbestattungen sind hingegen außerhalb von Friedhöfen nur denkbar auf hinreichend großen Privatgrundstücken.

Integrativer Ethikunterricht statt Religionsunterricht

Wir Piraten setzen uns für Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften ein. Deswegen wollen wir den Religionsunterricht durch einen allgemeinen, integrativen Ethikunterricht ersetzen.

In diesem Fach beschäftigen sich – von einem möglichst neutralen Standpunkt aus – alle Schüler gemeinsam mit verschiedenen heutigen und früheren Weltanschauungen und Glaubensrichtungen.

Es werden deren Inhalte, kulturelle und politische Auswirkungen und ihre Geschichte behandelt und zur Diskussion gestellt.

So werden die heute verbreiteten Religionen, bspw. Christentum und Islam, aber auch u.a. die griechische Mythologie behandelt. Auch werden verschiedene humanistische Positionen dargestellt.

Dadurch wird gewährleistet, dass Schüler ein möglichst wertneutrales Bild vermittelt bekommen und sich ihren eigenen Standpunkt selbst erarbeiten können. Zudem fördert der gemeinsame konfessionsunabhängige Ethikunterricht die Integration und Toleranz.

Wir sprechen uns auch gegen einen optionalen zusätzlichen Religionsunterricht aus. Religion ist Privatsache, und sollte daher an einer staatlichen, öffentlichen Schule nicht unterrichtet werden. Um die Unabhängigkeit staatlicher Schulen von den einzelnen Religionsgemeinschaften zu gewährleisten, streben wir daher die Anpassung von GG Art 7 an.

Staatliche Forschung und Lehre

Forschung und Lehre müssen rational, ergebnisoffen und undogmatisch betrieben werden. Insofern sollen in staatlichen Einrichtungen religiöse Lehren nur unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten gelehrt und erforscht werden. Theologische Fakultäten in staatlichen Hochschulen und Universitäten sowie die Angliederung der Akademie der Weltreligionen an die Universität Hamburg sind daher abzuschaffen. Die Besetzung von Lehrstühlen darf nicht beeinflusst sein von Kirchen, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften; für die Besetzung von Lehrstühlen darf ausschließlich die Eignung und Qualifikation der Kandidaten ausschlaggebend sein. Staatliche Zuschüsse zu kircheneigenen Universitäten und Hochschulen sind einzustellen.

Abschaffung der Kirchensteuer

Die Piratenpartei Hamburg strebt den Ausstieg Hamburgs aus dem Kirchensteuersystem an, insbesondere soll Hamburg künftig nicht mehr Kirchensteuer – für welche Religionsgemeinschaft auch immer – einziehen. Der Sonderausgabenabzug für Kirchensteuer (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz) soll gestrichen werden.

Kirchenaustrittsgebühr abschaffen

Die Bearbeitungsgebühr für Kirchenaustritte in Höhe von derzeit 31 Euro in Hamburg soll abgeschafft werden. Ein Kirchenaustritt soll auch rückwirkend möglich sein für Zeiträume, in denen keine Kirchensteuer gezahlt wurde.

Gleichbehandlung der Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften mit anderen Organisationen

Der Sonderstatus einzelner Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft öffentlichen Rechts ist zu beenden, die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften sind nach dem allgemeinen Vereinsrecht zu behandeln. Insbesondere sind auch keine weiteren Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften mehr als Körperschaften öffentlichen Rechts anzuerkennen.

Keine Staatskirchenverträge mit Religionsgemeinschaften

Die Piratenpartei Hamburg strebt an, bestehende Staatskirchenverträge mit Religionsgemeinschaften aufzuheben. Da die Freie und Hansestadt Hamburg bis 2005 keine Staatskirchenverträge abgeschlossen hatte, erkennt die Piratenpartei Hamburg keine Notwendigkeit, denn das religiöse Leben lief davor ohne wesentliche Einschränkungen ab.

Außerdem möchte die Piratenpartei Hamburg, dass die Freie und Hansestadt Hamburg generell keine neuen Staatskirchenverträge mit Religionsgemeinschaften abschließt. Allenfalls könnte es akzeptabel sein, neuen Staatskirchenverträgen unter dem Aspekt der Gleichbehandlung für bisher nicht berücksichtigte Religionsgemeinschaften temporär zuzustimmen, sofern diese einseitig kündbar oder zeitlich begrenzt gestaltet werden.

Staatskirchenverträge bevorteilen vereinzelte Religonsgemeinschaften. Sie forcieren theologische Lehrstühle an staatlichen Universitäten, den Religionsunterricht an staatlichen Schulen und gewährleisten finanzielle Leistungen aus Steuergeldern. Die Möglichkeit Kirchensteuern zu erheben und Feiertage werden gewährt.

Auch müsste Hamburg unter den Aspekt der Gleichbehandlung mit jeder Religionsgemeinschaft einen Staatsvertrag aushandeln. Dies ist weder machbar, noch unter dem Aspekt der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften wünschenswert.

Seelsorge und Missionierung

Die Religionsgemeinschaften müssen Missionierung und Seelsorge ausschließlich aus Eigenmitteln bestreiten. Insbesondere ist die staatliche Finanzierung der Seelsorge in Strafvollzugsanstalten und bei der Polizei einzustellen und durch einen weltanschaulich neutralen psychologischen Betreuungsdienst zu ersetzen.


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