Bundesparteitag 2011.2/Antragsportal/PA154

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2011.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer PA154
Einreichungsdatum
Antragsteller

Jens Kuhlemann

Mitantragsteller
Antragstyp Grundsatzprogramm
Antragsgruppe Demokratie
Zusammenfassung des Antrags
Schlagworte
Datum der letzten Änderung 07.11.2011
Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft

Abstimmungsergebnis

-

Antragstitel

Änderung des Grundsatzprogramms der PIRATEN: „Direkte Demokratie“

Antragstext

Der Bundesparteitag möge das Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland mit Stand vom Dezember 2010 wie folgt ändern: Im Abschnitt „Mehr Demokratie wagen“ wird nach dem Unterabschnitt „Mehr Demokratie beim Wählen“ der folgende Unterabschnitt eingefügt:


Direkte Demokratie

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 20 nicht nur das Wahlrecht, sondern auch das Abstimmungsrecht. Die Umsetzung dieses Grundrechts ist jedoch von zahlreichen Hürden und Lücken geprägt. Wir Piraten setzen uns deshalb dafür ein, Bürger- und Volksbegehren auf Kommunal- und Landesebene auszuweiten. Darüber hinaus befürworten wir die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene sowie den Ausbau der Europäischen Bürgerinitiative zu europaweiten Volksabstimmungen über EU-Angelegenheiten.

Dabei sind Unterschriftenquoren festzulegen, die einerseits die Bedeutung des Anliegens belegen, andererseits ohne unzumutbaren finanziellen und organisatorischen Aufwand zu bewältigen sind. Auf Länder- und Bundesebene soll diese Hürde bei Volksbegehren 5% der Stimmberechtigten nicht überschreiten. Die freie Unterschriftensammlung ist ebenso zu erlauben wie die Amtseintragung (in amtlich bestimmten Eintragungsstellen, mittels offizieller Briefeintragung, per elektronischer Signatur im Internet). Mehrmonatige Sammel- und Beratungsfristen sollen eine angemessene Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema unterstützen. Eine ausgewogene Information der Öffentlichkeit über die Inhalte von Volksbegehren und Volksentscheiden (z.B. durch Internetforen und Pro-/Contra-Informationshefte) ist zu gewährleisten.

Bei Abstimmungen soll die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheiden. Bei Verfassungsänderungen ziehen wir ein deutlich erhöhtes Unterschriftenquorum (max. 10% der Stimmberechtigten) beim Volksbegehren der Installierung von Zustimmungs- oder Beteiligungsquoren beim Volksentscheid vor, vorausgesetzt eine solche Volksabstimmung findet gleichzeitig mit einer Bundestags- oder Europawahl statt. Der Katalog der Abstimmungsthemen ist möglichst weit zu fassen. So sollen die Bürger auch das Recht erhalten, über finanzrelevante Fragen (haushaltswirksame Vorlagen, Abgaben etc.) abzustimmen. Denkbare Themenausschlüsse sind das Haushaltsgesetz als Ganzes sowie Personalentscheidungen. Das Verbot von Volksabstimmungen über Gegenstände, die gegen höherrangiges Recht verstoßen, bleibt unbestritten. Wir befürworten außerdem Volksabstimmungen gegen noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse des Bundestages (fakultatives Referendum) sowie über wichtige EU-Reformen und Grundgesetzänderungen (obligatorisches Referendum).

Antragsbegründung

Begründung (nicht Teil des Antrags):

Das Grundsatzprogramm bekennt sich momentan nur sehr oberflächlich zur Förderung „direkter demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten“. Während das Wahlrecht einen eigenen Unterabschnitt mit Details wie Panaschieren und Kumulieren erhalten hat, fehlen Einzelheiten zum Abstimmungsrecht bislang komplett. Der vorgeschlagene Abschnitt „Direkte Demokratie“ soll dieses Manko beheben. Er berücksichtigt dabei Formulierungen, die bereits im Programm zur Bundestagswahl 2009 standen. Insgesamt werden wesentliche Aspekte genannt, die angesichts der Erfahrungen mit direkter Demokratie in Deutschland und im Ausland zu den „Knackpunkten“ eines funktionierenden Abstimmungsrechts zählen. Die Piraten legen auf diese Weise ein klares Bekenntnis zum Recht des Souveräns ab, über wichtige Sachfragen nicht seine Stellvertreter entscheiden zu lassen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen. Zu den wichtigsten Einzelpunkten:

Unterschriftenhürde beim Volksbegehren: Die vorgeschlagenen maximalen 5% der Stimmberechtigten entsprechen dem Niveau in Brandenburg (ca. 4%) oder Schleswig-Holstein (5%). Sie sind aber immer in Relation zu den Eintragungsmöglichkeiten zu sehen: In Brandenburg z.B. kann man bislang nur umständlich in Amtsstuben unterzeichnen, weshalb diese Hürde dort noch nie überwunden wurde. Die Unterstützung eines Volksbegehrens ist jedoch als Wahrnehmung demokratischer Rechte förderungswürdig, deshalb sollen möglichst viele Eintragungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Themenausschlüsse: Es gibt gute Gründe dafür, dass das Haushaltsgesetz kein Abstimmungsgegenstand wird. Denn der Souverän hat bei den Parlamentswahlen eine Mehrheit mit einem bestimmten Gesamtprogramm gewählt, das auch die Chance zur finanziellen Umsetzung erhalten muss. Sonst mutieren Volksabstimmungen über den gesamten Haushalt zu verkappten Neuwahlen. Man kann einer zuvor gewählten Mehrheit im Parlament nicht zumuten, einerseits einen Wählerauftrag für ein bestimmtes Universalprogramm zu erhalten, andererseits aber - wieder vom Wähler - die Mittel dafür nicht zur Verfügung gestellt zu bekommen. Änderungen bei einzelnen Haushaltsposten sind aber natürlich legitim. Bei Personalentscheidungen sollten entweder gleich Direktwahlen durch die Bürger vorgesehen sein oder man sollte die Personenwahlen, die das Parlament vorzunehmen hat, dort belassen. Wenn z.B. die Bundesverfassungsrichter direkt gewählt werden, müssten sie auch Wahlkampf betreiben. Das wäre nicht sachdienlich, da dann die juristische Kompetenz in den Hintergrund rückte und die Öffentlichkeit Aussagen zu den politischen Ansichten der Kandidaten verlangen würde. Es spielten dann auch Datenschutzbelange eine Rolle, etwa hinsichtlich juristischer Prüfungsnoten usw. Bei rein politischen Ämtern (z.B. Bundespräsident, Bundeskanzler) liegt der Fall anders, aber dann sollte man, wie gesagt, besser gleich Direktwahlen installieren, was mit dem hier im Fokus stehenden Recht auf Abstimmung über Sachfragen nicht gleichzusetzen ist.

Abstimmungsmehrheit: Zustimmungs- bzw. Beteiligungsquoren haben erhebliche Nachteile und schaden der Demokratie: Gegner einer Vorlage bleiben einfach der Abstimmung fern in der Hoffnung, dass die Initiative am Quorum scheitert. Aber auch Befürworter glauben manchmal, das eigene Lager werde am Quorum scheitern, wodurch sie von der Stimmabgabe abgeschreckt werden. In beiden Fällen entsprechen das Verhältnis der abgegebenen Stimmen und schlimmstenfalls die Gesetzeslage dann nicht den Mehrheitsverhältnissen in der Bevölkerung. Bereits im Vorfeld beeinflussen Abstimmungsklauseln die öffentliche Diskussion negativ, da sich die Gegner oft einer Auseinandersetzung entziehen, um nicht zusätzliche Aufmerksamkeit für das Thema zu entfachen und das von ihnen erhoffte Scheitern der Befürworter an den Abstimmungsquoren die einfachste und billigste Methode ist, den Status quo zu erhalten. Auf diese Weise werden Potenziale für andere Mehrheitsverhältnisse nicht ausgeschöpft, Verbesserungsvorschläge und Alternativlösungen bleiben unentdeckt. Überdies wird oft verhindert, dass selbst eine klare Ja-Mehrheit der abgegebenen Stimmen umgesetzt wird. In einer Demokratie aber entscheiden - wie bei Wahlen - die Aktivbürger, also diejenigen, die ihre Stimme abgeben, und nicht diejenigen, die zuhause bleiben. Dieser Grundsatz muss gefördert statt behindert werden. Das Prinzip „Mehrheit entscheidet“ gilt bei einfachen Gesetzen bereits in Bayern und Sachsen. In der Schweiz gilt es auch für Verfassungsänderungen. Um bei Grundgesetzänderungen eine hohe Stimmbeteiligung zu fördern, sollen solche Volksentscheide mit Bundestags- oder Europawahlen gekoppelt werden, da dann ohnehin die Bürger in ganz Deutschland aufgerufen sind, zur Urne zu gehen.

Diskussion

  • Vorangegangene Diskussion zur Antragsentwicklung: {{{diskussionVorher}}}
  • [{{{antragsdiskussion}}} Pro-/Contra-Diskussion zum eingereichten Antrag]


Konkurrenzanträge