Bundesparteitag 2010.2/Antragskommission/Anträge 2010.2/2010-11-05 - LiquidFeedback - Nichtkommerzielle Werke ermöglichen

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Antragsnummer

WP022

Einreichungsdatum

2010-10-22

Antragstitel

Nichtkommerzielle Werke ermöglichen

Antragsteller

Antragstyp

Programmantrag

Antragstext

Forderung

'Das Urheberrecht soll auf X (14) Jahre nach Veröffentlichung beschränkt werden und nichtkommerzielle Nutzung und Bearbeitung von Anfang an erlaubt sein. Persönlichkeitsrechte, soweit anwendbar, sollen bis zum Tode des Autors gelten. Das Ermöglichen des kulturellen Austausches soll keine Verletzung des Urheberrechts darstellen und straffrei werden. Das Zitatrecht soll auf alle Kulturformen ausgeweitet werden.""

Antragsbegründung

Die Verwertungsrechte des Urheberrechts waren ursprünglich dafür gedacht, den Autoren einen Anreiz zu geben neue Werke zu schaffen. Dieses Schutzrecht war darin begründet, dass ein Autor hohe Kosten tragen muss, etwa zu Recherche, Druck, Verbreitung, Werbung und weiteres. Diese Kosten sind heute aber viel geringer, falls sie überhaupt noch existieren. Die Debatte über die Reform des Urheberrechts darf sich nicht auf einzelne Teilbereiche oder die Laufzeit von Schutzfristen beschränken, sondern muss als Ganzes den Wandel der Technik anerkennen.

Negativer auf die Schaffung neuer Kultur als die langen Schutzfristen wiegt heute das Verbotsrecht der Autoren im Urheberrecht. Ein Nutzungsverbot, insbesondere für nichtkommerzielle Zwecke (siehe Exkurs), ist heute aus den genannten Gründen nicht mehr nachvollziehbar.

Das Urheberrecht soll an die heutigen Gegebenheiten angepasst werden und daher im Effekt wie eine 'CC-BY-NC-Lizenz' (siehe Exkurs) wirken.

Dies ermöglicht einen großen Spielraum an Nutzungen, sodass die Frage wie lange die Schutzfrist dauert, nebensächlich wird. Aus Vernuftsgründen sollte aber auch hier die Frist verkürzt werden. Aus historischen Gründen schlage ich 14 Jahre nach Veröffentlichung vor (anfängliche Laufzeit des Copyrights in den USA). Da am Anfang des Copyrights praktisch nur Bücher, Opern und Theaterstücke geschützt wurden, ist es nicht ersichtlich warum kurzlebigere Werke (Filme, Computerspiele, Magazine, Zeitungen, Comics, Blogs) grundsätzlich einen längeren Schutz benötigen. 14 Jahre liegt weit über dem Verwertungshorizont der allermeisten Werke.

Schutzfristen ab dem Tod des Urhebers sind in der Praxis ein nahezu ewiger Schutz und damit abzulehnen. Die Länge der Schutzfrist kann im Detail in einem zweiten Meinungsbild bestimmt werden, die 14 Jahre sind nur ein Vorschlag. Auch wer mit dieser Frist nichtübereinstimmt, den Rest aber befürwortet, sollte also für den Antrag stimmen.

Persönlichkeitsrechte (Namensnennung, Schutz vor Plagiatur, Schutz vor Missbrauch des Namens, Schutz vor Entstellung, ...) sollen bis zum Tode des Urhebers wirken, sofern sie nicht dazu gebraucht werden, die freie Benutzung einzuschränken.

Die Strafbarkeit der "Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung/Störerhaftung" stellt eine Fehlentwicklung des Urheberrechts dar, die abgeschafft werden soll. Vorgeblich bezieht sich diese Strafbarkeit auf "Piraten"seiten wie ThePirateBay; betrifft aber auch Blogging-Plattformen, Fotosharing-Seiten, Videosharing-seiten, Entwickler von Filesharing-Software, Linkaggregatoren, (anonyme) Foren, Webhoster, Filehoster usw. Insbesondere die daraus entstehend Prüf- und Kontrollpflichten für die Betreiber und Anbieter sind abzulehnen. Der Übermittler sollte niemals für den Inhalt verantwortlich gemacht werden ("Botenimmunität"). Solange ein Teilnehmer selbst keinen Vorteil durch die bereitgestellten Inhalte erlangt, ist ein Tauschvorgang als nichtkommerziell zu werten. Das Ermöglichen dieses Austausches sollte nicht unter Strafe stehen und vom Urheberrecht auch nicht berührt werden. Restriktive Nutzungsbedingungen von verschiedenen Plattformen sollen unwirksam werden.

Das althergebrachte Zitatrecht ist leider durch die Rechtssprechung sehr stark beschränkt. So sind zum Beispiel Samplings in der Musik oder Filmausschnitte nicht zitatfähig. Remix-Musik und Collagen-Filme werden unnötig in die Illegalität gedrängt. Das Zitatrecht soll im Allgemeinen freier gehandhabt werden und für alle Kunstformen zugänglich sein.

Unabhängig von diesem Antrag, jedoch unter Umständen komplementär, ist ein Künstlervergütungsmodell zu bedenken, da auch durch die heutige Urheberrechts-Konstruktion Künstler und Wissenschaftler indirekt Geld vom Staat erhalten. Dies muss bei einer Änderung des Urheberrechts bedacht werden. Es wäre jedoch in meinen Augen inkonsequent wenn wir allein die Legalisierung nichtkommerziellen File-Sharings fordern, eine kreative Weiternutzung (im Sinne der Remix-Kultur) aber nicht fordern, wo gerade diese Szene kulturell sehr innovativ ist.

Exkurs "Nichtkommerziell"

Die Defintition der (nicht-)kommerziellen Nutzung gestaltet sich im Detail schwierig, ist aber im Großen und Ganzen aber praktikabel, so die Creative Commons-Organisation. Nach CC ist nichtkommerziell definiert als:

"Handlungen, die nicht vorrangig auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine geldwerte Vergütung gerichtet sind. Wird Ihnen in Zusammenhang mit dem Schutzgegenstand dieser Lizenz ein anderer Schutzgegenstand überlassen, ohne dass eine vertragliche Verpflichtung hierzu besteht (etwa im Wege von File-Sharing), so wird dies nicht als auf geschäftlichen Vorteil oder geldwerte Vergütung gerichtet angesehen, wenn in Verbindung mit dem Austausch der Schutzgegenstände tatsächlich keine Zahlung oder geldwerte Vergütung geleistet wird."

Interpretation:

  • "vorrangig": Das Werk muss einen erkennbaren Beitrag zum geschäftlichen Erfolg haben, eine privatkopierte CD im Firmenauto wäre also erlaubt
  • "geschäftlicher Vorteil": Das beinhaltet auch Werbung, Musik in Bars, etc
  • "geldwerte Vergütung": Ist der direkte finanzielle Erfolg durch Verkauf von Kopien, Aufführung, oder dgl.
  • Der zweite Satz erlaubt reziprokes File-Sharing ("tit for tat").

"Nichtkommerziell":

  • wissenschaftliche Nutzung wäre erlaubt.
  • gemeinnützige Nutzung wäre erlaubt
  • private, nicht-kommerzielle Nutzung wäre erlaubt
  • unwesentliche Nutzung im kommerziellen Umfeld (Musik im Autoradio)
  • künstlerische Nutzung ("Remixen") wäre erlaubt, solange kein persönlicher Vorteil erlangt wird.
  • staatliche Nutzung wäre erlaubt, sofern keine Relizenzierung stattfindet.
  • Relizenzierung unter einer permissiveren Lizenz wäre nicht erlaubt, jedenfalls solange noch die Schutzfrist läuft
    • daher würde Wikipedia würde nicht profitieren (erlaubt kommerzielle Nutzung)
    • Piratenwiki ebenfalls nicht :( ;o)
  • Foto-, Video-, Textsharingdienste und ähnliches (auch mit Werbung) wären erlaubt, solange diese die eingestellten Inhalte nicht zur Werbung nutzen sowie den Teilnehmern keine Kompensation für fremde Inhalte anbieten.
  • Flattr und Werbung für fremde Inhalte wäre nicht erlaubt, sofern man selbst von diesen Vorteilen profitiert.

Bagatellhaftes Verletzen der Nichtkommerziell-Regel (Flattr, Adsense) sollte nicht unter Strafe stehen. Dieser Antrag spart sich hier bewusst Details aus, da diese Abwägung im Parlament stattfinden muss.

Plattform-Problematik

Nicht betroffen von der NC-Defintion (zumindest nach meiner Interpretation) ist das Ermöglichen des kulturellen Austausches, etwa Blogging-Plattformen, Fotosharingseiten, Piratebay, Youtube. Solange der Sharer selbst keine Vergütung für die Inhalte bekommt, ist ein Tauschvorgang als nichtkommerziell zu werten. Die Frage der Strafbarkeit der "Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung" in Form der Störerhaftung/Unterlassensanspruch ist eine andere Geschichte, die ich jedoch ebenfalls in den Antrag mitaufgenommen habe.


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