Benutzer:TurBor/Stellungsnahmen/Datenschutz im Digitalen Zeitalter

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Datenschutz im Digitalen Zeitalter

Der Datenschutz muss angesichts von Digitalisierung und Verbreitung des Internets zweifelsfrei um- und teilweise neugeschrieben werden. Die Vorstellung, dass der Datenschutz aus der Zeit von Karteikarten 1 zu 1 in die heutige Welt übertragen werden kann, ist genauso absurd wie der Gedanke, das Urheberrecht von vor 50 Jahren könnte ohne Veränderung im digitalen Zeitalter fortbestehen.
Zugleich wäre es aber ein fataler Fehler, diese Umgestaltung des Datenschutzes unter das Zeichen gnadenloser "Post-Privacy" zu stellen und die Offenlegung und Verbreitung jeglicher Daten freizugeben. Post-Privacy bedeutet wörtlich, und auch nach Vorstellung einiger Enthusiasten, ein Ende jeglicher Privatsphäre, was eine Katastrophe für die Freiheit und Würde des Menschen darstellt und gerade von Piraten in keiner Weise befürwortet werden darf.
Die Umgestaltung des Datenschutzes muss also auf eine Weise geschehen, dass der Grundgedanke des Schutzes von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten aufrechterhalten bleibt, während die Umsetzung sich an den heutigen Stand der Technik und der vernetzten Gesellschaft anpasst und nicht selbst zu einer Gefahr für die Freiheit und die Struktur des Internets verkommt.
Folgende zwei Ideen können den Grundstein des neuen Datenschutzes und zugleich eine Brücke zwischen Alt und neu darstellen.

  • Der Schutz von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten muss gestärkt werden. Die rechtliche Absicherung des Anspruchs eines jeden Menschen, seine persönlichen Daten lediglich einem bestimmten Personenkreis und zu einem bestimmten Zweck offenzulegen, muss erhalten bleiben.
  • Die Freigabe von Daten in die "digitale Öffentlichkeit" - in erster Linie das Google-durchsuchbare, für jedermann zugängliche Internet - sollte realistischerweise als unwiderrufbar angesehen werden. Weder eine Löschung ("Depublikation") dieser Daten noch eine Einschränkung von deren Verbreitung und Verwendung kann erzwungen werden, wenn die Struktur eines freien Netzes beibehalten wird.


Daraus lassen sich bereits einige Schlussfolgerungen machen:

  • Die Medienkompetenz muss gestärkt werden. Anstatt den Bürgern ein falsches Sicherheitsgefühl mit "Datenschutzerklärungen" zu geben, muss eine Aufklärung geschehen, in welchem Maße sich Datenverbreitung im Netz überhaupt (nicht) einschränken lässt.
  • Gerade weil ins Netz gestellte Daten kaum weiter kontrollierbar sind ist es wichtig, die unbefugte digitale Veröffentlichung persönlicher Informationen kulturell wie rechtlich als absolut unzulässlich zu behandeln. Dabei sollte die Quelle dieser Veröffentlichung zur Rechenschaft gezogen werden, nicht die weitere Verbreitung der Informationen im Netz (was unweigerlich zu Filter- und Überwachungsmaßnahmen führen würde).
  • Da sich die digitale (Internet) und analoge (Straße) Öffentlichkeit in Hinsicht auf Durchsuchungs-, Zugriffs-, und Speicherungsmöglichkeiten sehr stark unterscheiden, muss auch deren Abgrenzung klar definiert werden, sodass sie zugleich als Teile einer breiteren "Öffentlichkeit" angesehen werden, andererseits aber die Unterschiede nicht naiv unter den Tisch gekehrt werden.

Kommentar

Der obige Text ist schrittweise während meiner Teilnahme an den andauernden inner- (z.B. LQFB) und außerparteilichen (z.B. GoogleStreetView) Diskussionen in den letzten Monaten entstanden, bei denen ich weder von der "Post-Privacy"-Seite noch von der "Oldschool-Datenschutz"-Seite wirklich überzeugt werden konnte. Um nochmals zu der Urheberrechtsanalogie zu greifen, verlief die Diskussion oftmals so, als wären nur die Optionen "Alles wie jetzt lassen" und "Urheberrecht ganz abschaffen" verfügbar, während in Wirklichkeit nur die Ausarbeitung eines Kompromisses uns irgendwelche Perspektiven geben kann. Die LiquidFeedback-Initiative von Trias [1] geht ebenfalls in diese Richtung, auch den Begriff "digitale Öffentlichkeit" (geprägt von Sascha Lobo) scheint mir ein guter Ankerpunkt zu sein.
Für Diskussionsbeiträge wäre ich sehr dankbar. Ich weiß noch nicht, was ich mit dieser Stellungsnahme anfangen werde, Feedback (nein, kein flüssiger;) ist also sehr wichtig!

Diskussion

Here be flamewars

"Gerade weil ins Netz gestellte Daten kaum weiter kontrollierbar sind ist es wichtig, die unbefugte digitale Veröffentlichung persönlicher Informationen kulturell wie rechtlich als absolut unzulässlich zu behandeln. Dabei sollte die Quelle dieser Veröffentlichung zur Rechenschaft gezogen werden, nicht die weitere Verbreitung der Informationen im Netz (was unweigerlich zu Filter- und Überwachungsmaßnahmen führen würde)."


Wenn also Jemand in seinem Blog unbefugte digitale persönliche Informationen veröffentlicht, soll er dafür zur Verantwortung gezogen werden. Aber er darf sie dann weiter verbreiten, muss sie nicht löschen? Und Jeder, der diese Daten weiter verbreitet darf das dann ofiziell? Und was ist mit unzulässiger Speicherung persönlicher Informationen, die nicht veröffentlicht wurde? Die muss auch nicht gelöscht werden und darf, nach einmaliger Strafe, weiter verwendet und dann sogar veröffentlicht werden? Ist das nicht ein Fastfreifahrtschein für alle Datenkraken?

mfG Ralfred67

Das "zur Verantwortung ziehen" beinhaltet natürlich auch, dass nach Möglichkeit die weitere Verbreitung ebenfalls unterbunden werden soll. Was ich meinte - um bei deinem Beispiel zu bleiben - ist, dass nicht jeder Besucher dieses Blogs seine Festplatte offenlegen oder eine eidesstattliche Erklärung abgeben muss um sicherzustellen, dass ja keiner von ihnen die Information bei sich gespeichert oder weitergeleitet hat.

Grüße, Boris