Benutzer:Michael Ebner/Tagebuch 3

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BuVo-Tagebuch 19. Juli bis 25. Juli

Tag 20 - Sa 19. Juli

Bundesvorstand Team-Wochenende Tag 1. Schon beim Frühstück ist klar, dass der Raum - den wir dann tagsüber als Tagungsraum nutzen wollen - viel zu heiß ist. Wir verlegen dann nach draußen und nach einiger Zeit in den nächsten Biergarten (wobei Bier dann erst abends in Dresden auf der Tagesordnung steht).

Wir beginnen mit einer Feedbackrunde, jeder formuliert Erwartungen, Lob und Kritik an alle anderen Vorstände. Zu den Inhalten ist sinnvollerweise Vertraulichkeit vereinbart, somit kann ich jetzt sehr wenig dazu schreiben. Vielleicht so viel: Die an mir geäußerte Kritik (es geht um eine unbedachte Formulierung) ist zutreffend, ich werde da künftig besser aufpassen müssen.

Der nächste Tagesordnungspunkt ist die finanzielle Situation. Wir sind uns schnell einig, dass wir nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter konsolidieren wollen, sondern die Lücke über externes Fundraising zu schließen. Das setzt aber voraus, dass das Außenbild der Partei bald wieder besser wird - ein Grund mehr, besonnen zu agieren.

Abends dann einen Kurzbesuch in der Altstadt von Dresden, dann in den nächsten Biergarten. Die Gespräche gehen nicht primär über Politik oder gar die Piratenpartei - es soll ja schließlich ein Team- und kein Arbeitswochenende sein. nach den Erfahrungen mit dem letzten Vorstand hat die Basis überwiegend Verständnis für das Erfordernis einer solchen Maßnahme; manche hätten uns gleich auch noch einen externen Mediator verpasst - so kohärent, wie der Vorstands zusammengewählt wurde, wäre dieser aber definitiv überflüssig.

Tag 21 - So 20. Juli

Wir GenSeks separieren uns und machen ein Konzept, wie man den Basisentscheid realisieren könnte. Es besteht dabei das Problem, dass Satzungsregelungen und Entscheidungsordnung nicht gerade im Hinblick auf die praktische Umsetzung optimiert wurden und auf im Offline-Teil die Existenz von Software voraus setzen, die weit entfernt von einsatzfähig ist. Wir wollen jetzt aber auch nicht solange Däumchen drehen, bis die Software fertig ist, zumal auch ein Versprechen unseres Vorsitzenden im Raum steht.

Wir diskutieren also im Spannungsfeld von Entscheidungsordnung, mutmaßlichem Willen der Basis, praktischer Umsetzbarkeit (insbesondere in den schwächeren Landesverbänden) und natürlich auch der Kosten.

Später auf der Heimfahrt dann die Texte für Ausschreibungen ehrenamtlicher Mitarbeiter (stellv. Pressesprecher, Leiter SG Presse, Vorstandsassistenz) erstellt.

Tag 22 - Mo 21. Juli

Das Gerede über Abspaltung, gerade im LV Berlin, hört nicht auf, und es werden Erwartungen an den BuVo herangetragen, da §8 der Satzung ernster zu nehmen. Wir waren uns am Wochenende einig, keinen Streit über die Presse aufzutragen, weil dies der Partei und insbesondere den aktuell wahlkämpfenden Landesverbänden nur schaden würde. Es soll nun einerseits möglichst tief gehangen werden, andererseits auch ein Zeichen in die Partei hinein sein, dass wir unsere satzungsmäßigen Pflichten nicht völlig ignorieren. Es wird dann ein von Kristos persönlich gezeichneter Beitrag auf dem Vorstandsportal.

Die Reaktionen sind weitgehend erwartungsgemäß. Bernd Schlömer hat mal den Terminus "Prinzip der größtmöglichen Empörung" geprägt, das trifft es hier ganz gut. Die Aufregung ebbt dann auch schnell wieder ab.

Wir werden darauf hingewiesen, dass der Landesvorstand als Organ im Bezug auf eine Spaltung nicht gehandelt hat und es keinen entsprechenden Beschluss gebe und dass Meinungsbilder in LiquidFeedback kein Organ seien. Diese Aussage verkennt jedoch den Umstand, dass laut Satzung Landesverbände (und somit die für sie handelnden Organe) dazu verpflichtet sind, "alles zu tun, um die Einheit der Piratenpartei Deutschland zu sichern". "Alles" wäre hier sicher am Maßstab der Verhältnismäßigkeit auszulegen, die entsprechenden Maßnahmen müssten geeignet, erforderlich und angemessen sein, aber auch nach diesen Kriterien wäre dem Landesvorstand zumindest Unterlassung vorzuwerfen.

Abends dann die übliche eMail- und Ticket-Arbeit und damit begonnen, einen Textentwurf für die Rundmail zum Basisentscheid zu formulieren. Sekors Vorstandssprechstunde schaffe ich diesmal. Der Blogpost von Kristos ist natürlich Thema, aber dann auch nicht der ganz große Aufreger - die Angelegenheit wurde anscheinend ausreichend tief aufgehangen.

Abends nach etwas Textarbeit noch mal in's Mumble. Es wird stellenweise völlig sinnlos und faktenfern auf die progressive Plattform und deren Protagonisten gebasht, hier insbesondere Martin Delius, so dass ich dann mal das Wort ergreife und ein paar klarstellende Worte verliere. Martin Delius macht nun wirklich prima Arbeit und zeichnet sich einerseits durch enormen Fleiß, andererseits aber auch durch die gerade in diesen Tagen so dringend erforderliche Besonnenheit aus.

Betrachtung zur Polarisierung

Ich habe die Befürchtung, dass wir tief in die Mechanismen von "Politik 1.0" zurückfallen könnten: Eine Polarisierung in "wir" und "die anderen", Menschen und Positionen werden nur noch danach beurteilt, ob sie zur einen oder anderen Seite gehören.

Die Wahlergebnisse in Halle zum Maßstab genommen, dürften die Mehrheitsverhältnisse bei den Hauptströmungen in etwa so aussehen, dass "die Sozialliberalen" auf etwa 60 bis 70% kommen und "die Progressiven" auf so etwa 30 bis 40%. Dies in Kombination mit einer 2/3-Hürde für Programmänderungen und dem Umstand, dass Anträge auch "bei den eigenen Leuten" selten zu 100% unterstützt werden, könnte die Programmarbeit näherungsweise völlig lähmen. Natürlich wird es immer Programmpositionen geben, die derart Konsens sind, dass sie von beiden Hauptströmungen unterstützt werden - also das, was bei Parteitagen bislang näherungsweise einstimmig durchgegangen ist. Überall dort jedoch, wo die Frage "kommt der Antrag von uns oder von denen" gestellt und zum Maßstab gemacht wird, werden die Sozialliberalen sehr selten und die Progressiven gar nichts mehr über 2/3 bekommen.

Diese Lähmung könnte noch nicht mal dadurch aufgebrochen werden, dass die Hürde für Programmänderungen auf die einfache Mehrheit gesenkt wird, da in einem solchen Fall die Programmentscheidungen so einseitig würden wie die letzten Vorstandswahlen - die Progressiven würden sich somit "mit Händen und Füßen" gegen eine solche Satzungsänderung wehren.

Noch "spaßiger" würde die Sache, wenn Anträge direkt von der progressiven Plattform kommen würden: Da werden zu allererst diejenigen dagegen stimmen, die sich zwar als progressiv einordnen würden, aber denen dort die Aufnahme verweigert wurde oder die es gar nicht erst versucht haben.

Wenn also vermieden werden soll, dass inhaltlich erstklassige Programmanträge bei 20% Zustimmung "verhungern" (oder es - viel wahrscheinlicher - gar nicht erst auf die Tagesordnung eines Parteitags schaffen), dann muss schleunigst diese Polarisierung aufgegeben werden, dann muss wieder viel mehr darauf geachtet werden, ob etwas inhaltlich taugt, und nicht, von wem es kommt.

Tag 23 - Di 22. Juli

Tagesgeschäft. Wie bekommen wir das Antragsportal zum Laufen, wer fährt zum Jupi-Camp, Tickets abarbeiten.

Tag 24 - Mi 23. Juli

Die Diskussion auf der Vorstands-ML geht u.a. um Selbstorganisation. Wir arbeiten derzeit mit zwei Ticket-Systemen (OTRS und Redmine), beide haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile, beide können jeweils relevante Dinge nicht, dennoch besteht eigentlich der Wunsch, nur noch mit einem System zu arbeiten und nicht mehr Texte vom OTRS nach Redmine zu kopieren.

Abends dann noch Telko mit der PG Basisentscheid. Es gehört zum Wesen einer Mitmachpartei, dass dann halt auch jeder seine Vorschläge macht, egal, wie umfangreich er sich bislang mit der Sachlage auseinandergesetzt hat, egal, ob das Themenfeld gerade zu seinem Begabungsschwerpunkt gehört. Nicht jeder fähige Programmierer hat z.B. ein Händchen für logistische Anforderungen.

Tag 25 - Do 24. Juli

Es kommen immer wieder Anträge rein, der Vorstand möge doch zu diesem oder jeden Tweet Stellung nehmen. Ja, es gibt offensichtlich Titter-Accounts, die eigens dafür eingerichtet sind, anonym andere Piraten zu beleidigen oder zu bashen. Da wir nicht wissen, wer hinter solchen Accounts steht, und ob der oder die Betreffende überhaupt noch Mitglied der Piratenpartei ist, ist mit Ordnungsmaßnahmen wenig auszurichten.

Wir entschließen uns, da ein allgemeines Statement rauszugeben und bei solchen Fällen dann stets darauf zu verweisen. Ich verfasse einen Entwurf, der bei den Vorstandskollegen auf Zustimmung stößt und dann am nächsten Tag veröffentlicht wird (http://vorstand.piratenpartei.de/2014/07/25/uns-eint-mehr-als-uns-trennt/).

Ein Punkt davon ist auf die progressive Plattform (PP) gemünzt ("Fehler von Gruppen in der Findungsphase müssen nicht öffentlich kommentiert werden. Statt dessen sollten sie die Gelegenheit erhalten, falsche Entwicklungen selbst zu korrigieren."): Diese haben für das Aufnahmeverfahren ein Veto-Verfahren etabliert, das dazu verwendete Pad wurde geleakt und demaskiert ziemlich etliche der Beteiligten. Insbesondere die Einführung der Sippenhaft (eine Person wurde abgelehnt, weil sie die Freundin von einem anderen Piraten sei, der als nicht progressiv eingestuft wurde) ist vor dem Hintergrund des vorgeblichen antifaschistischen Anspruchs dieser Gruppe - nun ja - bemerkenswert.

Gegen Mitternacht schaue ich dann noch in's Mumble, die Progressive Plattform im Allgemeinen und de heutigen Leaks im Speziellen sind natürlich Thema. Es kommt dann Peter hinzu und steht als Mitglied der PP Rede und Antwort. Ich habe ihn ja schon früher als besonnen und reflektiert wahrgenommen, der Eindruck bestätigt sich auch hier. Es bleibt zu hoffen, dass Piraten wie er bei der PP eine maßgebliche Rolle spielen werden.

Die entscheidende Frage für mich lautet, in welchem Maße Gruppen wie die PP Verantwortung für das Verhalten ihrer Mitglieder übernehmen werden. Wenn solche Mitglieder andere beleidigen, werden sie dann von der Gruppe zu Ordnung gerufen, wird sich die Gruppe für das Verhalten entschuldigen, werden Konsequenzen (z.B. der Ausschluss aus der Gruppe) gezogen? Bei "handverlesenen Mitgliedern" sollte dies eigentlich selbstverständlich sein.

Tag 26 - Fr 25. Juli

Wir entschließen uns, das sich zunehmend aufdrängende Thema Antisemitismus aufzugreifen und dazu eine PM heraus zu geben. Die Erstellung des Textes wird dann eine eher "schwere Geburt" werden.