Benutzer:-π-Rat 'Bunt'/Text

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Meine Sicht der Dinge und was mich zu den Piraten führte

Mein Verständnis von Demokratie

Seit jeher eher nonkonformistischer und rebellischer Natur, war ich schon immer jemand, der mit den bestehenden Strukturen in unserer Gesellschaft mehr oder weniger auf Kriegs­fuß stand; viele der herkömmlichen Dogmen und gesellschaftlichen Strukturen widersprechen in ihrer hierarchischen, obrigkeitshörigen Ausrichtung und der damit verbundenen Gefahr des Machtmissbrauchs von oben meinem ureigenen Gerechtigkeits­sinn, sowie meinem persönlichen Verständnis von tatsächlich gelebter Demokratie.

Basisdemokratische Strukturen sollten Bestandteil einer echten Demokratie sein; diese sollte deutlich mehr Beteiligungsmöglichkeit und Mitbestimmungsrecht der Bürger be­in­halten, im Prinzip sogar darauf beruhen - und somit definitiv mehr sein, als nur alle 4 bzw. in Berlin alle 5 Jahre ein Kreuz für dadurch legitimierte "Volksvertreter" der ver­schie­dens­ten Fraktionen machen zu dürfen. Damit wäre Demokratie in meinen Augen eines der aus­ge­wo­gens­ten Modelle einer gerechten Gesellschaftsform - sofern diese eben nicht nur auf dem Papier steht: Freiheit, Integrität und Individualität des Einzelnen müssen in­ner­halb einer demokratischen Grundordnung natürlich weitestgehend gewähr­leistet blei­ben; die verfassungsgemäßen Grundrechte der Bürger müssen oberste Priorität bei allen Beschlüs­sen und Gesetz­ent­würfen haben.

Freier Zugang zu Wissen u. Bildung bildet die Grundlage zur Ermöglichung einer aktiven Teilhabe an demokratischen Prozessen → umfassend informierte Bürger sind politisch mündige Bürger, die dadurch auch in die Lage versetzt werden, verantwortungsvolle Ent­schei­dun­gen im Sinne von mehr Bürgerbeteiligung autonom treffen zu können.

Kritik am derzeitigen politischen System

Hier setzt auch meine Kritik an den etablierten Parteien und der bisher praktizierten Politik an: Seitdem ich denken kann, nehme ich unsere Volksvertreter im Gros eher als mehr oder weniger gut geschulte Populisten wahr, deren wahres Inte­resse mehr der Gewinnung von Wählerstimmen und der Sicherung ihrer Privilegien gilt, anstatt den Bür­gern in ihrem Auftrag tatsächlich gerecht zu werden - und welche dementsprechend die Interessen des sie wählenden Volkes anschliessend mehr schlecht als recht ver­tre­ten. Die derzeitigen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger unterliegen stren­gen Anfor­de­rungs­kriterien, die eine Bürgerbeteiligung an politischen Ent­schei­dun­gen über die Wahl­entscheidung hinaus erheblich einschränken (mehr dazu siehe hier).

Politische Entscheidungen werden in der Regel über die Köpfe der Bürger hinweg be­schlossen, Fraktionszwänge behindern dabei zusätzlich die Entwicklung neuer Konzepte zur Lösung bestehender Probleme und so hat z.B. auch keine der sogenannten "Refor­men" der letzten Zeit nennenswert Positives für den Durchschnitts-­Bürger gebracht (zudem werden daraus erzielte Mehreinnahmen gerne auch mal zweckentfremdet einge­setzt, wie z.B. bei der "Ökosteuer", die zu über 97% dazu verwendet wird, die gesetz­li­che Rentenversicherung zu subventionieren [1]).

Desweiteren haben Wirtschaftsinteressen, die Interessen von Industrie und Großkonzer­nen, offenbar erheblichen Vorrang vor den Bürgerinteressen, die eigentlich vertreten werden sollten; Verquickungen von Politik und Wirtschaft sind eher Regel als Ausnahme, Lobbyismus und die damit verbundene Gefahr von Korruption somit leider keine Un­be­kann­ten in der Politik - dies alles führt zu immensem Vertrauensverlust der Bürger­in­nen und Bürger, was sich nicht zuletzt auch an den sinkenden Wahlbeteiligungen be­merk­bar machen dürfte.

Die Forderung nach mehr Transparenz in der Politik ist heute zu einem unabdingbaren Muss für die Demokratie geworden, um zum einen eine Basis für neue Vertrauensbildung in der Bevölkerung zu bilden und zum anderen die Bedingungen für Lobbyismus zu er­schweren (Zuwendungen an Politiker öffentlich und nachprüfbar machen) - die Bürger müs­sen ein Recht darauf haben zu erfahren, aufgrund welcher Kriterien politische Ent­schei­dungen zustandekommen (siehe auch: Für eine transparente Politik u. Ver­wal­tung).

Sozialabbau und Abbau von Arbeitnehmerrechten

Darüber hinaus beobachte ich schon seit Jahren (auch schon weit vor Hartz IV) ein sich stetig verschärfendes Klima einer neuen sozialen Kälte und einen Sozialabbau groben Ausmaßes in unserem Land, welcher in der praktischen Anwendung der Hartz-Gesetze und der Einführung von 1-Euro Jobs und den damit einhergehenden Sanktionsmaßnah­men, was dem Ganzen den Anstrich von Zwangsarbeit auf Niedrigstlohnniveau gibt, sei­nen bis dahin vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Die sprichwörtliche Schere zwi­schen arm und reich geht seit langem kontinuierlich in zunehmendem Maße aus­ein­an­der - mit dem Ergebnis einer immer weiter schrumpfenden Mittelschicht [2] und mit gra­vie­ren­den Folgen hinsichtlich der Möglichkeit auf soziale Teilhabe für die dabei ver­arm­ten Be­völ­kerungsteile. Als weitere direkte Folge kann vermutlich auch die an­stei­gen­de Kinder­ar­mut angesehen werden - Berlin hatte beispiels­weise 2005 mit 30,7% den deutsch­land­weit höchsten Anteil an Kindern, die Sozialgeld beziehen [3]. Woher eine der daran be­tei­lig­ten Regierungsparteien das Wörtchen "sozial" in ihrem Partei­na­men ab­leiten will, ist mir da mittlerweile mehr als unklar.

Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaft, die wider dem Gedanken einer sozialen Marktwirtschaft mit steigenden Reallöhnen funktioniert und statt­des­sen auf Niedriglöhne angewiesen ist, um im internationalen Wettbewerb be­ste­hen zu können und aufgrund einer technischen Entwicklung, die immer mehr her­kömm­liche Arbeits­plät­ze nahezu unnötig macht, ist der dem einzelnen Bürger ver­pflich­tete Staat schlicht nicht mehr in der Lage, jedem seiner Bürger ein dem Grund­ge­setz konformes, menschen­wür­diges und gleichberechtigtes Leben inner­halb die­ses Staatssystems mit­tels einer aus­rei­chend be­zahlten Vollbeschäftigung zu gewähr­leisten. Und solange Einkommen an Ar­beit gekoppelt ist, gehört für mich der An­spruch auf einen tarif­lich bezahlten Ar­beits­platz nunmal definitiv dazu - oder aber auf einen ent­sprechenden sozialen Aus­gleich bei Wegfall einer solchen Arbeitsmöglichkeit, der allerdings auch ein gesundes Min­dest­maß an durchschnittlicher sozialer Integration gewährleisten muss.

Die Realität sieht derart aus, dass heute neben Teilzeitarbeit (siehe hierzu auch Un­freiwillige Teilzeitbeschäftigung [4]) vermehrt Kurzarbeit, Zeitarbeit ("Arbeit­neh­mer­überlassung") oder geringfügige Beschäftigungen ("Minijobs") das Bild des Ar­beits­marktes prägen - die Anzahl der Personen mit einem Einkommen unterhalb der Exis­tenz­sicherung (dem sogenannten Niedriglohn) hat sich in den letzten Jahren auf über 1,4 Millionen erhöht; diese müssen ergänzend zu ihrem Einkommen Arbeits­lo­sen­geld II in Anspruch nehmen (unter ähnlich unwürdigen Rahmen­be­din­gun­gen wie der gewöhnliche Hartz 4-Empfänger). Das Phänomen der sogenannten Erwerbs­armut (Working Poor) breitet sich zunehmend weiter aus.

Was zur Zeit in Deutschland real passiert, ist in meinen Augen auf eine Art eine Entwicklung zurück in die Verhältnisse der frühen Zeiten der industriellen Revolution des frühen 19 Jahrhunderts, als die damals erst neu entstandene Arbei­ter­klasse (Fabrikarbeiter, das sogenannte Proletariat) noch die unterste gesellschaftliche Schicht (nahe dem fast recht­lo­sen Stand der Bauern) darstellte, die kaum Rechte besaß und mit Verhältnissen konfrontiert war, die an die Leib­ei­gen­schaft des in der damaligen Neuzeit gerade zurückgelassenen Mittelalters erinnerten - die Proletarier jener Zeit waren mittellose Arbeitssklaven der Industrie, die für Hungerlöhne bis zu 18 Stunden am Tag schuften mussten, um sich und ihre Familien überhaupt am Leben halten zu können; Arbeitsruhe wie z.B. an Sonn- und Feiertagen gab es für sie nicht [5].

Ganz soweit sind wir bisher gottlob noch nicht wieder, aber alle seit damals erst mühsam von Arbeiterorganisationen u. Gewerkschaften über Jahrzehnte (knapp 2 Jahrhunderte genaugenommen) erkämpften Rechte der arbeitenden Klasse werden heute bewusst wieder mehr und mehr eingeschränkt und abgebaut - sodass die Forderung "Eine faire Arbeit für einen fairen Lohn" aus der frühen (englischen) Arbeiterbewegung heute wieder so aktuell zu sein scheint, wie sie es anno dazumal war.

Gleichzeitig wird ein soziales Klima geschaffen, in welchem der einzelne Arbeitnehmer, die drohende Entlassung stets vor Augen, aus Angst vor anschliessender Arbeitslosigkeit bereit ist, all diese ihn immer mehr entrechtenden Maßnahmen "freiwillig" hinzunehmen bzw. zähneknirschend zu akzeptieren, und so z. B. Einschränkungen im Kündigungsschutz, sinkende Reallöhne bei steigenden Lebenshaltungskosten oder auch unbezahlte Überstunden bei gleichzeitigem Stellen­abbau gefügig zu erdulden. Unterstützend wird Stimmung gemacht gegen ein vermeintliches Heer von arbeits­scheuen "Sozialschmarotzern", die Arbeitslosen, die angeblich die Hauptschuld an der ganzen finanziellen Misere des Staates und den sozialen Missständen haben sollen - somit wird das Feindbild für all die Leichtgläubigen unter den Unzufriedenen gleich mal auf dem Silbertablett mitserviert und von den Politikern und den Medien unaufhörlich in die Köpfe der Men­schen gehämmert; den durch das System Gefallenen wird somit auch noch die vermeintliche Schuld an den Umständen auf­ge­bür­det... schön einfach, aber einfach mal falsch.

Die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens erscheint mir da als eine adäquate und zeitgemäße Maßnahme, um dieser insgesamt äußerst unsozialen Entwicklung effektiv und nachhaltig entgegenzusteuern - ich bin deswegen klarer Befürworter einer solchen Grundsicherung (siehe auch: ReSET).

Gefährdung der Grundrechte und Persönlichkeitsrechte

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Spätestens seit dem Vorfall des 11. September 2001 sehe ich zudem immer tiefer in die ver­fassungs­ge­mä­ßen Grundrechte der Menschen eingreifende Bestrebungen, diese aufzu­weichen und zu untergraben. Im Zuge des sogenannten "Kampfes gegen den Terror" wur­den nicht nur in den USA selbst (z.B. mit dem USA PATRIOT Act), sondern u.a. auch hier in Deutschland weit­reichende, teils verfassungswidrige Änderun­gen zu Ungunsten der Privatssphäre von Bürgern entweder schlicht bestimmt oder es existieren dahingehende Pläne, die teilweise vorerst noch an den verfassungsrechtlichen Ent­schei­dun­gen der zu­stän­di­gen Ge­richte scheiterten, aber damit lange nicht vom Tisch sind. Lauschangriffe, groß­an­ge­legte Überwachungs- und "Sicher­heits"­maßnahmen, die sämt­lich das Ziel der Ein­schränkungen der Privatssphäre der Bürger zur Folge haben, komplexe Videoüberwachungen auf öffent­lichen Plätzen und in öffentlichen Einrichtungen, Versuche zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung, Aufweichung des Daten­schutzes einer­seits, Zensur­bestre­bun­gen im Internet anderer­seits - all diese heutigen Beispiele greifen ineinan­der in Ihrem Bestreben nach mehr Kontrolle über die Bürger u. der Ein­schrän­kung von Per­sönlich­keits­rech­ten der Men­schen und wider­sprechen somit in meinen Augen klar dem Gedanken einer freiheitlich-demokratischen Grund­ordnung, wie sie das deutsche Grund­gesetz vorsieht, sodass ich mittler­weile ehrlich besorgt bin um die Zukunft der Demokratie in unserem Land.

Mich persönlich erinnern Bestrebungen dieserart in einem solchen Kontext irgendwie an die unmittelbaren Folgen des Reichstagsbrandes von 1933:

"...Noch am 28. Februar 1933 wurde vom Reichskabinett die Notverordnung "Zum Schutz von Volk und Staat" verabschiedet. Damit wurden die Grundrechte außer Kraft gesetzt. Der Polizei und ihren Hilfsorganen (namentlich der SA) war es nunmehr möglich, Verhaftungen ohne die Nennung von Gründen vorzunehmen und den Betroffenen jeden Rechtsschutz zu verweigern. Weder die Unversehrtheit der Wohnung noch des Eigentums waren mehr gewährleistet. Das Post- und Fernmeldegeheimnis war ebenso aufgehoben wie die Meinungs-, Presse- und Vereinsfreiheit..." (Quelle: Wikipedia)

Und Geschehnisse dieser Art sollten niemals wieder vorkommen dürfen, weder per Ermächtigungsgesetz noch in einem schleichenden Prozess - dieser Aspekt hat mich letztendlich auch dazu bewogen zu schauen, wo und wie ich da vielleicht aktiv gegensteuern könnte, nicht zuletzt auch aus der durchaus egoistischen Motivation heraus, meine Gefühle von Machtlosigkeit gegenüber den aktuellen Zuständen und Entwicklungen kompensieren zu können und ihnen eine positive Richtung zu geben.

Ich entdecke in mir seit neuestem tatsächlich so etwas wie Verantwortungsbewusstsein - eine Sache, der ich bisher eher gekonnt aus dem Weg gegangen bin. Ich war in meinem bisherigen Leben nie wirklich in einem konstruktivem Sinne politisch aktiv und hatte auch kein gesteigertes Interesse daran, in der gängigen Politik tätig zu werden, sehe es aber derzeit nahezu als meine "Bürgerpflicht" an, etwas gegen den m. E. offensichtlichen fortschreitenden Verfall unserer demokratischen Werte von oben zu tun - und dies geht in meinen Augen am besten dort, wo die derzeitigen Entwick­lun­gen gesteuert werden, an der Wurzel, also in der Politik selbst. Die Zeit ist reif, die negativen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft zu stoppen und dafür zu sorgen, dass die Grundrechte der in unserem Land lebenden Menschen gewahrt und unangetastet bleiben, und wir brauchen endlich wieder Politiker, die ein echtes demokratisches Grundverständnis ver­innerlicht haben - fernab von Machtstreben und politischem Klüngel - und die, von dem Ideal für eine bessere und lebens­wür­digere Zukunft jedes einzelnen Bürgers geleitet, für diese Bürger und ihre Interessen konsequent eintreten wollen.

Dieses habe ich bei den etablierten Parteien so nicht finden können (bzw. fehlt ihnen m. E. einfach die Glaubwürdigkeit) - wohl aber bei den Piraten. Hier sehe ich eine echte, tief verwurzelte Intention, die derzeit herrschenden Zustände zum Positiven ändern zu wollen, sowie die Grundrechte jedes Einzelnen sichern und stärken zu wollen - und zwar frei von irgendeinem übergeordneten ideologischen Anstrich. Weg von Korruption, staatlicher Gängelung und Überwachung hin zu Transparenz und der Freiheit u. Selbstbestimmung des Einzelnen. So habe ich das Programm der Piraten, komprimiert auf das Wesentliche, für mich verstanden - und so nehme ich die Piraten auch nach meinem Beitritt nun auf persönlicher Ebene ebenfalls wahr.

Was halte ich von der Politik der etablierten Parteien?

Kurz: Nicht viel - das wurde aus dem bisher Geschriebenen sicher deutlich ;-)

Ich will damit nicht in Abrede stellen, dass an der Basis einzelner etablierter Parteien durchaus auch aufrichtig engagierte Menschen tätig sind, die genauso für Verbesserungen der Verhältnisse im Land eintreten, wie die Piraten dies tun - nur verlieren sich diese Ziele immer mehr, je weiter man in der Hierarchie innerhalb dieser Parteien nach oben geht; es fehlen in meinen Augen die basisdemokratischen Strukturen, die gewährleisten würden, dass die Parteienspitzen sich nach Amts­antritt weiterhin denselben Zielen verpflichtet fühlen wie ihre Basis.

In den öffentlichen Verlautbarungen und den Programmpunkten der etablierten Parteien finden sich durchaus immer wieder mal Punkte, die für sich genommen sicherlich für den unbedarften Wähler erstmal ganz gut klingen mögen, jedoch habe ich mir ziemlich schnell abgewöhnt, mich von politischen Versprechungen einlullen zu lassen, nur um mich in Folge nach jeder Legislaturperiode erneut getäuscht und belogen zu fühlen. Zudem lohnt es sich immer zu hinterfragen, seit wann und zu welchem Zweck die jeweilige Partei ihre Programmpunkte ins Rennen schickt -> kleines Beispiel: Piraten in der SPD ;-)

Die Erfahrung der Jahre hat jedenfalls gezeigt, dass Papier tatsächlich geduldig ist und Wahlversprechen meist nur leere, opportunistische Worthülsen zur Köderung der Wähler und somit reine Lippenbekenntnisse waren und noch lange keine gute Politik ausmachen - sodass ich Parteien (wie übrigens auch die Menschen allgemein) schon lange nicht mehr nur nach ihren Worten, sondern stets mehr nach ihren Taten beurteile. Und genau hier sieht es nunmal seit geraumer Zeit mehr als mau aus - egal welche Partei in der Regierung oder zumindest in relevanten Ministerämtern vertreten war, die Zustände im Gesamten haben sich dennoch kaum wirklich verbessert, wenn nicht sogar in einigen Bereichen kontinuierlich ver­schlech­tert. So zumindest fühlt es sich für mich als Bürger dieses Landes über die Jahre hinweg an und somit stellen die etablier­ten Parteien für mich auch keine Option mehr dar, von der noch irgendein Impuls für eine positive Veränderung zu erwar­ten wäre und ich hatte mich in der Folge schon seit längerem wieder völlig von der Politik distan­ziert gehabt - als Nicht­wäh­ler. Sicher nicht das Optimum, was man tun kann, aber die logische Konsequenz, wenn das Gefühl von Macht­losig­keit und Sinn­losigkeit dominierend ist.

Angeheuert - wohin wird gesteuert?

Auf mich trifft also der Slogan "Wir hatten die Parteien satt! Nur darum wurden wir Partei!" relativ gut zu - mal abgesehen davon, dass ich die Piraten mit ihren basisdemokratischen Strukturen und dem Konzept von Liquid Democracy als echte Alternative zu der in meinen Augen ansonsten ziemlich verfahrenen Parteienlandschaft ansehe. So sehe ich für mich die Piraten auch eher als Bürgerrechtsbewegung mit humanistischer Ausrichtung, die versucht, in Form einer Partei ihre Ziele politisch umsetzen zu können, das passt zumindest gut zu meinen eigenen Intentionen innerhalb der Partei. Meine persönlichen Schwer­punkte liegen hier klar bei der Wahrung und Sicherung der Grund- u. Per­sön­lich­keits­rechte, beim Daten­schutz, einer transpa­ren­ten und bürger­nahen, basis­demokra­tischen Politik unter Ein­be­ziehung aller inte­ressier­ten Bürger, und der Ein­führung eines bedin­gungs­losen Grund­einkommens.

Ansonsten kann ich aber auch guten Gewissens einen Großteil der anderen bisher beschlossenen Punkte des Partei­pro­gramms der Piraten gutheissen - auch wenn ich nicht immer in allen Einzelaspekten 100%ig übereinstimme; ich denke, es wäre utopisch anzunehmen, dass bei Mehrheitsbeschlüssen stets immer exakt meine Meinung abgebildet werden könnte ;-) Das Grundgerüst muss einfach stimmen, ein zugrundeliegender Konsens in Kernpunkten und Ausrichtung vor­handen sein, sowie ein gewisses Understatement untereinander vorherrschen, die wichtigen Bereiche des Lebens in einer Gemeinschaft betreffend - solange dies so ist, bleibe ich gerne an Bord.

Zudem werde ich bei den Piraten auch durchaus mit Bereichen konfrontiert, zu denen ich bisher keine besondere Affinität entwickelt hatte, einfach weil es bisher in meinem Leben schlicht keine Berührungspunkte dazu gab - der Whisteblowerschutz mag da mal als Beispiel herhalten; diesen emfinde ich nun, nach Kennenlernen der Thematik, als eine gute und äußerst wichtige Sache, die es 100%ig wert ist, unterstützt und vorangetrieben zu werden, nicht zuletzt auch zum Wohle aller Menschen, die letztendlich vom Mut und der Zivilcourage der Whistleblower profitieren.

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Ernährung & Lebensmittelsicherheit

Verwunderlich finde ich allerdings, dass im bisherigen Programm die Thematik Ernährung & Lebensmittel­sicher­heit kaum Berücksichtigung gefunden hat, welches in Teilbereichen auch die Themen Verbraucher­schutz und Gesundheit berührt; lediglich bei den Piraten in NRW konnte ich dies bisher als Kernthema ausfindig machen. Erfreulicherweise ist kürzlich ein Berliner Pad zum Thema Gesundheit und in Folge auch zum Thema Verbraucherschutz eröffnet worden, die sich beide dieses Themas annehmen (zudem ist auch der auf der LMV 2011.3 für das Berliner Grundsatzprogramm beschlossene Punkt Tierschutz als ein erster wich­ti­ger Schritt in diese Richtung zu betrachten).

Da m. E. auch bei Verstößen gegen die Lebensmittelsicherheit in der Nahrungsmittelproduktion ein Grund­recht des Verbrauchers, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2), betroffen sein dürfte (siehe auch § 224 StGB) und ich mich auch privat sehr für diese Thematik interessiere, hat dieses Thema bei mir derzeit hohe Priorität, und ich möchte versuchen daran mitzuwirken, dass auch die Berliner Piraten sich dieser Thematik annehmen und diesen Bereich in ihr Grundsatz-Programm integrieren.

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Im ersten Schritt habe ich dazu ein ergänzendes Essay zum Thema verfasst - wer mag und am Thema interessiert ist, kann da gerne mal reinlesen: Ernährung und Lebensmittelsicherheit.


Wie sehe ich allgemein die Chancen der Piraten?

Es ist natürlich ein Leichtes, in der derzeitigen Position jenseits der Schalthebel der Macht, hehre gesellschaftliche Ziele zu formulieren und diese zu proklamieren - ungleich schwerer wird es da natürlich nach einem mal fiktiv angenommenen Einzug in den Bundestag werden, denn der Prüfstein, an welchem die Partei sich messen lassen werden muss, wird es sein, inwieweit die Piraten in der Lage sein werden, ihre formulierten Ziele letztendlich an der Seite der Politiker der Fraktion 1.0 auch in die Realität umzusetzen und auch in diesem Klima ihren Idealen und Prinzipien treuzubleiben.

Denn dann wird ein hohes Maß an Gradlinigkeit, Linientreue und Redlichkeit erforderlich sein, den Verlockungen und Bestechungen der Industrie-Lobbies und den Annehmlichkeiten des Systems zugunsten der eigenen Vision einer besseren Gesellschaftsordnung und Gesetzgebung mit deutlich sozialeren und gerechteren Strukturen für alle Bürger dann auch standhaft widerstehen zu können - ein Punkt, an welchem bisher im Prinzip jede regierende Partei früher oder später gescheitert ist... es liegt wohl leider in der Natur des Menschen, einmal gewonnene Privilegien nicht wieder verlieren zu wollen, auch wenn dies in der Konsequenz offenbar sogar zur Aufgabe von bisherigen Idealen führt.

Aber ich bin da hinsichtlich der Piraten durchaus optimistisch - wir haben authentische, aufrechte Leute mit im Boot und sind durch die basisdemokratischen Strukturen innerhalb der Partei in meinen Augen durchaus in der Lage, wirkliche und nachhaltige Veränderungen für die Zukunft in Politik und Gesellschaft zum Positiven hin zu bewirken, sowie auch mög­li­che schädliche hierarchische Entwicklungen innerhalb der Partei von der Basis her zu regulieren. Darüber hinaus sehe ich bei den Piraten ein nicht zu unterschätzendes Potential auch darin, dass es sich um eine internationale Bewegung han­delt und es somit in vielen Ländern bereits Piratenverbände gibt [6] - wenn diese in Kernfragen zusammenarbeiten, wäre es sogar möglich, dass die zu erreichenden Änderungen letztendlich sogar länderübergreifend weltweit zum tragen kom­men könnten. Was für eine grandiose Vorstellung - das weckt doch glatt den schon verloren geglaubten alten Welt­ver­bes­serer wieder in mir ;-)

Und ich bin froh und glücklich darüber, als Mitglied bei diesem Prozess nun dabei sein und mitwirken zu dürfen. Klarmachen zum ändern - mit den Piraten auf zu neuen Ufern!

-π-Rat 'Bunt' 03:12, 2. Jul. 2011 (CEST)