BW:Bundestagswahl 2013/Vorschlag LAV-Ablauf und Wahl

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Ein Vorschlag für einen Ablauf und einen Wahlmodus auf der Landesaufstellungsversammlung Baden-Württemberg

Genderpopenderdisclaimer: Wenn im folgenden von "dem Kandidaten", "er" oder "ihm" geredet wird, geschieht das einzig und alleine aus Lesefluss- und keinesfalls aus Diskriminierungsgründen. Selbstverständlich sind auch Kandidatinnen und alle anderen Geschlechter gemeint.

Für Diskussionen und Kommentare steht entweder die Diskussionsseite hier im Wiki oder die BaWü-Mailingliste zur Verfügung.

Außerdem wollen wir am kommenden Freitag, dem 10. August ab 19 Uhr im NRW-Mumble gerne über diesen und eventuelle anderen Vorschläge diskutieren.

Diskussionen

Audioaufzeichnungen der Diskussion des Wahlmodus:

Grundsätzliche Betrachtungen

Bei einer riesigen Menge an Kandidaten und Wählern sowie begrenzter Zeit (sowohl für Vorstellung, als auch für die Auszählung) muss ein Kompromiss zwischen allen Betroffenen gefunden werden.

Es ist grundsätzlich nicht möglich, jeden Sonderwunsch jedes Kandidaten zu berücksichtigen ("Ich will auf keinen Fall für Platz 3 und 5 kandidieren, aber für Platz 2, 4 und 6 schon").

Auch komplexe Wahlverfahren mit Ranglisten, Tabellen, Ja/Nein-Kästchen für jeden Kandidaten oder sonstige Ideen sind eher ungeeignet. KISS (Keep It Simple, Stupid) muss hier das Prinzip sein, vor allem bei der Gestaltung des Wahlsystems.

Ein einfacheres System sorgt dafür, dass es die Wähler leichter haben, dass die Wahlhelfer beim späteren Auszählen weniger Fehler machen und dass der Auszähl- und Auswertungsvorgang als Ganzes zügiger vonstatten geht.

Ein hochkomplexes Wahlsystem, das in der Lage ist, sämtliche denkbaren Nuancen der Stimmabgabe abbilden zu können, nützt nichts, wenn stundenlang auf Ergebnisse gewartet werden muss und am Ende niemand so wirklich die Korrektheit der Auszählung garantieren kann, wie es wohl in Niedersachsen geschehen ist.

Die logische Einteilung (mit jeweils getrennten Vorstellungsrunden und Wahlen) der Landesliste in 4 Bereiche ist sinnvoll:

  1. "Spitzenkandidat", besondere Aufmerksamkeit von Presse, Bevölkerung, ... (Platz 1)
  2. "Vorne", bei 5% relativ wahrscheinlich im Bundestag (Platz 2-4)
  3. "Mitte", erweiterte Chancen, bei >5% Wahlergebnis oder als Nachrücker in den Bundestag zu kommen (Platz 5-10)
  4. "Hinten", wenig bis keine realistischen Chancen, in den Bundestag zu kommen (Platz 11-30)

Hierbei sei auf die Berechnung von Orca verwiesen - insbesondere auch die Listengröße 30 kommt von dort. Falls die LAV eine größere oder kleinere Landesliste wünschen sollte, würde der Bereich "Hinten" entsprechend vergrößert oder verkleinert werden.

Angenommen, die Kandidaten, die jetzt (Stand: 24. Juli 2012, 13:37) im Wiki stehen, kandidieren jeweils für die Listenabschnitte, in denen ihr Wunschbereich enthalten ist[1], dann ergibt sich folgende Verteilung:

Insgesamt: 64 Kandidaten.

  1. "Spitzenkandidat": 30 Kandidaten
  2. "Vorne": 58 Kandidaten, davon haben sich 28 noch nicht vorgestellt
  3. "Mitte": 62 Kandidaten, davon sind 4 neu,
  4. "Hinten": 62 Kandidaten, davon sind 2 neu

Ein wenig Kaffeesatzleserei: Wenn sich die Kandidatenzahl bis Wernau verdoppelt, die Verteilung aber gleich bleibt, können wir also grob von solchen Zahlen ausgehen, die im Folgenden auch die Berechnungsgrundlage für Zeitabschätzungen bilden:

Insgesamt: 128 Kandidaten.

  1. Auf 1 Listenplatz 60 Kandidaten
  2. Auf 3 Listenplätze 116 Kandidaten (davon 56 neu)
  3. Auf 5 Listenplätze 124 Kandidaten (davon 8 neu)
  4. Auf 20 Listenplätze 124 Kandidaten (davon 4 neu)

Kurzes Update (Stand: 5.8., 18:35):

Insgesamt: 78 Kandidaten.

  1. Auf 1 Listenplatz 40 Kandidaten
  2. Auf 3 Listenplätze 71 Kandidaten (davon 31 neu)
  3. Auf 5 Listenplätze 76 Kandidaten (davon 6 neu)
  4. Auf 20 Listenplätze 74 Kandidaten (davon 1 neu)

Die Prognose scheint also wenigstens grob in die richtige Richtung zu deuten.

Vorgeschlagenes Vorstellungsverfahren

Jeder Teilnehmer der Landesaufstellungsversammlung wird mit ausreichend Papier und Stiften für Notizen versorgt. Außerdem ist eine Intranet-Anwendung in der Entwicklung, die diverse Informationen der Kandidaten übersichtlich zusammenträgt und auch jeweils den aktuellen Status (welcher Kandidat redet gerade, welcher als nächstes, ...) vermittelt.

Welche Vorstellungszeit, in der jeder Kandidat sich und sein Programm vorstellen kann, rechtlich ausreichend und praktisch machbar ist, wird derzeit noch geklärt und zeitnah veröffentlicht. Auf jeden Fall wird jeder Kandidat das Recht haben, sich vorzustellen. Diese Zeit erhält er in der Vorstellungsrunde des Listenabschnitts, zu dem er erstmals kandidiert. Wenn er für mehrere Blöcke kandidiert, hat er kein Vorstellungsrecht mehr.

Außerdem sollte die Kandidatenliste ca. 2 Stunden nach ihrer Öffnung geschlossen werden, also eventuell während die erste Vorstellungsrunde noch läuft. Das soll vermeiden, dass sich "Spontankandidaturen" kurz vor Ende der Vorstellungsrunde einen unfairen Vorteil verschaffen können, da die Redeslots kurz vor der Wahl Vorteile haben. Durch geeignete technische Hilfsmittel (Intranet, Beamer) kann jeder in Echtzeit verfolgen, wer alles kandidiert.

Kandidaten kommen immer jeweils zu viert auf die Bühne. Diese Vierergruppen seien hiermit als "Kandidatenblock" (oder kurz: "Block") definiert. Zu jedem Zeitpunkt ist mindestens die personelle Zusammensetzung der nächsten zwei Blöcke bekannt und veröffentlicht (Beamer und Intranet), diese wird jeweils zufällig durch Los bestimmt. Wenn die Kandidatenliste geschlossen ist und alle Daten erfasst sind, wird die komplette restliche Reihenfolge der vorstellenden Kandidaten ausgelost und veröffentlicht.

An geeigneter Stelle stehen 4 Wahlurnen für Fragen, die jeweils mit den Namen der Kandidaten des aktuellen Blocks versehen sind.

Nach jeder Kandidatenvorstellung wird die Versammlung gefragt, ob sie den Kandidaten gerne befragen möchte. Wenn sich mehr als 1/3 dafür aussprechen, wird der Kandidat für die Fragerunde am Ende des Blocks vorgemerkt. Ab diesem Zeitpunkt ist es sinnvoll, die Wahlurnen des Kandidaten mit Fragen zu füllen (das kann aber auch schon vorher geschehen). Die Versammlungsleitung achtet darauf, dass jeweils genügend zeitlicher Abstand zwischen der Vorstellung und der Fragerunde jedes Kandidaten ist.

Nachdem sich alle Kandidaten eines Blocks vorgestellt haben, werden alle die, die befragt werden sollen, einzeln nacheinander ans Rednerpult gebeten. Es werden nacheinander 3 Fragen gezogen und vorgelesen, der Kandidat hat pro Frage maximal 1 Minute Zeit für die Antwort. Danach wird die Versammlung befragt, ob weitere 3 Fragen nach der selben Vorgehensweise gewünscht werden (wieder genügen 1/3 der Stimmkarten). Danach wird dann die Frage gestellt "Soll dieser Kandidat eine offene Fragerunde bekommen?". Bei mehr als 1/3 seufzen die Leute, die den Zeitplan einhalten müssen, heftigst.

Eine denkbare Alternative, um Zeit zu sparen: Maximal 3 Fragen pro Kandidat, keine weiteren Fragen, keine offenen Fragerunden. Oder irgendwas dazwischen.

Wenn alle Befragungen vorbei sind, verlassen die Kandidaten des aktuellen Blocks die Bühne und die Kandidaten des nächsten Blocks betreten diese. Die Frage-Urnen werden geleert und die Zettel vernichtet.

Spätestens nach jedem 4. Block sollte eine Pause von 5 Minuten eingelegt werden.

Bei diesem Verfahren entsteht ca. folgender grob abgeschätzter Mindestzeitbedarf[2] für die Vorstellungsrunden:

  1. "Spitzenkandidat": 4 Stunden
  2. "Vorne": 4:20 Stunden
  3. "Mitte": 1:45 Stunden
  4. "Hinten": 1:30 Stunden

Natürlich ist das eher als zeitliche Untergrenze zu verstehen, es ist noch mit Zeitverlusten durch Blockwechsel und sonstige unvorhergesehenen Verzögerungen zu rechnen. Trotzdem bedeutet das, dass realistische Chancen bestünden, am ersten Tag schon den Spitzenkandidaten wählen zu können - bei einer disziplinierten Versammlung und einer guten Versammlungsleitung eventuell auch schon die Top 4.

Vorgeschlagenes Wahlverfahren

Für jeden zu wählenden Block würden wir gerne 2 Wahlgänge durchführen.

Der erste Wahlgang ist die Vorsortierung, eine einfache Wahl mit Kumulation:

Anzahl der maximalen Stimmen die jeder Wähler vergeben kann:

  • "Spitzenkandidat": 4 Stimmen
  • "Vorne": 6 Stimmen
  • "Mitte": 12 Stimmen
  • "Hinten": 20 Stimmen

Das sind, außer beim Spitzenkandidaten und bei "Hinten", jeweils 2 mal so viele Stimmen, wie Plätze zu belegen sind.
"Spitzenkandidat" ist deshalb ein Sonderfall, da hier der Minderheitenschutz nicht so wichtig ist, der durch die höhere Anzahl der Stimmen ausgehebelt wird.
"Hinten" ist mit nur so vielen Stimmen, wie Plätze zu belegen sind, als Sonderfall gewählt. Dort wäre der Aufwand, auf Stimmzetteln mit 120 Kandidaten jeweils 40 Stimmen auszuzählen gewaltig. Es wäre keinesfalls der relativen Unwichtigkeit der zu wählenden Listenplätze angemessen. Außerdem hat man dort auch so genügend Stimmen, um die Kumulationsmöglichkeit sinnvoll nutzen zu können.

Jeder Kandidat kann durch Kumulation maximal 3 Stimmen bekommen.

An dieser Stelle soll explizit kein Quorum gefordert werden.

Der zweite Wahlgang ist die Sortierung.

Auf den Stimmzetteln stehen doppelt so viele (aber mindestens 4) Kandidaten, wie Listenplätze in diesem Wahlgang zu belegen sind. Es können auch mehr Kandidaten auf dem Stimmzettel stehen, falls durch einen Gleichstand das eigentlich vorgesehene Ende des Wahlzettels nicht eindeutig definiert werden kann. Die Reihenfolge auf dem Stimmzettel ist die, die der Kumulations-Wahlgang hervorgebracht hat (bei Gleichstand entscheidet ein Zufallsprozess, z.B. Münzwurf).

Der Wahlmodus ist der gleiche wie beim ersten Wahlgang (sowohl in der Anzahl der Stimmen, als auch der Möglichkeit, bis zu 3 Stimmen auf einen Kandidaten zu kumulieren). Die Kandidaten werden nach dem Ergebnis sortiert und es gelten so viele Kandidaten als gewählt, wie Listenplätze zu belegen sind.

Bei einem Gleichstand, bei dem mindestens ein auf einen Listenplatz gewählter Pirat betroffen wäre, entscheidet das relative Ergebnis der betroffenen Kandidaten aus dem ersten Wahlgang über die Reihenfolge. Sollte auch das kein eindeutiges Ergebnis bringen, findet eine Stichwahl zwischen den betroffenen Kandidaten statt, wo jeder Wähler nur noch eine Stimme zur Verfügung hat.

FAQ

Warum kein geheimer Stimmungstest nach bayrischem Vorbild?

http://wiki.piratenpartei.de/BY:Wahl2013/Formalia/Wahlverfahren

Ein geheim durchgeführter Stimmungstest ist, um hinreichend aussagekräftig zu sein, in dieser Form nur sehr schwierig und aufwändig auszuzählen. Deshalb darf man bezweifeln, dass dieser schon vor Ende der Vorstellungszeit für den Spitzenkandidaten ausgezählt wäre.

Warum nicht Approval Voting?

Approval Voting bietet nicht den Minderheitenschutz, den ein Verfahren mit Kumulation bietet. Außerdem gibt es einen praktischen Grund: Je mehr Stimmen vergeben werden können, desto aufwändiger, fehleranfälliger und länger wird die Auszählung sein.

Warum nicht Ja/Nein-Stimmzettel für alle Kandidaten?

Auch hier gibt es keinen Minderheitenschutz. Und hier ist das Verfahren zur Auszählung nochmal deutlich komplexer als beim Approval Voting. In Niedersachsen hat man die Erfahrung gemacht, dass genau ein solcher Stimmzettel zu exorbitant riesigen Auszählzeiten führen wird - noch dazu wurde dort aus Zeitmangel nur einmal ausgezählt, eine Bestätigung des Ergebnisses fand nicht statt. Wir sollten aus den Erfahrungen der anderen Landesverbände lernen und nicht drauf bestehen, jeden Fehler selbst nochmal zu wiederholen.

Erklärt vom Informatiker für Informatiker: Wenn es für einen Listenabschnitt mit c zu besetzenden Listenplätzen insgesamt n Kandidaten gibt (n sei hinreichend groß), ist ein Stimmzettel nicht in akzeptabler Zeit auszählbar, wenn er die Möglichkeit bietet, O(n) gültige Kreuze zu setzen. Hingegen wären maximal O(c) gültige Kreuze praktisch gesehen deutlich besser auszählbar. Und wenn dann noch nicht alle Kreuze das gleiche bedeuten, macht es die Situation nochmal deutlich schlechter, auch wenn die Komplexität rein formell nicht steigt :)

Dieses oder jenes geht gar nicht!

Der Plan war, ein Grundgerüst aufzubauen, das praktisch durchführbar ist, den gesetzlichen Rahmenbedingungen genügt und auch unsere besondere Situation in der Parteienlandschaft (keine Delegiertenversammlungen, jeder kann sich bewerben) berücksichtigt.

Es wurde bewusst die frühe, breite Diskussion gesucht, um mögliche Schwachstellen im Vorfeld auszubügeln. Nichts ist in Stein gemeißelt, gute Ideen sind immer gerne gesehen.

Bei Vorschlägen zur Verbesserung sollte aber auf jeden Fall auch die praktische Umsetzbarkeit nicht vergessen werden.

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Fußnoten:

  1. Beispielsweise: Wer in der Wikivorlage 3-9 angegeben hätte, würde von mir als Kandidat für "Vorne" und "Mitte", nicht aber für "Spitzenkandidat" und "Hinten" einsortiert.
  2. Angenommen, jeder Kandidat nutzt seine Vorstellungszeit zu 95% aus, 25% aller Kandidaten werden befragt (bei zweiter/dritter/vierter Vorstellung nur noch 10%) und verbrauchen pro Befragungsvorgang 3 weitere Minuten. Die Pausen sind schon mit eingerechnet.