BE:Parteitag/2017.1/Bewerber/Therese Lehnen

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Meine Stärke ist aktives Zuhören und Hinterfragen, ich nehme die tatsächlichen Sorgen und Nöte ernst. Mir persönlich ist wichtig, dass wir Piraten erklären, was wir tun, und halten, was wir versprechen.

Ich stehe für eine Politik, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellt. Die gesellschaftliche Teilhabe der Menschen zu fördern, die sonst keine Lobby haben, ist mir ein besonderes Anliegen, denn ich engagiere mich gegen soziale Ausgrenzung und zu Gunsten eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Damit Ihr meine Position in einzelnen Politikfeldern nachvollziehen könnt, werde ich diese kurz skizzieren:

Meine Position im Sozialen:

Das gegenseitige Ausspielen, allein aufgrund wirtschaftlicher Überlegenheit muss endlich überwunden werden. Es ist schlimm und menschenunwürdig, dass Zukunftschancen mittlerweile ein Lotteriespiel geworden sind - je nach Herkunft hat der Mensch Glück oder Pech gehabt. Das Denken in Schubladen, nimmt mit zunehmender Verarmung breiter Bevölkerungsschichten leider zu. Bildungschancen und ein menschenwürdiges Leben dürfen nicht länger von der sozialen Herkunft und dem Geldbeutel abhängen. Ein Umdenken ist notwendig.

Es ist in der Tat eine Farce, wenn Politiker anhand der tatsächlichen Bedingungen immer noch die Konkurrenz freier Märkte glorifizieren und uns weismachen wollen, durch stetiges Wachstum sei Vollbeschäftigung und Wohlstand für alle garantiert. Wir Piraten sehen, dass die Armut zunimmt und der Reichtum auf immer weniger Menschen verteilt ist. Die Bundesrepublik ist ein sehr reiches Land. Davon profitieren tun aber immer weniger Menschen, die Ausgrenzung nimmt zu. Das ist mit dem grundgesetzlich garantierten Sozialstaatsprinzip nicht mehr vereinbar.

Wir Piraten fordern daher ein bedingungsloses und existenzsicherndes Grundeinkommen für alle Menschen die hier leben. Durch den Einzug in den Bundestag möchten wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte voranbringen. Eine Enquete-Komission soll die Finanzierung gegenrechnen, die nach unserer Überzeugung auch haushalterisch möglich wäre, und Vorschläge erarbeiten, wie ein BGE umgesetzt werden kann.

Meine Position zu einem Demokratieupdate:

Wir möchten zudem das direktdemokratische Instrument des bundesweiten Volksentscheides einführen, damit solche Entscheidungen, wie die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, auf gesamtgesellschaftlicher Basis getroffen werden können. Demokratische Instrumente sollen allen in der Gesellschaft zur Verfügung stehen. Jede und jeder kann in einer Demokratie über das Volksbegehren eine Frage stellen. Zur Antwort aber ist die gesamte Bevölkerung aufgerufen. Extreme Positionen setzen sich dabei nicht durch. Weder Wahlen noch Abstimmungen sind verantwortlich für den Zustand einer Gesellschaft, sie spiegeln ihn nur wider. Politische Bildung und Aufklärung sind immens wichtig um kulturelle Offenheit und demokratische Werte in einer Gesellschaft grundlegend zu implementieren.

Im Übrigen, Volksentscheide in der Schweiz sind nicht 1:1 mit Volksbegehren in Deutschland vergleichbar, weil die Schweizer Volksbegehren nicht der Kontrolle eines Bundesverfassungsgerichtes unterliegen.

Das Recht auf Asyl ist bei uns zum Glück ein Grundrecht. Daher würden Volksinitiativen, die darauf abzielen Grundrechte einzuschränken, von vorne herein gestoppt werden. Es soll eine "vorbeugende Normenkontrolle" geben: Das heißt, Regierung und Parlament können eine Volksinitiative vom Bundesverfassungsgericht überprüfen, und gegebenenfalls stoppen lassen. Ein Volksbegehren zum Minarettverbot, wie in der Schweiz, wäre damit ebenso wenig denkbar wie die Einführung der Todesstrafe.

Meine Position zur schulischen Bildung:

Langes gemeinsames Lernen für alle Kinder bedeutet nicht, dass die Vielfalt an Begabungen nicht gefördert werden soll. Ganz im Gegenteil, wenn Bildung nicht mehr von der Herkunft abhängt, sondern alle Kinder in ihren Begabungen und Fähigkeiten gefördert werden, so wie dies bereits in vielen anderen, vor allem skandinavischen Ländern vorbildhaft demonstriert wird, kommen wir der Chancengerechtigkeit ein großes Stück näher.

Natürlich müssen dafür die finanziellen Mittel aufgestockt und vor allem mehr gut ausgebildetete Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Erzieher*innen für die gemeinsamen Schulen eingesetzt werden. Es gibt in der Tat zu wenige bilinguale Bildungsmöglichkeiten. Die Vielfalt in der Migration sollten wir als Bereicherung ansehen und z.B. bilinguales Lernen auch arabischen oder türkischsprachigen Schülern ermöglichen.

Eine Vereinheitlichung der Schulen muss nicht zwangsläufig mit Einbußen in Qualitätsstandards und Vielfältigkeit münden. Sondern kann auch musische, künsterische, sprachliche oder naturwissenschaftliche Begabungen und Hochbegabungen individueller und frühzeitiger, unabhängig vom Herkunftsstatus erkennen. Es kann sogar passieren, das Kinder mit mentalen, körperlichen oder psychischen Handicaps endlich eine Förderung ihrer Stärken erfahren und zum Beispiel überraschenderweise trotz Legasthenie wunderbare Komponisten oder Mathematiker werden können. In den bisherigen Schulformen kann dies gar nicht entdeckt werden, da beispielsweise die Begabtenförderung an Gymnasien die Unterstützung von Inselbegabungen bei gleichzeitigem Förderbedarf der allgemeinen Bildung bislang nicht kennt.

Meine Position zum Feminismus:

Sexismus und patriachale Strukturen sind trotz aller gesetzlichen Vorgaben zur Geschlechtergerichtigkeit immer noch tagtäglich präsent. In allen gesellschaftlichen Gruppen, sogar in Parteien und natürlich auch innerhalb der Piratenpartei.

Wir Piraten treten dafür ein, dass eine Differenzierung aufgrund binärer Geschlechtereinteilungen nachhaltig überwunden wird. Wir setzen uns dafür ein, dass es keine behördlichen Erfassungen nach Geschlecht mehr geben soll und zum Beispiel auch Bewerbungsverfahren bei der Arbeitssuche anonymisiert werden sollen.

Außerdem möchten wir die Rechte der Menschen stärken, die sich nicht eindeutig oder dauerhaft eindeutig einem biologischen Geschlecht zuordnen können oder wollen. Dies ist ein visionäres Ziel und alle gesellschaftlichen Gruppen müssen daran stetig arbeiten, dass Diskriminierungen zunächst erkannt und deutlich benannt wird, um langfristig überwunden werden zu können.

Die Einführung einer starren Frauenquote führt jedoch nur zu einer scheinbaren Überwindung von Geschlechtsdiskriminierung. Auch die gesellschaftlichen Verhältnisse müssen sich ändern, damit sich geschlechterdifferenzierte Rollenzuschreibungen ändern. Dazu ist insbesondere auch eine Aufwertung der Löhne für bislang frauentypische Berufe, wie Arzthelferin, Erzieherin, Bürkauffrauen, Altenpfegerin etc. erforderlich, damit sich diese Berufe für alle Geschlechter öffnen.

Diskriminierung und Ausgrenzung gibt es in vielfältiger Weise, Migration, Alter und Behinderung sind nur einige Beispiele, wir können nicht überall quotieren wo es eigentlich gerechtfertigt wäre, um Benachteiligung zu überwinden, bedarf es gesamtgesellschaftlicher Prozesse.

Meine Position zur Strafjustiz:

Durch meine ehrenamtlich Tätigkeit als Vollzugshelferin in 2011 und 2012 habe ich einen sehr kleinen Einblick auf die Innensicht in Berliner Justizvollzugsanstalten.

Das Hauptproblem ist die Überbelegung und ich frage mich, ob nicht gesamtgesellschaftliche Probleme auf die Justiz abgeladen werden, die eigentlich dort gar nichts zu suchen haben.

Gerade im Heranwachsenden-Vollzug ist es wohl so, dass überproportional viele Menschen wegen BTM-Verstößen einsitzen, hier wird Gesundheits- und Suchtpoltik auf die Justiz verlagert, wirkliche nachhaltige Hilfe um nach Verbüßung der Haftstrafen resozialisiert leben zu können, kann es dort gar nicht geben.

Ebenso erschreckend ist die zunehmende Anzahl von Menschen die in Ersatzfreiheitsstrafe sitzen, da sie mittellos sind und die gegen sie verhängten Straf- und Ordnungsgelder schlichtweg nicht zahlen können, oftmals auch gesundheitlich so angeschlagen, dass sie Arbeitsangebote zur Ableistung der Strafen nicht wahrnehmen können. Eine Resozialisierung ist bei diesen Kurzstraflern ohnehin gar nicht möglich, hier wären nachhaltige soziale Hilfen dringend von Nöten. Es darf nicht sein, dass Menschen, die sich die BVG Sozialtickets nicht leisten können, in Ersatzhaft gehen weil sie die Beförderung erschlichen haben, nach Entlassung werden sie nicht mehr Geld haben, um künftig Tickets erwerben zu können.

Als schlimm empfinde ich auch die Tatsache, dass die Justizangestellten selten mehr als die deutsche Sprache beherrschen, es gibt viele Gefangene, die sich in dieser krisenhaften Situation nicht in ihrer Muttersprache verständigen können und oft nicht wissen was passiert, weil sie es schlichtweg nicht verstehen, zumal die Tatsache im Gefängnis zu sein, für jeden Menschen belastend ist und wirklich die ultima ratio sein muss.

Wir wollen eine Reform des Strafrechts, viele Delikte müssen überprüft und Verhaltensweisen entkriminalisiert werden, so der Genuss weicher Drogen aber auch Eigentumsdelikte, die aufgrund der nicht existenzgesicherten Lebensverhältnisse entstehen und wenig mit krimineller Energie zu tun haben.

Schließlich muss darauf geachtet werden, dass der Strafvollzug auch wieder seinem Zweck gerecht wird, er soll dazu dienen die Inhaftierten zu resozialisieren, das heißt zu befähigen ein Leben ohne weitere Straffälligkeit in Aussicht zu stellen und darauf vorzubereiten. Dieses Ziel wird derzeit nicht erreicht. Langstrafler werden unzureichend auf ihre Haftentlassung vorbereitet, sie haben durch das Leben in einer Parallelwelt und den Verlust aller sozialen Kontakte außerhalb der Anstalt oft den Bezug zum Leben draußen verloren, da helfen auch nicht TV oder Radio oder Tageszeitungen, diese Menschen sind durch die langen Haftstrafen oft hospitalisiert und werden durch den Gefängnisaufenthalt alles andere als befähigt sich künftig zu bewähren und ein Leben ohne erneute Kriminalität leben zu können.

meine Position zu Mobilität und Infrastruktur

Die Kassen der Kommunen sind leer, viel zu wenig Mittel können in den Erhalt der Infrastruktur gesteckt werden. Hier sollte der Bund die Kommunen nicht alleine lassen. Ich finde es beschämend dass sich beispielsweise Rad- und Fußwege in einem katastrophalen und menschengefährdenden Zustand befinden. Andererseits werden Autobahnen mit Bundesmitteln ausgebaut und ein BER Großprojekt förmlich in den Sand gesetzt. Die Mittel sind nicht bürgernah verteilt, es wird Zeit, dass die Menschen die es betrifft, aktiv in die Haushaltsplanungen einbezogen werden und es Bürgerhaushalte gibt.

Wir Piraten fragen uns, warum die Benutzung von Autostraßen aus Steuermitteln bezahlt werden und somit auch jeder Fußgänger, Radfahrer und Nutzer des ÖPNV diese mitfinanziert, obwohl sie nicht von ihnen genutzt werden. Die Infrastruktur insgesamt ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, genau wie Straßen, Bürgersteige, und Radwege sollte öffentliche Mobilität insgesamt allen hier lebenden Menschen zur Verfügung gestellt werden und das unabhängig von der tatsächlichen Nutzung.

Allein der Verwaltungsaufwand für den Betrieb des Ticketsystems ist enorm, nicht nur die Fahrscheinautomaten und die Buskassen, auch die Aboverwaltung, die Fahrscheinkontrolleure, bis hin zu Inkasso und Strafverfahren (allein ein einziges Verfahren wegen des Delikts der Erschleichung von Beförderungsleistungen kostet von Inkassokosten bis Gerichts, Verfahrens und schließlich Haftkosten mal schnell 3.000 € Steuergeld) ist immens aufwändig. Der ticketgebunde nutzungsabhängige ÖPNV ist nicht kundenfreundlich, außerdem werden kontinuierlich die Fahrpreise erhöht.

Das kann anders werden (solidarisch, umlagefinanziert) und es ist bezahlbar, es kommt auf den politischen Willen an.

meine Position zur zunehmenden Überwachung

Das Eintreten gegen Überwachung und der Schutz der Privatsphäre ist seit je her ein Kernthema der Piratenpartei. (Vorratsdatenspeicherung, Betandsdatenauskunft etc.)

Meine persönliche Meinung deckt sich da vollkommen mit der Meinung der Piratenpartei.

Die Überwachung durch Spionageprogramme hat mit Terrorbekämpfung nichts zu tun. Doch viele der etablierten Politiker wollen uns weismachen, dass Sicherheit wichtiger sei als die Einhaltung unsere Grundrechte. Scheinbar soll dafür die Privatsphäre bei allen Menschen weltweit aufgehoben werden. Vom einfachen Bürgern, bis zu Regierungsspitzen. Das hat nichts mit Terrorismus, nichts mit nationaler Sicherheit zu tun. Es geht um Macht.

Je mehr man über andere Menschen weiß und in deren Privatsphäre eindringt, desto weniger können diese mit anderen Menschen geheim und tatsächlich privat kommunizieren. Und desto mehr Macht hat der Staat.

Jeder hat etwas zu verbergen und jeder weiß das. Deswegen haben wir Passwörter für unsere E-Mail-Accounts oder verschließen unsere Badezimmer oder Schlafzimmertür. Das Bedürfnis nach persönlicher Privatsphäre ist zutiefst menschlich. Denn nur im Privaten können wir wirklich frei sein, Grenzen ausloten, neue Denk- und Lebensweisen finden und ausleben. Wir brauchen Räume, wo wir uns nicht beobachtet fühlen.

In einer Welt also, in der es keine Privatsphäre mehr gibt, wo alles überwacht und von einer zentralen Stelle gespeichert wird, ändert sich unser gesamtes Leben.

Zur Verbesserung der Situation ist zunächst wichtig, dass die Fakten rund um den Überwachung aufgeklärt werden und wir künftig Menschen, die unter großen Risiken die Skandale öffentlich machen, wie z. b. Edward Snowden, schützen und in Deutschland Asyl gewähren.

Wir müssen unsere Grundrechte wie z. B. das Recht auf Post und Telekommunikationsgeheimnis, das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärken und verteidigen. Es darf nicht mehr sein, dass der Verfassungsschutz am Parlament vorbei agiert. Hier muss endlich eine transparente Aufklärung erfolgen, grundrechtsverletzende Eingriffe müssen auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden und Abkommen mit anderen Staaten insbesondere den USA und Großbritannien müssen überprüft und gegebenenfalls auch mutig revidiert werden.

Wir lassen nicht locker und ich bin mir gewiss, wenn wir Piraten im Bundestag sind, und die mediale Öffentlichkeit uns dann schlussendlich nicht weiter ignorieren kann und darf, werden wir sehr unbequem hinsichtlich dieser Fragen sein.


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