BY:AG Kommunalpolitik München/Gentrifizierung

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Was ist eigentlich Gentrifizierung?

Definition laut Wikipedia:

"Die Gentrifizierung (von englisch Gentry ‚niederer Adel‘), teils auch Gentrifikation (von engl. Gentrification), ist ein aus der Stadtsoziologie kommender Begriff, der einen bestimmten sozioökonomischen Umstrukturierungsprozess urbaner Quartiere beschreibt. Dabei geht es um die soziokulturellen und immobilienwirtschaftlichen Veränderungen in ursprünglich preisgünstigen Stadtvierteln, in denen Immobilien zunehmend von wohlhabenderen Eigentümern und Mietern belegt und baulich aufgewertet werden und in denen in diesem Zuge Gruppen mit einem niedrigeren Sozialstatus ersetzt oder verdrängt werden. Zumeist sind innenstadtnahe Stadtteile von Metropolen von derartigen Vorgängen betroffen. Kommt es in entsprechenden Quartieren von Global Cities auf extrem hohem Preisniveau zum Immobilienankauf durch internationale Investoren, wird auch von Supergentrifikation gesprochen. Der Begriff und die Erscheinung umfassen vielfältige, multidimensionale Aspekte der Stadtentwicklung und der Stadtökonomik. Häufig stehen sie im Zusammenhang mit der Metropolisierung und der Reurbanisierung von Städten. Daher gilt die Gentrifizierung seit Jahrzehnten als ein zentrales Thema und Konfliktfeld der Stadtgeographie und Stadtsoziologie. Nach dem Soziologen Chris Hamnett können einzelne der gängigen Theorien nicht umfassend erklären, wieso ein Viertel gentrifiziert wird und das andere nicht. Auch bleibt laut Hamnett im Dunkeln, warum – global betrachtet – die Gentrifikation sich im Wesentlichen auf einige wenige Großstädte konzentriert, die bereits zu Zeiten der Industrialisierung Bedeutung hatten. Zuweilen wird kritisiert, dass der Begriff in öffentlichen Auseinandersetzungen als inflationäre Universalmetapher oder als obsoletes politisches Schlagwort ohne fundierte Belege eingesetzt werde. Ursachen der Gentrifizierung liegen im Besonderen in den Bedürfnissen und Lebensstilen einzelner Gruppen der postindustriellen Gesellschaft, die sich nicht zuletzt durch Individualisierung und neue Arbeitswelten gewandelt haben. Jedenfalls machen sich diese Veränderungen auch auf dem Immobilienmarkt, insbesondere dem Wohnungsmarkt, durch Nachfrage nach entsprechenden Miet- und Eigentumsobjekten in zumeist zentralen sowie durch Altbaubestand, urbane Dichte und Nutzungsmischung geprägten Lagen bemerkbar. Eine Rolle bei der Entstehung einer Gentrifikation spielen häufig die bessere Erreichbarkeit eines Standorts durch neue Verkehrsmittel oder die Aufwertung eines Standorts durch Verringerung einer Umweltbelastung. Wichtige Hintergründe für diese Stadtentwicklungsprozesse liefern die Umweltpolitik und Trends zur Deindustrialisierung. Etwa eine neue U-Bahn-Linie, der Wegfall belastender Einrichtungen und Strukturen (z.B. innerstädtische Kraftwerke, Schlachthöfe, Markthallen und Güterbahnhöfe) sowie die Aufgabe von Hafen-, Industrie- und Gewerbegebieten (z.B. Docklands) können die betreffenden Stadtteile wesentlich entlasten und aufwerten, so dass sie für neue Bevölkerungsgruppen attraktiv werden. Oft sind sie dann gemeinsam mit den gewerblich-industriellen Altstandorten in eine großangelegte Umstrukturierung einbezogen. Hierbei wird die ansässige Bevölkerung nach und nach durch eine wirtschaftlich leistungsfähigere Klientel ersetzt, die diese Standorte mit sukzessive steigenden Preisen nachfragt, anmietet, ankauft, umnutzt, für ihre Bedürfnisse herrichtet und umgestaltet. Im Vergleich zu etablierten, konventionelleren Wohngegenden lassen sich gerade anfangs erhebliche Preisvorteile realisieren, denn allgemein gilt: Je früher in einen Aufwertungsprozess investiert wird, um so höher ist der Ertrag des Investors."

Wie äußert sich das in München?=

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In diesem Zusammenhang wird oft von „Veredelung“ gesprochen. (wenn es Positiv dargestellt werden soll)

Erstaunlich ist hier besonders, daß das Thema durch eine Kneipe in Schwabing aufgekommen ist, obwohl ja eigentlich gerade Schwabing schon lange als Edel und Teuer gilt.

Warum wird jetzt protestiert?

Eine Erklärung wäre, daß 'früher' (Gentrifizierung ist nichts wirklich neues) die Stadteilaufwertung Öffentlich gewollt war, um Gettos zu vermeiden, und heute ist das ganze eher Kapitalgetrieben. Eine 'Veredelung' von Schwabing ist wirklich nicht notwendig.... Andere Erklärung? (Sensibilisierung durch den Einfluss anderer Städte wie Berlin / Hamburg..) - -

Aus Wikipedia: Etwas Münchner Stadtentwiklungsgeschichte

Der Münchener Stadtteil Schwabing wurde bereits im 19. Jahrhundert durch die Anlage von Universität und Kunstakademie erheblich aufgewertet. Die Einbindung der ehemaligen Münchener Umlandgemeinde in eine ärmliche Vorstadt, deren Stadterhebung wie Eingemeindung als Inviertel des Jugendstils und bevorzugte Künstlerwohnlage Wahnmoching erfolgte bereits im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Diese von der Urbanisierung nicht zu trennende Gentrifizierung wurde in einer Vielzahl von literarischen Zeugnissen begleitet und verarbeitet. Es kam dennoch im 20.Jahrhundert zu erheblichen Konflikten. Ursachen der regelrechten Straßenschlachten im Rahmen der Schwabinger Krawalle von 1962 waren vor allem kulturelle Themen, so die Frage der Ruhestörung durch Straßenmusiker. In München wurde darauf lange vor den 68er Unruhen begonnen, die Stadtentwicklung in Kooperation mit den Bewohnern zu begleiten und zu moderieren. Zudem wurde das Vorgehen der Ordnungskräfte durch den Einsatz von Psychologen, moderner Technik und neuer Polizeieinsatzstrategien angepasst. Das Instrument der Erhaltungssatzung ist in München unter anderem im Bereich des Lehels und der Maxvorstadt noch 2010 im Einsatz und ermöglicht unter anderem über ein Vorkaufssrecht der Stadt eine Einschränkung der Luxussanierung und Aufteilung von Wohnobjekten in teure Einzelwohnungen. Peter Marcuse empfiehlt gezielten Sozialen Wohnungsbau, der über städtebauliche Verträge der planenden Kommunen mit Privatinvestoren oder über eine entsprechende staatliche Subventionierung aus Steuermitteln finanziert werden kann. → Den aktuellen Fällen hat die Stadt allerdings wenig Einfluss, daß es sich um Privatgrund handelt, und hier der Eigentümer das Recht hat, zu tun und zu lassen was er will. Denkmalschutz besteht nicht.

Kleiner Excurst (schon wieder aus Wikipedia) zur Geschichte der Gentrifizierung allgemein:

Das heutige Phänomen Gentrifizierung ist bereits aus der römischen Antike bekannt. Im Paris des 19. Jahrhunderts führte der Stadtumbau des Präfekten Baron Haussmann und die damit einhergehende Immobilienspekulation zur verstärkten Ansiedlung der Bourgeoisie im Zentrum und zur Verlagerung von Arbeiterwohnungen an den Stadtrand. In der Schweiz beobachtet man Gentrifizierung bei den Züricher Stadtteilen Seefeld und Aussersihl. In Wien sind beispielsweise das Karmeliterviertel und das Ottakringer Brunnenmarktviertel von einem Gentrifizierungsprozess milderer Ausprägung betroffen, am Spittelberg ist der Prozess bereits abgeschlossen. Die Arbeiterstadt Cambridge in den USA befindet sich in unmittelbarer Nähe der Eliteuniversitäten Harvard und M.I.T. Die angestammten Einwohner sind vor allem Irisch-Amerikaner und setzen sich gegenüber der WASP-Klientel der Universitäten deutlich ab. Dabei werden einzelne lokale Forderungen wie im Falle der Populistin Louise Day Hicks zur Abschaffung des sogenannten Busing auch als rassistisch kritisiert. Die angestammte Einwohnerschaft ist im Gegensatz zu vielen anderen Vierteln in der Lage, sich gegenüber den oft aufgrund von Zeitverträgen nur temporär anwesenden Forschern zu behaupten und einem kompletten Bewohneraustausch entgegenzuwirken. Das dichtbesiedelte und nach wie vor multikulturelle Cambridge gilt als eine der linkesten Städte der USA und wurde deswegen schon spöttisch als „Volksrepublik Cambridge“ bezeichnet.

Münchens „Gegenentwurf“ als Lösung?

http://www.zeit.de/2011/10/Wohnen-Muenchen Auszug: Gentrifizierung, umgekehrt Warum Münchner Hartz-IV-Empfänger im Luxusviertel wohnen dürfen. Ofelia Filipovic hält an der einen Hand den kleinen Josif, mit der anderen hält sie die Tür auf. Es riecht nach Raumspray, Lavendel. Matt schimmert der Parkettboden in dem breiten Flur, von dem links und rechts Türen abgehen, viele Türen. Wären die gerüschten Vorhänge im Wohnzimmer nicht zugezogen, man könnte den Friedensengel am Ende der Prinzregentenstraße sehen und die Wipfel der Bäume am Isarufer, wo München ganz unter sich ist, sehr grün, sehr wohlhabend. Ofelia setzt sich ganz an den Rand des Ecksofas mit den roten Schonbezügen. Sie sagt: »Die Leute in Bogenhausen sind nicht anders, weil sie reich sind. Sie sind anders, weil sie deutsch sind.« Den Altbau mit dem Erker hat sich die Stadt vor vier Jahren gesichert, seither leben dort die Filipovics mit 13 anderen Familien, die staatliche Unterstützung brauchen. Das Glück und die kommunale Stadtraumbewirtschaftung haben sie aus einer engen und teuren Pension im Industriegebiet zurück ins städtische Leben geführt. Sie wurden umgesiedelt, nach Bogenhausen, wo die Wohlsituierten leben. Es ist ein in Deutschland einmaliges Modell des sozialen Wohnungsbaus und wohl nur deshalb kein Pionierprojekt, weil es, im großen Stil betrieben, jede Stadtkasse ruinieren würde. Ein Haus wie jenes, das die Filipovics bewohnen, bringt auf dem umkämpften Münchner Immobilienmarkt rund acht Millionen Euro ein. Geld, mit dem die Stadt gleich mehrere Neubauten am Stadtrand hätte bauen können. Hinzu kommen noch die 1,7 Millionen Euro für die Renovierung des Gebäudes sowie die Betreuung der Bewohner durch Sozialpädagogen. Der Name dieser kostspieligen Idee ist KomPro: Gegenden, die von den Wohlhabenden erobert, vulgo gentrifiziert wurden, sollen neu durchmischt werden.

Welche politischen Möglichkeiten gibt es der Gentrifizierung zu begegnen?=

Beispiel: Berliner Wohnraumgesetz http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article1680704/Senat-beschliesst-umstrittenes-Wohnraumgesetz.html

vereinfacht: Das Gesetz soll die Mieter von Sozialwohnungen in der Stadt, durch Kappung der Erhöhungsmöglichkeiten der Mieten bei Eigentümerwechseln, vor steigenden Mieten zu schützen, wenn die vom Staat gewährten Anschlussförderungen wegfallen.... (beim Bau der Sozialgeförderten Wohnungen wurde den Investoren garantiert, dass sie ihre Kosten insgesamt erstattet bekommen. Die Differenz zwischen den niedrigen Sozialmieten und Kosten übernahm das Land. Auf dauer war das zu viel für die Bankrotte Landeskasse. Deshalb hatte der Senat beschlossen, diese Anschlußförderung auslaufen zu lassen. Das führte zu Insolvenzen und Zwangsversteigungen, nach denen die neuen Besitzer nicht mehr an die günstigeren Mieten gebunden waren. )

Beispiel: München Erhaltungssatzung http://www.muenchen.de/Rathaus/soz/wohnenmigration/zweckentfremdung/102906/index.html Auszug: Die 14 in München gültigen Erhaltungssatzungen (betreffen derzeit 93.200 Wohnungen mit 168.300 Einwohnern/ Stand April 2008) sollen die gebietsansässige Bevölkerung vor Verdrängung aus ihrem Viertel schützen. Dies geschieht dadurch, dass alle baulichen Maßnahmen oder Modernisierungen abgelehnt werden, die zu einem überdurchschnittlichen Standard der Wohnungen führen würden.

Warum ist das unser Thema?

• Allgemeines Stadt-Thema? • Wohnraum? • 'Privatviertel' mit Überwachungskameras? • Transparenz hinter hohen Hecken? • Seele der Stadt/ Kommunikation?

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