AG Justizpolitik/Justizkonferenz/JuKo2012.2

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4. Justizkonferenz in Bochum (Dortmund) 23.11.2012 14.00 Uhr

  • Ort: Ibis Styles Hotel, Am Apelstück 2, 44388 Dortmund - Lütgendortmund
  • Lage

Teilnehmer

Vorschlag Tagesordnung

TOP 1 Begrüßung und Formalia

  • Die Sitzung wird um 15.45 Uhr von Bastian eröffnet.
  • Die Versammlung wird von Bastian geleitet.
  • Das Protokoll wird von Jens geführt.
  • Streaming: NRW-Mumble

TOP 2 Fortsetzung der Programmdiskussion

  • Reform der §§ 183, 183a StGB und § 118 OWiG (Privacy/Martina) vertagt
  • Ständige Mitgliederversammlung (Privacy) vertagt
  • Datenschutz und Bundeskiste vertagt

Deutsche Richterausbildung: Rechtskunde ersetzt Sachkunde? vorgestellt von Konstantin Rapatinski

  • Woher bekommt der Richter seine Tatsachen, Tatbestandselemente (Beweise)
Parteien tragen diese in der Verhandlung vor
Beweisaufnahme, Würdigung der Beweise
Woher bezieht ein Richter die Kenntnis, was nach "Lebenserfahrung" relavant ist?
Beispiel: Wann ist eine gekaufte Sache mangelhaft?
Annahme: Aus der Vertrragsauslegung kann man nicht ersehen, zu was die Sache geeignet ist.
Beispiel: Erkrankter Arbeitsnehmer wird gekündigt, die Kündigung wird jedoch erst am letzten Trag der Frist nachmittags ab 18.00h zugestellt (Briefkasten)
Bundesarbeitsgericht: Kündigung nicht rechtmäßig, da ein Arbeitsgeber ab 18:00 Uhr nicht mehr mit dem Zugang einer Kündigung rechnen musste
Beispiel: Haftung von nicht autorisierten Abbuchengen mit einer EC-Karte, Frage: Ist das gron fahrlässig?
Wenn mit der PIN Abbuchungen authorisiert wurden, die Kundin jedoch darlegen konnte, dass sie die PIN sorgsam verwahrt hat, geht es nicht zu ihren Lasten.
Wenn die EC-Karte verloren / vergessen wurde, ist das nicht grob fahrlässig.
Wie sieht die Richterausbildung aus:
Deutschland: Richter sind meist jung und verfügen nur über geringe Lebenserfahrung, Berufseistieg als Richter mit mitte 20 bis Anfang 30, Richter sind dann zumeist Karrieremenschen
England: Abitur mit 18, 3 Jahre Jura Studium, dann Einstieg als beratender Rechtsanwalt ("Solicitor"), nach ca. 10 Jahren mit Anfang 30 Prüfung "Barrister", Ernennung zum Richter durch die Krone als gestandener Mann mit wesentlich mehr Lebenserfahrung als ein deutscher Richter
Wie bekommt der Richter das entsprechende Tatsachenwissen:
Im germanischen Recht im Mittelalter: 7 Männer mussten schwören, dass die Tatsachen wahr sind
Gerichte waren im Mittelalter nach Handwerkszweigen aufgeteilt (Zunftgerichte), also ein Richter am "Maurer Gericht" hatte Fachkenntnisse im Mauern
Warum hat man die ständespezifischen Gerichte abgeschafft?
Keine einheitliche Juristenausbildung
Entwicklung zum Standesrichter zum rechtsgelehrten Berufsrichter
Ob ein Richter soziale Tatsachen in seine Rechtssprechung einbaut hängt vom Zufall ab, es wird nicht systematisch erlernt, dieses Problem wurde auch erkannt
Lösungsansatz: Beteiligung der Bürger an der Rechtsprechung
Laien stellen kein ausrechendes Korrektiv dar
Freirechtslehre, Ernst Fuchs
Richter soll gar kein Recht studiert haben müssen
Einrichtung von Rechtskliniken
Referendar wie ein Amtsarzt vernimmt Zeugen, unter Anleitung des Richters
"Richterkönig" = Richter ist frei in Entscheidung
anderer Lösungvorschlag
Wie in GB: Solicitor
Lebensweisheit über Alter
Hält Konstantin für zu weit gehend
Abkehr vom Karriererichter
keine Beförderung mehr
Richter werden alle gleich behandelt, egal welche Stelle
alles gleich wichtig
Wenn Richter das nicht mehr machen will, dann soll er sich auf andere Stelle versetzen lassen
Problem Karriererichter: Haben Karriereziele
Lösung : zuerst 15 Jahre Rechtsanwalt
K. gegen Änderung der jetzigen Ausbildung
keine Karriererichter
Langjährige Berufserfahrung als Voraussetzung für Richterernennung

Rechtswirklichkeit der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vorgestellt von Jens Stomber

2 Regelkreise
Ex ante
nur in 0,4% der Fälle wird der abgelehnt
95% gehen durch
weil es für den Richter höherer Aufwand ist das abzulehnen
Begründung erfolgt durch Kriminalbeamte
StA übernimmt
Richter auch copy & paste
Ex post
Auswertung
Benachrichtigung
in 66 % keine Info darüber, ob benachrichtigt
in 27 % Benachrichtigung erfolgt
Privacy wirft ein, es betrifft nicht nur die Beschuldigten
Die Zahlen spiegeln aber nur die Verfahren wider
Wenn man Behörden darauf anspricht, dann sagen die, dass ihnen viele Personen nicht bekannt sind.
Und Vorverurteilung, wenn die anderen auch informiert werden.
daher soll Beschuldigter selbst informieren.
Abhörung betrifft
Beschuldigte
Gesprächspartner
Problem also: Es wird überhaupt nicht bekannt, wie stark die Überwachung statt gefunden hat.
Vorbereitende Begleitmaßnahme: Polizei pflanzt Wanze in Wohnung
Zutritt zu Wohnung
Vorbereitende Begleitmaßnahme nicht im Gesetz geregelt
Dasselbe bei Telefonierung über Computer
Wanze in Computer
Problem digital: Einfacher für Strafverfolgungsbehörden
§100a StPO: Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
Erkenntnisse aus TKÜ gering
2/3 der Erfolge sind nur mittelbare Erfolge
1/3 unmittelbare Erfolge
https://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA122
Art 10 Abs.2 GG streichen
Art 13 Abs.3 bis 6 GG
will nicht eine Wohnungsdurchsuchung abschaffen
1998 Großer Lauschangriff Art 13 Abs.3- 6 GG wurden eingefügt
3 Richter treffen Entscheidung, ob abgehört werden darf
Manolo stimmt bezügl Art. 13 Abs.3 -6 GG zu
bzgl Art. 10 Abs.2 GG hat er große Bauchschmerzen
Strafverfolgungsmöglichkeiten bei schweren Straftaten würde das unmöglich machen
TKÜ hat in letzten entsprechenden Verfahren fast überall eine Rolle gespielt
Durch TKÜ wurden Beweise mittelbar gefunden
Abschaffung der TKÜ würde Kriminalität ein Feld komplett eröffnen
freier Raum
Abwägung
Bastian: Problem sind die Stempelrichter
Diskussion
Privacy will Genehmigungspflicht umdrehen. Genehmigung geht zu einfach. Genehmigung muss Arbeit machen. Richter, der entscheidet, muss im Nachhinein seine Entscheidung bewerten. Wieviele Leute tatsächlich betroffen? Hat es was gebracht?
Joe: Problem für Anwalt: aus TÜ kommen gewisse Erkenntnisse
es reicht dann, dass der RIchter sich damit beschäfitgt hat.
auch gegen Art. 10 Abs.2 GG Wegfall
ZombB: Abwägung zwischen Sicherheitsgewinn und Verlust der Rechte
bei Übergang von Regelkreis I auf II : Point of no return.
Konstantin: Gibt es Schadensersatz bei Überwachung? Wohl nicht.
Manolo: Wirksame Kontrolle gibt es nicht. Art.10 Abs.2 GG Kontroll und Regelungsvorbehalt nicht gut geregelt.
Möglichkeit: Folgen für Verstöße
USA: Fruit of the poisonous tree doctrine.
Auch in Deutschland gut.
Beweis weg, und auch alle Beweise, die darauf basieren weg
ZombB: FOTPTD löst Problem nicht. Denn was ist, wenn der Betroffene nichts verbrochen hat.
Joe: Begründung muss ordentlich gemacht werden. Wenn bereits die richterliche Begründung nicht in Ordnung, dann fallen auch die Beweise, die sich aus Überwachung ergeben.
Bastian: Begründung schon fehlerhaft, weil der Anlass, der in Begründung steht nicht ausreicht für Überwachung.
Manolo: Art und Weise der beschlussfassung muss verbessert werden. Macht normaler Weise nicht mal die StA, sondern die Polizei -> Textbausteine -> dann an StA -> dann an Ermittlungsrichter -> verfügt an Geschäftsstelle
Beschluss darf keine formelhaften Züge haben. Sonst fehlerhaft. Dann würde die Kripo sich bereits intensiv schon mal selbst damit beschäftigen.
ZombB: TKÜ bringt keine Beweise
sondern TKÜ erst mal nur, um Täterkreis einzugrenzen.
danach bessere Erkenntnisse
TKÜ Erkenntnisse werden gar nciht direkt angewendet
P: TKÜ nur Mittel zum Zweck.
Malte: FOTPTD: Alle Folgebeweise weg! daher bringt das schon was.
Ziel von TKÜs jemanden zu überführen. Wenn Beweise unverwertbar, dann machen die Strafverfolgungsbehörden das auch nicht.
Manolo: Zeile 152 stimmt nicht mit seinen Erfahrungen überein:
"sondern TKÜ erst mal nur, um Täterkreis einzugrenzen."
TKÜ erst wenn man bereits gewisse Erkenntnisse hat. Denn TKÜ kostet auch Geld. Budget verblasen.
Joe: Fruit of the poisonous tree doctrine brächte was. Problem: Allgemein Polizeikontrolle: kiloweiser Drogenpfund.
Bastian: backen: Art. 13 Abs.3 - 6 GG weg
Art. 10 Abs.2 GG : Wenn TKÜ sich im Nachhinein als rechtswidrig heraus stellt: Beweise weg.
Martina: FOTPTD bringt nichts für die 10 unschuldig Betroffene, freunde des Beschuldigten.
Berichtspflicht.
  • Entschließung:
Der große Lauschangriff muss rückgängig gemacht werden (Art 13 Abs 3-6) GG sind ersatzlos zu streichen
Da nur 0,4% aller TKÜ Anträge vom Ermittlungsrichter abgelehnt werden [1] und in vielen Fällen die Betroffenen über die durchgeführten TKÜ-Maßnahmen entgegen den gesetzlichen Vorschriften auch nicht benachrichtigt werden, bedarf es hier dringender Reformen.
Zur Beschränkung des Risikos grundrechtswidriger Eingriffe durch rechtsfehlerhafte Maßnahmen der Ermittlungsbehörden empfehlen wir nach amerikanschen Vorbild ("Fruit-of -the-Poisonous-Tree-Doctrine") ein zwingendes, absolutes Beweisverwertungsverbot. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse aus einer zu Unrecht angeordneten oder rechtsfehlerhaft durchgeführten TKÜ. Hiervon betroffen sind ebenso alle Erkenntnisse, die nur aufgrund der TKÜ ermittelt wurden, auch wenn sie sich auf Taten beziehen, die nicht Grund für die Anordnung der TKÜ waren.
Ergänzend sollte der Ermittlungsrichter für jede TKÜ-Anordnung eine eigenständige, nicht formelhafte Begründung abgeben.
Zudem sollte eine unabhängige Stelle die TKÜ-Anordnungen auswerten und jährlich einen Bericht über Erfolg dieser Ermittlungsform erstellen, dessen Ergebnisse ausgewertet und Grundlage für die zukünftige Ermittlungsarbeit der Ermittlungsbehörde sein sollten.
Quellen:
[1] Meyer-Wieck, Hannes: Rechtswirklichkeit und Effizienz der akustischen Wohnraumüberwachung, S.177
http://www.forum.mpg.de/archiv/veranstaltung13/hintergrund/gutachten_lauschangriff.pdf
  • So konsent und kann als Forderung veröffentlicht werden.

Sinn und Unsinn von Widerspruchsverfahren

Widerspruchspapier
Widerspruchsverfahren - Waffe des Bürgers oder bürokratischer Kropf?
Pro & Contra siehe Tischvorlage. Wird als Datei nachgeliefert.
§ 15 Abs. 3 VwKostG NRW sieht eine Kostenpflichtigkeit für ablehnende Entscheidungen zu Widersprüchen des Bürgers vor:

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2011&bes_id=4649&menu=1&sg=0&aufgehoben=N&keyword=gebg#det197851

§ 15
Gebühren in besonderen Fällen
(3) Wird gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung Widerspruch erhoben, so sind für den Erlass des Widerspruchsbescheides Gebühren und Auslagen zu erheben, wenn und soweit der Widerspruch zurückgewiesen wird. In diesem Falle ist die gleiche Gebühr wie für die Sachentscheidung zu erheben. Richtet sich der Widerspruch nur gegen einen Teil der Entscheidung, so ermäßigt sich die Gebühr entsprechend. Das Vorstehende gilt nicht, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift geheilt wurde oder unbeachtlich ist. Wird der Widerspruchsbescheid der nächsthöheren Behörde von einem Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, so sind die für den Widerspruchsbescheid bereits gezahlten Gebühren und Auslagen der Behörde, die die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu tragen hat, auf Antrag zu erstatten.
  • Dikussion wird auf der mächstzen Sitzung der AG Justizpolitik fortgeführt.

Fazit Antragsberatung BPT

  • vertagt

TOP 3 Sonstiges

  • keine Beiträge

TOP 4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Sitzung / PM

  • Problematik der Sachfremdheit von Richtern
  • TKÜ-Beschluss
  • Alternativen und Lösungsansätze für die Reform des Widerspruchsverfahrens (Verwaltungsakte)

TOP 5 Ende Sitzung/nächste Sitzung

  • Nächste Sitzung: BPT 2013.1 / Ansonsten wird auf die Sitzungen der AG Justizpolitik verwiesen.
  • Schluss der Sitzung um 20.10 Uhr.